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29. Aargauisches Kantonalmusikfest in Brugg Seite 4 Les fanfares ...

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1924 begann er se<strong>in</strong>e Tätigkeit<br />

als Blasmusikdirigent mit dem<br />

Musikvere<strong>in</strong> «Konkordia» Wolfwil<br />

(1924–26) und der MusikgesellschaftHägendorf-Rickenbach<br />

(1924–42). Anschliessend<br />

brachte ihn se<strong>in</strong>e Laufbahn ans<br />

Dirigentenpult der Vere<strong>in</strong>e von<br />

Langendorf, Olten, Solothurn,<br />

Kappel und der «Helvetia» Grenchen.<br />

1927 nahm er <strong>in</strong> La Chauxde-Fonds<br />

zum ersten Mal an e<strong>in</strong>em<br />

Eidgenössischen Musikfest<br />

teil. An der Spitze der Musikgesellschaft<br />

Hägendorf-Rickenbach erreichte<br />

er <strong>in</strong> der dritten Klasse den<br />

ersten Rang und am folgenden<br />

Fest <strong>in</strong> Bern 1931 mit dem gleichen<br />

Vere<strong>in</strong>, aber dieses Mal <strong>in</strong> der<br />

zweiten Klasse, den ausgezeichneten<br />

zweiten Platz. Dazu kommt<br />

am selben Fest <strong>in</strong> der ersten Klasse<br />

e<strong>in</strong> erster Rang ex-aequo mit<br />

der Stadtmusik aus Sitten.<br />

Schaffung orig<strong>in</strong>aler<br />

Blasmusik<br />

Doch kehren wir zu se<strong>in</strong>en<br />

Kompositionen zurück: Zu Beg<strong>in</strong>n<br />

des zwanzigsten Jahrhunderts<br />

hatte sich <strong>in</strong> Europa die Besetzung<br />

der Blasmusikkorps weit<br />

gehend gefestigt, und so tauchte<br />

erstmals das Bedürfnis nach eigener<br />

und orig<strong>in</strong>aler Musik für diese<br />

Orchesterart auf. Vor 1910 waren<br />

Orig<strong>in</strong>alkompositionen mit Ausnahme<br />

von Märschen und Hymnen<br />

absolute Raritäten. Nach diesem<br />

Datum h<strong>in</strong>gegen führte die<br />

musikalische Entwicklung dazu,<br />

dass künstlerisch wertvolle Musik<br />

auch für die Blasmusik geschaffen<br />

wurde. So entstanden <strong>in</strong> England<br />

die auch heute noch äusserst populären<br />

«Suiten» op. 28 Nummer<br />

1 und 2 von Gustav Holst und die<br />

«English Folk Song Suite» von<br />

Ralph Vaughan-Williams, wahre<br />

Meilenste<strong>in</strong>e im Orig<strong>in</strong>alrepertoire<br />

für Blasmusik. In<br />

Frankreich regte die erreichte absolute<br />

Perfektion der Pariser Militärmusikkorps<br />

zur Schaffung<br />

von regelrechten Meisterwerken<br />

an wie z.B. «Dyonisiaques» von<br />

Florent Schmitt (1913). Auch <strong>in</strong><br />

der Schweiz wurde die Forderung<br />

nach e<strong>in</strong>em ernsthaften Repertoire<br />

laut, das jedoch gleichzeitig<br />

dem im besten Fall durch die ver-<br />

trauten, lieblichen Klangformen<br />

der Operntranskriptionen oder<br />

