Beispielseiten - JOVIS VERLAG Architektur Fotografie Berlin
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Umschlag: Plenarsaal im Bonner Bundeshaus, um 1953, <strong>Fotografie</strong>: Hans<br />
Schafgans,© Schafgans Archiv, Bonn<br />
Rückseite: Bildmontage mit einer <strong>Fotografie</strong> von Brigitte Uhrmeister,<br />
Hans Schwippert im Arbeitszimmer seines Privathauses in<br />
Düsseldorf, 1950er Jahre, DKA NL Schwippert<br />
S. 2–3: Bonn, 2.1.1951, Außenaufnahme, <strong>Fotografie</strong>: Georg Munker,<br />
Bundesbildstelle <strong>Berlin</strong><br />
S. 4–5: Darmstädter Gespräche. 5. August 1952, <strong>Fotografie</strong>: pbs-Foto,<br />
Darmstadt, DKA NL Schwippert<br />
S. 8: Tapete „Akustik“: Hans Schwippert, 1949/1950, Rasch-Archiv,<br />
Bramsche<br />
S. 9: Detailaufnahme des Punkthochhauses: Hans Schwippert im<br />
<strong>Berlin</strong>er Hansaviertel, 1957, <strong>Fotografie</strong>: Doreen Marke, <strong>Berlin</strong><br />
S. 10–11 Detailaufnahmen aus der ehemaligen pädagogischen Hochschule,<br />
Neuss, <strong>Fotografie</strong>: Christof Becker<br />
S. 12: Haus der Wissenschaft, Düsseldorf. Blick von außen in ein<br />
Seiten-Foyer, DKA NL Schwippert<br />
S. 13: Haus der Wissenschaft, Düsseldorf. Blick in das<br />
Garderoben-Foyer, DKA NL Schwippert<br />
S. 14–15: Messingbänder und Zierschrauben am Mobiliar des Bundeshauses,<br />
<strong>Fotografie</strong>: Christof Becker, Haus der Geschichte, Bonn<br />
S. 16–17: Triennale 1954, in der Mitte Hans Schwippert neben Mia<br />
Seeger, DKA NL Schwippert<br />
S. 18–19: Ludwig Erhard, Walter Gropius und Hans Schwippert (v.l.n.r.)<br />
am 4.10.1967, Werkbundarchiv – Museum der Dinge, <strong>Berlin</strong><br />
S. 20–21: Schwippert mit Studenten der Kunstakademie Düsseldorf,<br />
Hauptstaatsarchiv Düsseldorf<br />
S. 22–23: Privathaus Schwippert, Düsseldorf, Blick in Innenhof und<br />
Wohnzimmer, DKA NL Schwippert<br />
S. 24–25: Haupteingang der Mensa der Technischen Hochschule Aachen,<br />
1958. Hans Schwippert mit Olaf Erik Runge, <strong>Fotografie</strong>: Ann<br />
Bredol-Lepper, Aachen, DKA NL Schwippert<br />
inHalt<br />
Lambert T. Koch, Rektor der Bergischen Universität Wuppertal<br />
Anthony Cragg, Rektor der Kunstakademie Düsseldorf<br />
Dieter Koppe, Vorsitzender des Deutschen Werkbunds<br />
28 29<br />
32<br />
34<br />
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132<br />
144<br />
GruSSwortE<br />
Gerda Breuer<br />
Vorwort – DANK<br />
Gerda Breuer<br />
EINLEItuNG<br />
Adam C. Oellers<br />
DEr „GESELLE DES wELtBAuMEIStErS“<br />
HANS SCHwIPPErt uND SEINE tÄtIGKEIt IN AACHEN<br />
Adam C. Oellers<br />
IM SPANNuNGSfELD zwISCHEN BAuHAuS-EINfLüSSEN uND trADItIoNSBINDuNG.<br />
SCHwIPPErtS EIGENHEIMBAutEN DEr 1930Er JAHrE<br />
Leif Hallerbach<br />
DIE ÄStHEtIK DES EINfACHEN.<br />
HANS SCHwIPPErtS tYPISIEruNGSBEMüHuNGEN IM HIStorISCHEN KoNtEXt<br />
Christopher Oestereich<br />
„DIE 1000 JAHrE DurCHStEHEN“?<br />
HANS SCHwIPPErt IM „DrIttEN rEICH“<br />
Gerda Breuer<br />
MoDErAtIoN DES wIEDErAufBAuS.<br />
HANS SCHwIPPErt uND DEr DEutSCHE wErKBuND<br />
Gerda Breuer<br />
ArCHItEKtur DEr „StuNDE NuLL“.<br />
DAS NEuE PArLAMENtS GEBÄuDE DEr JuNGEN BrD IN BoNN<br />
Christopher Oestereich<br />
zurüCK IN DIE zuKuNft?<br />
SCHwIPPErt ALS „GEIStIGEr VAtEr“ DEr wErKKuNStSCHuLE<br />
Sandra Wagner-Conzelmann<br />
„GottES GESCHöPf DEr SAND, GottES GESCHöPf DEr KALK! So HABEN wIr DIE PfLICHt, MIt GottES GESCHöPfEN<br />
Gut, SCHLICHt uND würDIG zu VErfAHrEN.“<br />
DIE KIrCHENBAutEN VoN HANS SCHwIPPErt<br />
Paul Sigel<br />
DIE roLLE HANS SCHwIPPErtS BEI DEr KoNzEPtIoN DEr DEutSCHEN wELtAuSStELLuNGSBEItrÄGE<br />
IN BrüSSEL 1958 uND MoNtrEAL 1967
KataloG<br />
bearbeitet von Gerda Breuer (GB), Jennifer von Massow (JvM), Pia Mingels (PM)<br />
164<br />
166<br />
170<br />
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244<br />
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250<br />
284<br />
290<br />
erste woHnHäuser und einricHtunGen 1927–1933<br />
HAuS uND woHNuNG DEr ELtErN, DuISBurG 1927<br />
AtELIErHAuS für Kurt SCHwIPPErt, KELBErG-HüNErBACH, EIfEL 1930<br />
HAuS fEISt, BAD GoDESBErG 1931/1932<br />
EINrICHtuNG für DEN KAtHoLISCHEN JuNGMÄNNErVErBAND, 1930 – 1933<br />
zusaMMenarbeit Mit rudolf scHwarz<br />
INNENEINrICHtuNG uND PfArrHAuS VoN St. froNLEICHNAM, AACHEN 1928 – 1930<br />
