Crowdfunding-Plattformen (Deutschland) - DeimHart
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70 | KRAUTFUNDING ALS DAS NÄCHSTE GROSSE DING?<br />
Presse zwischen Paywall & Kostenlos-Kultur<br />
Eine ähnliche Konfrontation wie im Bereich der Musikindustrie erleben wir<br />
mittlerweile bei Büchern und Zeitungen. Online-Nachrichtenportale gibt es<br />
schon seit den 1990er Jahren, bisher meistens mit kostenlosem Zugang –<br />
die Verlage waren vor allem an einer möglichst großen Reichweite interessiert.<br />
Doch sinkende Auflagen und steigender Kostendruck haben die Ansichten<br />
in kurzer Zeit radikal verändert. Plötzlich wird die „Kostenlos-Kultur“<br />
des Internets lauthals beklagt. Eine probate Lösung sollen Paywalls bieten,<br />
zugleich aber auch kostenpflichtige Apps für Mobilgeräte à la iPhone<br />
und iPad. Nicht nur für die Informationsfreiheit wäre das ein herber Rückschlag,<br />
sondern auch für das Internet als Medium – es lebt schließlich davon,<br />
dass man den angelegten Verlinkungen auch folgen kann.<br />
Doch alleine schon die Gesetze des Wettbewerbs dürften flächendeckende<br />
Bezahlschranken verhindern. Paradoxerweise können Paid-Content-Modelle<br />
einiger Marktteilnehmer sogar den Einsatz von <strong>Crowdfunding</strong> bei Mitbewerbern<br />
fördern. Geht der monetäre Schlagbaum nieder, wird schließlich<br />
ein Großteil der Leser auf die Seiten der Konkurrenz gelenkt. Und wie Chris<br />
Anderson in seinem Bestseller „Free – The Future of a Radical Price“ so<br />
schön formuliert hat, gibt es keinen wettbewerbsfähigeren Preis als Null<br />
Cent. Vor allem, wenn die Monetarisierung trotzdem gesichert bleibt, etwa<br />
durch Anzeigen, Bewerbung der Printversion, oder eben auch <strong>Crowdfunding</strong>.<br />
Modelle wie wie die „taz zahl ich“-Kampagne weisen hier den Weg –<br />
aber auch der Erfolg von Kachingle bei regionalen Zeitungen („Community<br />
News“) in den USA.<br />
E-Books als das neue MP3? Piraterie in der Buchbranche<br />
Etwas anders ist die Problemlage in der Buchbranche. E-Books haben erst<br />
in den letzten fünf Jahren einen echten Boom erlebt, ausgehend von den<br />
USA, wo Amazon mit dem Kindle-Reader die Branche kräftig durcheinandergewirbelt<br />
hat. Die Teilung des Buchmarktes in 50 Prozent digital und 50<br />
Prozent Print – vor wenigen Jahren noch völlig unvorstellbar – wird nun<br />
bereits für die Jahre 2015 bis 2020 prognostiziert. Das Geschäftsmodell der<br />
Verlage gerät dabei von mehreren Seiten aus unter Beschuss: „Gatekeeper“<br />
wie Apple oder Amazon reden nun mit, zu welchen Preisen Bücher angeboten<br />
werden sollen. Bestseller-Autoren entdecken das Direktpublishing –<br />
und veröffentlichen ihre E-Books an den Verlagen vorbei, was ihnen Tantiemen<br />
von bis zu 75 Prozent einbringt. Doch vor allem laufen die Leser in<br />
Scharen davon – sie besorgen sich nicht nur ihre Musik, sondern auch ihre<br />
Lektüre auf Filesharing-<strong>Plattformen</strong> oder via Direktlink-Download bei Rapidshare<br />
& Co.