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Ida Bender: Schön ist die Jugend… - Geschichte der Wolgadeutschen

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geboren und aufgewachsen, wo sein Vater im Siebenjährigen Krieg<br />

ums Leben gekommen war. Wo er, Nikolaus, noch nicht erwachsen,<br />

zusammen mit seiner Mutter das vom Fürsten gepachtete Land bearbeitete,<br />

doch <strong>die</strong> Ernten so gering waren, dass sie dem Fürsten<br />

den Pachtlohn schon einige Jahre lang nicht mehr bezahlen konnten.<br />

So ging es vielen ihrer Nachbarn. Wie eine Rettung in <strong>der</strong> Not<br />

waren <strong>die</strong> Werbeagenten Katharinas <strong>der</strong> Zweiten, <strong>der</strong> Zarin Russlands,<br />

mit vielen verlockenden Versprechungen gekommen: 30 Desjatin<br />

1 Land je Familie! Kein Militär<strong>die</strong>nst! Und eigene Verwaltung <strong>der</strong><br />

Siedlungen, Pflege des chr<strong>ist</strong>lichen Glaubens, <strong>der</strong> eigenen Muttersprache<br />

und Kultur, <strong>der</strong> Sitten und Bräuche. Das ließ bei den bedachtsamen<br />

deutschen Bauern keine Zweifel aufkommen und viele<br />

beschlossen, nach Russland auszuwan<strong>der</strong>n.<br />

Die Sonne lachte vom blauen Himmel, <strong>der</strong> hier unendlich hoch und<br />

wolkenlos war. Ein leichter Luftzug bewegte <strong>die</strong> hohen Gräser <strong>der</strong><br />

unberührten Steppe. So weit das Auge reichte, unbewohntes Land,<br />

das keinen Pflug kannte. Freude erfüllte Nikolaus' Gemüt, alle seine<br />

Gefühle. Hier Fel<strong>der</strong> bestellen, Gärten pflanzen! Schon sah er vor<br />

seinem ge<strong>ist</strong>igen Auge wogende Weizenfel<strong>der</strong>, endlose sich bis zum<br />

Horizont ausdehnende Sonnenblumenfel<strong>der</strong>, <strong>die</strong> ihm mit ihren goldenen<br />

Köpfen zunickten. Wie schön! Er war stark, jung und voller<br />

Tatendrang. Seine Augen schweiften in <strong>die</strong> Ferne: Hier wird er sein<br />

Haus bauen, Fel<strong>der</strong> bestellen und <strong>die</strong> Früchte seiner Arbeit, seiner<br />

Mühen ernten zum Wohl seiner Familie. Ein besseres Leben für sich<br />

und seine Nachkommen schaffen. Schön war das Gefühl, jung, kräftig,<br />

voller Energie voller Eifer und Hoffnung zu sein. Schön <strong>ist</strong> <strong>die</strong><br />

Jugend...<br />

Das Gelände hatte sich etwas verän<strong>der</strong>t, <strong>die</strong> Menschen waren <strong>der</strong><br />

Hügelkette näher gekommen. Ab und zu lag ein kleiner See zwischen<br />

zwei Hügeln o<strong>der</strong> ein Flüsschen verlor sich in einer Senke.<br />

An <strong>die</strong>sem 21. August 1767 waren alle gespannt, endlich den Ort<br />

zu erreichen, an dem ihnen das Land als Gemeindegut auf ewige<br />

1 Desjatin – russ. (1 Desjatin = 1,093 Hektar)<br />

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