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1943 inmitten befreienden Bombenhagels der heutigen ...

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Nicht zuletzt an Weihnachten 1949 o<strong>der</strong> 1950, als die drei Jungen wegen<br />

des lauen Winterabends in Kniestrümpfen den Weg zur Krippe des<br />

Jesuskindes antraten. Und an Einbrüche des mittleren Bru<strong>der</strong>s, <strong>der</strong> heute<br />

in Vorpommern als praktizieren<strong>der</strong> Arzt und Christ seinen Lebensmittelpunkt<br />

gefunden hat. Im Keller <strong>der</strong> Weißen Kirche übte sich Leo Kleinschmidts<br />

Bru<strong>der</strong> als Einbrecher. Von dort ließ er gemeinsam mit einem<br />

später bei seiner katholischen Jugend beliebten Priester, den das schreckliche<br />

Ende einer rasenden Fahrt in seiner Trabi-Pappkartätsche, um<br />

einem Siebenundneunzigjährigen die letzte Ölung zu spenden, schon<br />

längst vor seinen Herrn hat treten lassen, Kirchengerät mitgehen, während<br />

<strong>der</strong> sechsjährige Leo Kleinschmidt draußen Schmiere stehen mußte.<br />

Das plötzliche Ende von seines Vaters Reichskarriere hatte diesen vor<br />

einer schmutzigen Weste und seine Familie vor <strong>der</strong> Scham bewahrt. Nach<br />

<strong>der</strong> Einnahme Sachsens durch die Amerikaner und Sowjets im April 1945<br />

logierten einige amerikanische Offiziere in <strong>der</strong> Villa Kleinschmidt in <strong>der</strong><br />

Hannoverschen Straße, einem aus drei Villen bestehenden Teilstück, dem<br />

Paradies einer Kindheit. Als die Amerikaner dann, wie von den Alliierten<br />

zuvor vertraglich geregelt, aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen<br />

abgezogen waren, um diese Provinzen den Russen zu überlassen und in<br />

Berlin einzumarschieren, quartierten sich bei den Kleinschmidts sowjetische<br />

Offiziere ein, ein Journalist und ein Arzt aus Moskau, die sich sehr<br />

menschlich verhielten, ganz im Gegensatz zu den Greuelgeschichten, die<br />

damals zu hören waren. Gelegentlich versorgten sie die Familie mit<br />

Butter, Mehl, Fleisch und Brot, die beiden Brü<strong>der</strong> mit Fasanenfleisch und<br />

ihn, den Fünfjährigen, <strong>der</strong> gerade erst sprechen gelernt hatte, mit Milch<br />

und seiner ersten Papirosa, einer schrecklich stinkenden Zigarette, die<br />

sich am besten aus einem Papierfetzen <strong>der</strong> Prawda o<strong>der</strong> Iswestija drehen<br />

ließ, die linke Hand während <strong>der</strong> Autofahrt am Steuer, die rechte in <strong>der</strong><br />

Uniformjackentasche, um die Tabakkrümel in die Zeitung zu beför<strong>der</strong>n.<br />

Leo Kleinschmidts Großmutter mütterlicherseits, eine Nichtschwimmerin,<br />

hatte die Ungewißheit über das Schicksal <strong>der</strong> Familie ihrer Tochter<br />

nicht mehr ertragen und sich in <strong>der</strong> Kleinen Luppe hinter <strong>der</strong> Klingerschen<br />

Villa ertränkt. Leo Kleinschmidt hatten die überstürzte Abreise<br />

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