HAuS DEr JuGEND uND SozIALE frAuENSCHuLE, AACHEN 1928 uND 1931<br />
scHMucK, Metallarbeiten 1929 – 1940<br />
Möbelentwürfe<br />
„NEuEr HAuSrAt“, 1930<br />
MoNtESSorI-KINDErMöBEL, 1928 – 1930<br />
arbeiten in der zeit des nationalsozialisMus<br />
DEutSCHEr St.-MICHAELS-ALtAr, wELtAuSStELLuNG PArIS 1937<br />
„NEuEr HAuSrAt“, 1938<br />
BEHELfSMöBEL uND BEHELfSHEIME<br />
DEutSCHE wArENKuNDE, 1939 – 1942<br />
SPIELzEuG<br />
wiederaufbau nacH 1945<br />
BoNNEr BuNDESHAuS, 1949<br />
uMBAu uND ErwEItEruNG BuNDESKANzLErAMt PALAIS SCHAuMBurG, BoNN 1950<br />
KrAftwErK ANNA, ALSDorf 1950<br />
entwürfe und bauten 1952–1958<br />
GEorG-BüCHNEr-SCHuLE, DArMStADt 1951<br />
woHN-uND AtELIErHAuS SCHwIPPErt, DüSSELDorf-GoLtzHEIM 1953/1954<br />
GENErALPrÄSIDIuM DES DEutSCHEN rotEN KrEuzES, BoNN 1953/1954<br />
HAuPtVErwALtuNG DEr ProVINzIAL-fEuErVErSICHEruNG, DüSSELDorf 1953 – 1955<br />
tECHNISCHE HoCHSCHuLE AACHEN, NEuBAu DEr MENSA, AACHEN 1955<br />
HAuS SELLNEr, DArMStADt, roSENHöHE, 1954/1955<br />
HÄLSINGBorG H55, SCHwEDEN 1955<br />
woHNEN IM HoCHHAuS „INtErBAu“, HANSAVIErtEL, BErLIN 1957<br />
DEutSCHEr PAVILLoN, wELtAuSStELLuNG, BrüSSEL 1958<br />
späte KircHenentwürfe<br />
wIEDErAufBAu DEr KIrCHE St. ENGELBErt, MüLHEIM AN DEr ruHr 1953/1954<br />
St. HEDwIGS-KAtHEDrALE, BErLIN 1956 – 1963<br />
St. BArtHoLoMÄuS, KöLN-BICKENDorf 1959/1960<br />
PfArrKIrCHE HEILIGE fAMILIE, DüSSELDorf-StoCKuM 1963<br />
SCHuLKIrCHE HL. frANz VoN SALES, DüSSELDorf-wErStEN 1967 – 1971<br />
entwürfe und bauten 1958–1970<br />
DAS KArL-ArNoLD-HAuS/HAuS DEr wISSENSCHAftEN, DüSSELDorf 1958 – 1960<br />
HAuS HENKEL, woHN- uND GESCHÄftSHAuS, DüSSELDorf 1960/1962<br />
StuDENtENwoHNHÄuSEr tECHNISCHE HoCHSCHuLE AACHEN 1960<br />
PÄDAGoGISCHE HoCHSCHuLE rHEINLAND, NEuSS 1964/1970<br />
BEStECKE uND MEtALLGErÄt für Pott, SoLINGEN<br />
KurzbioGrafie Hans scHwippert<br />
biblioGrafie<br />
personenreGisiter<br />
über die autoren<br />
bildnacHweis<br />
scHriften und äusserunGen 1928 – 1973. eine antHoloGie<br />
zusammengestellt, eingeleitet und kommentiert von Christopher Oestereich<br />
30 31<br />
296<br />
298<br />
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481
Gerda Breuer<br />
einleitunG<br />
Die Nachkriegsmoderne in <strong>Architektur</strong> und Design einer<br />
genaueren Betrachtung und Neubewertung zu unterziehen,<br />
hat heute in Architekten- und Planer-Kreisen Konjunktur.<br />
Jene Perspektiven, die noch in den 1960er Jahren unter<br />
Alexander Mitscherlichs Generalverdikt der „Unwirtlichkeit<br />
unserer Städte“ 1 gestanden haben und die Anfänge nach<br />
Kriegsende sämtlich den Sünden des „Bauwirtschaftsfunktionalismus“<br />
zuschrieben, sind zurückgetreten hinter einem<br />
offeneren Zugang, der die Erbschaft der Nachkriegsmoderne<br />
als gefährdet ansieht und die Probleme ihres Bauens und<br />
Planens mit mehr Verständnis in den Blick nimmt.<br />
Hans Schwippert war einer der maßgeblichen Gestalter<br />
dieser Zeit – Gestalter allerdings im umfassenden Sinne: Er<br />
zählte zu den Unterzeichnern des sogenannten „Lützel bacher<br />
Manifestes“ 2 , Architekten und Planern, die sich angesichts<br />
des Trümmerfelds und der nahen Vergangenheit eines Unrechtstaats<br />
ausdrücklich für den Neuanfang und gegen die<br />
Rekonstruktion entschieden – „Das zerstörte Erbe darf nicht<br />
historisch rekonstruiert werden“, hieß es 1947; er sprach<br />
sich im selben Jahr mit den Werkbundmitgliedern auf dem<br />
Werkbundtag in Rheydt dezidiert gegen die Restauration<br />
aus; er übernahm überhaupt von vornherein leitende Positionen<br />
innerhalb des gewaltigen und lange eingespielten<br />
Netzwerks der Reformbewegungen der rheinischen Regionalgruppe<br />
des Werkbunds und dann später des Dachverbands<br />
des Deutschen Werkbunds, dessen Leiter er dreizehn<br />
Jahre lang blieb. 1949 schuf er mit dem Bundestagsgebäude<br />
in Bonn dem demokratischen Geist der jungen BRD einen<br />
Symbolbau, der Transparenz und Bescheidenheit ausstrahlen<br />
sollte und eine deutliche Antithese zur monumentalen<br />
Machtdemonstration nationalsozialistischer Vergangenheit<br />
sein wollte. Er spielte 1956 im schwedischen Hälsingborg<br />
mit Wohnungseinrichtungen und ein Jahr später auf der<br />
„Interbau“-Ausstellung mit einem Hochhaus das „Wohnen<br />
von Morgen“ 3 exemplarisch durch und fügte sich in den<br />
