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Wenn der Glaube zum Konflikt wird - seminare-ps.net

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12wurden. 7 Unter den Tausenden von Fachartikeln fanden sich gerade35 Arbeiten, die in irgendeiner Weise eine Beziehung zwischen Religiositätund <strong>ps</strong>ychischer Gesundheit untersuchten.Insgesamt wurden in den 35 Arbeiten 139 wissenschaftliche Beschreibungenvon Religiosität angewendet, jedoch nur in 50 Messungenkonsequent untersucht. Erwartet hatten die Autoren häufigkeinen o<strong>der</strong> einen negativen Einfluss <strong>der</strong> Religiosität auf die <strong>ps</strong>ychischeGesundheit. Doch die Resultate ergaben 36-mal eine positiveBeziehung zwischen <strong>Glaube</strong> und seelischer Gesundheit, achtmaleine negative Korrelation und sechsmal keine Auswirkung auf dieseelische Gesundheit.Vereinfacht lässt sich also sagen: Dort, wo <strong>der</strong> Einfluss des <strong>Glaube</strong>nsauf die <strong>ps</strong>ychische Gesundheit seriçs wissenschaftlich untersuchtwurde, ergab sich viermal häufiger eine positive Beziehungals eine negative.Einen negativen Bezug zwischen <strong>Glaube</strong> und <strong>ps</strong>ychischem Zustandzeigten am ehesten Menschen, die mit <strong>der</strong> Frage nach demLebenssinn und nach ihren ethischen Leitlinien rangen (also im Bereich<strong>der</strong> Sinnfragen). Wie lässt sich das erklären? Während einer<strong>ps</strong>ychischen Krise kann die Frage nach dem Sinn oft quälend werden.Dies ist insbeson<strong>der</strong>e bei denjenigen Menschen <strong>der</strong> Fall, dieäußerlich (extrinsisch) zwar an christlich-ethische Leitlinien glauben,aber nicht mit Überzeugung nach diesen leben und nicht ineine Gemeinschaft eingebettet sind.Die Studie steht im Einklang mit früheren Übersichtsstudien 8 , dieebenfalls ein deutliches Überwiegen positiver Befunde feststellten,wenn es darum ging, den Einfluss <strong>der</strong> Religiosität auf die Gesundheitzu messen. Dabei wurde eine interessante Beobachtung gemacht:Es besteht ein Unterschied zwischen «gesunden» Versuchspersonenund wirklich kranken und leidenden Menschen. 9 Diesogenannten «Gesunden» (oftmals jüngere Universitätsstudenten)litten vielleicht an leichteren ¾ngsten und kurz andauernden depressivenVerstimmungen und neigten eher dazu, Sinn- und <strong>Glaube</strong>nsfragenkonflikthaft zu verarbeiten. Diese Spannung kann manbei einer weiten Begriffsfassung als «neurotisch» bezeichnen. Dochinsgesamt funktionierten sie gut und waren in <strong>der</strong> Lage, ein anspruchsvollesStudium zu meistern. Für viele religiçse Studenten ist<strong>der</strong> <strong>Glaube</strong> ein äußerlich bejahter <strong>Glaube</strong>, <strong>der</strong> aber den Härtetestpersçnlicher Krisen noch kaum zu bestehen hatte.An<strong>der</strong>s bei klinisch kranken «neurotischen» Menschen, die anausgeprägten Depressionen und ¾ngsten litten, die eine Therapieo<strong>der</strong> sogar eine Hospitalisation nçtig machten. Diese Menschen hattensich mit den Nçten von Verzweiflung, seelischem Dunkel, tieferAngst und invalidisieren<strong>der</strong> Schwachheit existenziell auseinan<strong>der</strong>zusetzen.Für sie war <strong>Glaube</strong> nicht einfach ein äußeres Für-wahr-Halten. Sie konnten ihre Not wie<strong>der</strong>finden in den Psalmen Davidsund in den Klagelie<strong>der</strong>n Jeremias. 10 Sie fanden Trost in kirchlichenLie<strong>der</strong>n und in <strong>der</strong> persçnlichen Seelsorge. Sie wussten den Wertchristlicher Gemeinschaft zu schätzen und schçpften daraus immerneue Hoffnung und neue Kraft, auch in ihren Grenzen.Somit ergaben sich folgende Tendenzen:&&&Menschen mit schweren seelischen Nçten machten eher positiveErfahrungen mit dem <strong>Glaube</strong>n.Versuchspersonen, die an leichteren Stçrungen litten, zeigteneher mehr <strong>Konflikt</strong>e mit dem <strong>Glaube</strong>n.Einzelfälle ergeben ein negativeres Bild als ein Gesamtüberblick.Wie kommt es denn nun zu dem offensichtlichen Auseinan<strong>der</strong>klaffenzwischen diesen wissenschaftlichen Befunden und den Aussageneinzelner Patienten und ihrer Psychotherapeuten? Warum <strong>wird</strong> sooft vom «krankmachenden <strong>Glaube</strong>n» geredet, von <strong>der</strong> Einengungdurch Kirchen und religiçse Gemeinschaften?Hier einige erste Hinweise: <strong>Wenn</strong> ¾rzte und Therapeuten mitden Nçten gläubiger Menschen in Berührung kommen, so hçrensie in ihrer Sprechstunde so manches schwere Lebensschicksal.Nicht immer ist es dem gläubigen Menschen gelungen, sein Lebenso zu gestalten, wie er es sich erhofft hätte o<strong>der</strong> wie es den Idealenseiner Gemeinde entsprechen würde. Therapeuten hçren oft auchschwere Erlebnisse aus <strong>der</strong> Kindheit und Jugend. Auch da gilt:Nicht immer ist es gläubigen Eltern gelungen, ihren <strong>Glaube</strong>n in<strong>der</strong> Erziehung so umzusetzen, wie es den Bedürfnissen ihres Kindesentsprochen hätte.Die Menschen, die uns ihre ¾ngste, Zwänge und Depressionenanvertrauen; die uns als schwermütige und skrupulçse Christen erscheinen;die leiden an sich selbst und ihren Hemmungen – dieseMenschen sind nicht nur Betroffene, son<strong>der</strong>n sie sind auch Eltern13

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