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Willkommen zur vielseitigsten Bildungsreise Ihres Lebens.

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ete ich an / und die Metallringe, / die Suppenschüsseln<br />

/ und natürlich, selbstverständlich, / den Hut.« Aus solchen<br />

Versen spricht auch ein gewisser Mut <strong>zur</strong> Banalität,<br />

eine gewollte Naivität, die in der Kargheit des Ausdrucks,<br />

der Einfachheit der Sprache ein Äquivalent findet.<br />

Das Zurücktreten der Reflexion, die Verhaltenheit<br />

der Diktion, die Bescheidenheit der beschreibenden<br />

Geste gegenüber der Wahrheit des Gegenstands charakterisieren<br />

diese Odendichtung, in deren besten Gedichten<br />

die widerspruchsvolle Dichterpersönlichkeit Nerudas<br />

– aktuell und rückwärtsgewandt, prophetisch und<br />

beschaulich, verbittert und liebevoll, solidarisch gesinnt<br />

und individualistisch, drastisch und poetisch – in ständigem<br />

Wechsel gegenwärtig ist.<br />

In Nerudas gesamtem Schaffen stellen die Oden allerdings<br />

den Augenblick der Einkehr dar. Gefühlsaufruhr<br />

und Verkündigungsdrang sind <strong>zur</strong>ückgedrängt.<br />

Nun breitet sich vor den Augen des Dichters die fest umrissene<br />

Welt des Gegebenen aus, die Unverrückbarkeit<br />

des Geschehens, die Vollendung der in zeitlosen Formen<br />

verharrenden Dinge. An die Stelle des Zweifels, der<br />

Apokalyptik und prophetischen Utopie ist das Zeigen<br />

und Nennen der Sachen durch sachnahe Wörter und<br />

Bilder getreten. Zwar wird Nerudas politisches Engagement<br />

manchmal deutlich, aber daneben herrscht Vagantenseligkeit,<br />

die sich bald den großen kosmischen Wundern<br />

zuwendet, bald rührend die kleinen unbeachteten<br />

Dinge anspricht. Solche Gedichte sind Beispiele einer<br />

im Ausdruck kargen, doch tief empfundenen Naturlyrik,<br />

in der das Gefühl allgemeiner Brüderlichkeit und<br />

Ding- und Wesensverwandtschaft, das Gleichgewicht<br />

zwischen Stimmung und Reflexion und die verhaltene<br />

Schwingung des lyrischen Ichs sich zu einem Loblied auf<br />

die Schöpfung verdichten, in dem zuweilen ein ferner<br />

Nachklang aus dem Sonnengesang des heiligen Franz<br />

von Assisi (Ä Francesco d’Assisi) hörbar zu sein scheint.<br />

� Lit.: W. Holzinger: Poetic Subject and Form in the ›Odas elementales‹,<br />

in: Revista Hispánica Moderna 36, 1970/1971, 41–49. �<br />

J. Concha: El mundo y las cosas en las ›Odas elementales‹, in: Mapocho<br />

2, 1995, 9–26. Aurelio Fuentes Rojo<br />

Confieso que he vivido<br />

(span.; Ich bekenne, ich habe gelebt, 1974, C. Meyer-Clason)<br />

– Die 1974 erschienenen Memoiren wurden von<br />

Matilde Urrutia und Miguel Otero Silva herausgegeben<br />

und in zwölf Hefte gegliedert, von denen zehn in chronologisch<br />

lockerer Abfolge Erinnerungen an die wichtigsten<br />

Etappen im Leben und Schaffen Nerudas beschreiben,<br />

während die beiden letzten, thematisch angeordnet,<br />

vorwiegend Überlegungen <strong>zur</strong> Dichtung und<br />

Geschichte enthalten. Confieso que he vivido vereint vor<br />

allem im ersten Teil eine Reihe von Texten, die bereits ab<br />

Pablo Neruda �<br />