Reigen der internationalen Architekten und Städtebauer<br />
ein; und schließlich gab er auf der Weltaus stellung 1958 in<br />
Brüssel durch die maßgebliche Konzeption des Deutschen<br />
Pavillons der neuen demokratisch-weltoffenen Haltung der<br />
Deutschen eine Stimme. Schwippert hat die Chance genutzt,<br />
einer Moderne des Neuanfangs zum Durchbruch zu verhelfen,<br />
das Gespräch über sie zu leiten und mit ihr ein neues<br />
Lebensgefühl zu unterstützen.<br />
Fragt man sich, wie er in diese moderierende Rolle hinein<br />
wuchs – hatte er bis dato lediglich einige Privatbauten realisiert<br />
und war er auch mit bedeutenden Architekten in Berührung<br />
gekommen, aber vor der Machtübernahme durch<br />
die Nationalsozialisten zu jung, um exponiert in Erscheinung<br />
zu treten, und hatte er ebenso wenig während des „Dritten<br />
Reichs“ eine führende Position übernommen – dann dürfte<br />
maßgeblich gewesen sein, dass es seine ethisch- religiösen<br />
Prinzipien waren, die ihn dazu disponierten, den Ton in der<br />
Orientierungssuche nach 1945 anzugeben. Aus einer religiösmoralischen<br />
Verpflichtung heraus fühlte er sich nicht allein<br />
einem tradierten Schönheitskanon verbunden, der die Idee<br />
vom „rechten Maß“ (Dürer) der Dinge zugrunde legte, sondern<br />
mehr noch: Ganz im Sinne des deutschen Idealismus<br />
Hans Schwippert<br />
im Flur seines<br />
Privathauses in<br />
Düsseldorf,<br />
Kontaktabzüge,<br />
1950er Jahre,<br />
<strong>Fotografie</strong>: anonym,<br />
DKA NL Schwippert<br />
37
88 89<br />
Gerda Breuer<br />
Moderation<br />
des<br />
wiederaufbaus.<br />
scHwippert und<br />
der deutscHe<br />
werKbund<br />
Fast jede Vita eines modernen Architekten und Designers<br />
in den ersten zwei Dritteln des 20. Jahrhunderts enthält<br />
die Mitgliedschaft im Deutschen Werkbund. Dabei war<br />
es eine Wesenseigenschaft der Vereinigung, dass sie gleichermaßen<br />
aus polyphonen Stimmen und heftig opponierenden<br />
Mitgliederfraktionen bestand, die erkennbar<br />
als normative Instanz fungierte. Sie war eine Art kultureller<br />
Bodensatz – Wilhelm Wagenfeld nannte sie 1947<br />
eine „Geisteshaltung“ 1 –, eine unausgesprochene Vereinbarung,<br />
der sich die Mitglieder umso mehr verbunden<br />
fühlten, als sie verschiedene, auch widersprüchliche Phasen<br />
durchlebten. Der <strong>Architektur</strong>historiker Werner Durth<br />
hat auf diese Kontinuität in den Lebensläufen, insbesondere<br />
der Nachkriegsarchitekten, aufmerksam gemacht und sie als<br />
Generationsmentalität beschrieben: „Fast alle in der Wiederaufbauphase<br />
– und lange danach noch – einflussreichen<br />
Architekten und Planer fühlen sich einer Generation zugehörig,<br />
die, bei aller Unterschiedlichkeit der individuellen<br />
Lebensläufe, in den wichtigen Lebensabschnitten prinzipiell<br />
gleichen Einschnitten, gleichen Gefährdungen und Versuchungen<br />
ausgesetzt war. Dieses Gefühl sichert gemeinsame<br />
Basiserfahrungen und Verständigungsmöglichkeiten noch<br />
vor den professionellen Bindungen und den damit weiter<br />
eingegrenzten Orientierungen und Wissensbeständen.“ 2<br />
War diese Charakterisierung vor allem auf die Erfahrungen<br />
im Nationalsozialismus gemünzt, die als gravierender<br />
Einschnitt nach einer Ausbildungszeit in den für<br />
die <strong>Architektur</strong>geschichte so bedeutenden Phase der<br />
1910er und 1920er Jahre empfunden wurde und die sich<br />
nun erneut, unter den Bedingungen der Kapitulation,<br />
der Zerstörung durch den Krieg und des Wiederaufbaus<br />
wandelten, war das Bedürfnis nach einer ungebrochenen<br />
ethischen Gesinnung bei Werkbundmitgliedern besonders<br />
ausgeprägt. 3 Ab dem Zeitpunkt seiner Gründung 1907<br />
waren die programmatischen Ziele des Werkbunds in<br />
einem Statut festgehalten und über die Zeit seines Bestehens<br />
nur geringfügig verändert worden. Weit davon entfernt,<br />
sich als reiner „Dienstleister“ gegenüber einem Auftraggeber<br />
verpflichtet zu fühlen, sahen sich Architekten<br />
und Designer an eine gesellschaftliche Verantwortung gebunden.<br />
Sie reichte vom Streben nach Qualität zugunsten<br />
einer nationalökonomischen Binnen- und Außenwirkung<br />
bis zum Bekenntnis zur Modernität, von der Haltung der<br />
Ehrlichkeit der Gestaltung bis zur wahrhaftigen Beziehung<br />
