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6 [UNIon] „Europa ist die richtige Antwort auf das 20. Jahrhundert“ – Günter Verheugen zur Eröffnung des 18. Akademischen Jahres Zur Eröffnung des 18. Akademischen Jahres begrüßte Viadrina-Präsident Dr. Gunter Pleuger im voll besetzten Auditorium maximum die Gäste aus Universität, den Städten Frankfurt (Oder) und Słubice und den beiden Ländern dies- und jenseits der Oder. Die neuen Studierenden willkommen heißend, freute sich der Präsident über den deutlichen Zuwachs auf insgesamt über 6.000. Die Neustudenten erwarte an der Oderuniversität eine ganze besondere Studienatmosphäre: persönliche Betreuung, gelebte Internationalität und ein hohes studentisches Engagement zeichneten die Viadrina aus, deren guter Ruf sich auch in Bestplätzen in zahlreichen renommierten Rankings widerspiegele. Dies alles sei Verdienst der Professorenschaft, der Mitarbeiter und Studierenden, aber auch der zahlreichen Stifter und Förderer, die es der Viadrina ermöglichten, auch weiterhin ihre in Europa einmaligen internationalen und interdisziplinären Ansätze in Forschung und Lehre innovativ und kreativ weiter zu entwickeln. Die Viadrina, so Pleuger, selbst ein Kind der deutsch-deutschen Wiedervereinigung, stehe als Europa-Universität in besonderem Maße für das Zusammenwachsen Europas: „Das entscheidende Element der Viadrina ist deren Brückenfunktion zwischen Ost- und Westeuropa, das in Zukunft weiter gestärkt werden soll. Es ist mir daher eine große Freude, Günter Verheugen heute als Redner begrüßen zu dürfen.“ Und der amtierende EU-Kommissar Günter Verheugen nutzte die Gelegenheit, an der Oder unter dem Titel „EU – Krise oder Neubeginn“ ein Plädoyer für neue Wege der europäischen Integration zu wagen. „Vorhersagen, die die Zukunft betreffen, sind zwar gefährlich; dennoch wage ich eine Prognose“, so Günter Verheugen einleitend. Und die war positiv: Die Europäische Union stehe vor einem Neubeginn. „In einer sich in atemberaubendem Tempo verändernden Welt“, so Verheugen, „stellt sich die drängende Frage an die in der Europäischen Union vereinigten Staaten, ob sie gleichberechtigte Partner auf der Weltbühne sein wollten. Denn hierauf ist die Union weder intellektuell, moralisch noch politisch gut vorbereitet.“ Der gemeinsame europäische Fortschritt sei mühsam und schwierig, so Verheugen mit Blick auf das „Nein” der Iren zum Lissabon-Vertrag. Die Konsequenz aus dieser Erfahrung dürfe jedoch nicht sein, den Entscheidungsraum der Mitgliedsstaaten einzuschränken – wer gefragt werde, dürfe auch „nein” sagen – aber die Europäische Union müsse begreifbarer und verständlicher gemacht, und zu einem dynamischen Projekt werden – ein Neubeginn also sei alternativlos. Und das untermauerte Verheugen mit einer unumwundenen Analyse der Schwächen der Europäischen Union: Sie leide an Protektionismus, ökonomischem Nationalismus und den Partikularinteressen der Mitgliedsstaaten, denen „das nationale Hemd wichtiger ist, als die europapolitische Jacke in Brüssel“. Es herrsche Misstrauen zwischen Brüssel und den Mitgliedsstaaten, „die sich in der Kommission aufführen wie eine ungezogene Schulklasse“, so die deutlichen Worte des EU-Kommissars. Europa leide unter einem Mangel an glaubwürdiger Führung, lechze nach Vorbildern und bedürfe eines Richtung gebenden Zentrums, dessen entscheidende Stabilitätsachse die drei Länder Frankreich, Polen und Deutschland sein könnten. „In Warschau weiß das jeder, in Paris und Berlin muss man das noch lernen“, so Verheugen an der Viadrina, für die das „Weimarer Dreieck“ eine besondere Rolle spielt. Die Zeit einer Union als „wirtschaftlicher Riese“ und „politischer Zwerg“ sei vorbei. „Es ist eine falsche Vorstellung, in der Weltpolitik als ‘softpower’ eine entscheidende Rolle spielen zu können. Die Europäische Union muss in der Lage sein, im Ernstfall auch Verantwortung zu übernehmen.