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1943 inmitten befreienden Bombenhagels der heutigen ...

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alle Ehre. Nichts an ihr schien einer Deutschen, genauer gesagt einer<br />

Ostdeutschen, zu ähneln. Mit vierzehn kehrte sie in die Heimatstadt <strong>der</strong><br />

Eltern zurück, um französisch zu vergessen und lediglich den Akzent<br />

beizubehalten, deutsch allerdings nie ganz fehlerfrei zu erlernen. Mit<br />

sympathisch hilflosem Lächeln versagte ihr die Zunge den Gehorsam,<br />

wenn es niemand vermutete.<br />

Gute Voraussetzungen für eine Bühnenkarriere, könnte einer meinen.<br />

Marlene und Leo Kleinschmidt sind hier, in einer Provinzstadt, als Schauspielanfänger<br />

engagiert. Aber Marlene schafft es, ihre schauspielerische<br />

Begabung auch an<strong>der</strong>weitig unter Beweis stellen, nicht nur an diesem<br />

kleinen Theater <strong>der</strong> Deutschen Demokratischen Republik. Tag für Tag<br />

stehen sie auf <strong>der</strong> Bühne, allerdings ohne die dafür nötige Spielgenehmigung<br />

zu besitzen. Die gilt es zu erwerben, denn sonst könnten sie von<br />

heute auf morgen trotz bestehenden Vertrags gefeuert werden. Vom<br />

ersten Tag an sind sie durch diese Situation eng miteinan<strong>der</strong> verbunden.<br />

Sich Marlene, von <strong>der</strong> er sich, wie von so vielen an<strong>der</strong>en auch, unwi<strong>der</strong>stehlich<br />

angezogen fühlt, als Mann zu nähern, wagt er nicht. Sie hat einen<br />

Freund, <strong>der</strong> zwar selten auftaucht, da er sich mit seinem Volkswagen<br />

wochenlang im Westen aufhält, wo er beruflich als Bergbauingenieur zu<br />

tun hat, aber die Beziehung scheint trotzdem stabil zu sein. Leo Kleinschmidt<br />

wun<strong>der</strong>t sich, daß ein so junger Mann (er ist siebenundzwanzig)<br />

frei reisen darf, was den meisten seiner Mitbürger verwehrt ist. Sich<br />

wun<strong>der</strong>n ist nicht weit weg von Bewun<strong>der</strong>n.<br />

Marlene gibt keineswegs zu erkennen, daß sie an mehr als Freundschaft<br />

mit Leo Kleinschmidt interessiert wäre. Was ihnen an Gemeinsamkeit<br />

bleibt, das sind wun<strong>der</strong>bare Spaziergänge über alle Friedhöfe <strong>der</strong> Umgebung.<br />

Hier philosophieren sie über Gott und den Tod, über Sinn und<br />

Unsinn des Lebens. Wirklich Privates fließt kaum in ihre Unterhaltungen<br />

ein, es sei denn, daß ihre beruflichen Träume privat zu nennen wären.<br />

Außer ihrem Freund tauchen noch zwei weitere Männer auf, zu denen<br />

sie Kontakte unterhält, ohne daß Leo Kleinschmidt sich Klarheit darüber<br />

zu verschaffen wüßte, welcher Natur diese Beziehungen sind. Der eine ist<br />

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