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28 Die Definition <strong>de</strong>s Rechtsnichts an<strong>de</strong>res als die Reaktion auf eine erbärmliche Furcht vor <strong>de</strong>r Vernichtungsein. Wir hätten hier also einen rein kausalen Zusammenhang,gewissermaßen einen Naturprozeß, nicht aber ein Rechtsverhältnis. Jedochentspricht diese Erklärung <strong>de</strong>s Verhältnisses vom Menschen zuGott nicht unserem Bewußtsein, das wir uns irgendwie von einem höchstenWesen zu formen imstan<strong>de</strong> sind. Das beweist schon die Frage,welche geplagte Menschen an Gott stellen, warum sie es verdient hätten,in dieser Weise durch das Schicksal behan<strong>de</strong>lt zu wer<strong>de</strong>n. Das Beispielbeweist, daß man sich die Einstellung <strong>de</strong>s Menschen zu Gott auch an<strong>de</strong>rsvorstellen kann. Bei aller Macht, die das ewige Wesen gegenüber <strong>de</strong>rKreatur besitzt, kann es doch in einem echten Befehl an die Freiheit <strong>de</strong>sMenschen appellieren, wobei mit <strong>de</strong>m Befehl eine gewisse Sanktion verbun<strong>de</strong>nist. Allerdings ist mit <strong>de</strong>r Tatsache, daß Gott befohlen hat, dieFrage, ob es sich wirklich um einen rechtsgültigen Befehl handle, nochnicht beantwortet. Es steht immer noch die Frage offen, mit welchemRecht Gott einen solchen Befehl erlassen konnte. Wir setzen also voraus,daß Gott nicht jedwe<strong>de</strong>n Befehl erlassen kann. Es wäre uns z. B. unverständlich,wenn er eine Lüge vorschreiben wür<strong>de</strong>. Die absolute BefehlsgewaltGottes wird <strong>de</strong>mnach ebenfalls als mensuriert, als normiertangesehen. Über das Wesen dieser Norm können wir hier nicht disputieren.Diese Frage gehört in die Ordnung <strong>de</strong>r Wirklichkeit. Greifen wirhier nur etwas vor, in<strong>de</strong>m wir erklären, daß nach christlicher Auffassungdas Wesen Gottes Norm und Maß je<strong>de</strong>r Handlung Gottes ist. Hier aber,und das ist gegen Kelsen zu sagen, han<strong>de</strong>lt es sich nicht mehr um eine«rein rechtliche », son<strong>de</strong>rn um eine im Sein gegebene Norm. Diese Normist also « objektiv», weil sie mit <strong>de</strong>m Sein i<strong>de</strong>ntisch ist. Damit erst sindwir in <strong>de</strong>r Lage, Recht zu bestimmen, ohne das Definierte selbst in dieDefinition zu nehmen, d. h. ohne auf ein irgendwie « rechtliches » Prinzipo<strong>de</strong>r irgen<strong>de</strong>ine «rechtliche Kompetenz » zurückzugreifen. Erst ineiner solchen Analyse ist unser Normen<strong>de</strong>nken zur Ruhe gekommen.Wer in <strong>de</strong>r Analyse <strong>de</strong>s Rechtsbewußtseins im vor<strong>de</strong>rgründigenErfahrungsbereich verbleibt, wird auf <strong>de</strong>r Suche nach <strong>de</strong>r Norm, dieimmer zum Rechtlichen gehört, nur bis zum logischen Postulat einerGrundnorm kommen. Darin ist Kelsen logisch geblieben. Wür<strong>de</strong> er nämlichin <strong>de</strong>r Erfahrungswelt in das Sein hinabgleiten, dann wäre Autoritätnur noch die Kraft <strong>de</strong>s Stärkeren und das Rechtsverhältnis nur noch einNaturprozeß. So versteht man es auch, warum Kelsen die tatsächlicheAnerkennung durch die Rechtsgenossen nicht zum Konstitutivum <strong>de</strong>robjektiven Norm zählen konnte.

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