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BayObLG, Beschluss v. 28.07.2004, Az. 2Z BR 43/04 - WEG

BayObLG, Beschluss v. 28.07.2004, Az. 2Z BR 43/04 - WEG

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echerchiert von: Christian G. Heckwww.weg-recht.de.vuGericht: <strong>BayObLG</strong> Quelle:Entscheidungsdatum: <strong>28.07.20<strong>04</strong></strong>Aktenzeichen: <strong>2Z</strong> <strong>BR</strong> <strong>43</strong>/<strong>04</strong> Normen: GG Art. 97 Art. 101 ; BV Art. 86Art. 87 ; <strong>WEG</strong> § 21Dokumenttyp<strong>Beschluss</strong>Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltungim Zusammenhang mit der Sanierungvon GemeinschaftseigentumLeitsatz (amtlich)(1) Im Hinblick auf den in den Landtag eingebrachten Gesetzentwurf zur Auflösung des BayerischenObersten Landesgerichts bestehen derzeit keine durchgreifenden Bedenken dagegen, dassan Beschlüssen in Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit ein abgeordneter Richter am Oberlandesgerichtmitwirkt.(2) Ordnungsmäßiger Verwaltung kann es auch entsprechen, wenn die Wohnungseigentümerzunächst lediglich einen Grundsatzbeschluss über die Art der Sanierung des gemeinschaftlichenEigentums fassen und die Umsetzung weiterer <strong>Beschluss</strong>fassung vorbehalten. Kommen imRahmen ordnungsmäßiger Verwaltung mehrere Möglichkeiten in Betracht, besteht ein Auswahlermessen.Das setzt aber voraus, dass den Wohnungseigentümern die wesentlichen Entscheidungsgrundlagenunterbreitet werden.Fundstellen:<strong>BayObLG</strong>Report 20<strong>04</strong>, 386<strong>BayObLG</strong>Z 20<strong>04</strong> Nr. 40<strong>BayObLG</strong>Z 20<strong>04</strong>, 210NJW-RR 20<strong>04</strong>, 1455NZM 20<strong>04</strong>, 746ZMR 20<strong>04</strong>, 927ZfIR 2005, 35Gründe:I.Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus zwei Baukörpernbestehenden Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.Die Fassaden der Gebäude, die 1977 errichtet wurden, sind mit Asbestzementplatten (sog. Eternitplatten)verkleidet. In der Eigentümerversammlung vom 22.3.2002 wurde unter Tagesordnungspunkt 4 a)mehrheitlich folgender <strong>Beschluss</strong> gefasst:Antrag auf <strong>Beschluss</strong>fassung über Reinigen und Streichen der Fassadenflächen - Kosten lt. Angebot derFirma Sch. EURO 20.747, 77.Vor Wiedergabe des Abstimmungsergebnisses heißt es in dem Protokoll:Herr R. (Vertreter der Hausverwaltung) erklärte, dass vor Auftragsvergabe weitere Angebote vonbehördlich autorisierten Fachfirmen eingeholt werden. Die Oberflächen werden mit Wasser gereinigt, dasWasser wird aufgefangen und vorschriftsmäßig entsorgt.Die Urteile werden mit größtmöglicher Sorgfalt übernommen. Dennoch wird keine Haftung für den Inhalt und dessen Richtigkeit übernommen.Seite 1 von 4 Seiten


Der Antragsteller, der eine gesteigerte Gesundheitsgefährdung durch freigesetzte Asbestzementfasernbefürchtet und einen völligen Austausch sämtlicher Platten bevorzugt, hat diesen <strong>Beschluss</strong> fristgerechtangefochten. Die beschlossene Maßnahme sei unzulässig. Sie sei ferner wirtschaftlich nicht sinnvoll undim Übrigen nicht hinreichend bestimmt.Das Amtsgericht hat den Antrag nach Erholung eines Sachverständigengutachtens durch <strong>Beschluss</strong> vom4.6.2003 abgewiesen. Das Landgericht hat die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde desAntragstellers durch Entscheidung vom 27.1.20<strong>04</strong> zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortigeweitere Beschwerde des Antragstellers.II.Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.1. Der Senat entscheidet in der Besetzung, die durch den vom Präsidium des Bayerischen OberstenLandesgerichts beschlossenen Geschäftsverteilungsplan in Verbindung mit dem 2. Nachtrag zurGeschäftsverteilung vom 19.4.20<strong>04</strong> und durch die senatsinterne Geschäftsverteilung, zuletzt geändert am3.5.20<strong>04</strong>, vorgegeben ist. Das hat zur Folge, dass eine für ein Jahr zum Bayerischen OberstenLandesgericht abgeordnete Richterin am Oberlandesgericht, die zugleich Berichterstatterin ist, mitwirkt.Der Senat hat bei jeder Entscheidung von Amts wegen zu prüfen, ob er vorschriftsmäßig besetzt ist.Abgeordnete Richter sind gesetzliche Richter, wenn für die Abordnung ein sachlicher Grund besteht (Art.101 Abs. 1 Satz 2 GG ; Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV). Dem Bayerischen Landtag liegt inzwischen einGesetzentwurf zur Auflösung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vor. Dies stellt jedenfalls derzeiteinen sachlichen Grund dafür dar, dass die Justizverwaltung aus fiskalischen Gründen eine stellenplangemäßeNeubesetzung der Richterstellen am Bayerischen Obersten Landesgericht (Art. 10 AGGVG )nicht durchführt. Bedenken im Hinblick auf die sachliche und persönliche Unabhängigkeit (Art. 97 GG ;Art. 85 , 87 Abs. 1 Satz 2 BV) bestehen nicht, zumal die mitwirkende Richterin am Oberlandesgericht aufdie Stelle befördert wurde, die sie auf Dauer innehaben soll, eine Einflussnahme der Justizverwaltung, wiesie im Fall einer Erprobung möglich erscheint, also ausscheidet. Welche Tätigkeiten die abgeordneteRichterin ehrenamtlich ausübt oder in ihrem früheren Geschäftsbereich beim Landgericht ausgeübt hat, istvon vorneherein ohne Bedeutung. Der Rechtsbeschwerdeführer hatte hinreichend Gelegenheit, sich zuden maßgebenden Fragen zu äußern. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG ; Art.91 Abs. 1 BV) gebietet es nicht, die Entscheidung weiter hinauszuzögern.2. Das Landgericht hat ausgeführt:Der angefochtene Eigentümerbeschluss vom 22.3.2002 entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Zueiner solchen gehöre insbesondere die ordnungsmäßige Instandhaltung und die Instandsetzung desgemeinschaftlichen Eigentums, mithin auch das Streichen der altersentsprechende Schadstellen undMaterialermüdungen aufweisenden Fassadenplatten. Einstimmige <strong>Beschluss</strong>fassung sei nicht erforderlichgewesen, da gerade keine bauliche Veränderung nach § 22 <strong>WEG</strong> beschlossen worden sei. Die in derordnungsgemäß einberufenen Eigentümerversammlung beschlossene Maßnahme sei nach denAusführungen des Sachverständigen unabhängig davon, ob es sich bei den Fassadenplatten umbeschichtete oder unbeschichtete Platten handle, gesetzlich zulässig. Dass laut Gutachten ohnehin überden reinen Austausch hinaus flankierende Maßnahmen notwendig würden, betreffe die konkreteAusführung und stehe der Rechtmäßigkeit des hier gegenständlichen Grundsatzbeschlusses nichtentgegen. Wenn sich die Mehrheit der Eigentümer auf der Grundlage zweier Angebote, die einerseits dasReinigen und Streichen, andererseits eine komplette neue Verkleidung der Fassade zum Gegenstandgehabt hätten, aus Kostengründen für erstere Lösung entschieden hätten, sei dies vertretbar und von derMinderheit hinzunehmen, und zwar unabhängig von möglichen Wertverlusten. Die vom Sachverständigenfür erforderlich gehaltenen zusätzlichen Maßnahmen und die ebenfalls geäußerten Zweifel an derQualifikation der Firma Sch. beträfen die konkrete Vergabe der Arbeiten, die nicht Gegenstand desangefochtenen <strong>Beschluss</strong>es sei. Dass die Details der Auftragsvergabe in einem weiteren <strong>Beschluss</strong>festgelegt