Zoonosen - Tierärztliche Hochschule Hannover
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SARS: Ökologie und Pathogenese einer<br />
arche typischen Zoonose<br />
Unter diesem Thema ist ein vom Ministerium für Bildung und Forschung<br />
geförderter Forschungsverbund gegründet worden, dem<br />
sieben Partner aus sechs deutschen <strong>Hochschule</strong>n (Bonn, <strong>Hannover</strong>,<br />
Gießen, Freiburg und München) angehören. Diese Forschergruppe<br />
wird drei Themenkomplexe zur Problematik der SARS-<br />
Zoonose bearbeiten:<br />
(a) Persistenz im natürlichen Reservoir,<br />
(b) Mechanismen des Wirtswechsels und<br />
(c) Pathogenitätsdeterminanten beim Menschen.<br />
Die Untersuchung des SARS-Coronavirus in seinem natürlichen<br />
Wirt, der Fledermaus, wird dadurch erschwert, dass es<br />
keine geeigneten Zellkulturen und Tiermodelle gibt. Um diese<br />
herzustellen, wurde Dr. Janusz Paweska als assoziierter Partner<br />
gewonnen. Er kommt aus dem einzigen Labor, in dem unter<br />
virologischen Sicherheitsbedingungen mit lebenden Fledermäusen<br />
gearbeitet wird: Die Special Pathogens Branch des National<br />
Institute of Communicable Diseases (NICD) in Sandringham/<br />
Johannesburg, Südafrika. Hier wurden kürzlich Fledermäuse<br />
als Reservoir für das Ebolavirus nachgewiesen. Mit den entwickelten<br />
Zellkulturen sollen erstmals Fledermaus-Coronaviren<br />
im Labor isoliert werden. Bis diese Viren zur Verfügung stehen,<br />
soll mit Ersatzsystemen gearbeitet werden, einerseits mit Pseudoviren<br />
(siehe nächsten Abschnitt), andererseits mit gentechnologisch<br />
erzeugtem SARS-CoV, bei dem einzelne Gen-Komponenten<br />
ausgetauscht worden sind durch die Gegenstücke aus<br />
dem Genom des Fledermausvirus.<br />
Tab. 1: Gruppierung der Coronaviren nach Verwandtschaftsbeziehungen a<br />
Institut für Virologie, Zentrum für Infektionsmedizin<br />
Stiftung <strong>Tierärztliche</strong> <strong>Hochschule</strong> <strong>Hannover</strong> - <strong>Zoonosen</strong><br />
Bei der Untersuchung der Mechanismen des Wirtsübergangs<br />
liegt der Schwerpunkt auf der Interaktion des viralen Oberflächenproteins<br />
S (siehe nächster Abschnitt und Abb. 1) mit dem<br />
zellulären Rezeptor, der beim SARS-CoV des Menschen und<br />
der Zibetkatze als das Angiotensin-konvertierende Enzym 2<br />
(ACE2) identifiziert worden ist. Auch hier werden erste Erkenntnisse<br />
mit Pseudoviren und rekombinantem SARS-CoV gewonnen.<br />
Als Tiermodelle stehen der Hamster, die Balb/C-Maus und<br />
die Katze zur Verfügung; das Fledermaus-Modell wird erarbeitet<br />
werden.<br />
Im Zentrum der Untersuchung der Pathogenitätsdeterminanten<br />
steht die Frage, warum ein Virus in einem Wirt friedlich persistieren<br />
kann, während es im neuen Wirt verheerende Krankheitssymptome<br />
induziert. Diese Arbeiten konzentrieren sich auf der<br />
Virusseite auf das Oberflächenprotein S und auf die sogenannten<br />
gruppenspezifischen offenen Leserahmen. Auf der Wirtsseite<br />
wird der Einfluss der angeborenen Immunität analysiert. Die<br />
Infektion durch das SARS-CoV ist empfindlich gegenüber Interferon.<br />
Es wird untersucht, auf welche Weise das Virus dieses<br />
Abwehrsystem des Wirtes außer Kraft setzt.<br />
Wie untersucht man Viren, die noch gar nicht isoliert<br />
wurden?<br />
Die Coronaviren verfügen über ein positiv-strängiges RNA-<br />
Genom, das von einer Lipidmembran umgeben ist (Abb. 1). In<br />
die Virusmembran der Coronaviren sind Glykoproteine inseriert,<br />
von denen das S-Protein das größte ist. Es bildet die Projektionen,<br />
die bei der elektronenmikroskopischen Betrachtung das<br />
Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3<br />
2a 2b<br />
HCoV - NL63 HCoV-OC43 SARS-CoV IBV<br />
(humanes Coronavirus) - 229E (Virus des schweren akuten (Virus der infektiösen<br />
respiratorischen Syndroms) Bronchitis)<br />
TGEV BCoV<br />
(Virus der übertragbaren Gastroenteritis) (bovines Coronavirus)<br />
PRCoV HEV (hämagglutinierendes<br />
(porzines respiratorisches Coronavirus) Enzephalomyelitis-Virus)<br />
PEDV MHV<br />
(Virus der porzinen epidemischen Diarrhoe) (Mäuse-Hepatitis-Virus)<br />
FIPV<br />
(Virus der felinen infektiösen Peritonitis)<br />
CCoV<br />
(canines Coronavirus)<br />
a Die nur molekularbiologisch nachgewiesenen, aber nicht isolierten Fledermausviren sind nicht aufgeführt.<br />
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