GrazStandortfrageIn Fölling soll ein <strong>Park</strong>+<strong>Ride</strong>-Platz <strong>ohne</strong> <strong>Straßenbahnanschluss</strong>gebaut werdenZwei Kilometer von der Straßenbahn entfernt soll ein <strong>Park</strong>platzgebaut werden. Obwohl alle <strong>Park</strong>+<strong>Ride</strong>-Plätze in Graz, die anBuslinien liegen, schlecht ausgelastet sind, versucht man es erneut:diesmal will man sogar parallel zur Straßenbahn fahren.Im Zuge der Erweiterungder <strong>Park</strong>raumbewirtschaftungsind auch drei neue<strong>Park</strong>+<strong>Ride</strong>-Standorte <strong>geplant</strong>:In Liebenau beim Einkaufszentrum(mit <strong>Straßenbahnanschluss</strong>),in Puntigam nördlichdes Brauhauses (mit eigenerStraßenbahnhaltestelle) sowiein Fölling (Bezirk <strong>Mariatrost</strong>),zwei Kilometer von derStraßenbahn entfernt. LetztererStandort besticht nicht geradedurch gute ÖV-Anbindung:Außer unvertaktetenRegionalbussen gibt es dortkeinen Öffentlichen Verkehr– nicht die besten Aussichtenfür einen <strong>Park</strong>platz, der zumUmsteigen auf den ÖV anregensoll.ıSchnell-„buslinie um 800.000 EuroDoch scheint dies keinHindernis zu sein: Zunächstwar im Konzeptstück fürden Beschluss im Gemeinderatdie klare Aussage enthalten,dass der <strong>Park</strong>platz mit einer„Schnell-“buslinie angebundenwerden soll. Angesichtsder Tatsache, dass die<strong>Mariatrost</strong>er Straße geradezu jenen Zeiten, wenn Pendlerden <strong>Park</strong>platz verwendenwürden, selbst ein kilometerlanger<strong>Park</strong>platz ist, wird vom„Schnell“ der Buslinie wohlwenig übrig bleiben. Auch istangesichts der Verkehrssituationbis ins Stadtzentrum (wohindiese Buslinie zwecks umsteigefreierVerbindung geführtwerden sollte) nicht davonauszugehen, dass dieserBuslinie ein sonderlich unbehindertesLeben beschiedenwäre. Die Kosten für die Linieschließlich sind auch beachtlich:Im Konzept sind 800.000Euro jährlich als Betriebskostenfür diese Buslinie enthalten.Die Kalkulation der Kostenenthielt aber einen Fahrplan,der mit drei Bussen gefahrenwerden sollte. Das istangesichts der Fahrzeit vomJakominiplatz nach Fölling(ca. 25 Minuten) für den angestrebtenViertelstundentaktzu wenig. Zudem enthält derVorschlag nur einen Betriebvon Montag bis Freitag.Realistisch sind daher fürein brauchbares Angebot (Betriebtäglich von 6 bis 24 Uhr)vier Busse, das macht bereitsden stolzen Betrag von 1,5Millionen Euro aus!AlternativeEs steht natürlich außerDiskussion, dass auch die Einw<strong>ohne</strong>rvon Fölling ein Anrechtauf eine adäquate Verkehrsanbindunghaben. Nurstellt sich die Frage, ob man inFöllig über eine teure Buslinieerfreut wäre, die zwar <strong>ohne</strong>Umsteigen in die Stadt fährt,dafür aber deutlich länger alsdie Straßenbahn braucht.FAHRGAST brachte daher folgendenVorschlag ins Spiel:Anbindung von Fölling mittelseiner Buslinie von <strong>Mariatrost</strong>aus, dazu stadtbahnmäßigerAusbau der Linie 1. Währendalso die „Schnell“buslinie nurden Benützern des <strong>Park</strong>platzesund den Bew<strong>ohne</strong>rn Föllingseinen (zweifelhaften)Vorteil brächte, kann man mitdem Ausbau der Linie 1 langfristigallen Bew<strong>ohne</strong>rn des<strong>Mariatrost</strong>er Tals eine hochwertigeVerkehrsanbindungbieten.SignalwirkungNeben den rein betrieblichenund ökonomischen Gründensteht auch noch ein weitererPunkt gegen eine Busliniebis in die Stadt: auf einmalhätte man eine Buslinie parallelzur Straßenbahn. Die Signalwirkungkönnte – währendder Ausbauarbeiten für dieLinien 4, 5 und 6 – schlechternicht sein: auf einmal