<strong>Kunst</strong> 36Die «Heureka» wird demontiert und für den Transport nach Amsterdam bereit gemacht (siehe auch S. 13). Foto Gina AttingerQuartiermagazin Kreis 8 <strong>227</strong>/2013
Marmor, Stein und Eisen7GINA ATTINGER<strong>Kunst</strong> im öffentlichen Raum polarisiertnicht erst seit der Debatte um den Hafenkranam Limmatquai. Auch in unseremQuartier gab es heftige Diskussionen,zum Beispiel um die Platzierung der«Heureka», der «Leerlaufmaschine»von Jean Tinguely. Ganz zu schweigenvon den zahllosen Einwänden und Leserbriefenzur Aufstellung des «Cube». AlsStandort für den minimalistischenWürfel von Sol LeWitt war auch der Kreis8 im Gespräch. Denn <strong>Riesbach</strong> ist mitseinen ausgedehnten Quaianlagen undden vielen ehemaligen Villengärten beinaheprädestiniert, um Skulpturen allerArt in die gestaltete Landschaft zu stellen.«In diesem Sommer geschah es immer wieder, dass die Leute,die sich in dem grünen Gürtel ergingen, der sich vom Zürichhornrund um das Seebecken bis zum Belvoir-Park hinüber erstreckte,auf ihrem Wege plötzlich stutzten, weil sie auf den kleinenLichtungen, in den Anlagen, in der Helle am Ufer des Sees oderin der grünen Schattenglocke einer Catalpa einer bronzenenMädchengestalt, eines Jünglings, eines Männertorsos ansichtigwurden. Über Nacht hatten sich die Wäldchen, Parks, Promenadenund Boskette, der sonntägliche Raum zwischen den breitenAvenuen des Mythen-, des Alpen-, des Uto- und des Seefeldquaisund dem Wasser, der Laubengang vor der Seefensterfront derStadt, mit über zweihundert Statuen aus Stein, Metall und Tonbevölkert, Werke von Künstlern aus allen Teilen der Welt. Ausden Ateliers, aus den Museen herausgenommen und in dasLicht dieses Seetals, in das Schattenspiel und die Spiegelungenseiner Ufer gestellt, schienen sie hier und in diesen Tagen ihreBestimmung gefunden zu haben.»Kurt Guggenheim, Werke III, Alles in Allem, Roman, neuherausgegeben von Charles Lindsmayer, Verlag Huber Frauenfeld1996, S. 7451931 fand in Zürich eine internationale<strong>Kunst</strong>ausstellung im Freien, hauptsächlichrund um das Seebecken statt, die inKurt Guggenheims Roman «Alles inAllem» ihren Niederschlag fand (sieheneben stehendes Zitat). Seither throntbeispielsweise der David auf dem hohenSockel am Utoquai und zahlreiche weiterePlastiken bevölkern das Seeufer.Immer wieder hinterliessen verschiedensteAusstellungen in den Quaianlagenihre Spuren. Zu nennen sind zunächstdie Landi von 1939 mit der Fischerstubeund die G59, die legendäre Gartenbauausstellung.Dann die Expo 64; diesefand zwar in Lausanne statt, aber die«Heureka» lief für die Landesausstellungzum ersten Mal und die WalterA. Bechtler-Stiftung überliess sieanschliessend der Stadt Zürich als Dauerleihgabe.1976 realisierte das ZürcherForum die grosse Henry-Moore-Ausstellung,der wir das «Sheep Piece» zuverdanken haben. Und 1984 schliesslichhinterliess uns die «Phänomena» densteinernen Kugelbrunnen, der anfänglichmit Thermalwasser betrieben wurde.HeurekaVieles hat sich im Laufe der Jahre angesammelt,hat Patina angesetzt und wirdkaum noch beachtet. Anderes verschwindetsang- und klanglos, wie etwa der kleineFrauentorso von Eduard Bick vor demRhododendronwäldchen, von dem blossnoch der Sockel steht (Foto S. 9). Ein<strong>Kunst</strong>werk, einst heftig umstritten, wurdeim Laufe der Zeit zum eigentlichenWahrzeichen des Zürichhorns: Tinguelys«Heureka». Dabei war die Maschine1967 bloss provisorisch am See geduldet,im Zusammenhang mit einem Filmprojektüber die Expo 64. Nach drei Jahrensollte sie definitiv bei der fertiggestelltenETH auf dem Hönggerberg platziert werden.Fünfzehn verschiedene Standortehatte die Stadt evaluiert, aber überallwandten sich die Anwohnenden gegendie nur Lärm produzierende und zudemrostige Plastik. Der <strong>Quartierverein</strong> hattedeswegen sogar drei Austritte zu verzeichnen.Heute kann sich kaum jemanddas Zürichhorn ohne die eifrige Bewegungenproduzierende Skulptur vorstellen.Die «Heureka» ist mittlerweileeines der bedeutendsten Werke des FribourgerKünstlers.Quartiermagazin Kreis 8 <strong>227</strong>/2013