werden müssten, sei dem hier gewählten zweistufigen Verfahren immanent und führe nicht zurfehlenden Bestimmtheit des <strong>Beschluss</strong>es vom 22.3.2002.3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nicht stand.a) Rechtsfehlerfrei hat die Beschwerdekammer zunächst ausgeführt, dass der <strong>Beschluss</strong>gegenstand beider Einberufung der Eigentümerversammlung ausreichend bezeichnet war (§ 23 Abs. 2 <strong>WEG</strong> ). Einestichwortartige Bezeichnung des <strong>Beschluss</strong>gegenstands reicht aus, um dem Informationsbedürfnis derDie Urteile werden mit größtmöglicher Sorgfalt übernommen. Dennoch wird keine Haftung für den Inhalt und dessen Richtigkeit übernommen.Seite 2 von 4 Seiten


Wohnungseigentümer Rechnung zu tragen (Merle in Bärmann/Pick/Merle <strong>WEG</strong> 9.Aufl. § 23 Rn.79; st.Rspr., vgl. z.B. <strong>BayObLG</strong> NZM 2002, 869 ). Vorliegend entsprach die Formulierung in dem Einladungsschreibendem letztendlich gefassten <strong>Beschluss</strong>. Eine weitergehende Konkretisierung, insbesondere einHinweis darauf, dass die konkrete Auftragsvergabe noch nicht beschlossen werden sollte, war nichterforderlich.b) Der angefochtene <strong>Beschluss</strong> erweist sich aber aus anderen Gründen als von Rechtsfehlern beeinflusst.(1) Nach § 21 Abs. 3 <strong>WEG</strong> beschließen die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit über eine derBeschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung. Zu einersolchen gehört insbesondere auch die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung desgemeinschaftlichen Eigentums (§ 21 Abs. 5 Nr.2 <strong>WEG</strong> ). Das Reinigen und Streichen der Fassadenflächenwar hier, wie das Landgericht demgemäß ohne Rechtsfehler festgestellt hat, einer Mehrheitsentscheidungzugänglich.(2) Zutreffend hat das Beschwerdegericht den angefochtenen <strong>Beschluss</strong> auch dahingehend ausgelegt,dass keine konkrete Auftragsvergabe, insbesondere keine solche an die Firma Sch., beschlossen werdensollte, sondern lediglich das grundsätzlich zu wählende Verfahren bei der Sanierung der Fassade.Eigentümerbeschlüsse sind "aus sich heraus" objektiv und normativ auszulegen, ohne dass es auf diesubjektiven Vorstellungen der an der <strong>Beschluss</strong>fassung Beteiligten ankommt (BGHZ 139, 288/291 ff.;Merle in Bärmann/Pick/Merle § 23 Rn.52 m.w.N.). Die in dem Protokoll der Eigentümerversammlungenthaltene Erklärung der Verwalterin, vor einer Auftragsvergabe weitere Angebote autorisierter Fachfirmeneinholen zu wollen, die Gegenstand der Willensbildung der Wohnungseigentümer ist, bringt diebeabsichtigte Zweistufigkeit des Verfahrens mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck.(3) Der angefochtene <strong>Beschluss</strong> entspricht aber deswegen nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, weil dieWohnungseigentümer ihn ohne ausreichende Entscheidungsgrundlage gefasst haben.Eine Maßnahme liegt dann im Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer und entsprichtordnungsmäßiger Verwaltung nach § 21 Abs. 4 , Abs. 5 Nr.2 <strong>WEG</strong> , wenn sie bei objektiv vernünftigerBetrachtung oder Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nützlich ist (Merle inBärmann/Pick/Merle § 21 Rn.64). Kommen im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung mehrereMaßnahmen in Betracht, so ist es Sache der Wohnungseigentümer, durch <strong>Beschluss</strong>fassung in derEigentümerversammlung eine Auswahl zu treffen. Die Wohnungseigentümer besitzen einenBeurteilungsspielraum zwischen mehreren möglichen Alternativen und müssen weder