würdenicht mehr die umweltfreundliche,staufreie Straßenbahnpriorisiert, sondern eine Buslinie.Die Gefahr, dass dieseBetriebsform auch für dienächsten AusbaumaßnahmenSchule macht, ist groß.Offener BriefFAHRGAST schrieb sofortnach Bekanntwerden diesesProjektes einen offenen Briefan sämtliche GemeinderatsundBezirksratsmitglieder, andie Stadträte sowie an die relevantenÄmter. Im Brief kritisiertenwir vor allem die Doppelmoral:auf der einen Seiteschrumpft das Budget des ÖVvon Jahr zu Jahr, auf der anderenSeite ist auf einmal eineMillion Euro für ein verkehrspolitischfragwürdigesProjekt vorhanden. Die Reaktionenwaren vor allem ausden Ämtern dem enthaltenenFAHRGAST-Vorschlag gegenüberpositiv.RückzieherBei einem FAHRGAST-Terminbei Stadtrat Rüsch bemühtesich dieser, die Situationabzuschwächen: Die Kritikpunktevon FAHRGAST seienvollinhaltlich korrekt, dochmusste aufgrund der politischenSituation der <strong>geplant</strong>eStandort direkt an der Endhaltestelle<strong>Mariatrost</strong> aufgegebenwerden. Auch sei esmöglich, die Planungen einervollwertigen Buslinie soweitabzuschwächen, dass dievon FAHRGAST geforderte Pendelbuslinienur zur Hauptverkehrszeiteinige Fahrten vomund ins Stadtzentrum unternehmenwürde. Im Endeffektwürde diese Minimallösungzwar immer noch mehrals der reine Pendelbus kosten(550.000 statt 430.000 Euro),doch wäre gegenüber ursprünglicherAngaben bereitseine drastische Reduktionvorhanden.FinanzierungDer Grund, warum im Klimader allgemeinen Kostenreduktionauf einmal so vielGeld vorhanden ist, liegt inder Ausweitung der <strong>Park</strong>zonen(„grüne Zonen“): die Einnahmensind für Projekte wieFölling zweckgebunden. Intelligentverhandelt, kann mandieses Geld auch sinnvoll einsetzen:wenn es gelingt, dieBuslinie nur in reduzierterForm einzuführen, kann derRest des Betrages – gemäßder Forderung von FAHRGAST– für den Ausbau der Linie 1verwendet werden.FazitWieder einmal herrscht inGraz Kleingeistigkeit: weildie anderen Parteien den VorschlagRüschs zu einem <strong>Park</strong>hausin <strong>Mariatrost</strong> verhinderten,wird „irgendwo anders“ein <strong>Park</strong>haus gebaut, <strong>ohne</strong> dieAttraktivität des Standorts zuhinterfragen. Der Ruf nach einer„Schnell-“buslinie“, dieschnell werbewirksam eröffnetwerden kann, ist verkehrspolitischerUnsinn. FAHRGASTwird jedenfalls öffentlichenDruck machen, das Geld sinnvolleinzusetzen.Stefan Walter16FAHRGAST 1/2006
GrazAusbau der Linie 1Schiene statt Straße FAHRGAST fordert Tramausbau statt neuer BuslinieStatt der <strong>geplant</strong>en neuen Buslinie im <strong>Mariatrost</strong>er Tal schlägtFAHRGAST den Ausbau der Straßenbahnlinie 1 zu einer schnellen,staufreien Musterlinie vor. Die Kosten wären die gleichen, dasGeld wäre vorhanden.Als effiziente Alternativezur Einführungeiner „Schnell-“busline“von Fölling über <strong>Mariatrost</strong>in die Stadt hat FAHR-GAST ein Konzept vorgeschlagen,das auf „Schiene stattStraße“ setzt. Die Idee istrecht simpel: Statt viel Geldin den Betrieb einer parallelzur Straßenbahn verkehrendenBuslinie zu stecken, sollteFölling mit einer Pendelbuslinienach <strong>Mariatrost</strong> andie Tram angebunden werden.Die Kosten dafür wärenlediglich ein Viertel dessen,was für die „Schnell-“buslinieaufgewendet werden müsste.Mit dem restlichen Geld(ca. 75 %) könnte der Ausbauder Linie 1 finanziert werden,wenn die Gelder der nächsten10 bis 15 Jahre zusammengelegtwerden. Damit wäre nichtnur die Relation Fölling–Innenstadtschneller und zuverlässigerbedient als mit einer„Schnell-“buslinie, sondernauch die dicht besiedeltenWohngebiete