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UNIon - Europa-Universität Viadrina Frankfurt

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Geschichte 13<br />

[<strong>UNIon</strong>]<br />

Veranstaltungsreihe „20 Jahre Mauerfall” analysierte deutsche<br />

und polnische Perspektiven der Geschichte und Erinnerung<br />

Im Podium diskutierten Joachim Jauer (l.) und Reinhold Vetter (r.) unter der Moderation von <strong>Viadrina</strong>-<br />

Professor Werner Benecke (Mitte).<br />

Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Mauerfalls<br />

hatte Präsident Dr. Gunter Pleuger im<br />

Wintersemester 2009/2010 zu einer Reihe öffentlicher<br />

Veranstaltungen an die <strong>Europa</strong>-<strong>Universität</strong><br />

<strong>Viadrina</strong> eingeladen. Höhepunkte waren<br />

zwei hochrangig besetzte Podiumsdiskussionen<br />

im Rahmen des von Prof. Dr. Werner<br />

Benecke, Inhaber der Gerd-Bucerius-Stiftungsprofessur<br />

für Kultur und Geschichte Mittelund<br />

Osteuropas, initiierten Osteuropakolloquiums.<br />

Den Anfang machte am 16. November 2009<br />

ein Zeitzeugengespräch mit Joachim Jauer,<br />

ZDF-Journalist und 1989 Fernsehkorrespondent<br />

in Ost-Berlin, und Reinhold Vetter, langjähriger<br />

Zeitungskorrespondent in Warschau.<br />

Beide waren seit den 1960er Jahren genaue<br />

Beobachter der deutsch-polnischen Beziehungen<br />

– an der Oder diskutierten sie unter der<br />

Moderation von Prof. Dr. Werner Benecke das<br />

„Deutsch-deutsch-polnische Verhältnis vor<br />

und nach der Wende“.<br />

Zum Auftakt der Veranstaltung war ein ganz<br />

besonderes Stück Zeitgeschichte zu erleben:<br />

Joachim Jauer hatte eine Reportage zur polnischen<br />

Wahrnehmung der Deutschen in Ost<br />

und West mitgebracht, die er Anfang der<br />

1970er Jahre in Warschau gedreht hatte. Öffentlich<br />

zu sehen war der Film nicht seit seiner<br />

Ausstrahlung in der ersten Ausgabe der Sendung<br />

„Kennzeichen D“ 1971 im ZDF. „Die Drehgenehmigung<br />

grenzte damals an ein Wunder –<br />

wir durften uns frei in den Straßen von Warschau<br />

bewegen und mit den Menschen sprechen;<br />

einzige Auflage war, keine militärischen<br />

Objekte zu filmen“, so Jauer zur Entstehung<br />

des Filmdokuments, das junge und alte, männliche<br />

und weibliche, prominente meinungsführende<br />

und zufällig auf der Straße eingefangene<br />

Stimmen zu Wort kommen lässt.<br />

„Das für uns Überraschende”, erinnerte sich<br />

Jauer, „war nicht nur, wie durchgehend positiv<br />

wir als westdeutsches Kamerateam aufgenommen<br />

wurden; was wir antrafen, war ein<br />

positives Deutschlandbild und zahlreiche Men-<br />

schen, die sehr gut Deutsch sprachen und sich<br />

frei vor der Kamera äußerten.” Diese positive<br />

Einstellung gegenüber den Deutschen bestätigte<br />

auch Reinhold Vetter: „Es gab neben dem<br />

offiziellen, verordneten, kritischen Deutschlandbild<br />

immer auch ein eigenes, dass einem<br />

starken Interesse an und persönlichen Kontakten<br />

nach Deutschland Ost wie West entsprang.<br />

Diese habe jedoch kaum eine Entsprechung<br />

auf deutscher Seite gehabt, das Interesse sei<br />

hier eher gering gewesen.” Erstaunlich aktuell,<br />

so Prof. Dr. Werner Benecke, sei damit das<br />

1971 eingefangene Deutschlandbild und spürte<br />

gemeinsam mit den Journalisten der polnischen<br />

Wahrnehmung wichtiger historischer<br />

Wegmarken des deutsch-polnischen Verhältnisses<br />

nach: dem Antritt der sozialliberalen Regierungskoalition<br />

1969, die eine neue Ostpolitik<br />

einläutete, den Regierungsantritten Erich<br />

Honeckers in der DDR und Edward Giereks in<br />

FOTOS: HEIDE FEST<br />

Polen Anfang der 1970er Jahre, die Einführung<br />

des visafreien Verkehrs zwischen Polen und der<br />

DDR von 1972 bis 1980, der mit dem Erstarken<br />

der Solidarność und der Einführung des Kriegszustandes<br />

Ende 1981 jäh beendet worden war.<br />

Die einsetzende Hilfsbereitschaft aus Deutschland<br />

Ost wie West – etwa Hilfspakete und der<br />

Einsatz für die Warschauer Botschaftsflüchtlinge<br />

(vgl. „Tschüss DDR”, Uni on S. 12) – habe das<br />

deutsch-polnische Verhätnis nachhaltig positiv<br />

geprägt.<br />

Den Blick auf deutsche und polnische Perspektiven<br />

auf die Zeit nach 1989 lenkte eine weitere<br />

Podiumsdiskussion am 1. Februar 2010, die<br />

das Gedenken an das Jahr 1989 in Polen und<br />

Deutschland im 20. Jubiläumsjahr des Mauerfalls<br />

in den Blick nahm. Mit Dr. Kai-Olaf Lang,<br />

wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung<br />

Wissenschaft und Politik, Prof. Dr. Robert Traba,<br />

Leiter des Zentrums für historische Forschung<br />

der Polnischen Akademie der Wissenschaften<br />

in Berlin, und Edgar Most, Mitbegründer<br />

und Vorstandsvorsitzender der Deutschen<br />

Kreditbank AG – der ersten privaten Bank in<br />

den neuen Ländern –und Ehrensenator der<br />

<strong>Europa</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Viadrina</strong>, kamen drei Beobachter<br />

des deutsch-deutschen und west-osteuropäischen<br />

Einigungsprozesses an der Oder zusammen<br />

um zu diskutieren, wie und auf welche<br />

Art und Weise in Polen und Deutschland<br />

West wie Ost an 1989 erinnert wurde.<br />

Die Beobachtungsperspektiven der Podiums -<br />

teilnehmer unterschieden sich deutlich: Robert<br />

Traba, als einziger Historiker auf dem Podium,<br />

diagnostizierte einen „memory boom” rund<br />

um das Thema Vertreibung, während Edgar<br />

Most das Publikum an seinem reichen Erfahrungsschatz<br />

eines Wirtschaftsmannes teilhaben<br />

ließ und Kai-Olaf Lang die politische Sys -<br />

temtransformation in den Blick nahm.<br />

MICHAELA GRÜN

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