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354<br />

Ulrich Vosgerau<br />

AöR<br />

mediatisiert werden. 49 Die hierzu in „singulären Lagen“ gebotenen Maßnahmen<br />

könnten weder im Voraus normiert noch – dies ist das einzige Zugeständnis<br />

an die „Mediatisierungs-Linie“, das sich in der Entscheidung findet –<br />

aus einem Individualgrundrecht als Norm hergeleitet werden. 50 Auch zu der<br />

von ihm postulierten „Super-Schutzpflicht“ zugunsten der Gesamtheit der<br />

Bürger führt der Senat aus:<br />

„Eine wirksame Wahrnehmung dieser Pflicht setzt voraus, daß die zuständigen<br />

staatlichen Organe in der Lage sind, auf die jeweiligen Umstände <strong>des</strong> Einzelfalls<br />

angemessen zu reagieren; schon dies schließt die Festlegung auf ein bestimmtes<br />

Mittel aus. Darüber hinaus kann eine solche Festlegung insbesondere nicht von<br />

Verfassungs wegen erfolgen, weil dann die Reaktion <strong>des</strong> Staates für Terroristen<br />

von vornherein kalkulierbar wäre. Damit würde dem Staat der effektive Schutz<br />

seiner Bürger unmöglich gemacht.“ 51<br />

Ähnlich argumentiert auch der Beschluß <strong>des</strong> Zweiten Senats <strong>des</strong> BVerfG<br />

vom 1. August 1978 zum Kontaktsperregesetz: Da das menschliche Leben in<br />

der grundgesetzlichen Ordnung „einen Höchstwert“ 52 darstelle, treffe den<br />

Staat eine „besonders ernst zu nehmende“ Pflicht, das menschliche Leben v. a.<br />

vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten anderer zu bewahren 53 ; staatliche<br />

Maßnahmen, die hierauf oder auch auf den Schutz der körperlichen Unversehrtheit<br />

oder der Freiheit von Grundrechtsträgern vor Übergriffen Dritter<br />

gerichtet seien, lägen „grundsätzlich im Interesse der Allgemeinheit.“ 54 Ebenfalls<br />

ganz auf der Linie der Schleyer-Entscheidung liegt auch das neuerliche<br />

Postulat, den Staat treffe im Verein mit dem „Prinzip der <strong>Rechts</strong>staatlichkeit“<br />

jedenfalls auch die Pflicht, „die Sicherheit seiner Bürger und deren Vertrauen<br />

in die Funktionsfähigkeit der staatlichen Institutionen zu schützen“. 55 Der<br />

Staat dürfe Maßnahmen zum Schutz von Leben, Freiheit und körperlicher<br />

Unversehrheit „unter bestimmten Voraussetzungen“ Vorrang vor den Grundrechten<br />

als Abwehrrechten einräumen:<br />

„Es wäre eine Sinnverkehrung <strong>des</strong> Grundgesetzes, wollte man dem Staat verbieten,<br />

terroristischen Bestrebungen, die erklärtermaßen die Zerstörung der frei-<br />

49 Dies ließe sich dogmatisch etwa dadurch erklären, daß man eben nicht von einer<br />

(nach ganz herrschender Meinung zu mediatisierenden) „Super-Schutzpflicht“ ausgeht,<br />

sondern (spiegelbildlich) von einem „Grundrecht auf Sicherheit“: vergl. J. Isensee<br />

(Fn. 33), S. 33 f., mit Rekurs (ebda. Fn. 77) auf Ch. Wolff, Grundsätze <strong>des</strong> Naturund<br />

Völkerrechts (1754), §§89, 95.<br />

50 Vergl. BVerfGE 46, 160 (165).<br />

51 BVerfGE 46, 160 (165).<br />

52 Zur „Höchstwerte“-Problematik vergl. M. Herdegen, in: Th. Maunz/G. Dürig<br />

(Hg.), GG, Bd. 1 (Loseblatt, Stand: 6/2007), Art. 1 Abs. 1 Rn. 22 (Stand: 2/2005);<br />

H. Götz, NJW 2005, 953 (954).<br />

53 BVerfGE 49, 24 (53) mit Verweis auf BVerfGE 39, 1 (42) – Abtreibung I und<br />

BVerfGE 46, 160 (164) – Schleyer.<br />

54 BVerfGE 49, 24 (53).<br />

55 BVerfGE 49, 24 (54).

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