01.12.2012 Aufrufe

Virtuelle Gegenöffentlichkeit und Ausweg aus dem ... - MIK NRW

Virtuelle Gegenöffentlichkeit und Ausweg aus dem ... - MIK NRW

Virtuelle Gegenöffentlichkeit und Ausweg aus dem ... - MIK NRW

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

306 Thomas Pfeiffer<br />

land ans Netz. Anonym sind im Netz auch Videoclips eingestellt, die bewegte Bilder mit<br />

volksverhetzenden Liedern beispielsweise der Band „Landser“ verbinden. Als Mittel der<br />

Strafvermeidung nimmt die Bedeutung <strong>aus</strong>ländischer Provider – dies gilt für Szene-Provider<br />

<strong>und</strong> andere – allerdings in <strong>dem</strong> Maße ab, in <strong>dem</strong> eine knapp unterhalb der Strafbarkeitsschwelle<br />

angesetzte Agitation den deutschen Rechtsextremismus bestimmt <strong>und</strong> nach hiesigem<br />

Recht offen strafbare Inhalte seltener werden.<br />

5 Zusammenfassung <strong>und</strong> Fazit<br />

Eine netzwerkartige Struktur, potenziell unbegrenzte Reichweite <strong>und</strong> begrenzte Regulierbarkeit,<br />

eine Aura der Modernität, ein junger Nutzerkreis <strong>und</strong> vielfältige Möglichkeiten,<br />

Inhalte unterhaltsam, geradezu spielerisch zu präsentieren – mit diesen Eigenschaften ist<br />

das Internet zu einem äußerst attraktiven Aktionsfeld für den Rechtsextremismus geworden.<br />

Dies gilt desto mehr, je stärker diese Szene von autonomen Strukturen <strong>und</strong> einer Agitation<br />

im vorpolitischen Raum geprägt ist, einer Erlebniswelt Rechtsextremismus, in der<br />

politische Agitation <strong>und</strong> Unterhaltung verschmelzen. Dieser anhaltende Prozess struktureller<br />

<strong>und</strong> strategischer Veränderung hat dazu geführt, den deutschen Rechtsextremismus als<br />

eine neue soziale Bewegung zu verstehen – ein Netzwerk von Netzwerken, das das Netz<br />

der Netze, kaum überraschend, zu schätzen weiß. Das Internet ist nicht der Gr<strong>und</strong> der Veränderungen,<br />

sondern ein Instrument, zum Teil auch Schrittmacher der Entwicklung. Technische<br />

Innovationen im Netz haben kontinuierlich das überwiegende Erscheinungsbild <strong>und</strong><br />

die Angebote rechtsextremistischer Präsenzen verändert. Insofern trägt das Internet dazu<br />

bei, dass der Rechtsextremismus in Bewegung bleibt.<br />

Für die Kommunikationsziele der Bewegung leistet das Netz wichtige Dienste. Webforen,<br />

Blogs <strong>und</strong> Informationsportale unterstützen Kontakt <strong>und</strong> Kommunikation der Akteure<br />

auf regionaler <strong>und</strong> nationaler Ebene. Zumindest tendenziell gilt dies auch international.<br />

Für die Mobilisierung insbesondere zu Demonstrationen stehen Portale der „Aktionsbüros“<br />

<strong>und</strong> Sonderseiten zur Verfügung. Für Demonstrationen sind Internetseiten das Mobilisierungsmedium<br />

Nummer eins – sie bieten Serviceinformationen, Zugang zu weiteren Mobilisierungsmedien<br />

<strong>und</strong> aktuelle Hinweise zur Rechtslage.<br />

Mitunter verstehen sich rechtsextremistische Websites als breitenwirksame Instrumente.<br />

Dies gilt für die zum Teil umfangreichen <strong>und</strong> international <strong>aus</strong>gerichteten Portale der<br />

Holoc<strong>aus</strong>t-Leugner. Breitenwirkung ist Websites allerdings vor allem dann zuzutrauen,<br />

wenn sie am Rande der Bewegung angesiedelt sind <strong>und</strong> ideologisch weniger aggressiv<br />

auftreten. Solche Inhalte sind beispielsweise anschlussfähig an fremdenfeindliche Einstellungen,<br />

die weit über aktive Rechtsextremisten hin<strong>aus</strong> verbreitet sind. Breitenwirkung <strong>aus</strong><br />

Teilbereichen mit intensiver rechtsextremistischer Ideologie setzt die Fähigkeit zur verbalen<br />

Tarnung vor<strong>aus</strong>, die insbesondere die NPD in jüngsten Jahren zunehmend entwickelt<br />

hat. Die zurzeit wichtigste Klientel, bei der Rechtsextremisten (Breiten-)Wirkung entfalten<br />

möchten, sind Jugendliche. Viele Websites sind auf diese Gruppe zugeschnitten: Sie erscheinen<br />

modern, vermeiden rechtsextremistisch besetzte Symbolik <strong>und</strong> Ästhetik, locken<br />

mit interaktiven <strong>und</strong> multimedialen Angeboten – insbesondere mit Musik <strong>und</strong> Videoclips.<br />

Imagebotschaften zählen zum Wichtigsten, was solche Seiten vermitteln können: Rechtsextremismus<br />

steht hier für Modernität, Dynamik, Unangepasstheit <strong>und</strong> Selbstbewusstsein.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!