Resafa Sonderdrucke 1 (PDF, 6,9 MB) - Aktuell - TU Berlin
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RESAFA-RUSAFAT HISHAM, SYRIEN. BEREICH ‚MITTE’ (FP 142, 164)<br />
Archäologische Untersuchungen an der Residenz des Kalifen Hisham b. `Abd al-Malik<br />
Voruntersuchungen und Zielsetzung<br />
Die vorliegende Untersuchung hatte zwei Gebäudekomplexe<br />
im Bereich ‚Mitte’ von <strong>Resafa</strong>-Rusafat<br />
Hisham 1 zum Gegenstand. Sie liegen etwa 500<br />
Meter südlich der Stadtmauer an einer Stelle, an<br />
der die ehemalige Bebauung bereits durch verschiedene<br />
Voruntersuchungen bekannt war. Ein<br />
Survey und die Auswertung von Luftbildern hatten<br />
eine grobe Vorstellung von drei Gebäuden<br />
erbracht, die jedoch mit Hilfe von geophysikalischen<br />
Prospektionen nicht vertieft werden konnte.<br />
2 Eine Bauaufnahme der Oberflächenbefunde<br />
im Frühjahr 2007 ergab eine klarere Darstellung<br />
der Grundrisse und Raumstrukturen im Inneren<br />
der Gebäude und bildete die Grundlage für die<br />
Auswahl der näher zu betrachtenden Bereiche. 3<br />
Ziel der archäologischen Untersuchungen war<br />
es, die mit zerstörungsfreien Methoden erhaltenen<br />
Ergebnisse zu ergänzen und zu präzisieren.<br />
Dazu wurden an ausgewählten Stellen Grabungen<br />
durchgeführt, durch die sich Aussagen über<br />
Bauzeit, Bauphasen und Nutzung der Gebäude<br />
ergeben sollten. Durch einen Vergleich mit anderen<br />
Ausgrabungen aus derselben Zeit sollte<br />
zudem eine architekturgeschichtliche Einordnung<br />
der Gebäude vorgenommen werden.<br />
Ursprüngliche Gebäude und Umbauten<br />
Ein Luftbild aus dem Jahr 1999 (Abb. 1) zeigt den<br />
aus drei Einzelgebäuden bestehenden Komplex,<br />
der vor allem durch den Verlauf der Außenmauern<br />
gut zu erkennen ist. Die Gebäude liegen an<br />
einer modernen Piste und sind an einer imaginären<br />
Linie orientiert, die in Nord-Süd-Richtung<br />
verläuft. Die Bezeichnungen der Gebäude in dem<br />
System von über dreihundert Fundplätzen (FP)<br />
in <strong>Resafa</strong> ist FP 142 im Norden, FP 164 A und<br />
B für die beiden südlichen. Die beiden Schnitte<br />
der Ausgrabung wurden an der Südostecke des<br />
FP 142 und an der südlichen Innenseite des Hofes<br />
von FP 164 A angelegt.<br />
Teilweise an der Oberfläche liegende Estriche und<br />
Putzkanten ließen zunächst keine allzu aussagekräftigen<br />
Befunde für FP 142 erwarten. Es ergab<br />
sich jedoch, dass eine Platte aus Gipsestrich, auf<br />
der das Gebäude gegründet wurde, über achtzig<br />
Abb. 1: Luftbild des Bereichs ‚Mitte‘ von Süden (M. Stephani 1999).<br />
Abb. 2: FP 142 (Schnitt 59-1) von Süden, 2007.<br />
Zentimeter unterhalb des modernen Oberflächenniveaus<br />
liegt. Der Schnitt an der Südostecke<br />
wurde auf einer Fläche von 16,65 x 7,07 Metern<br />
durchgeführt (Abb. 2). Dabei wurde die südliche<br />
Außenmauer auf einer Länge von 3,70 Metern,<br />
die östliche Außenmauer auf einer Länge von<br />
14,30 m freigelegt. Im Inneren konnten zwei Räume<br />
unterschiedlicher Größe teilweise, ein dritter<br />
kleinerer Raum in Gänze nachgewiesen werden.<br />
Ein Dreiviertelturm verstärkte als contrefort die<br />
Südostecke des Gebäudes an der Stelle, wo die<br />
beiden Außenmauern aufeinander treffen. Ein<br />
Viertelturm bzw. ein vom Tordurchgang unterbrochener<br />
Halbturm rahmt den Eingangsbereich, von<br />
dem nur die südliche Hälfte freigelegt wurde. Die<br />
Bauaufnahme legt nahe, dass die nördliche Hälfte<br />
symmetrisch gestaltet war. Alle Mauern sind aus<br />
Lehmziegeln errichtet und waren wahrscheinlich<br />
außen mit einem Lehmputz versehen, da sich hier<br />
im Gegensatz zu den inneren Wänden kein Gips-<br />
bzw. Kalkputz nachweisen ließ.<br />
Das Gebäude an FP 142 weist zwei Auffälligkeiten<br />
auf: Der in der SO-Ecke gelegene Raum<br />
wurde durch eine zusätzlich eingestellte Lehmziegelmauer<br />
stark in seinem Grundriss verkleinert<br />
und sein Niveau um etwa 60 Zentimeter<br />
erhöht. Dabei wurde ein podestartiger Einbau<br />
(Abb. 3) aus einer früheren Bauphase überbaut,<br />
der Freiraum um das Podest verfüllt und<br />
mit Gipsestrich abgedeckt. Die Südwand ist an<br />
dieser Stelle von einer Abflussrinne durchbrochen,<br />
die nach außen geneigt ist und in beiden<br />
Bauphasen genutzt wurde. Auf dem Estrich, der<br />
im Zentrum eine kreisförmige Störung aufweist,<br />
befanden sich ein Stück Branntkalk sowie zwei<br />
