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22 Die Definition <strong>de</strong>s RechtsIn <strong>de</strong>r Erklärung dieses Solls gehen die Rechtstheoretiker sogar so weit,daß sie das materielle o<strong>de</strong>r psychologische Ereignis vollständig vomRechtlichen trennen und nur das Soll sehen. So erklärt man, und vorallem Kelsen, daß nicht das gegenseitige Verhalten <strong>de</strong>r Menschen selbstin die Definition <strong>de</strong>s Rechts hineingehöre, son<strong>de</strong>rn einzig und allein dieFolge, die auf ein solches Verhalten eintritt, nämlich die sogenannteZwangsvollstreckung. Das will besagen, daß das unvorsichtige Überholen<strong>de</strong>s Autofahrers <strong>de</strong>swegen rechtliche Bewandtnis erhalten hat,weil sich daran irgen<strong>de</strong>ine Zwangsvollstreckung knüpft. Das Rechtlichebestän<strong>de</strong> danach einzig in <strong>de</strong>r «Unrechtsfolge» auf eine Tatsache o<strong>de</strong>reinen Sachverhalt. Wir haben uns im Augenblick mit <strong>de</strong>r überaus spitzfindigenFrage nicht näher auseinan<strong>de</strong>rzusetzen, ob das Rechtliche alsfreischweben<strong>de</strong> Relation vom Sein getrennt wer<strong>de</strong>n könne, o<strong>de</strong>r ob esdoch vielmehr nur eine Bewandtnis am Sein selbst sei. Das Problembeschäftigt auf höherer Ebene die Ethik, wo es darum geht, Sein undSollen miteinan<strong>de</strong>r in Beziehung zu setzen. Verbleiben wir einmal hier,wo es doch nur um die Nominal<strong>de</strong>finition geht, bei <strong>de</strong>r naiven «Annahme», daß das Rechtliche etwas am menschlichen Verhalten, und zwaram zwischenmenschlichen Verhalten sei, insofern dieses gesollt ist.Dieser Gedanke, daß das Rechtliche etwas Gesolltes ist, stößt nunbei <strong>de</strong>m sozialpsychologischen Phänomen <strong>de</strong>s Brauches, <strong>de</strong>m die Juristendie Bewandtnis <strong>de</strong>r Rechtsquelle zuschreiben, auf eine gewisse Schwierigkeit.Der Brauch ist die in einer bestimmten Gesellschaft kristallisiertegesellschaftliche Lebensform. Man kann sich nun das Rechtliche imsozialen Brauch nicht richtig <strong>de</strong>nken, wenn man diesen einzig und alleinals soziale Verkrustung auffaßt, weil so das Rechtliche mit je<strong>de</strong>m an<strong>de</strong>renpsychologischen Druckmittel verwechselt wür<strong>de</strong>. Die Rechtswissenschaftwäre dann nichts an<strong>de</strong>res als eine Naturwissenschaft. Man kann, wie bereitsgesagt, we<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r sittlichen noch auch <strong>de</strong>r rechtlichen Pflicht näherkommen,solange man im reinen Naturprozeß verbleibt. Dem sozialenZwang <strong>de</strong>s Brauches muß also die Bewandtnis <strong>de</strong>r sozialen Verpflichtungverhaftet sein. Das hat selbst Ortega y Gasset gespürt, obwohl er das gesamteRecht im sozialen Brauch aufgehen ließ. Und auch Henri Bergson<strong>de</strong>utet <strong>de</strong>n sozialen Zwang <strong>de</strong>s Brauches im Sinne eines Prinzips <strong>de</strong>rsozialen Verpflichtung. Was muß also zum sozialpsychologischen Druck,<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Brauch auf <strong>de</strong>n einzelnen Menschen ausübt, hinzugedacht wer<strong>de</strong>n,um <strong>de</strong>m Begriff <strong>de</strong>s Rechts zu genügen ? Doch wohl nichts an<strong>de</strong>resals die Vorstellung, daß im Brauch irgendwie eine verpflichten<strong>de</strong> Stimmespricht. Ohne diese Vorstellung <strong>de</strong>r Pflicht ist <strong>de</strong>r soziale Brauch ent-

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