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342<br />
Heike Krieger<br />
AöR<br />
Demokratie in der selbstbestimmten Wahrnehmung demokratischer Rechte<br />
durch die Bürger gegen internationale <strong>Rechts</strong>akte gesehen. Vielleicht bestätigt<br />
diese Beobachtung die Behauptung mancher amerikanischer Autoren, dass<br />
eine besondere Hinwendung zum Internationalen für junge Demokratien<br />
zur Stabilisierung demokratischer Verhältnisse wichtig sei. Denn durch die<br />
völkerrechtliche Bindung könnten junge Demokratien nationale ebenso wie<br />
internationale Glaubwürdigkeit erreichen, während gefestigte Demokratien<br />
hierauf nicht im gleichen Maße angewiesen seien. 118 Dann sind Formulierungen,<br />
wie die <strong>des</strong> Sächsischen OVG, Ausdruck der heute gesicherten demokratischen<br />
Strukturen in Deutschland. Vielleicht sind solche Äußerungen aber<br />
auch nur Ausdruck einer Entwicklung, die das Argument der Volkssouveränität<br />
nutzt, um staatliche Souveränität zur Abwehr von Globalisierungsfolgen<br />
wieder erstarken zu lassen und, wie es Scalia für die Vereinigten Staaten fordert,<br />
den Einfluss „fremden <strong>Rechts</strong>“ zu verringern. Dann aber ist es Aufgabe<br />
<strong>des</strong> Völkerrechtlers, diese „fremde“ <strong>Rechts</strong>ordnung und ihren Einfluss auf das<br />
Demokratieprinzip wieder in eine ausgewogene Perspektive zu rücken.<br />
Die eingangs beschriebenen Befürchtungen vor der „Herrschaft der Fremden“<br />
beruhen nämlich auf einer verkürzten Wahrnehmung völkerrechtlicher<br />
und diplomatischer Prozesse, wenn den innerstaatlichen Legitimationsmechanismen<br />
ihre Wirksamkeit gänzlich abgesprochen wird. Die Annahme,<br />
die Legitimationsanforderungen sachlicher Bindung und formaler Rechenschaftspflicht<br />
könnten nicht erfüllt werden, weil die Regierung in außenpolitischen<br />
Verhandlungen flexibel agieren müsse und von solchen Bindungen<br />
freigestellt sei, 119 wird den außenpolitischen Prozessen nicht gerecht. Zum<br />
einen wird die Verantwortung der Regierungsvertreter zu eng gefasst. Sachliche<br />
Bindungen, die sich aus dem innerstaatlichen politischen Kontext ergeben,<br />
vermögen sehr wohl, Regierungsvertreter zu binden. So hat die Bun<strong>des</strong>republik<br />
bis in die neunziger Jahre hinein angesichts eines entsprechenden<br />
verfassungspolitischen Konsenses nicht an Friedenstruppeneinsätzen der Vereinten<br />
Nationen teilgenommen, obwohl die entsprechenden verfassungsrechtlichen<br />
Voraussetzungen dafür gegeben waren. 120 Ebenso besteht eine<br />
formale Rechenschaftspflicht. Regierungsmitglieder werden durchaus für<br />
außenpolitische Misserfolge und außenpolitisches Fehlverhalten demokratisch<br />
zur Verantwortung gezogen, wie z. B. Untersuchungsausschüsse zu<br />
außenpolitischen Fragestellungen zeigen. 121 Zudem gibt es eine Möglichkeit<br />
118 T. Ginsburg, Locking in Democracy, Constitutions, Commitment, and International<br />
Law, International Law and Politics 38 (2006), 707 (712, 752).<br />
119 Volkmann (Fn. 25), 597.<br />
120 BVerfGE 90, 286ff.<br />
121 Hierzu zählt z. B. der Untersuchungsausschuss „zu Vorgängen im Zusammenhang<br />
mit dem Irakkrieg und der Bekämpfung <strong>des</strong> internationalen Terrorismus“, BT-<br />
Drs. 16/990 v. 17. März 2006.