s<strong>in</strong>fonischen Bearbeitungen geschulten<br />

musikalischen Verständnis<br />

der Laienmusikkorps<br />

entsprechen sollte. Mit Überzeugung<br />

setzte sich Stephan Jaeggi<br />

für die Schaffung e<strong>in</strong>es Repertoires<br />

e<strong>in</strong>, das die damals üblichen<br />

Transkriptionen ersetzen<br />

sollte. Im Jurybericht zum Eidgenössischen<br />

Musikfest <strong>in</strong> Bern,<br />

wo er se<strong>in</strong>e Ouvertüre «Menschen<br />

von heute» als Selbstwahlstück<br />

spielte, kann man nachlesen:<br />

«Hägendorf stellte sich mit der<br />

Komposition (Uraufführung) ihres<br />

umsichtigen Dirigenten vor.<br />

Dieses Werk ragt über die Monotonie<br />

des übrigen Repertoires dieses<br />

Wettspiels weit h<strong>in</strong>aus und<br />

gehört eigentlich <strong>in</strong> die 1. Klasse.<br />

Es besitzt Grosszügigkeit und ist<br />

wirksam <strong>in</strong>strumentiert.» Trotz<br />

se<strong>in</strong>es Erfolges erlebte Jaeggi<br />

auch schwierige Momente, wenn<br />

beispielsweise Stücke von anderen,<br />

heute total vergessenen<br />

Komponisten den se<strong>in</strong>en als Aufgabestücke<br />

für Eidgenössische<br />

Musikfeste vorgezogen wurden.<br />

Die Enttäuschung über die Ablehnung<br />

se<strong>in</strong>er vorgeschlagenen<br />

Stücke für das Eidgenössische<br />

Musikfest <strong>in</strong> Bern 1931 mag der<br />

Grund für die sehr lange Schaffenspause<br />

gewesen se<strong>in</strong>, die bis<br />

1935 andauerte.<br />

1933 wurde Stephan Jaeggi<br />

zum Dirigenten der Stadtmusik<br />

Bern ernannt, mit der er zwei Jahre<br />

später am Eidgenössischen<br />

von Luzern mit dem ersten Rang<br />

<strong>in</strong> der Höchstklasse triumphierte.<br />

An diesem Anlass führte er e<strong>in</strong>e<br />

eigene Transkription von Alfredo<br />

Casellas Rhapsodie «Italia»<br />

auf. Jaeggi war e<strong>in</strong> unermüdlicher<br />

Bearbeiter, und se<strong>in</strong>e Werkliste<br />

umfasst 176 meist romantische<br />

Operntranskriptionen.<br />

Zur Reife mit der<br />

«Festlichen Ouvertüre»<br />

E<strong>in</strong>e Auftragskomposition<br />

von Radio Bern beendete die<br />

Schaffenspause, und die so entstandene<br />

«Festliche Ouvertüre»<br />

wurde am 10. Dezember 1935 aus<br />

Anlass des Zehn-Jahr-Jubiläums<br />

des Radiostudios uraufgeführt.<br />

Dieses Werk, das übrigens 1957<br />

am Eidgenössischen <strong>in</strong> Zürich als<br />

Aufgabestück vorgelegt wurde,<br />

zeigt sich im Vergleich mit den<br />

früheren Kompositionen bestimmter<br />

und reifer. Es hat Sonatenform<br />

mit e<strong>in</strong>er ausholenden,<br />

langsamen E<strong>in</strong>leitung jener Art,<br />

wie sie etwa Ross<strong>in</strong>i <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Ouvertüren<br />