zwischen <strong>Mariatrost</strong>und Mariagrün bekämeneine Top-Anbindung andas Zentrum.Momentaner ZustandMomentan ist der 1er in<strong>Mariatrost</strong> nämlich nicht geradeflott unterwegs. Zahlreicheenge Bögen <strong>ohne</strong> Überhöhunglassen selten mehr als35 km/h Spitzengeschwindigkeitzu. Auf den zahlreichenRückfallweichen ist garnur Schrittgeschwindigkeitzugelassen. Darüber hinauskommt es durch die eingleisigeFührung mit Ausweichenbei Zugskreuzungen oft zuminutenlangen Wartezeiten.Das alles führt nicht nurzu langen Fahrzeiten und damitzu höheren Betriebskosten(zusätzlicher Fahrzeugbedarf)sondern wirkt sich auchauf die subjektive Wahrnehmungder Fahrgäste aus: EineFahrt von Maria trost in dieDie Linie 1 versorgt <strong>Mariatrost</strong> umweltfreundlich mit Öffentlichem Verkehr mit demnun vorhandenen Geld kann sie zu einer mordernen Stadtbahn ausgebaut werden!Stadt kommt Fahrgästen wieeine Ewigkeit vor und ist somitalles andere als attraktiv.Doch das muss nicht so sein.Möglicher AusbauSchon vor Jahren hat FAHR-GAST in einem ausführlichenArtikel auf das Ausbaupotenzialdieser Strecke hingewiesen(siehe FAHRGAST 1/98).So könnte durch Streckenbegradigungen,durch den Einbauvon Überhöhungen in denKurven, sowie durch den (zumindestteilweise) zweigleisigenAusbau die Fahrzeit zwischenMariagrün und <strong>Mariatrost</strong>um drei bis vier Minutenverkürzt werden. Dadurch wärees auch möglich, einen Wagenim Umlauf einzusparen.Ebenso böte sich die Möglichkeit,in der Stoßzeit das Intervallzu verdichten (dzt. gibt eslediglich einen 10-Minuten-Takt in der Frühspitze).Auch die Stadt Graz hat bereitseine Studie in Auftrag gegeben,die die Verbesserungsmöglichkeitenbei der Linie1 untersucht hat. Man beschränktesich allerdings aufden Einbau von Kurvenüberhöhungensowie von Schnellfahrweichen.Auch hier konntegezeigt werden, dass nennenswerteFahrzeiteinsparungenmöglich sind, wenn auchin etwas geringerem Ausmaß.UmsetzungWürde man die erwähntenGelder (ca. 7 bis 10 MillionenEuro) gezielt in diesesProjekt stecken, könnte mit einerVorlaufzeit von ca 2 Jahrenund einer Bauzeit von weiteren2 Jahren der neue 1er relativbald Realität sein.Der Baubeginn könnte bereitskurz nach Abschluss derArbeiten an den Verlängerungender Linien 4, 5 und 6 erfolgenund somit eine Fortsetzungder momentanen Aufbruchstimmungin SachenÖV-Ausbau bewirken.Severin KannOptimumMit den gleichenKosten, die eine„Schnell-“buslinie in<strong>Mariatrost</strong> verschlingenwürde (auf einen Zeitraumvon 10 bis 15 Jahrengerechnet), könntedie Straßenbahnlinie 1zu einer schnellen, stadtbahnmäßigausgebautenMusterlinie werden.Von diesem Ausbauwürde die gesamte,dicht besiedelte <strong>Mariatrost</strong>erRegion profitieren.In Verbindung miteiner Pendelbuslinie zurErschließung von Föllingkönnte somit eineschnelle und staufreieAnbindung an die Innenstadtgarantiert werden.Nirgendwo sonst ließesich das Motto „Schienestatt Straße“ derart einfachund schnell verwirklichen.Auch dasGeld ist offenbar vorhandenund die Stadtwäre bereit, es in denÖV in <strong>Mariatrost</strong> zu investieren,wie aufgrundden bisherigen Entwürfendes entsprechendenGemeinderatsstücks zuerkennen ist.Eine optimale Verkehrslösungzeichnetsich ab und alle notwendigenVoraussetzungensind gegeben. Woraufwartet die Stadt noch?FAHRGAST fordert daher,im Sinne einer weitsichtigenVerkehrspolitikdie Priorität auf denAusbau des 1er und somitauf eine nachhaltigeInvestition zu legen,statt das Geld für denlaufenden Betrieb einerverkehrstechnisch wenignützlichen Busliniezu verpulvern.Severin KannFAHRGAST 1/2006 17