zwangsläufig dieaufwändigste noch die kostengünstigste wählen (<strong>BayObLG</strong> ZMR 2003, 951 ; OLG Düsseldorf WuM 1999,352 ; Niedenführ/Schulze <strong>WEG</strong> 6.Aufl. § 21 Rn.26). Hier haben sich die Wohnungseigentümermehrheitlich dafür ausgesprochen, anstelle der kompletten neuen Verkleidung der Fassade (Kosten nachbereits am 29.3.2001 erholten Angebot: 202.699,<strong>04</strong> DM) die vorhandenen Platten reinigen und streichenzu lassen. Die damit vom Grundsatz her beschlossene Vorgehensweise bei der Fassadensanierungkönnte im Rahmen eines etwaigen späteren gerichtlichen Verfahrens betreffend die Konkretisierung undUmsetzung nicht mehr in Frage gestellt werden (<strong>BayObLG</strong> NZM 1999, 910 ).Das Landgericht hat unter Bezugnahme auf das bereits vom Amtsgericht erholte Sachverständigengutachtenvom 13.12.2002 in Verbindung mit dem Ergänzungsgutachten vom 26.7.2003 festgestellt, dassdie beschlossene Maßnahme zwar gesetzlich zulässig sei, der Farbanstrich allein aber nicht ausreiche,sondern flankierende Maßnahmen, wie etwa der Austausch einzelner nicht mehr zu sanierender Platten,und die Vergabe an eine autorisierte Fachfirma erforderlich würden, die das Vorhaben nach Durchführungeiner vorbereitenden Planungsphase voraussichtlich entsprechend verteuerten. Die im laufendengerichtlichen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse lagen zur Zeit der <strong>Beschluss</strong>fassung nicht vor. Damitdie Eigentümer von ihrem Auswahlermessen sinnvoll Gebrauch machen können, ist es aber notwendig,dass ihnen eine ausreichende Entscheidungsgrundlage zur Verfügung steht. Das im Vorfeld der<strong>Beschluss</strong>fassung erholte Angebot der Firma Sch. Stellt eine derartige Grundlage schon deswegen nichtdar, weil dieses Unternehmen zur Ausführung der erforderlichen Arbeiten nicht autorisiert ist. Aufgrundder Feststellungen des Landgerichts ist absehbar, dass der im Angebot genannte Kostenrahmen bei einerfachgerechten Ausführung der beschlossenen Maßnahme bei weitem nicht ausreicht. Davon, dass dieEigentümerversammlung sich auch bei Kenntnis der Sachlage in jedem Fall für das gewählteSanierungsverfahren entschieden hätte, kann nicht ausgegangen werden, zumal nach dem GutachtenProbleme beim Erzielen eines gleichmäßigen optischen Eindrucks von der Fassadenfläche entstehenkönnten. Der Eigentümerbeschluss ist daher für ungültig zu erklären.Der Senat kann über die Ordnungsmäßigkeit des Eigentümerbeschlusses selbst entscheiden, weil diedazu erforderlichen Feststellungen dem unstreitigen Akteninhalt zu entnehmen sind.Die Urteile werden mit größtmöglicher Sorgfalt übernommen. Dennoch wird keine Haftung für den Inhalt und dessen Richtigkeit übernommen.Seite 3 von 4 Seiten


4. Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 47 <strong>WEG</strong> . Es entspricht derBilligkeit, dass die unterlegenen Antragsgegner die Gerichtskosten aller Rechtszüge vollständig zu tragenhaben. Dagegen ist die Anordnung einer außergerichtlichen Kostenerstattung angesichts der abweichendenInstanzentscheidungen nicht gerechtfertigt.Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Rechtsbeschwerdeverfahren ergibt sich aus § 48 Abs. 3 Satz1 <strong>WEG</strong> .Vorinstanz: LG München I, vom 27.01.20<strong>04</strong> - Vorinstanzaktenzeichen 1 T 12530/03Vorinstanz: AG München, vom <strong>04</strong>.06.2003 - Vorinstanzaktenzeichen II <strong>43</strong>4/02Die Urteile werden mit größtmöglicher Sorgfalt übernommen. Dennoch wird keine Haftung für den Inhalt und dessen Richtigkeit übernommen.Seite 4 von 4 Seiten

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