<strong>Familien</strong>aufstellung/Systemaufstellung<strong>Familien</strong>aufstellungen sind in unterschiedlichentherapeutischen Schulen eine Methode, die esunterstützt familiäre Konstellationen <strong>und</strong> Musterin ein Bild zu bringen <strong>und</strong> nachzuerleben. Pionieresind Jakob Levy Moreno (1889-1974) mit demPsychodrama <strong>und</strong> der Soziometrie, Virginia Satir(1916-1988) mit der <strong>Familien</strong>rekonstruktion <strong>und</strong>Bert Hellinger (1925) mit dem <strong>Familien</strong>stellen.Systemaufstellungen können als eine Form der Einzelberatungin einer Gruppe verstanden werden.Mit Hilfe von Repräsentanten (Stellvertretern)stellt der Klient seine Kern-Familie auf. Durch diestellvertretende Wahrnehmung der Repräsentantenscheint es möglich, die inneren Bilder <strong>und</strong>Beziehungsmuster sichtbar werden zu lassen,Verstrickungen zu rekonstruieren, Generationenübergreifende Muster bewusst zu machen <strong>und</strong> versöhnlicheLösungsstrategien quasi exper<strong>im</strong>entellzu erproben. Der Klient sucht dazu für sich selbst<strong>und</strong> für seine <strong>Familien</strong>mitglieder Personen aus<strong>und</strong> stellt sie nach einem inneren Bild ihrer Beziehungenzueinander <strong>im</strong> Raum auf. Der Klient selbstbleibt zunächst außerhalb, kann das Geschehenbeobachten <strong>und</strong> wird mit weiteren Fragen übersein Herkunftssystem miteinbezogen. Zu einemspäteren Zeitpunkt kann er auch in die Aufstellunghineingenommen werden. Die Stellvertreter werdennach ihren Körperempfindungen, ihren Gefühlen<strong>und</strong> Beziehungen zueinander befragt. Es gibtnoch keine eindeutige wissenschaftliche Erklärungdazu, wie es möglich sein kann, dass die Stellvertreteretwas von dem spüren, was <strong>im</strong> aufgestelltenSystem von Bedeutung ist. Erste Erklärungsansätzefinden sich in der Theorie der morphogenetischenFelder von Robert Sheldrake <strong>und</strong> der Theorie derSpiegelneurone Gerald Hüther. (vgl.Klein, O., L<strong>im</strong>berg-Strohmaier,S.: Das Aufstellungsbuch) <strong>und</strong>auch in der Idee von Übertragungsphänomenen,wie sie aus der psychoanalytischen Therapiebekannt sind. Ein prototypisches Aufstellungsseminarbesteht aus ca. 15 Teilnehmern. Die persönlichenAnliegen der aktiven Teilnehmer werdenunter Anleitung des Seminarleiters oder der Seminarleiterin<strong>im</strong> Raum aufgestellt. Durch räumlicheVeränderungen können „Lösungsbilder“ entstehen,die neue Impulse <strong>und</strong> Lösungsansätze für das entsprechendeProblem geben können.Das innere Wissen von<strong>Familien</strong>gehe<strong>im</strong>nissen <strong>und</strong>SchicksalserfahrungenKritische Ereignisse, wie Tod eines nahen Angehörigen(Elternteil, Partner, Kind, Geschwister), wie Suizid, Trennung,Krankheit <strong>und</strong> Gewalt können in einem <strong>Familien</strong>systemoffen oder tabuisiert, emotional nachvollziehbaroder verdrängt vorhanden sein. Außenbeziehungen, Kinderaus solchen Beziehungen, Sucht, psychische Erkrankungen,Kr<strong>im</strong>inalität sind Vorkommnisse, die oft gehe<strong>im</strong>gehalten werden, scheinen dennoch als Information <strong>im</strong>System vorhanden zu sein <strong>und</strong> wirken sich aus.„Ich habe erst mit 25 erfahren, dass ich eine Halbschwesterhabe, nur wenige Wochen älter als ich. Oft hatte ich dasGefühl, dass irgendetwas fehlt in meinem Leben. Seit ichsie kennenglernt habe, kommt Ruhe in mein Leben <strong>und</strong> ichkann mich besser entscheiden, wie es weiter gehen soll.