zwischen Entwerfern, Produzenten und Konsumenten.<br />
Bei vielen wirkte diese Verpflichtung wie ein unsichtbares<br />
Myzel, mit dessen Wurzelästen die Werkbündler in Verbindung<br />
standen. Sie war so zwingend, dass das Übertreten<br />
der Grundsätze als Häresie empfunden wurde. 4<br />
Nach 1945 erlebte dieses werkbundliche Ethos erneut<br />
einen Höhepunkt. Innerhalb kurzer Zeit und an verschiedenen<br />
Orten des zonierten Deutschlands fanden sich unabhängig<br />
voneinander alte Werkbundmitglieder zusammen,<br />
um über neue Ziele und aktive Aufbauarbeit nachzudenken.<br />
Angesichts der Ruinenlandschaft Deutschlands sahen sich<br />
vor allem Architekten und Planer in die Pflicht genommen,<br />
alte Ziele des Werkbunds zu aktualisieren.<br />
Erster Werkbundtag<br />
im nieder rheinischen<br />
Rheydt,<br />
Sommer 1947.<br />
Schwippert, 1. Reihe,<br />
Dritter von rechts,<br />
DKA NL Schwippert
arcHiteKtur der<br />
„stunde null“.<br />
das neue<br />
parlaMents-<br />
Gebäude<br />
der JunGen brd<br />
in bonn<br />
„Die Politik ist eine dunkle Sache, schauen wir zu, daß wir<br />
etwas Licht hineinbringen“, 1 mit dieser Bemerkung machte<br />
der Architekt Hans Schwippert 1949, dem so bedeutungsvollen<br />
Jahr der Konstituierung der BRD, auf die belastete,<br />
zugleich aber auch hoffnungsorientierte Atmosphäre der<br />
unmittelbaren Nachkriegszeit im Westen Deutschlands aufmerksam.<br />
Mit dem Bau des Bonner Bundeshauses im selben<br />
Jahr gelang es ihm dann, ein unmissverständliches Zeichen<br />
für die Idee der parlamentarischen Repräsentanz in einem<br />
neuen Staat zu setzen. Transparent und lichtdurchflutet, in<br />
kreisförmiger Anordnung der Parlamentariersitze, bescheiden<br />
in der Ausstattung sollte der Bundestag mit seinem<br />
Herzstück, dem Plenarsaal, ein entschiedenes Gegenbild<br />
zur pompösen Machtinszenierung des Nationalsozialismus<br />
und seines diktatorischen Unrechtsstaates sein. 2<br />
In rasant schneller Zeit, in der Planen und Bauen zeitweise<br />
parallel verliefen und in der die endgültige Entscheidung<br />
für Bonn oder Frankfurt als Hauptstadt noch nicht<br />
gefällt war, schuf Schwippert im zivilisatorischen Vakuum<br />
der unmittelbaren Nachkriegszeit zwischen Kapitulation<br />
und Wiederaufbau mit dem Rückgriff auf ein amerikanisches<br />
Vorbild, die IIT-Campusgebäude des deutschen, in die USA<br />
emigrierten Architekten Ludwig Mies van der Rohe, eine<br />
archi tekturräumliche Inszenierung der „Stunde Null“. 3 Wie<br />
in Chicago allein der Wissenschaft verpflichtet und keinem<br />
repräsentativen Anspruch huldigend, sollte auch der wichtigste<br />
öffentliche Neubau nach 1945 in Deutschland nur<br />
einem „Zweck“ dienen, ein Sinnbild für den „neuen Phänotyp<br />
des demokratischen Staatsbürgers“ 4 sein: „Ich wollte<br />
ein Haus der Offenheit, eine <strong>Architektur</strong> der Begegnung<br />
und des Gesprächs“, schrieb Schwippert im September 1949.<br />
„Nur einige wenige Stimmen meinen, Vertretung des Volkes<br />
verlange mehr Feierlichkeit. Wir werden sie erbauen, wenn<br />
die Politik einmal wieder erhabene Erfolge haben wird!<br />
Einstweilen dünkt mich, und dies ist ja ein einstweiliges<br />
Haus für den Wiederbeginn neuen politischen Lebens in<br />
Deutschland, einstweilen halte ich es für recht, dass dieser<br />
Anfang ein helles Haus habe und ein einfaches, ein Haus<br />
von heute, und dass das zur Welt hin offen ist.“ 5<br />
Bauen inmitten geistiger und seelischer Trümmerfelder<br />
Verglichen mit der pathetischen Aufbruchstimung der expressionistischen<br />
<strong>Architektur</strong> nach dem Ersten Weltkrieg,<br />
die den ungebrochenen emphatischen Geist der fantasievollen<br />
künstlerischen Eruption der Vorkriegszeit kurzzeitig<br />
aufflammen ließ, nimmt sich die Atmosphäre unter Architekten<br />
und Intellektuellen nach 1945 eher lähmend und<br />
gedrückt aus. Die Erziehung zur Demokratie wurde hier<br />
zunächst vor allem von Dritten angestoßen, von den West-<br />
Allierten und ihren Programmen der Re-Education und<br />
Re-Orientation. Der moralische Rigorismus im amerikanischen<br />
Umerziehungs-Import der nicht unbedingt als<br />
Befreier, sondern auch als Sieger Empfundenen stieß auf<br />
den Unwillen der Betroffenen und stimulierte eigene Entwürfe<br />
der moralischen Vergangenheitsbewältigung und<br />
