Archiv des öffentlichen Rechts Inhalt
Archiv des öffentlichen Rechts Inhalt
Archiv des öffentlichen Rechts Inhalt
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
330<br />
Heike Krieger<br />
ge der Resolution 1244 (1999) hat der Sicherheitsrat eine internationale Sicherheitspräsenz<br />
im Kosovo errichtet: die unter entscheidender NATO-Beteiligung<br />
geführte Kosovo Force (KFOR). Zugleich hat der Sicherheitsrat die<br />
United Nations Mission in Kosovo (UNMIK), ein Unterorgan der Vereinten<br />
Nationen, als zivile Verwaltung eingesetzt. UNMIK und KFOR üben im Rahmen<br />
der Wahrnehmung ihres Mandates unmittelbar Hoheitsgewalt gegenüber<br />
den Bürgern <strong>des</strong> Kosovo aus. 67 Beispielsweise ist der Oberbefehlshaber<br />
der KFOR berechtigt, die Inhaftierung von Personen in KFOR-Einrichtungen<br />
anzuordnen. 68 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat im Mai<br />
2007 im Fall Behrami und Saramati festgestellt, dass KFOR Hoheitsgewalt<br />
auf der Grundlage einer Delegation der Sicherheitsratsbefugnisse nach Kapitel<br />
VII der Charta ausübt. Die Handlungen sind laut Gerichtshof dem Sicherheitsrat,<br />
d. h. den Vereinten Nationen, unmittelbar zurechenbar. 69 Wenn<br />
diese Einschätzung zutreffend ist, nehmen deutsche Soldaten im Rahmen <strong>des</strong><br />
KFOR-Einsatzes an der Ausübung von Hoheitsgewalt durch die Vereinten<br />
Nationen in anderen Staaten teil. Hat es Auswirkungen auf die Einordnung<br />
in ein System kollektiver Sicherheit, wenn ein solches System quasi-staatliche<br />
Funktionen ausübt?<br />
1. Die Vereinten Nationen als zwischenstaatliche Einrichtung?<br />
AöR<br />
Ob sich veränderte Anforderungen an die deutsche Mitgliedschaft in den<br />
Vereinten Nationen stellen, hängt zunächst davon ab, ob die Vereinten Nationen<br />
aufgrund der beschriebenen Maßnahmen noch ausschließlich als<br />
System gegenseitiger kollektiver Sicherheit nach Art. 24 Abs. 2 GG 70 oder<br />
auch als zwischenstaatliche Einrichtung nach Art. 24 Abs. 1 GG zu beurteilen<br />
sind. Für die Frage der Einordnung als zwischenstaatliche Einrichtung ist<br />
dabei die Frage wesentlich, ob die Bun<strong>des</strong>republik auf die Vereinten Nationen<br />
Hoheitsrechte übertragen hat, die die Vereinten Nationen zu einem<br />
Durchgriff in den innerstaatlichen Bereich berechtigen. 71 Die Übertragung<br />
von Hoheitsgewalt bedeutet dabei, dass sich die deutsche <strong>Rechts</strong>ordnung für<br />
67 Siehe zur <strong>Rechts</strong>lage im Kosovo: J. Friedrich, UNMIK in Kosovo: Struggling with<br />
Uncertainty, Max Planck UNYB 9 (2005), 225 ff.; R. Wolfrum, International Administration<br />
in Post-Conflict Situations by the United Nations and other International Actors,<br />
Max Planck UNYB 9 (2005), 667ff.; A. Zimmermann/C. Stahn, Yugoslav Territory,<br />
United Nations Trusteeship or Sovereign State? Reflections on the Current and<br />
Future Legal Status of Kosovo, NJIL 70 (2001), 437ff.<br />
68 Art. 1 Abs. 2 Military Technical Agreement, UNSC Resolution 1244 (1999),<br />
para. 9 und para. 4 Annex 2 der Resolution; KFOR/OPS/FRAGO997 (superseded by<br />
COMKFOR Detention Directive 42 in October 2001).<br />
69 EGMR (Fn. 12), para. 141.<br />
70 BVerfGE 104, 151 (195).<br />
71 Pernice (Fn. 56), Art. 24 Rn. 28f.