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Wie Sie richtig abklären und behandeln - Medical Tribune

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8 Kurs Selecta 3/2007 18. Mai 2007<br />

�Fortsetzung von Seite 7<br />

Auch bei HIV-Infektion verabreichte<br />

antiretrovirale Medikamente sowie<br />

Interferon alfa* verursachen häufi ger<br />

Neuropathien. Um der Isoniazid*-Neuropathie<br />

bei langsamen Azetylierern<br />

vorzubeugen, sollte eine Prophylaxe mit<br />

Pyridoxin* (Vitamin B6) in einer Dosis<br />

von 50 mg/d erfolgen. Durch Umwelttoxine<br />

verursachte Neuropathien sind bei<br />

uns heute eher selten. Die toxisch bedingte<br />

PNP ist meist distal symmetrisch<br />

<strong>und</strong> durch eine axonale Schädigung<br />

bedingt. Toxische Neuropathien sind<br />

häufi ger mit ZNS-Manifestationen assoziiert,<br />

bilden sich aber meist, solange<br />

sie nur leicht bis mässig ausgeprägt sind,<br />

bei Ausschaltung der Noxe gut zurück.<br />

Bei medikamenteninduzierter PNP,<br />

die im Rahmen einer Krebs- bzw. HIV-<br />

Therapie auftritt, muss eine Abwägung<br />

von Nutzen <strong>und</strong> Nebenwirkung erfolgen.<br />

Manchmal muss die PNP in Kauf<br />

genommen werden, wenn auf das Medikament<br />

nicht verzichtet werden kann.<br />

Entzündliche PNP<br />

Eine akute infl ammatorische demyelinisierende<br />

Polyneuropathie (AIDP,<br />

Synonym: Guillain-Barré-Syndrom) ist<br />

bei uns die häufi gste Ursache einer akuten<br />

generalisierten Lähmung. Es handelt<br />

sich um eine erworbene immunvermittelte<br />

Neuropathie, der in etwa 70 %<br />

der Fälle eine harmlose Infektion, etwa<br />

der oberen Atemwege oder des Magen-<br />

Darm-Traktes, vorausgeht.<br />

Die AIDP beginnt häufi g mit nächtlich<br />

betonten Spontanschmerzen im Rücken<br />

bzw. in den Extremitäten, verein-<br />

Allgemeine <strong>und</strong> weiterführende Diagnostik zur Abklärung der PNP<br />

Allgemeine Untersuchungen<br />

zur Diagnosesicherung<br />

Klinik, Anamnese, neurologische Untersuchung<br />

(bekannte Gr<strong>und</strong>erkrankungen, Hypästhesien,<br />

reduzierte Muskeleigenrefl exe)<br />

Neurophysiologie: Neurographie (Nervenleitgeschwindigkeit<br />

verlangsamt, Amplituden reduziert),<br />

Elektromyographie (Denervierungszeichen <strong>und</strong><br />

neurogene Veränderungen)<br />

bei V.a. autonome Beteiligung Herzfrequenzvariabilität, Schellong-Test<br />

Erworbene metabolische Neuropathien<br />

Diabetes HbA1c, BTP, Glukosebelastungstest<br />

Alkoholinduzierte PNP Leberwerte, MCV, CDT<br />

Niereninsuffi zienz, Urämie Nierenwerte, Harnsäure, Anämie<br />

Hypo-/Hyperthyreose TSH, Schilddrüsenhormone<br />

Hepatopathien Leberwerte, Hepatitisserologie<br />

Vitaminmangel bei Malabsorption oder In- Blutbild, MCV, MCH (ggf. Vitamine im Serum,<br />

trinsic-Factor-Mangel, funikuläre Myelose teuer!), Schilling-Test<br />

Gammopathien <strong>und</strong> Dysproteinämien bei Immunelektrophorese, Immunfi xierung MAG<br />

multiplem Myelom, Makroglobulinämie (myelinassoziiertes Glykoprotein)<br />

paraneoplastische Ätiologien Suche nach Primarius (insbesondere Mamma<strong>und</strong><br />

