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227 − Kunst - Quartierverein Riesbach

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Was denn, wenn nicht ein Kiosk?<strong>Kunst</strong> 3Sol LeWitts Cube stand ganz neu im Park, als ich daranvorbeiging. Vor mir ging eine ältere Frau mit Stockund hielt an, als ihr ein junger Mann entgegenkam.Wie ich an den beiden vorbeiging, hörte ich folgendeGesprächsfetzen:«Ich ging ganz darum herum; es hat gar keine Tür indiesem Kiosk.»«Das ist eben <strong>Kunst</strong>, kein Kiosk.»«Aber was ist es denn, als <strong>Kunst</strong>?»Der junge Mann suchte nach Wörtern. Ich hätte ihm danicht helfen können und ging diskret weiter. RM8«Als Landesunglück jedoch betrachtetees niemand, dass der Stadtrat ausgerechnetdas Zürichhorn auswählte. Böse Zungenbehaupten, der Stadtrat hätte mitunserer Gleichgültigkeit gerechnet! Vielleichtaber hat er gewusst, dass die Riesbächleraufgeschlossene und grosszügigeMitbürger sind!» schreibt Ernst Kägi,der damalige QV-Präsident in seinemJahresbericht 1966. Im Stadtratsbeschlussvom 20. April 1967 heisst es:«Vor der provisorischen Aufstellung derPlastik wurden die verschiedensten Kreisedes Quartiers begrüsst, wobei sich dieerfreuliche Tatsache zeigte, dass von keinerSeite grundsätzliche Oppositiongegen dieses interessante und anregendeWerk erhoben wurde. Über den Werteines modernen <strong>Kunst</strong>werkes wird wohlerst eine spätere Generation abschliessendurteilen können. Erfahrungsgemässerwecken viele <strong>Kunst</strong>werke, die derÖffentlichkeit übergeben werden, einegewisse Kritik. Dies ist sogar erfreulich,wäre es doch eher bedenklich, liesse unsein <strong>Kunst</strong>werk im positiven oder negativenSinne unberührt. Gerade hervorragendeWerke, die bei der Entstehungihrer Zeit voraus waren, deren künstlerischerWert heute aber allgemeine Anerkennungfindet, haben seinerzeit heftigeKritik hervorgerufen. Es sei nur andie Fresken von Ferdinand Hodlerim Landesmuseum oder an das Hans-Waldmann-Denkmal von Hermann Hallererinnert.»CubeEin anderes, einst verschmähtes <strong>Kunst</strong>werksteht nun in Uster statt in Zürich.Die Kontacht-Redaktion hat kürzlicheinen gemeinsamen Ausflug zum «Cube»unternommen, um den seinerzeitigenStein des Anstosses mit eigenen, heutigenAugen zu betrachten, siehe Foto S. 27.Unsere Meinungen waren geteilt. <strong>Kunst</strong>muss nicht «schön» sein und das ist gutso. Steht sie allerdings im Aussenraum,haben wir das Gefühl, mitreden zu müssen.Die geplante Aufstellung des «Cube»im Zürichhorn sorgte im Sommer 1986für beachtliches mediales Echo. 1991kochten die Meinungen wieder hoch, alsder monumentale Würfel im Seeburgparkerrichtet werden sollte und die Praxisder Stadt im Umgang mit Geschenkenheftig kritisiert wurde.In zahlreichen Leserbriefen kam der<strong>Kunst</strong>begriff zur Sprache und vieleSchreibende äusserten die Meinung,<strong>Kunst</strong> solle dekorativen Charakter haben.Es war von Übermöblierung die Rede.Namhafte Künstler wie etwa Max Bill undGottfried Honegger meldeten sich ebenfallszu Wort. Die Debatte um den «Cube»wurde zum eigentlichen Stellvertreter fürstadtpolitische Probleme, zum Diskursum Kompetenzen und Entscheidungsfindungen.In ihrer Lizentiatsarbeit von2002 kommt Charlotte Tschumi zumSchluss, dass die Aufstellung des «Cube»nicht am Widerstand der Bevölkerungscheiterte, sondern daran, dass dieMehrheit der politischen Exekutive ihnnicht befürwortete.Le SilenceEin gelungenes Beispiel für die Zusammenarbeitverschiedener beteiligterAkteure, unter ihnen der <strong>Quartierverein</strong>Witikon, stellt die Neuplatzierung der«Le Silence» von Ödön Koch auf derLangmattwiese dar (s. auch S.10). Inzwischenist die Wahrnehmung der Öffentlichkeitvermutlich durch die temporären<strong>Kunst</strong>projekte «ART AND THE CITY»und «Gasträume» eher sensibilisiertund betrachtet zeitgenössische <strong>Kunst</strong>kaum mehr als «Fremdkörper», sondernals Denkanstoss und Bereicherung.Allerdings zeigen leider die bereitserfolgten Beschädigungen, dass respektloseVandalen anders denken und auchMarmor, Stein und Eisen brechen.Quelle: Charlotte Tschumi, Sol LeWitts Skulptur«Cube» in Zürich – ein umstrittenes und verhindertes<strong>Kunst</strong>werk im öffentlichen Raum, Lizentiatsarbeit2002Der Würfel geisterte auch durchs Kontacht (12. Juli 1991):Des Rätsels Lösung – der magische Kubus kommt in denSeeburgparkWo bleibt da die Redlichkeit?Der umstrittene und so sehr ungeliebte «Cube» von Sol LeWitt hatendlich im Seeburgpark ein «Plätzli» gefunden. Soso!!«...und nach fünfjähriger mühsamer Suche…» und «…abseits vonden grossen Passantenströmen» (so der TA vom 4.7. 1991) dürfenoder müssen wir RiesbächlerInnen uns, just jetzt, wo wir die Reizedes romantischen Seeburgparkes am Entdecken sind, mit der5x5x5-Meter-<strong>Kunst</strong> zusammensetzen. Warum überhaupt suchen dieStadträtInnen während fünf Jahren nach einem Standplatz für einGeschenk, das sie und die Bevölkerung nicht wollen? Das heisstin der Umgagssprache «mischeln» und verdient gar keinen Respekt.Oder, muss ein privater <strong>Kunst</strong>sammler geehrt werden, nur weil er vielGeld hat?Wo bleibt da die Redlichkeit...P.S. Ich sehe schon, wie der QV einen Apéro serviert, anlässlichder kleinen Feier zur Einweihung dieses gigantischen «minimal-art-Stückes». HHQuartiermagazin Kreis 8 <strong>227</strong>/2013

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