UniReport 5/11 | Goethe-Universität Frankfurt
UniReport 5/11 | Goethe-Universität Frankfurt
UniReport 5/11 | Goethe-Universität Frankfurt
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
UniBücher<br />
Das Mittelalter ist lateinisch.<br />
Ganz? Natürlich<br />
nicht. Abgesehen<br />
von den griechisch und<br />
arabisch bestimmten Teilen<br />
des mittelalterlichen<br />
Euromediterraneums ist<br />
ja das „lateinische Mittelalter“<br />
die Zeit, in der die<br />
Schriftlichkeitsgeschichte<br />
des Deutschen, Englischen, Französischen<br />
und vieler anderer europäischer Sprachen<br />
einsetzt. Andererseits blieb das Lateinische als<br />
Schreibsprache doch bis mindestens ins 13.<br />
Jahrhundert dominant.<br />
Am Historischen Seminar der <strong>Goethe</strong>-<strong>Universität</strong><br />
wird seit 2008 im Forschungsprojekt<br />
„Politische Sprache im Mittelalter“ die Entwicklung<br />
semantischer Zugänge zum Sprachhandeln<br />
der Akteure, Theologen, Notare und<br />
Chronisten im mittelalterlichen Lateineuropa<br />
erforscht. Die etablierten Methoden der Historischen<br />
Semantik treffen hier auf eine doppelte<br />
Hürde: In dieser „semi-oralen“ Welt war<br />
der Stellenwert des Geschriebenen ein ganz<br />
anderer als in der Moderne, und geschrieben<br />
wurde meist in einem streng formalisierten<br />
Schrift-Soziolekt – eben Latein.<br />
Wie kann Sprache als Gegenstand historischer<br />
Forschung gewonnen, wie die doppelte<br />
Distanz zwischen lateinischen Schriftquellen<br />
und Sprachpraxis der laikalen Eliten<br />
überbrückt werden? Bisherige methodische<br />
Ergebnisse stellt Jan Rüdiger, der Leiter des<br />
Forschungsprojekts, in seinem Band vor. Er<br />
diskutiert die notwendigen Adaptationen der<br />
Methoden, untersucht Beispieltexte und formuliert<br />
vier Thesen zu den Eigenarten vernakulärer<br />
politischer Sprache im Mittelalter vor<br />
der „Latinisierung“ der Volkssprachen ab dem<br />
14. Jahrhundert.<br />
Jan Rüdiger ist Privatdozent am Historischen<br />
Seminar der <strong>Goethe</strong>-<strong>Universität</strong>.<br />
Jan Rüdiger<br />
Did Charlemagne know<br />
Carolingian kingship theory?<br />
Verlag des Stockholmer Zentrums<br />
für Mittelalterstudien 20<strong>11</strong><br />
broschiert, ca. 5 Euro<br />
ISBN 978-91-88568-51-9<br />
Der Reichtum Afrikas<br />
an Bodenschätzen<br />
wird seit einigen Jahren<br />
als wirtschaftliches<br />
Potential und Entwicklungsmotor<br />
für den Kontinent<br />
erkannt. Besonders<br />
Zentralafrika und<br />
das Kongobecken gehören<br />
zu den ressourcenreichsten<br />
Gebieten. Aufgrund von Korruption,<br />
schlechter Regierungsführung und inner- und<br />
zwischenstaatlichen Konflikten haben diese<br />
Länder jedoch bislang kaum nennenswerte<br />
Entwicklungsimpulse aus ihrem Rohstoffreichtum<br />
ziehen können und zählen nach wie<br />
vor zu den ärmsten Ländern der Welt.<br />
Die über zwanzig Autoren des Sammelbandes<br />
beschäftigen sich mit der Frage, wie gute Regierungsführung<br />
(„Good Governance“) und<br />
mehr Transparenz im Rohstoffsektor zur wirtschaftlichen<br />
und gesellschaftlichen Entwicklung<br />
Afrikas beitragen können. Am Beispiel<br />
zahlreicher Staaten in Sub-Sahara-Afrika<br />
und internationaler Transparenz-Standards<br />
wie der „Extractive Industries Transparency<br />
Initiative“ und dem „Kimberley Certification<br />
Scheme“ diskutieren sie einen holistischen<br />
und interdisziplinären Ansatz. Das Buch richtet<br />
sich neben Geowissenschaftlern, Volkswirten,<br />
Juristen und politischen Entscheidungs-<br />
32<br />
trägern auch an Entwicklungsinstitutionen<br />
und Vertreter der Zivilgesellschaft.<br />
Jürgen Runge ist Professor am Institut für Physische<br />
Geographie der <strong>Goethe</strong>-<strong>Universität</strong>.<br />
Jürgen Runge & James Shikwati (Hg.)<br />
Geological Resources and Good<br />
Governance in Sub-Saharan Africa<br />
Holistic Approaches to Transparency<br />
and Sustainable Development in the<br />
Extractive Sector<br />
Verlag Routledge, England, 20<strong>11</strong><br />