Bronchialkarzinome)<br />

Amyloidose Leberwerte, Klinik, ggf. Rektum- <strong>und</strong> Nervenbiopsien<br />

Porphyrie Klinik (Koliken, Krampfanfälle) plus allgemeine<br />

Porphyriediagnostik im Urin (Nachweis erhöhter<br />

Aminolävulinsäure <strong>und</strong> Porphobilinogen)<br />

Borreliose Klinik häufi g mit starken Schmerzen <strong>und</strong> Hirnnervenbeteiligung<br />

(N. VII); Serologie, Liquordiagnostik<br />

multifokale motorische Neuropathie<br />

Tabelle 2<br />

GM-1-Antikörper, Neurographie<br />

zelt auch mit sensiblen Missempfi ndungen<br />

oder Taubheitsgefühl der Akren. Das<br />

Vollbild zeigt sich mit distal beginnenden<br />

symmetrisch ausgeprägten schlaffen<br />

Paresen, die Muskeleigenrefl exe sind<br />

reduziert <strong>und</strong> fallen schliesslich ganz<br />

aus. Das Maximum der Symptomatik<br />

wird nach drei bis vier Wochen erreicht.<br />

Bei Beteiligung des Zwerchfells <strong>und</strong> der<br />

respiratorischen Hilfsmuskulatur kann<br />

es zur respiratorischen Insuffi zienz mit<br />

Beatmungspfl icht kommen. Die Beeinträchtigung<br />

autonomer Fasern kann zu<br />

lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen<br />

führen. Die Mortalität liegt bei<br />

ca. 5 %. 50 bis 60 % der Patienten überstehen<br />

die akute Krankheitsphase ohne<br />

dauerhafte körperliche Einschränkungen.<br />

Diagnostische Kriterien der AIDP<br />

sind im Kasten auf Seite 9 aufgeführt.<br />

Die Therapie sollte in einem spezialisierten<br />

Zentrum erfolgen. Es geht vor<br />

allem darum, schwerwiegende Komplikationen<br />

wie Thromboembolien <strong>und</strong><br />

Arrhythmien zu vermeiden <strong>und</strong> eine<br />

Beatmungspfl icht rechtzeitig zu erkennen.<br />

Dazu sind regelmässige Kontrollen<br />

hämodynamischer <strong>und</strong> respiratorischer<br />

Parameter notwendig, auch wird eine<br />

Thromboseprophylaxe empfohlen.<br />

Therapeutisch eingesetzt werden i.v.<br />

Immunglobuline, bei deren Versagen<br />

auch die Plasmapherese. Glukokortikoide<br />

scheinen nach vorliegenden Daten<br />

nicht wirksam zu sein. Begleitende physikalische<br />

Massnahmen sind sinnvoll.<br />

Eine seltene Variante des AIDP ist<br />

das Miller-Fisher-Syndrom mit der<br />

charakteristischen Symptomentrias aus<br />

Ophthalmoplegie, Ataxie <strong>und</strong> Arefl exie.<br />

Die Therapie besteht auch hier in der<br />

Gabe von i.v. Immunglobulinen.<br />

Die chronisch infl ammatorische demyelinisierende<br />

Neuropathie (CIDP)<br />

unterscheidet sich klinisch von der<br />

AIDP vor allem über die Dauer der Progredienz<br />

– die Symptomentwicklung<br />

zieht sich über mindestens acht Wochen<br />

hin. Meist steht eine distale beinbetonte<br />

vorwiegend motorische Beeinträchtigung<br />

im Vordergr<strong>und</strong>. Wahrscheinlich<br />

ist eine T-Zell-vermittelte Autoimmunreaktion<br />

Gr<strong>und</strong>lage der CIDP. Aufgr<strong>und</strong><br />

dieser vermuteten Pathogenese werden<br />

primär immunsuppressive Therapien<br />

eingesetzt; in leichten Fällen Kortikosteroide,<br />

bei schweren Verläufen neben i.v.<br />

Immunglobulinen <strong>und</strong> Plasmapherese<br />

auch Azathioprin*, Cyclophosphamid*<br />

oder Ciclosporin A*.

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