“ Kurzum: auch die Verteidi- Richard Pyritz (r.) und Matthias Schütt präsentierten den von ihnen herausgegebenen Sammelband „Die Viadrina. Eine Universität als Brücke zwischen Deutschland und Polen“. FOTOS: HEIDE FEST Forum gungspolitik bedürfe einer Vereinigung, um langfristig in Europa Frieden und Stabilität zu sichern. Ein stabiles und friedliches Europa bedürfe zudem einer konsequenten Erweiterungs- und Nachbarschaftspolitik: Die territoriale Erweiterung der Union, mithin die bisherigen Erweiterungsrunden, hätten keine einzige der prognostizierten negativen Konsequenzen zur Folge gehabt, so Verheugen, der von 1999 bis 2004 als EU-Kommissar für die Osterweiterung verantwortlich war. Dennoch herrsche „Müdigkeit und Scheu“ gegenüber weiteren Erweiterungen. Die Integration des Balkans und der Türkei dürften dadurch aber nicht gefährdet werden. „Auch wenn es eine offene Frage ist, ob die Türkei dauerhaft im Lager der westlichen Demokratien zu Hause sein wird, trägt die Europäische Union globale Verantwortung – und die Bereitschaft der Türkei zu Veränderungen hängt stark von der Reaktion der EU selbst ab “, so Verheugens deutliches Plädoyer für die Aufnahme der Türkei in die Union. Dort, wo keine Integration möglich sei, bedürfe es einer guten Nachbarschaftspolitik mit dem Ziel eines integrierten Wirtschaftsraumes – wichtigster Nachbar und strategischer Partner sei hier Russland. Auch wirtschaftlich müsse Europa eine „Flucht nach oben“ antreten: Das Ziel sei die Positionierung der Europäischen Union am oberen Ende der Wertschöpfung, „also keine Niedriglöhne, keine niedrigen Sozial- und Umweltstandards , sondern Qualitätssicherung durch eine fundierte ‘knowledge base’ – und deswegen sind Sie hier“, so der Appell Verheugens an die Studierenden. „Jede Generation hat jeweils eine ureigene Aufgabe. Meine Aufgabe war es, in Europa die Voraussetzungen für ein friedliches Zusammenleben zu schaffen. Ihre Generation hat die Aufgabe, Europa so stark zu machen, dass es in einer sich rapide wandelnden Welt selbst über seine Zukunft entscheiden kann. Dann ist Europa die richtige Antwort auf das 20. Jahrhundert.“ MICHAELA GRÜN
Forum 7 [UNIon] Preise und Auszeichnungen wurden vergeben für besonders gute wissenschaftliche Arbeiten und herausragendes Engagement Während des Festaktes wurden mehrere Preise und Auszeichnungen vergeben, so unter anderem vom Deutschen Akademischen Austauschdienst Bonn (DAAD) im Jahr 2009 zum fünfzehnten Male ein Preis für hervorragende Leistungen ausländischer Studierender an deutschen Hochschulen. Auf Beschluss des Senates wurde die Studentin der Wirtschaftswissenschaften Ewa Dąbrowska aus Polen mit dem mit 1.000 EUR dotierten Preis geehrt. Die Fünfundzwanzigjährige zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie in verschiedenen Wissensgebieten hervorragende Leistungen erbringt: Ihre Masterarbeit zur Liberalisierung des internationalen Kapitalverkehrs zwischen Westdeutschland und Frankreich während der Bretton-Woods-Ära wurde mit der nicht allzu häufigen Note 1,0 bewertet; vordem hatte sie einen Bachelorgrad in Kulturwissenschaften erworben, derzeit steht sie vor dem Abschluss ihres Bachelorstudiums der Volkswirtschaftslehre. Den Innovationspreis des Frankfurter Oberbürgermeisters erhielten: Sahra Damus für ihre Master-Arbeit zum Thema: „Polnisch als Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt. Sprachlernmotivation von Schülern in Frankfurt (Oder) und Görlitz“. Gutachter: Dr. Peter Rosenberg, Maritta Hennig für ihre Diplomarbeit zum Thema: „Die wirtschaftliche Tätigkeit eines deutschen Einzelunternehmens in Polen unter dem Gesichtspunkt der Besteuerung und Haftungsbegrenzung” und Olga Stawnicza für ihre Bachelor-Arbeit zum Thema: „Privatization in the 1990s – a Chance for Polish Small and Middle Enterprices“. Der Förderverein der Juristischen Fakultät der Viadrina übergab den Joachim-Georg-Darjes- Preis an Dr. Fabian Scheffczyk für seine Dissertation zum Thema: „Der Provinzialverband der preußischen Provinz Brandenburg 1933-1945. Regionale Leistungs- und Lenkungsverwaltung im Nationalsozialismus”. ANNETTE BAUER Übergabe des Dissertationspreises des Fördervereins der Juristischen Fakultät durch Prof. Dr. Amadeus Wolff (l.) an Dr. Fabian Scheffczyk. Übergabe des Innovationspreises des Oberbürgermeisters Martin Patzelt an: Olga Stawnicza, Maritta Hennig und Sahra Damus (Foto oben). Herzlichen Glückwunsch zum DAAD-Preis von Uni-Präsident Dr. Gunter Pleuger an die Studentin Ewa Dąbrowska aus Polen (Foto unten). FOTOS: HEIDE FEST
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