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Willkommen zur vielseitigsten Bildungsreise Ihres Lebens.

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mit der traditionellen Mädchenerziehung auseinander<br />

und entwirft Alternativen für eine künftige Pädagogik,<br />

die sie als Voraussetzung und Grundlage einer echten<br />

Emanzipation ansieht.<br />

Beauvoir behauptet nicht, dass die <strong>Lebens</strong>- und<br />

Denkweisen von Mann und Frau je identisch werden<br />

könnten. Unterschiede bestehen und sollen bestehen.<br />

Aber die Frau solle die gleiche Würde besitzen und die<br />

gleiche Achtung genießen wie der Mann. Sie soll ein<br />

freies, selbständiges Wesen werden, ein Subjekt, das dem<br />

Mann ebenbürtig zu begegnen vermag. Die Autorin vertritt<br />

mit Nachdruck den Standpunkt, dass eine solche<br />

Entwicklung nicht nur die Frau, sondern in vieler Hinsicht<br />

auch den Mann befreien und soziale Probleme beseitigen<br />

werde, die aus dem hierarchischen Verhältnis<br />

von Mann und Frau entstanden sind.<br />

Das Werk ist viel diskutiert und angegriffen worden,<br />

teils der praktischen Lösungen wegen, die Beauvoir<br />

vorschlägt – sie fordert neben der vollen beruflichen<br />

Gleichberechtigung Geburtenkontrolle und legale Abtreibung<br />

und tritt für eine freie Verbindung der Geschlechter<br />

ein –, teils wegen der rückhaltlosen Offenheit,<br />

mit der sie sexuelle Probleme behandelt.<br />

Man hat Beauvoir vorgeworfen, ihr Buch sei von<br />

Männerhass diktiert und hinter ihrer empörten Absage<br />

an das lediglich duldende Wesen der Frau Komplexe gesucht.<br />

Aber so radikal und engagiert das Buch in seinen<br />

Absichten und Zielen sein mag, es beruht auf sachlicher<br />

Grundlagenforschung und leitet seine Folgerungen in<br />

erster Linie von Ä Sartres Existenzphilosophie ab, in<br />

der Freiheit, Verantwortung und Tätigkeit die obersten<br />

Werte sind. Das Werk ist eine der geistigen Grundlagen<br />

der feministischen Theorie und der Gender Studies geworden.<br />

� Lit.: S. Heinämaa: Toward a Phenomenology of Sexual Difference,<br />

2003. � Y.B. Raynova: S. de B. 50 Jahre nach dem Anderen<br />

Geschlecht, 2004. Anneliese Botond<br />

Les Mandarins<br />

(frz.; Die Mandarins von Paris, 1955, R. Ücker-Lutz,<br />

F. Montfort) – Dem 1954 erschienenen Schlüsselroman<br />

kommt große Bedeutung für die ideologische Auseinandersetzung<br />

zwischen der freien Linken mit dem Kommunismus,<br />

zwischen Existenzialismus und Marxismus<br />

im Nachkriegsfrankreich zu.<br />

Geschildert wird das Leben französischer Linksintellektueller<br />

am Ende des Zweiten Weltkriegs. Jean-Paul<br />

Ä Sartre, Albert Ä Camus, Arthur Ä Koestler und Simone<br />

de Beauvoir selbst lassen sich in den Hauptfiguren Robert<br />

Dubreuilh, Henri Perron, Victor Scriasine und<br />

Anne Dubreuilh wiedererkennen. Was die Gruppe der<br />

Linksintellektuellen um ihre geistigen Führer, die ›Man-<br />

Simone de Beauvoir �<br />

darins‹, zunächst zusammenhält, ist das gemeinsame<br />

Erlebnis der Résistance. Nach der Befreiung zerfällt die<br />

Gemeinsamkeit jedoch; Unterschiede in der politischen<br />

Auffassung und der Weltanschauung treten hervor. Die<br />

Hoffnung auf eine gesellschaftliche und politische Neuordnung<br />

unter Führung der Intellektuellen bleibt unerfüllt,<br />

weil sie nicht <strong>zur</strong> Einigkeit fähig sind. Roberts<br />

Versuch, die Intellektuellen in einer politischen Organisation<br />

zu versammeln, misslingt. Henris Zeitung<br />

»Espoir« (Hoffnung, fiktiver Name für das Résistanceblatt<br />

Combat) gerät unter fremden Einfluss. Die beabsichtigte<br />

Verwirklichung einer echten Volksfrontregierung<br />

wird durch Differenzen zwischen Henri und Robert<br />

zunichte gemacht. Henri, dem es um persönliche<br />

und politische Unabhängigkeit geht, möchte einen Bericht<br />

über stalinistische Arbeitslager veröffentlichen,<br />

weil er glaubt, dass die Wahrheit grundsätzlich aufgedeckt<br />

werden müsse. Robert dagegen will die Tatsachen<br />

verschweigen, um die Aufspaltung der Linken und eine<br />

Förderung des Antikommunismus zu verhindern. Gegen<br />

Ende des Romans finden Robert und Henri noch<br />

einmal zu gemeinsamer politischer Aktion. Sie hoffen,<br />

mit Hilfe einer neuen Zeitung den verlorenen Einfluss<br />

<strong>zur</strong>ückzugewinnen.<br />

Beauvoir arbeitet mit polyperspektivischen Erzähltechniken.<br />

Anne berichtet in Ichform, tritt aber in der<br />

Erzählung auch in der dritten Person auf. Dabei werden<br />

häufig neue Aspekte desselben Ereignisses enthüllt. Die<br />

Form der kombinierten Ich- und Er-Erzählung steht<br />

auch in engem Zusammenhang mit der intellektuellen,<br />

analytischen Grundhaltung des Romans. Die gedankliche<br />

Durchdringung erzählter Ereignisse ist zumindest<br />

ebenso wichtig wie die Handlung selbst – ein Strukturelement,<br />

das zugleich die intellektuellen Protagonisten<br />

in ihrem Wesen kennzeichnet: Sie alle leiden an dem<br />

Konflikt zwischen Denken und Handeln, einem Problem,<br />

das immer wieder zum Thema ihrer Gespräche<br />

wird. Entsprechend sind die Figuren konturiert: Henri<br />

führt den Kampf um seine persönliche Unabhängigkeit<br />

und die seiner Zeitung bis zum Bruch mit dem Freund<br />

Robert, aber aus Liebe zu einer Schauspielerin deckt er<br />

einen Nazikollaborateur, setzt sich der Gefahr der Erpressung<br />

aus und muss sich zeitweilig aus der Öffentlichkeit<br />

<strong>zur</strong>ückziehen. Annes und Roberts Tochter Nadine<br />

tröstet sich über den Tod ihres Verlobten mit<br />

zahllosen Amouren; Anne versucht, sich durch die Beziehung<br />

zu einem Amerikaner, den sie mehrmals in<br />

den USA besucht, von ihrem bisherigen Leben zu lösen,<br />

ohne allerdings wirklich an eine Befreiung zu glauben.<br />

Bürgerliche Werte werden hier nicht mehr in Frage<br />

gestellt; die Intellektuellen haben sie für sich schon<br />

außer Kraft gesetzt. Aber auch im existenzialistischen<br />

Wertesystem entdeckt Beauvoir Widersprüche, die in<br />

der inneren Determinierung ihrer Protagonisten grün-

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