den 1950er Jahren in Vorträgen, in einer Artikelserie der<br />

brasilianischen Zeitung O Cruzeiro Internacional und in<br />

Teilen von Nerudas Poesie als kontinuierliche Versuche<br />

lyrischer und autobiographischer Retrospektive geschrieben<br />

wurden und unter denen der Gedichtband<br />

Memorial de Isla Negra, 1964 (Memorial von Isla Negra,<br />

1974), einen Höhepunkt dichterischer Selbsterkundung<br />

bildet. Von diesen »Memoiren des Dichters« will Neruda<br />

die »Memoiren des Memoirenschreibers« klar unterschieden<br />

wissen. Die Originalität besteht gerade in dem<br />

ständigen spielerischen Infragestellen solcher Grenzen.<br />

Nerudas Vorhaben, von seinem Leben als »dem Leben<br />

des Dichters« zu erzählen, bleibt allerdings unabgeschlossen.<br />

Das Buch bricht als Chronik der chilenischen<br />

Ereignisse kurz vor seinem Tod ab.<br />

Diese fragmentarische Offenheit ist zugleich ein Gestaltungsprinzip,<br />

mit dem der Vergesslichkeit und launenhaften<br />

Erinnerungslust des Erzählers ebenso wie der<br />

ständigen, alles Endgültige und Dogmatische in Frage<br />

stellenden Beweglichkeit des <strong>Lebens</strong> selbst entsprochen<br />

werden soll. Die Memoiren sind nicht das Bekenntnis eines<br />

bisher in der Dichtung verborgen gehaltenen Intimlebens.<br />

Im Gegensatz zu seinen Gedichten finden sich<br />

hier nur wenige Hinweise auf seine Liebeserlebnisse,<br />

auch ein Nachdenken über den Tod fehlt fast völlig.<br />

Die Erinnerungen übergehen die oft zermürbende<br />

Alltagsdimension des <strong>Lebens</strong>, viele seiner unauffälligen<br />

Gefährten in der Privatsphäre der poetischen Arbeit<br />

oder in der Routine politischer Tätigkeit bleiben unerwähnt.<br />

Auch sein Einsatz für die Kommunistische Partei<br />

Chiles und die Weltfriedensbewegung werden mehr auf<br />

der Ebene der erzählbaren, exotischen Anekdote wiedergegeben<br />

und schöpfen den Erlebnisreichtum Nerudas<br />

nicht annähernd aus. Unvollständig ist die Reihe der<br />

Kurzporträts von Dichterfreunden, obwohl im Falle der<br />

Spanier F. Ä García Lorca, M. Ä Hernández und R. Ä Alberti<br />

von unübertrefflicher Intensität.<br />

Neruda befragt im Kern seiner Memoiren nochmals<br />

zwei für seine Dichtung grundlegende Schlüsselerlebnisse:<br />

die Wurzeln seiner Identität in der Kindheit und die<br />

Selbstentdeckung in der Geschichte als erwachender junger<br />

Poeten-Bohemien, isolierter Diplomatenrebell, erschütterter<br />

Ankläger der spanischen Tragödie, politisch<br />

organisierter Streiter für eine immer tiefere Verwurzelung<br />

von Humanismus »im Trachten des Menschen«.<br />

Diese Anklage verdeutlicht bereits das entscheidende<br />

Schreibmotiv von Confieso que he vivido. Neruda versucht<br />

nicht, seine Privatsphäre auszuloten, sondern noch<br />

einmal umfassend jenes eigentümliche Kontaktverhältnis<br />

zwischen Umwelt und Bewusstsein nachzuvollziehen,<br />

das seine Poesie zeitlebens bestimmte. In einer Mischung<br />

von <strong>Lebens</strong>chronik und suggestivem Beschwören der<br />

Schlüsselerfahrungen spürt er den »früh geschlossenen<br />

Pakt mit dem Raum« in seiner Kindheit auf, (…)<br />

das allmäh-

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