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Schulzeitung MCG Juni 2007

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Aber dann hieß es, dass wir gegen eine<br />

kanadische Handballmannschaft aus Alberta<br />

spielen und anschließend mit ihnen<br />

gemeinschaftlich grillen würden.<br />

Ich freute mich auf einen schönen Abend, bei dem<br />

ich meine Englischkenntnisse auf die Probe stellen<br />

und ein bisschen auffrischen konnte. Ich ahnte<br />

nicht, dass dieser Besuch des Teams zu meinem<br />

persönlichem Glück und einer außergewöhnlichen<br />

Zeit führen würde.<br />

Einige Tage darauf überschlugen sich die<br />

Ereignisse dann förmlich. Wir bekamen einen<br />

Anruf von unserem Jugendwart, ob wir nicht<br />

Interesse an einer Austauschschülerin hätten,<br />

denn eines der Mädels wolle gerne drei Monate in<br />

Deutschland verbringen. Natürlich willigten meine<br />

Familie und ich sofort ein, da damit die Möglichkeit<br />

auch für mich gegeben war, drei Monate in<br />

Kanada zu verbringen.<br />

Am 21. September war es dann endlich soweit,<br />

Allison, meine Austauschschülerin, traf ein und es<br />

entwickelte sich eine außerordentliche<br />

Freundschaft zwischen zwei „Schwestern“, die<br />

unendlich viele Dinge zusammen erlebt hatten.<br />

An ihrem Abreisetag, dem 21. Dezember, waren<br />

wir beide unglaublich traurig, doch schon in zwei<br />

Monaten würden wir uns wiedersehen, denn ich<br />

würde nach Kanada reisen.<br />

Was nun also bei meinen Freundinnen alles von<br />

der Organisation geplant und organisiert worden<br />

war, musste ich auf eigene Faust tun. Ich<br />

beantragte einen Reisepass, eine eidesstattliche<br />

Erlaubnis meiner Eltern und traf Absprachen mit<br />

der Schule. Während dessen wurde in Kanada<br />

eine Schule für mich gesucht und ich musste nur<br />

noch den Flug buchen und bezahlen.<br />

Am 7. Februar 2008 war es endlich soweit, mein<br />

Abreisetag war gekommen. Ich war noch nie zuvor<br />

geflogen und musste nun ganz allein in die<br />

Maschine steigen und alles regeln.<br />

Nach 10 Stunden Flugzeit hatte alles perfekt<br />

geklappt: Ich durfte wohlbehalten Allison in die<br />

Arme schließen und bei -24°C durch den tiefen<br />

Schnee zum Auto stapfen.<br />

In den nächsten Wochen warteten die tollsten Dinge und eine glückliche Zeit auf<br />

mich, ich ging auf eine „Public High School“, die man sich im Grunde genau wie in<br />

den amerikanischen Filmen vorzustellen hat. Klassenräume und Flure mit<br />

zahlreichen Schließfächern, Cafeteria, Bibliothek, ein schuleigenes kleines<br />

Fitnesscenter, zwei Sporthallen und eine riesige Außensportanlage.<br />

Es gab auch wirklich Cliquen wie „Streber“ und „Sportler“, die Tische sahen<br />

genauso aus, wie sie immer in den amerikanischen Filmen gezeigt werden, und<br />

die Lehrer waren eher Freunde und interessierten sich dafür, wie das letzte Spiel<br />

ausgegangen war, anstatt Unterricht zu machen. Die ganze Schulatmosphäre war<br />

viel lockerer als in Deutschland und zu spät kommen sowie Schwänzen gehörten<br />

zum Schulalltag. Als Bestrafung gab es einen Anruf zu Hause, der jedoch von<br />

den meisten Schülern einfach abgefangen wurde, bevor er die Eltern erreichte,<br />

oder einen Besuch beim Rektor.<br />

Es gibt in Kanada andere Schulfächer als hier in Deutschland. Ich hatte z.B. die<br />

Fächer Foods, d.h. Kochen, Drama, Psychologie, Mathe, Englisch und Sport.<br />

Außerdem gab es aber auch Fächer wie Tanzen oder Mechanik.<br />

In Kanada wird am meisten Wert auf Sport gelegt. Jede Schule hat<br />

Schulmannschaften zu jeder Sportart, die saisonbedingt sind. Zu der Zeit meines<br />