Gegenwartsinterpretation. Eine selbstbestimmte Antwort<br />
war das vielbeachtete Buch des Philosophen Karl Jaspers<br />
106 107<br />
Gerda Breuer<br />
Aus dem Plenarsaal<br />
gegen das Restaurant<br />
gesehen.<br />
<strong>Fotografie</strong>:<br />
Theo Schafgans,<br />
Bonn, DKA NL<br />
Schwippert
Sandra Wagner-Conzelmann<br />
„Gottes GescHöpf<br />
der sand, Gottes<br />
GescHöpf der KalK!<br />
so Haben wir die<br />
pflicHt, Mit Gottes<br />
GescHöpfen Gut,<br />
scHlicHt und würdiG<br />
zu VerfaHren.“<br />
die KircHenbauten<br />
Von<br />
Hans scHwippert<br />
Das kirchenbauliche Œuvre von Hans Schwippert ist gemessen<br />
an seinem Gesamtwerk nicht sehr umfangreich, doch<br />
zeugt es von einer intensiven Auseinandersetzung mit den<br />
formalen und liturgischen Reformen seiner Zeit. Bereits in<br />
den 1920er Jahren entwarf Schwippert einige Sakralbauten,<br />
welche die Reformbestrebungen in einer neuartigen architektonischen<br />
Form aufgriffen und die Gestaltungsprinzipien<br />
seiner späteren Kirchenneubauten aus den 1950er bis 1970er<br />
Jahren teilweise vorwegnahmen. Bekannt wurde er jedoch<br />
vor allem durch den Wiederaufbau von teilzerstörten Gotteshäusern<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg. Eine dieser Kirchen,<br />
St. Engelbert in Mülheim an der Ruhr, wurde 1955 sogar in<br />
Rom im Lateranpalast in der Ausstellung „Arte Liturgica in<br />
Germania 1945/55“ 1 als vorbildlicher Aufbau gezeigt. Einen<br />
weiteren Höhepunkt von Schwip perts sakraler Bautätigkeit<br />
stellt sicherlich der Umbau der Bischofskirche St. Hedwig in<br />
<strong>Berlin</strong> dar, die durch ihre gestalterische Klarheit und mutige<br />
Konzeption noch heute beeindruckt.<br />
Auch seine Äußerungen zu sakralen Themen oder Kirchenbauten<br />
nehmen innerhalb seines umfangreichen publizistischen<br />
Œuvres keinen breiten Raum ein. Sie sind hauptsächlich<br />
in Texten aus den frühen 1930er Jahren zu finden, die<br />
er vorwiegend in Organen der katholischen Jugend bewegung<br />
publizierte. In diesen Texten standen meist Fragen der Raumbildung<br />
im Mittelpunkt, dabei vor allem das Formverständnis<br />
des Deutschen Werkbunds widerspiegelnd, dem Schwippert<br />
als berufenes Mitglied bereits angehörte. In ihnen versuchte<br />
er unter anderem auf die „Erziehung junger Menschen zur<br />
echten Form, zur Freude am wahrhaft Gestalteten, zur Liebe<br />
zum guten Stoffe, auf die Weckung der formbildenden und<br />
formerkennenden Kräfte und auf die Bereitung eines Verstehens<br />
künstlerischer Sprache“ 2 hinzuwirken. Dieses Ziel<br />
prägte auch seinen Zugang zur Frage des „gläubigen Lebens“<br />
in der Gesellschaft. Aus der Erziehung zur Form erwuchsen<br />
für Schwippert „von selbst die Forderungen der Würde, der<br />
Schlichtheit, der Gerechtigkeit, all jene echten Kriterien des<br />
Lebens und Gestaltens zugleich. [...] Solche Haltung kann<br />
zum Werkzeug des gläubigen Lebens in der Welt werden, was<br />
sonst nur Gegenstand ästhetischer Betrachtung blieb.“ 3<br />
Würde und Schlichtheit wurden so zu leitenden Prinzipien.<br />
Schwippert führte in einem Artikel 1934 aus: „In den<br />
feierlichen Gebeten, die unsere Kirche beten lässt zur Weihe<br />
eines Gotteshauses, heißt es an einer Stelle: ‚Herr segne diese<br />
Geschöpfe Sand und Kalk‘ [...] Gottes Geschöpf der Sand,<br />
Gottes Geschöpf der Kalk! So haben wir die Pflicht, mit<br />
Gottes Geschöpfen gut, schlicht und würdig zu verfahren.“ 4<br />
Gut, schlicht und würdig sind tatsächlich die Adjektive, die<br />
Schwipperts Sakralbauten treffend beschreiben. Sie zeugen<br />
von einer einfühlsamen Auseinandersetzung mit den zeitgeschichtlichen,<br />
praktischen und liturgischen Anforderungen<br />
und zugleich von kraftvollem Gestaltungswillen. Besonders<br />
die Aufbauten von teilzerstörten Kirchen nach 1945 zeigen<br />
einen sensiblen Umgang mit der baulichen Restsubstanz<br />
des Vorgängerbaus und zugleich einen neuen Zugang zur<br />
Gestaltung des Raums sowie grundlegende Veränderungen<br />
der Aufstellung der Prinzipalstücke, um den damals aktuellen<br />
liturgischen Anforderungen gerecht zu werden.<br />
Frauenfriedenskirche,<br />
Frankfurt<br />
am Main, Entwurf<br />
für den Wettbewerb<br />
1927, DKA NL<br />
Schwippert<br />
133
Abb. S. 176:<br />
Südostseite. Das<br />
Grundstück lag<br />
