Gesundheitliche Versorgung in Stadt und Land - Bibliothek der ...
Gesundheitliche Versorgung in Stadt und Land - Bibliothek der ...
Gesundheitliche Versorgung in Stadt und Land - Bibliothek der ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
26<br />
Kapitel 4<br />
sen werden, wie viel Zeit Patient<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />
Patienten aufwenden, um zu e<strong>in</strong>em Anbieter<br />
mediz<strong>in</strong>ischer Gr<strong>und</strong>versorgung zu gelangen.<br />
5 Analog könnte die Erreichbarkeit<br />
von Notdiensten, fachärztlichen <strong>und</strong> pfl egerischen<br />
Angeboten erfasst werden. Bei dieser<br />
eher geographischen Dimension e<strong>in</strong>es solchen<br />
Zugangs<strong>in</strong>dikators müssten auch die<br />
lokalen Verkehrsgegebenheiten berücksichtigt<br />
werden. E<strong>in</strong>e Basierung alle<strong>in</strong>e auf Fahrtzeiten<br />
im Pkw wäre daher nicht ausreichend.<br />
Die geographische Dimension müsste <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
<strong>in</strong> Ballungszentren sozial differenziert<br />
werden, <strong>in</strong>dem <strong>der</strong> Zugang vulnerabler<br />
Bevölkerungsgruppen separat ausgewiesen<br />
wird (SVR 2007).<br />
E<strong>in</strong> solcher Indikator wäre erstens sektorübergreifend<br />
– es ist nicht defi niert, welchem<br />
<strong>Versorgung</strong>ssektor das entsprechende<br />
<strong>Versorgung</strong>sangebot angehören muss. Zweitens<br />
wäre dieser Indikator auch aus Sicht <strong>der</strong><br />
Patient<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Patienten relevant <strong>und</strong><br />
vergleichbar. Im Ergebnis müsste die Erhebung<br />
dieses Indikators <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>räumigen<br />
<strong>Versorgung</strong>satlas als Gr<strong>und</strong>lage für regionale<br />
<strong>Versorgung</strong>ssteuerung münden.<br />
Es ist sachlogisch, dass die Entwicklung <strong>der</strong><br />
angesprochenen Indikatoren b<strong>und</strong>ese<strong>in</strong>heitlich<br />
erfolgen sollte. Es würde im H<strong>in</strong>blick<br />
auf die entstehenden Transaktionskosten<br />
wenig S<strong>in</strong>n machen, wenn regional unterschiedliche<br />
Indikatoren entwickelt <strong>und</strong> angewendet<br />
würden. Weniger e<strong>in</strong>deutig ist die<br />
Entscheidung, auf welcher Ebene Schwellenwerte<br />
für Über- bzw. Unterversorgung festgelegt<br />
werden. Mit an<strong>der</strong>en Worten müsste entschieden<br />
werden, <strong>in</strong>nerhalb welchen Zeitraums<br />
Patient<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Patienten beispielsweise<br />
e<strong>in</strong>en Anbieter <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen<br />
Gr<strong>und</strong>versorgung erreichen können müssten.<br />
Hier spricht im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Zuordnung zu<br />
Friedrich-Ebert-Stiftung<br />
politischer Verantwortlichkeit aus Sicht <strong>der</strong><br />
Autoren viel dafür, diese Entscheidung auf<br />
<strong>der</strong> Ebene des <strong>Land</strong>esgesetzgebers zu treffen.<br />
4.2 Vere<strong>in</strong>heitlichung <strong>der</strong><br />
Vergütungssysteme<br />
Aus Sicht von Ärzt<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ärzten spielt<br />
bei <strong>der</strong> Entscheidung zur Nie<strong>der</strong>lassung e<strong>in</strong>e<br />
Reihe von Faktoren e<strong>in</strong>e Rolle. Individuelle<br />
Präferenzen h<strong>in</strong>sichtlich geographischer Regionen<br />
sowie dem Angebot von kulturellen<br />
E<strong>in</strong>richtungen, von K<strong>in</strong><strong>der</strong>betreuung <strong>und</strong><br />
an<strong>der</strong>en außerhalb <strong>der</strong> ges<strong>und</strong>heitlichen<br />
<strong>Versorgung</strong> liegenden Faktoren können im<br />
Rahmen <strong>der</strong> <strong>Versorgung</strong>ssteuerung nicht<br />
bee<strong>in</strong>fl usst werden. Allerd<strong>in</strong>gs ist das Nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />
von Überversorgung <strong>und</strong> Unterversorgung<br />
e<strong>in</strong> Indikator dafür, dass die Nie<strong>der</strong>lassungsentscheidung<br />
auch von fi nan ziellen<br />
Anreizen bee<strong>in</strong>fl usst wird. Es dürfte unstrittig<br />
se<strong>in</strong>, dass Regionen bzw. <strong>Stadt</strong>teile mit<br />
e<strong>in</strong>em hohen Anteil von privat versicherten<br />
Patient<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Patienten attraktiver für<br />
e<strong>in</strong>e Nie<strong>der</strong>lassung s<strong>in</strong>d als Regionen bzw.<br />
<strong>Stadt</strong>teile, <strong>in</strong> denen <strong>der</strong> Anteil privat versicherter<br />
Personen eher niedrig ist. Je nach<br />
Fachgruppe können Ärzt<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ärzte<br />
für die gleiche Leistung m<strong>in</strong>destens den<br />
doppelten Betrag nach <strong>der</strong> Gebührenordnung<br />
für Ärzte (GOÄ) abrechnen wie auf <strong>der</strong><br />
Basis des E<strong>in</strong>heitlichen Bewertungsmaßstabs<br />
für gesetzlich Versicherte (EBM) (Walendzik<br />
et al. 2009). Darüber h<strong>in</strong>aus unterliegen die<br />
Leistungen nach GOÄ im Gegensatz zu den<br />
Regelungen des EBM bisher ke<strong>in</strong>er Mengenbeschränkung.<br />
Diese ökonomischen Anreize führen nicht<br />
nur zu e<strong>in</strong>er bevorzugten Behandlung von<br />
Privatversicherten, son<strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d auch mit-<br />
5 Für e<strong>in</strong>e beispielhafte Entwicklung e<strong>in</strong>es solchen Indikators – allerd<strong>in</strong>gs nur für die stationäre <strong>Versorgung</strong> –<br />
vgl. (Lüngen/Büscher 2011).