292 Seiten, gebunden, circa 73 Euro<br />
ISBN 978-0-415-58267-4 (Hardbook)<br />
ISBN 978-0-203-09329-0 (eBook)<br />
Im Vorfeld der <strong>Frankfurt</strong>er Buchmesse 2008,<br />
deren Gastland die Türkei war, reiste der<br />
Literaturwissenschaftler und Autor Klaus Reichert<br />
in dieses Land, um es von innen zu erkunden<br />
– zunächst in Anatolien, dann in Istanbul<br />
und schließlich an der ägäischen Küste. Seine<br />
Aufzeichnungen im Tagebuchstil,<br />
ursprünglich<br />
konzipiert für ein Internet-Tagebuch-Projekt<br />
des <strong>Goethe</strong>-Instituts und<br />
der Arbeitsgemeinschaft<br />
der Literaturhäuser, berichten<br />
von einer aufregenden<br />
Reise zu den<br />
Wurzeln der abend- und<br />
morgenländischen Kultur und zugleich in die<br />
politische Gegenwart der Türkei in all ihrer<br />
Zerrissenheit zwischen Laizismus, Religiosität<br />
und Vielvölkerschaft.<br />
Reichert begibt sich auf seiner Route gemeinsam<br />
mit zwei Übersetzerinnen zu christlichen,<br />
jüdischen und muslimischen heiligen Stätten<br />
und in Gegenden, in denen griechische, oströmische,<br />
arabische und zahllose andere Tra-<br />
Axel Honneth<br />
Das Recht der Freiheit<br />
ditionen zu finden sind. Immer wieder öffnet<br />
er dabei durch seine Gespräche mit Einheimischen<br />
den Blick für persönliche Schicksale und<br />
politische Fragen.<br />
Dem „Anatolischen Tagebuch“ und dem „Ägäischen<br />
Tagebuch“ folgen zwei Aufsätze über<br />
den bei uns kaum bekannten großen (Moschee-)Architekten<br />
Mimar Sinan, den Baumeister<br />
Sultan Süleymans des Prächtigen im<br />
16. Jahrhundert, sowie über die Gestaltung<br />
und Herstellung anatolischer Kelims.<br />
Klaus Reichert ist emeritierter Professor für<br />
Anglistik und Amerikanistik an der <strong>Goethe</strong>-<br />
<strong>Universität</strong>.<br />
Klaus Reichert<br />
Türkische Tagebücher<br />
Reisen in ein unentdecktes Land<br />
S. Fischer Verlag 20<strong>11</strong>, 190 Seiten<br />
gebunden, 22,95 Euro<br />
ISBN 978-3-10-062949-4<br />
Seit vielen Jahren reist Meike Piepenbring,<br />
Professorin am Fachbereich Biowissenschaften<br />
der <strong>Goethe</strong>-<strong>Universität</strong>, regelmäßig<br />
für Forschung und Lehre nach Panama an<br />
die Universidad Autónoma de Chiriquí (UN-<br />
ACHI), eine Partneruniversität der <strong>Universität</strong><br />
<strong>Frankfurt</strong>. Bei ihrer dortigen Arbeit zu Pilzen<br />
in Panama stellte sie fest, dass es für diese<br />
keine Bestimmungsliteratur gibt. Zahlreiche<br />
Artikel und Einzelmonografien zu tropischen<br />
Pilzen liegen zwar vor; für eine Bestimmung<br />
der Artenvielfalt sind sie jedoch nicht geeignet.<br />
Piepenbrings nun in Mexiko erschienenes<br />
Buch dient als Bestimmungswerk für Studierende<br />
der Mykologie und andere Pilzliebhaber<br />
im gesamten spanischsprachigen Raum Mittel-<br />
und Südamerikas. Die mikroskopischen<br />
Zeichnungen der Strukturen, unter anderem<br />
Die Theorie der Gerechtigkeit gehört zu den am intensivsten bestellten Feldern der<br />
zeitgenössischen Philosophie. Allerdings haben die meisten Gerechtigkeitstheorien ihr<br />
hohes Begründungsniveau nur um den Preis eines schweren Defizits erreicht, denn<br />
mit ihrer Fixierung auf rein normative, abstrakte Prinzipien geraten sie in beträchtliche<br />
Distanz zu jener Sphäre, die ihr „Anwendungsbereich“ ist: der gesellschaftlichen<br />
Wirklichkeit.<br />
Der Sozialphilosoph Axel Honneth schlägt einen anderen Weg ein und gewinnt die heute<br />
maßgeblichen Kriterien sozialer Gerechtigkeit direkt aus jenen normativen Ansprüchen,<br />
die sich innerhalb der westlichen, liberaldemokratischen Gesellschaften herausgebildet<br />
haben. Zusammen machen sie das aus, was er „demokratische Sittlichkeit“ nennt: ein<br />
System nicht nur rechtlich verankerter, sondern auch institutionell eingespielter Handlungsnormen,<br />
die moralische Legitimität besitzen.<br />
Zur Begründung dieses weitreichenden Unterfangens weist Honneth zunächst nach,<br />
dass alle wesentlichen Handlungssphären westlicher Gesellschaften ein Merkmal teilen:<br />