linksrheinisch an<br />
einem Südosthang<br />
über Bad Godesberg,<br />
dem Siebengebirge<br />
gegenüber.<br />
Ansicht Gartenseite,<br />
Blick von Westen,<br />
Rheinisches Bildarchiv,<br />
Kölnisches<br />
Stadtmuseum<br />
Haus Feist,<br />
Südostseite,<br />
Rheinisches Bildarchiv,<br />
Kölnisches<br />
Stadtmuseum<br />
haus Feist in godesBerg.<br />
der Bauherr: Zu meinem haus<br />
Dem Architekten wurde aufgetragen, ein Haus zu bauen,<br />
dessen Gestalt in erster Linie durch die Funktionen, denen<br />
es dienen sollte, zweitens durch die Erfordernisse der Hygiene<br />
und drittens durch die Wirtschaftlichkeit im Gebrauch<br />
bestimmt wurde.<br />
Erst wurden die Funktionen analysiert und festgelegt.<br />
Es wurde dafür Sorge getragen, daß für jede Funktion und<br />
für jede Teilfunktion der notwendige Raum nach Form,<br />
Lage und Größe vorgesehen war, daß er auch die nötigen<br />
Gegenstände aufnehmen konnte, daß die zusammengehörigen<br />
Funktionsplätze durch den kürzesten Weg miteinander<br />
verbunden waren und bei der Abwicklung der Funktionen<br />
sich zwei Personen nicht stören. Es wurde erspart: bei der<br />
Morgentoilette bei gleicher Sorgfalt eine Viertelstunde, beim<br />
Tischabräumen und beim Geschirrspülen die halbe Zeit, bei<br />
der Kinderbeaufsichtigung und beim Kochen mindestens<br />
ein Viertel der Zeit. Im Büro wird in sieben Stunden soviel<br />
wie vorher in zehn Stunden bei geringerer Ermüdung<br />
geleistet usw. Die Räume sind hell und luftig, jeder Raum<br />
erhält einmal am Tag Sonne, und da jeder Aufenthaltsraum<br />
Ausgang in den Garten hat, ist jeder Bewohner des Hauses<br />
jährlich mehrere hundert Stunden mehr im Freien als er<br />
es sonst wäre. Durch die Lage des Hauses und die Dreiteilung<br />
in Fremdenteil (Arbeitszimmer, Diele und Gastzimmer),<br />
Wohn- und Schlafteil wird ein Höchstmaß von<br />
Ruhe, besonders da, wo sie am nötigsten ist (Schlafraum<br />
und Arbeitszimmer), erzielt. Das reibungslose Abwickeln<br />
der Funktionen gibt ebenfalls Ruhe. Es wurde mehr Wert<br />
darauf gelegt, die laufenden Unkosten niedrig zu halten als<br />
die Bausumme. [...]<br />
Der Flachbau ersparte das Treppenhaus. Die eingebauten<br />
Schränke gestatteten, die Räume kleiner zu halten, da eine<br />
Reihe von Möbeln unnötig wird. Der Raum 2,20/3,30 m<br />
wurde viermal angewandt. Dieser Raum gibt eine geeignete<br />
Diele, ein Wohn- und Schlafzimmer für einen Erwachsenen<br />
oder ein Schlafzimmer für zwei Erwachsene. Er gibt<br />
ein brauchbares Büro, ein ideales Kinderzimmer, eine sehr<br />
günstige Lösung für Bad und Toilettenraum. Die vier Räume<br />
zusammen ergeben mit ihren 26 qm 2 Wohnfläche einen<br />
Nutzeffekt, der gewöhnlich mit dem Doppelten an Raum<br />
erzielt wird. Die Raumersparnis wurde nicht, wie so oft, auf<br />
Kosten der Bequemlichkeit erzielt. Umgekehrt – mehr Raum<br />
würde dieser Abbruch tun. Der Weg bei der Morgentoilette<br />
beträgt 14–18 Meter, bei größerem Raum würde er länger<br />
und die Funktion unbequemer auszuführen sein.<br />
Die vorteilhaften physiologischen und psychologischen<br />
Wirkungen der straffen Ordnung des Grundrisses und der<br />
fröhlichen Haltung der Räume und des Hauses zahlenmäßig<br />
zu bezeichnen, dürfte kaum möglich sein.<br />
Ludwig Feist<br />
aus: Die Form. Zeitschrift für gestaltende Arbeit. 7. Jahr,<br />
Heft 8, 1932, S. 255–256<br />
178 179<br />
Klebelayout mit<br />
Skizzen und<br />
Fotos von Hans<br />
Schwippert aus<br />
einem Fotoalbum,<br />
DKA NL<br />
Schwippert
schmucK,<br />
metaLLarBeiten<br />
1929–1940
258 259<br />
Entwurf des<br />
Plenarsaals. Pause<br />
einer Federzeichnung.<br />
Stift in<br />
Grün, Blau, Gelb,<br />
mit orange farbenem<br />
Papier collagiert,<br />
November 1948,<br />
Original: <strong>Architektur</strong>museum<br />
der TU<br />
München, Reproduktion:<br />
DKA NL<br />
Schwippert
268 269
Grundriss und<br />
Lageplan:<br />
Neue Mensa. Technische<br />
Hochschule<br />
Aachen 1958, DKA<br />
NL Schwippert<br />
technische hochschuLe aachen<br />
neuBau der mensa,<br />
aachen 1955<br />
1955 wurde an der Rheinisch-Westfälischen Technischen<br />
Hochschule (RWTH) in Aachen ein neue Mensa nach den<br />
Plänen von Olaf Erik Runge und Hans Schwippert errichtet.<br />
Das Raumprogramm umfasste die Mensa mit zusätzlichen<br />