Besuchs waren Handball, Rugby und Fußball an der Reihe. Für jede Sportart gibt<br />

es dann so genannte Tryouts, bei denen sich jeder bewerben kann, aber<br />

letztendlich nur die Besten genommen werden. Ich habe mich natürlich beim<br />

Handball beworben, wollte aber auch etwas Neues ausprobieren und ging zu den<br />

Rugby Tryouts. Ich wurde für beide Mannschaften genommen.<br />

Jeder Schultag bestand aus fünf Stunden a 69 Minuten mit jeweils 5-minütigen<br />

Pausen, also von 8.30 Uhr bis 15.15 Uhr. Nach der 2. Stunde gab es eine 10minütige<br />

Frühstückspause und nach der dritten eine Lunchpause über 45<br />

Minuten, in der man entweder nach Hause fuhr oder sich in der Cafeteria etwas<br />

zu essen kaufte. Da man in Kanada den Führerschein bereits mit 16 machen<br />

kann, fuhren viele meiner Schulkameraden mittags nach Hause, einige blieben<br />

aber auch in der Schule, da in der Lunchpause meistens irgendeine sportliche<br />

Betätigung in der großen Turnhalle stattfand, so z.B. zwei Monate lang jeden Tag<br />

ein Hockeyspiel zwischen kleinen Gruppen der Schule oder den Lehrern.<br />

Für jeden Schulsport gab es am Ende die City Championships<br />

(Stadtmeisterschaften) und die Provincals (Provinz-Meisterschaften). Wir<br />

gewannen im Handball beides und in Rugby die city championships. Dafür bekam<br />

man Medaillen und T-Shirts als Preise.<br />

In der Schule hatte ich keinerlei Kontaktschwierigkeiten, da ich selbst sehr<br />

extrovertiert bin, aber die Kanadier auch einfach ein sehr offenes Völkchen<br />

darbieten. Jeder auf der Schule wusste außerdem: „Uh, da ist eine deutsche<br />

Austauschschülerin, über die müssen wir alles erfahren!“ und so lernte ich fast<br />

jeden Tag neue Leute kennen. Mir wurde der Einstieg aber auch sehr erleichtert,<br />

dadurch dass fünf meiner kanadischen Mannschaftskameradinnen die gleiche<br />

High School besuchten wie ich.<br />

In Allisons Familie wurde ich herzlichst aufgenommen und fühlte mich direkt zu<br />

Hause. Das Essen fiel jedoch anders als bei mir zu Hause aus: Meistens ernährte<br />

ich mich von fast food, konnte dies aber zum Glück durch die viele sportliche<br />

Betätigung ausgleichen.<br />

Mein bei weitem größtes Erlebnis ereignete sich kurz vor meiner Rückreise. Die<br />

Mannschaft, in der ich spielte, war so gut, dass sie zu den Nationals fahren sollte<br />

- so etwas wie die deutsche Meisterschaft. Mein Trainer fragte mich, ob ich sie<br />

dort nicht unterstützen wolle, er brauche mich und ich willigte natürlich ein. So<br />

wurde mein Aufenthalt nach Zustimmung der Schule um drei Wochen verlängert<br />

und ich durfte bei den kanadischen Nationals für Alberta spielen. Auch von dort<br />

habe ich Medaillen mitgebracht und die tollsten Erfahrungen gesammelt. Ich<br />

spielte sogar mit Jugendnationalspielerinnen in einer Mannschaft.<br />

Alles in allem war dieser Austausch, das Beste, was mir hatte passieren können,<br />

und ich war dankbar dafür, dass ich dieses Glück hatte. Ich habe Erfahrungen<br />

gemacht, die ich für nichts in der Welt wieder eintauschen möchte, und habe<br />

neue Freunde gewonnen. Außerdem habe ich eine „neue Schwester“, mit der ich<br />

immer noch in Kontakt stehe und die mich sehr wahrscheinlich in den<br />

Winterferien besuchen wird.<br />

Es war eine tolle Zeit und Kanada hat mir einfach super, fast noch besser als<br />

Deutschland gefallen und, da ich ein Mensch mit Fernweh bin, werde ich auf<br />

jeden Fall noch einmal dorthin fliegen. Die Kultur und die Menschen in Kanada<br />

23<br />

TheMa ‘08

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