Sie haben den Anspruch, einen jeweils besonderen Aspekt von individueller Freiheit<br />
zu verwirklichen. Im Geiste von Hegels Rechtsphilosophie und unter anerkennungstheoretischen<br />
Vorzeichen zeigt das zentrale Kapitel, wie<br />
in konkreten gesellschaftlichen Bereichen – in persönlichen<br />
Beziehungen, im marktvermittelten Wirtschaftshandeln<br />
und in der politischen Öffentlichkeit – die<br />
Prinzipien individueller Freiheit generiert werden, die<br />
die Richtschnur für Gerechtigkeit bilden. Das Ziel des<br />
Buches ist ein höchst anspruchsvolles: die Gerechtigkeitstheorie<br />
als Gesellschaftsanalyse neu zu begründen.<br />
Axel Honneth ist Professor am Institut für Philosophie<br />
der <strong>Goethe</strong>-<strong>Universität</strong> und geschäftsführender Direktor<br />
des Instituts für Sozialforschung.<br />
Axel Honneth<br />
Das Recht der Freiheit<br />
Grundriss einer demokratischen Sittlichkeit<br />
Suhrkamp Verlag 20<strong>11</strong>, 628 Seiten<br />
gebunden, 34,90 Euro<br />
ISBN 978-3-518-58562-7<br />
Nr. 5 I 21. Oktober 20<strong>11</strong><br />
Basidien und Sporen, ergänzen<br />
die ausgezeichneten<br />
Farbaufnahmen.<br />
Ein Bestimmungsschlüssel<br />
bis zur Gattungsebene<br />
und zum Teil bis auf<br />
die Ebene der Art erleichtert<br />
das Finden der<br />
richtigen Gruppe. Ein<br />
umfassendes Literaturverzeichnis<br />
sowie Listen der Gattungen und<br />
der Fachausdrücke helfen beim Einstieg in das<br />
faszinierende Reich der Pilze.<br />
Das Buch konnte unter anderem durch die finanzielle<br />
Unterstützung der Vereinigung von<br />
Freunden und Förderern der <strong>Goethe</strong>-<strong>Universität</strong><br />
veröffentlicht werden.<br />
Meike Piepenbring ist Professorin für Mykologie<br />
am Institut für Ökologie, Evolution und<br />
Diversität der <strong>Goethe</strong>-<strong>Universität</strong>.<br />
Meike Piepenbring & Gaston Guzmán<br />
Los Hongos de Panama<br />
Introducción a la identificación<br />
de los macroscópicos<br />
Mexiko 20<strong>11</strong>, 372 Seiten<br />
gebunden, 56 Euro<br />
Das Buch kann über<br />
piepenbring@bio.uni-frankfurt.de und die<br />
Buchhandlung Koeltz Scientific Books,<br />
Königstein, Tel: (06174) 93720 bezogen werden.<br />
Wie schon Aristoteles<br />
wusste, sind<br />
Tugenden heikle Balancen,<br />
die oft nur mit<br />
Mühe gehalten werden<br />
können. Aber auch mit<br />
den Lastern verhält es<br />
sich nicht anders. Sie<br />
tragen Energien in sich,<br />
die immer einmal wieder<br />
zum Guten ausschlagen können. Mit dieser Diagnose<br />
macht Martin Seel auf eine erhellende<br />
und unterhaltende Weise ernst. Die vielen Tugenden<br />
und ihre labile Einheit, so führt er vor,<br />
haben den Sinn, das eigene Glück im Auge zu<br />
behalten, ohne das Wohl der anderen aus dem<br />
Blick zu verlieren.<br />
Seel lässt in seiner philosophischen Revue<br />
<strong>11</strong>1 Tugenden und Laster in kurzen Skizzen<br />
auftreten und legt amüsant und kunstvoll die<br />
Verästelungen menschlicher Sitten und Unsitten<br />
frei. Wie leiten und verleiten sie uns<br />
im Handeln? Das Spektrum reicht von Leichtsinn<br />
über Selbstmitleid und Freundschaft bis<br />
zu Gelassenheit – insgesamt werden 555 charaktergebundene<br />
Eigenschaften von Personen<br />
berührt. Ihre Anordnung folgt einer weitgehend<br />
assoziativen Ordnung. Einer Regel folgt<br />
die Vorstellung aber doch: Jede vermeintliche<br />
Tugend und fast jede vermeintliche Untugend<br />
wird so lange vorgeführt, bis ihre Zweideutigkeit<br />
sichtbar wird. In einem abschließenden<br />
„Programmheft“ zur Revue gibt Seel in zugespitzter<br />
Form alte und neue Antworten auf<br />
klassische Fragen der Ethik und Moraltheorie.<br />
Martin Seel ist Professor am Institut für Philosophie<br />
der <strong>Goethe</strong>-<strong>Universität</strong>.<br />
Martin Seel<br />
<strong>11</strong>1 Tugenden, <strong>11</strong>1 Laster<br />
Eine philosophische Revue<br />
S. Fischer Verlag 20<strong>11</strong>, 285 Seiten<br />
gebunden, 18,95 Euro<br />
ISBN 978-3-10-0710<strong>11</strong>-6