Essensausgaben, Verwaltungs- und Konferenzräume,<br />
eine Bibliothek sowie einen zweigeschossigen Klub- und<br />
Theaterraum.<br />
Um die Nähe zur Hochschule zu gewährleisten, nahm<br />
man bei der Wahl des Grundstücks eine städtebaulich unvorteilhafte<br />
Lage einer viel befahrenen Kreuzung in Kauf.<br />
In einer ersten Planungsstufe unter dem Arbeitstitel<br />
„Haus der Studenten“ entwickelten die Architekten ein<br />
kreuzförmiges, viergeschossiges Gebäude. Demnach hätte<br />
sich der Essensbereich im Erdgeschoss auf zwei der vier<br />
Flügel und die Mitte dieses kreuzförmigen Grundrisses<br />
verteilt. Ein dreigeschossiger Klubraum hätte sich über<br />
Teile der darüber liegenden Stockwerke erstreckt, daneben<br />
hätten eine Bibliothek und Konferenzräume liegen sollen.<br />
Für die letztendliche Ausführung ist dieser Entwurf zu einer<br />
quadratischen Form vereinfacht worden. Die Essensausgabe<br />
wurde in die erste Etage verlegt und der Klubraum<br />
auf eine Höhe von zwei Geschossen reduziert.<br />
Die Bauweise als Stahlbetonrasterbau ist an der Fassade<br />
deutlich ablesbar und wird durch die Anordnung der<br />
Fenster, die diesem Raster folgt, betont. Die Fassade lässt<br />
auch Rückschlüsse auf die Nutzung im Gebäudeinneren<br />
zu: Die Lage des zweigeschossigen Klubraums im zweiten<br />
und dritten Obergeschoss ist anhand der großen Fensterflächen<br />
schon von außen zu erkennen. Die vier Stockwerke<br />
lassen sich über deutlich erkennbare Betonlinien der Decken<br />
abzählen.<br />
Im Kellergeschoss befanden sich Umkleide-, Aufenthalts-<br />
und Waschräume für das Personal sowie Lagerräume,<br />
Kühlräume und Räume für die Haustechnik. Ein unterirdischer<br />
Gang verband den Keller mit der Mensaküche, von<br />
der aus die Speisen mit Aufzügen in die entsprechenden<br />
Geschosse verteilt werden.<br />
Das Erdgeschoss wird bestimmt von einer großen Eingangshalle,<br />
entlang derer sich die eher organisatorischen<br />
Einrichtungen des Hochschulalltags befinden, wie die Essensmarkenkasse,<br />
Garderoben, ein Anschlagebrett, Fachschaftsräume,<br />
ein Büro der Krankenversicherung und ein<br />
Ärztezimmer. Hier gibt es auch eine Cafeteria.<br />
Zwei sich gegenüberliegende Treppenhäuser führten in<br />
die oberen Stockwerke. Sie erinnern in ihrem Zuschnitt<br />
und ihrer Bauweise an die Innentreppe der Sozialen Frauenschule,<br />
die Schwippert 1929/1930 gemeinsam mit<br />
Rudolf Schwarz in Aachen realisiert hatte.<br />
Die eigentliche Mensa befand sich im ersten Obergeschoss.<br />
Sie war bescheiden und modern eingerichtet: Auf<br />
der Etage standen in lockerer Anordnung Stahlrohrtische<br />
mit Holztischplatten, an denen je drei der sogenannten<br />
„Ameisen“ von Arne Jacobsen standen. Diese dreibeinigen<br />
Stahlrohrstühle hatte der Designer im selben Jahr (1955)<br />
entworfen. Eine Wand aus Strukturglasscheiben betonte<br />
die Offenheit dieser Etage und schaffte einen Sichtbezug<br />
zur Haupttreppe. Die zwei Essensausgaben für warme und<br />
kalte Gerichte lagen in der Mitte des Raums, zwischen ihnen<br />
befand sich ein Abstell- und Arbeitszimmer.<br />
Der Klubraum war der größte Raum des Hauses und<br />
lag in der Mitte des zweiten und dritten Obergeschosses.<br />
Er reichte von der Nord- bis zur Südwand des Hauses. Je<br />
nach Bedarf konnte er als Theater, für Veranstaltungen<br />
oder als zusätzlicher Essraum dienen. Hierfür war er im<br />
zweiten Obergeschoss zusätzlich mit einer Bar verbunden.<br />
Auf der anderen Seite neben diesem Klubraum lag ein<br />
Konferenzzimmer. Der Raum konnte aber auch für festliche<br />
Anlässe vom Rektor der Hochschule genutzt werden.<br />
In den Räumen darüber befanden sich eine Bibliothek, ein<br />
Filmstudio und die Redaktionsräume der Studentenzeitschrift<br />
aachener prisma.<br />
JvM<br />
330 331<br />
Abb. S. 334:<br />
Gebäude der Mensa<br />
der Technischen<br />
Hochschule Aachen,<br />
1955, Architekten:<br />
Hans Schwippert<br />
und Erik Runge,<br />
beide Technische<br />
Hochschule Aachen,<br />
Ansicht von Süden:<br />
offenes Erdgeschoss,<br />
Mensabereich im 1.<br />
OG. Auf der zweiten<br />
und dritten<br />
Etage ist der zweigeschossige<br />
Klub<br />
und Theaterraum<br />
an der Fassade zu<br />
erkennen. <strong>Fotografie</strong>:<br />
Ann Bredol<br />
Lepper, Aachen,<br />
DKA NL Schwippert<br />