Bruchstücke gebrannter Ziegel.<br />
Ein weiterer Hinweis für eine Umbauphase ist<br />
eine Wand, die an die Südseite des Tordurchgangs<br />
nachträglich vor eine Wandnische gestellt<br />
wurde.<br />
Abb. 3: FP 142 (Schnitt 59-1) Podest, Blick von Norden, 2007.<br />
Axel Schuhmann, MSD 2006-08<br />
TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTI<strong>TU</strong>T FÜR ARCHITEK<strong>TU</strong>R<br />
UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERS<strong>TU</strong>DIUM DENKMALPFLEGE,<br />
STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de<br />
MSD Jahrbuch 2006-08, <strong>Berlin</strong> 2008<br />
Ein kleinerer Schnitt (3,00 x 3,65 m) wurde an<br />
FP 164 A angelegt, etwa fünfzig Meter südlich<br />
des FP 142. Hier waren an der Oberfläche mehrere<br />
halbrunde, sich vertikal fortsetzende Kehlen<br />
in der südlichen Hofmauer festzustellen. Die<br />
Grabung sollte die Funktion der Einbauten an<br />
dieser Stelle erhellen. Dazu wurden einer dieser<br />
Befunde und seine nähere Umgebung untersucht<br />
(Abb. 4). Es wurde eine Ecke freigelegt, die von<br />
einer in N-S- sowie einer in W-O-Richtung verlaufenden<br />
Mauer gebildet wird. Vor dieser Ecke<br />
befinden sich zwei Estrichflächen, die auf unterschiedlichen<br />
Höhenniveaus gelegen sind. Zwischen<br />
den beiden Flächen liegt wiederum höher<br />
ein rechteckiger Einbau (0,60 x 1,00 m). Die<br />
beiden Mauern sind in mehreren Lagen verputzt,<br />
die Böden mit mehreren übereinander liegenden<br />
Estrichen versehen, was als Hinweis für einen hydraulischen<br />
Putz gesehen werden kann.<br />
Abb. 4: FP 164 A (Schnitt 45-1) von Norden, 2007.<br />
Der Bereich ‚Mitte‘ in umaiyadischer Zeit<br />
Die Errichtung der beiden untersuchten Lehmziegelgebäude<br />
im Bereich ‚Mitte‘ in <strong>Resafa</strong> ist durch<br />
die Einordnung der Keramik und der Kleinfunde<br />
in umaiyadische Zeit dem entsprechend zu datieren.<br />
Das Gebäude an FP 142 ist im ausgegrabenen<br />
Teil an mindestens zwei Stellen baulich<br />
umgestaltet worden, wobei die Einbringung eines<br />
höher gelegenen Niveaus nicht lange nach seinem<br />
Bau passiert sein wird, was durch die Keramik<br />
aus derselben Zeit belegt wird. Wozu die<br />
Umbauten dienten, ist nicht eindeutig nachzuweisen.<br />
Eine gewerbliche Nutzung mit einer - wie<br />
auch immer gearteten - Verarbeitung von Branntkalk<br />
an FP 142 ist nicht auszuschließen.<br />
Das Format der verwendeten Ziegel korrespondiert<br />
mit dem anderer Bauten in <strong>Resafa</strong> und anderen<br />
Orten aus umaiyadischer Zeit. 4 Zudem ist<br />
die Gestaltung der Fassaden durch Türme mit einem<br />
Grundriss, der auf Kreissegmenten basiert,<br />
so charakteristisch, dass man von einem ‚typisch<br />
umaiydischen‘ Gebäude sprechen kann. 5<br />
Anmerkungen<br />
1 Ein Überblick über Geschichte und Topographie, sowie über abgeschlossene<br />
und laufende Forschungsarbeiten findet sich bei D. Sack – J. Giese – M. Gussone<br />
– D. Spiegel, Masterstudium Denkmalpflege an der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong>. Jahrbuch<br />
2005-07 (<strong>Berlin</strong> 2007) 18-23.<br />
2 Die verschiedenen Methoden werden vorgestellt und verglichen durch<br />
D. Sack – H. Becker – M. Stephani – F. Chouker, <strong>Resafa</strong>-Umland: Archäologische<br />
Geländebegehungen, geophysikalische Untersuchungen und Digitale<br />
Geländemodelle zur Prospektion in Rusafat Hišam. Bericht über die<br />
Kampagnen 1997-2001, Damaszener Mitteilungen 14, 2004, 207-232.<br />
3 Die von U. Siegel und T. Horn durchgeführte Untersuchung machte sich<br />
zunutze, dass bei starker Feuchtigkeit Lehmziegelmauern von angewehtem<br />
Erdreich deutlich zu unterscheiden sind.<br />
4 K. Otto-Dorn, Grabung im umayyadischen Rusafah, Ars Orientalis 2, 1957,<br />
121; D. Genequand, Projet „Implantations umayyades de Syrie et de Jordanie“.<br />
Rapport de la mission de prospection (Juin/Juillet 2002), in: Schweizerisch-Liechtensteinische<br />
Stiftung für archäologische Forschungen im Ausland. Jahresbericht<br />
2002 (Zürich 2003) 49 bezeichnet ein in Qasr al-Heir al-Sharqi verwendetes<br />
Ziegelformat der gleichen Größe als typisch für die umaiyadische Zeit.<br />
5 Neben dem Ziegelformat ist für Genequand a. O. (Anm. 4) 49 der Grundriss<br />
mit Ecktürmen und Zwischentürmen an den Fassaden ein wesentliches Merkmal<br />
umaiyadischer Architektur.<br />
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