gerne pflegte. Die musikalische<br />

Sprache ist der Romantik<br />

verbunden, und stellenweise<br />

spürt man den E<strong>in</strong>fluss Dvorˇáks,<br />

mit dem er die Vorliebe für modale<br />

Melodieführung teilte (e<strong>in</strong> Motiv<br />

aus «Neuen Welt» sche<strong>in</strong>t vorhanden<br />

zu se<strong>in</strong>, oder doch<br />

nicht?). Die Form ist fest, geradezu<br />

granitern. Im abschliessenden<br />

«Grandioso» zeigt sich das Hauptthema<br />

<strong>in</strong> suggestiver Grösse.<br />

Schwierige Verbreitung<br />

Die Verbreitung der Kompositionen<br />

Stephan Jaeggis erwies<br />

sich damals als sehr schwierig.<br />

Die Gründe dafür s<strong>in</strong>d unterschiedlich,<br />

aber sicher zur Hauptsache<br />

dem Geschmack der Dirigenten<br />

zuzuschreiben, die<br />

e<strong>in</strong>fach noch nicht für die Aufführung<br />

von orig<strong>in</strong>aler Blasmusik<br />

reif waren. Zudem hat Jaeggi selber<br />

mit der Stadtmusik Bern bei<br />

wichtigsten Gelegenheiten immer<br />

wieder grosse Transkriptionen<br />

aufgeführt, anstatt das Wagnis<br />

mit orig<strong>in</strong>aler Literatur<br />

e<strong>in</strong>zugehen. Möglicherweise hat<br />

da auch vere<strong>in</strong>s<strong>in</strong>terner Druck im<br />

Namen des Respekts vor der Tradition<br />

mitgespielt. Hier kann e<strong>in</strong>em<br />

nun die mutige Stückwahl<br />

nicht entgehen, mit der er sich an<br />

die Bearbeitung von Werken wie<br />

die bereits genannte Rhapsodie<br />

«Italia» von Casella, die «Feuervogel»-Suite<br />

von Straw<strong>in</strong>sky oder<br />

wie den Schlusssatz aus Debussys<br />

«La Mer» machte, und es mag<br />

eigenartig anmuten, dass er e<strong>in</strong>erseits<br />

als Bearbeiter dem Neuen<br />

gegenüber dermassen offen<br />

war, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Kompositionen<br />

aber strikte der klassisch-romantischen<br />

Tradition verhaftet blieb.<br />

Reform der Besetzung<br />

angefe<strong>in</strong>det<br />

Kommen wir zur Besetzung:<br />

Die preussischer Tradition ver-<br />

Varia<br />

pflichtete Besetzung, wie sie<br />

durch zahlreiche deutsche Kapellmeister<br />

(darunter auch Carl<br />

Friedemann, Jaeggis Vorgänger<br />

<strong>in</strong> Bern) <strong>in</strong> die Schweiz gebracht<br />

wurde, geht von relativ wenigen<br />

Holz<strong>in</strong>strumenten und von<br />

dem Ausschluss der politisch<br />

«zu französischen» Saxofone<br />

aus. Jaeggi setzte sich gleich am<br />

Anfang für e<strong>in</strong> erweitertes Klar<strong>in</strong>ettenregister<br />

e<strong>in</strong>, wo er Altund<br />

Bassklar<strong>in</strong>etten e<strong>in</strong>führte<br />

(vergessen wir nicht, dass er<br />

selbst Klar<strong>in</strong>ettist war). Der<br />

Klang wurde weicher und die<br />

Klar<strong>in</strong>etten mussten nicht mehr<br />

forcieren, um sich gegen das<br />

Blech durchzusetzen. Das Blech<br />

dagegen musste die Tonkultur<br />

verbessern, um so von der typisch<br />

teutonisch-martialischen<br />

Spielweise wegzukommen. Im<br />

hohen Blech wird neben den<br />

Trompeten das Es-Cornet<br />

besetzt, dazu kommen Flügelhörner,<br />

die häufig die Klar<strong>in</strong>ettenl<strong>in</strong>ien<br />

unterstützen. Das<br />

Mittelregister besetzen vier<br />

Hörner, häufig kommt dazu<br />

noch e<strong>in</strong>e Hornmelodiestimme,<br />

der sangliche L<strong>in</strong>ien anvertraut<br />

s<strong>in</strong>d. Weiter f<strong>in</strong>den wir<br />

zwei Tenorhornstimmen, von<br />

denen das erste vor allem cantable<br />

Passagen, das zweite ausschliesslich<br />

Begleitaufgaben<br />

hat, Bariton sowie Es-Bass und<br />

B-Bass. Die Blechsektion wird<br />

durch die dreistimmig geschriebenen<br />

Posaunen vervollständigt.<br />

Im Holz f<strong>in</strong>den wir neben<br />

den Klar<strong>in</strong>etten Flöten, Oboen,<br />

Fagotte, aber ke<strong>in</strong>e Saxofone. Es<br />

gelang Stephan Jaeggi nie, die<br />

Saxofone gegen den hartnäckigen<br />

Widerstand der Stadtberner<br />

Musikanten durchzusetzen.<br />

Gelegentlich brauchte er auch<br />

Spezial<strong>in</strong>strumente wie Harfe,<br />

Klavier sowie Kontrabass. Anlässlich<br />

des «Landikonzerts»<br />

vom 13. August 1939 waren es<br />

gleich drei Kontrabässe, als er <strong>in</strong><br />

Zürich ausser anderem die<br />

«Feuervogel»-Suite aufführte.<br />

Franco Cesar<strong>in</strong>i<br />

Übersetzung: GSL<br />

Fortsetzung folgt.<br />

UNISONO 12 •2003 15

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