Treppenhaus. Neue<br />
Mensa, <strong>Fotografie</strong>:<br />
Ann Bredol Lepper,<br />
Aachen, DKA NL<br />
Schwippert<br />
Theaterraum, Neue<br />
Mensa, DKA NL<br />
Schwippert
Blick auf die Ausstellung<br />
von der<br />
Wasserseite,<br />
<strong>Fotografie</strong>: Sune<br />
Sundahl, aus: Ausstellungsführer<br />
H55<br />
Links: Lageplan der<br />
H55 Ausstellung,<br />
aus: Ausstellungsführer<br />
H55<br />
Rechts: Luftbild der<br />
Ausstellung auf dem<br />
Pier, <strong>Fotografie</strong> aus:<br />
Baumeister, H. 11,<br />
November 1955<br />
346 347<br />
Die Abteilung „On<br />
Board“ mit Schiffsbrücke<br />
von Süden.<br />
<strong>Fotografie</strong>: PalNils<br />
Nilsson, aus: Ausstellungsführer<br />
H55
356 357<br />
Abb. S. 356:<br />
Westfassade, zum<br />
Teil mit Fenstern<br />
verschlossene Loggien,<br />
<strong>Fotografie</strong>:<br />
Doreen Marke,<br />
2006<br />
Alter Sitz der WestberlinerAkademie<br />
der Künste am<br />
Hanseatenweg in<br />
<strong>Berlin</strong>Hansaviertel,<br />
im Hintergrund<br />
das Punkthochhaus<br />
von Schwippert,<br />
<strong>Fotografie</strong>: Rainer<br />
Döhle, <strong>Berlin</strong>,<br />
Wikipedia<br />
Panorama Punkthochhäuser,<br />
Blick<br />
vom Haus Luciano<br />
Baldessari auf die<br />
Häuser Johannes<br />
Hendrik van den<br />
Broek und Jacob<br />
Berend Bakema<br />
(Niederlande),<br />
Gustav Hassenpflug<br />
(Hamburg),<br />
Raymond Lopez<br />
und Eugène<br />
Beaudouin und<br />
Hans Schwippert,<br />
<strong>Fotografie</strong>: Felix<br />
Schulz, März 2007
368 369<br />
Abb. S. 366:<br />
Speiseraum für eine<br />
Wohneinheit mit<br />
Avantgarde-<br />
Möbeln, Stühle<br />
und Tisch: Hans<br />
Schwippert,<br />
Teppich: Margret<br />
Hildebrand, <strong>Fotografie</strong>:<br />
Foto<br />
Zwiefach,<br />
Kornwestheim,<br />
DKA NL Schwippert<br />
Außenterrasse auf<br />
der Weltausstellung<br />
Brüssel, Deutscher<br />
Pavillon im<br />
Hintergrund<br />
(<strong>Architektur</strong> Egon<br />
Eiermann und<br />
SepRuf), Mai<br />
1958, ullstein bild,<br />
<strong>Berlin</strong>
Abb. S. 456:<br />
Besteck für die<br />
Firma C. Hugo<br />
Pott, 1970–73,<br />
Werksfotografie:<br />
PottBesteck 2730,<br />
DKA NL Schwippert<br />
Entwurfsskizze:<br />
Besteck 2729<br />
Werbeprospekt für<br />
das Besteck 2729,<br />
© C. Hugo Pott<br />
GmbH, Solingen<br />
BestecKe und metaLLgeräte<br />
FÜr die Firma c. hugo Pott<br />
Für die nahegelegene Firma C. Hugo Pott in Solingen entwarf<br />
Schwippert in späten Jahren zwei Essbestecke. Der<br />
Architekt gliederte sich damit in die Reihe der berühmten<br />
Entwerfer wie Josef Hoffmann, Hermann Gretsch, Wilhelm<br />
Wagenfeld und andere ein, die für die bergischen Produzenten<br />
künstlerische Entwürfe zur Verfügung stellten und<br />
mit zu ihrem internationalen Renommee beitrugen.<br />
Das vierteilige Besteck Modell 2730 mit den paddelförmigen<br />
Griffen war ursprünglich für die Expo 1967 in<br />
Montreal gedacht. 1972 erschien es als „Olympicnic“ auf<br />
der Olympiade in München und wurde vom Olympischen<br />
Komitee offiziell als Souvenir mit dem Zeichen der Olympiade<br />
genehmigt.<br />
Das wesentlich spektakulärere Besteck Nr. 2729 mit<br />
dem stark geschwungenen Messer, der Gabel mit langen<br />
und kurzen Zacken und dem kleinen Kratzlöffelchen<br />
wurde zunächst von Schwippert in den Vorentwürfen als<br />
„Pop“ bezeichnet, dann entschied man sich aber für „Junges<br />
Besteck“. Nur aus fünf Teilen bestehend, sollten einzelne<br />
Stücke mehreren Funktionen dienen, etwa Gabel und Löffel<br />
auch als Salatbesteck, der Esslöffel auch als Soßenlöffel.<br />
Die Entwurfszeit ist datiert auf 1970 – 72.<br />
Beide Modelle nahm Carl Pott erst nach dem Tod von<br />
Schwippert 1973 in seine Kollektion auf.<br />
Schon ab 1966 war ein multifunktionaler Ascher, Modell<br />
1124, bestehend aus zwei ineinandergreifenden Zylindern, in<br />
Produktion gegangen. Er diente zunächst als Kerzenhalter für<br />
Altarkerzen, unter anderem in der St. Hedwigs-Kathedrale<br />
in <strong>Berlin</strong>, später dann auch als Aschenbecher. GB<br />
458 459<br />
Messer aus dem<br />
fünfteiligen Besteck<br />
Nr. 2729, Entwurf<br />
1970–1973, <strong>Fotografie</strong>:<br />
Christof<br />
Becker, Designsammlung<br />
der Berg.<br />
Universität<br />
W uppertal