“Wir wissen inzwischen, dass es eine generationsübergreifendeWeitergabe insbesondere von unerledigten,unverarbeiteten <strong>und</strong> tabuisierten Ereignissen gibt. Wirdein Trauma erlebt, so ist es eine natürliche Überlebensreaktion,dass das Ereignis nicht mehr als Ganzes wahrgenommenwird sondern das bedrohliche Ereignis fragmentiertwird. Wie ein Spiegel, der zu Bruch geht <strong>und</strong> inviele Einzelteile zerfällt, so geschieht es mit dem Erlebten.Körperreaktionen von Anspannung <strong>und</strong> Stress, Gefühleder Angst <strong>und</strong> des Schreckens, Flucht,- Kampf- <strong>und</strong>Erstarrungs<strong>im</strong>pulse sind abgetrennt von der kognitivenVerarbeitung, sind nicht mehr miteinander verknüpft. Siewerden so nicht mehr zusammenhängend wahrgenommen<strong>und</strong> erinnert. Man spricht bei diesem unbewusstenVorgang von Dissoziation (etwas voneinander trennen,beiseiteschieben).Für eine ganze Generation war es notwendig, mit demSchrecken, der Angst <strong>und</strong> den Auswirkungen des Kriegeszurecht zu kommen. Die Todeserfahrungen an der Front,die Brutalität der Kriegsgefangenschaft, das Aufladenvon Schuld durch die eigene Kriegsbeteiligung, nichtzu wissen, wie es den nächsten Angehörigen geht, derVerlust geliebter Menschen, die Angst <strong>im</strong> Luftschutzkeller,Hunger, Flucht, He<strong>im</strong>atlosigkeit, Gewalt <strong>und</strong>Vergewaltigungen sind Traumatisierungen, die oft nurmit Verdrängung, einem kollektiven Vergessen <strong>und</strong> derausschließlichen Investition in Funktionalität überlebtwerden konnten. Dennoch gibt es in den nachfolgendenGenerationen ein unbewusstes Wissen über das, wasgeschehen ist <strong>und</strong> wie es erlebt wurde. Die tragischenErfahrungen sind meist sehr stressbelastet <strong>und</strong> gehenmit einem hohen körperlichen Erregungsniveau einher.Kann der Zusammenhang zwischen hohem Erregungsniveau<strong>und</strong> der dazugehörigen Emotion <strong>und</strong> der eigentlichenUrsache dafür nicht mehr hergestellt werden, wiedies bei Traumatisierungen der Fall ist, wird oft geradedieser Erregungszustand weitergegeben <strong>und</strong> damit dasTrauma transportiert.32 <strong>2012</strong> Köln
Das Heroin <strong>und</strong> der tote Großvater –Beispiel einer <strong>Familien</strong>aufstellungIn einer Gruppe von Abhängigkeitserkrankten beschäftigtensich die TeilnehmerInnen mit Hilfe von Genogrammenmit ihrer Suchtgeschichte. Ein Mann, der jahrelangheroinabhängig war <strong>und</strong> in dieser Zeit mit seiner damaligenheroinabhängigen Fre<strong>und</strong>in einen Sohn bekommenhat, möchte heute, 20 Jahre danach, seine Beziehungzu seinem Sohn zum Besseren wenden. Nachdemer sein Genogramm aufgemalt <strong>und</strong> sich mit anderendarüber ausgetauscht hat, wird ihm deutlich, wie diffus erdie Beziehung zu seinem Sohn erlebt.Die Kraft der Ahnen...„Meine Fre<strong>und</strong>in <strong>und</strong> ich, wir waren damals beide abhängig,konnten nicht aufhören damit, das Kind war nach derGeburt auch drauf <strong>und</strong> musste in den Entzug. Ich hab nieeine Beziehung zu ihm aufbauen können. Noch heute findeich es seltsam, wenn er mich Vater nennt.“In der Aufstellung mit Stellvertretern für ihn selbst, seinedamalige Fre<strong>und</strong>in <strong>und</strong> seinen Sohn zeigt sich, dass erweit entfernt von seinem Sohn steht. Sein Blick ist sehrfixiert auf den Boden gerichtet <strong>und</strong> er fühlt sich einsam<strong>und</strong> haltlos. Fre<strong>und</strong>in <strong>und</strong> Sohn sind gut miteinander <strong>im</strong>Kontakt aber nicht mit ihm. Da das Heroin eine großeBedeutung hatte, wird der Teilnehmer gebeten auch fürdas Heroin einen Stellvertreter zu wählen <strong>und</strong> aufzustellen.Das bewirkt eine Veränderung be<strong>im</strong> Stellvertreter desSohnMannFre<strong>und</strong>inHeroinGroßvaterVater<strong>2012</strong> Köln 33