Einsteins Kolleginnen - Kompetenzzentrum
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H ertha S poner 1895 – 1968<br />
Hertha Sponer<br />
Die jüngste der drei Physik-Privatdozentinnen<br />
war Hertha Sponer. Acht bzw. 17 Jahre jünger<br />
als ihre <strong>Kolleginnen</strong> Hedwig Kohn und Lise<br />
Meitner, profitierte Hertha Sponer von den<br />
Verbesserungen des Mädchenschulwesens, der<br />
Durchsetzung des Frauenstudiums und dem<br />
ab 1920 gewährten Recht auf Habilitation<br />
für Frauen. Daher absolvierte sie von 1917,<br />
dem Studienbeginn, bis 1932, der Ernennung<br />
zur außerordentlichen Professorin an der<br />
Universität Göttingen, einen geradlinigen<br />
Karriereweg – wie ihre begabten männlichen<br />
Physikerkollegen.<br />
Hertha Sponer studierte Physik und Mathematik,<br />
promovierte 1920 mit der Arbeit über »ultrarote Absorption<br />
zweiatomiger Gase« bei Peter Debye (1884<br />
– 1966) und wurde ab 1920 Schülerin von James<br />
Franck (1882 – 1964). Als seine Assistentin fing sie<br />
1921 an der Universität Göttingen an. Ihr Vorbild<br />
war Lise Meitner, die sie in Berlin kennen gelernt<br />
hatte; ihr Spezialgebiet wurde die Spektroskopie,<br />
insbesondere die Molekül-Spektroskopie. Dazu publizierte<br />
sie viele Arbeiten, darunter insbesondere zur<br />
Fluoreszenz und zur Molekülstruktur. In den 1920er<br />
Jahren leisteten ihre Untersuchungen die experimentelle<br />
Bestätigung quantenmechanischer Vorhersagen.<br />
Ihre Lehrtätigkeit umfasste alle Gebiete der<br />
modernen Physik.<br />
Hertha Sponer gehörte zu den begabten jungen Physikern,<br />
was auch dadurch zum Ausdruck kam, dass<br />
sie 1925 ein Fellowship der Rockefeller Foundation<br />
bekam, mit dessen Hilfe sie einige Monate an der<br />
Berkeley University weilte. Zurück in Göttingen,<br />
hielt die habilitierte Physikerin Vorlesungen, betreute<br />
Studenten und Promovenden. Nach den üblichen<br />
sieben Jahren wurde sie zur außerordentlichen –<br />
nichtbeamteten – Professorin ernannt und erhielt die<br />
Stelle einer Oberassistentin. In jenen Jahren war<br />
Göttingen das »Mekka« der Physiker und Mathematiker.<br />
David Hilbert, Richard Courant und Emmy<br />
Noether, James Franck und Max Born zogen Studenten,<br />
Promovenden und Postdocs aus aller Welt<br />
22<br />
Spektroskopie<br />
an. Hier trafen sich sowjetische und US-amerikanische<br />
Kollegen, die Mathematiker P. S. Aleksandrov<br />
und A. N. Kolmogorov mit Norbert Wiener, die Physiker<br />
Georgij (später George) Gamov und Robert<br />
Oppenheimer. Die beiden Privatdozentinnen Emmy<br />
Noether und Hertha Sponer waren in dieser Gemeinschaft<br />
akzeptiert und anerkannt.<br />
Mit dem Beginn der NS-Herrschaft wurde Göttingen<br />
zur wissenschaftlichen Provinz. »Die Mathematik in<br />
Göttingen gibt es nicht mehr«, antwortete David<br />
Hilbert 1934 auf die Frage eines NS-Verantwortlichen.<br />
Dasselbe hätte er über die Physik sagen können.<br />
Heinz Maier-Leibnitz beschrieb die Situation in<br />
Göttingen später folgendermaßen:<br />
»Danach gab es ein großes Vakuum. Keiner vertraute<br />
mehr dem anderen. Es war nicht mehr möglich, so<br />
miteinander zu reden wie früher. Die Kommunikation<br />
war weg. Das Niveau war weg. Es gab keine<br />
Zusammenarbeit mehr. Die Physik in Göttingen war<br />
eine Ruine.«<br />
(Zitiert nach Maushart (1997), S. 57 – 58)<br />
Als einziger der von der rassistisch-antisemitischen<br />
Gesetzgebung Betroffenen protestierte James Franck<br />
öffentlich gegen die Vertreibungen. Über Kopenhagen<br />
emigrierte er 1935 in die USA.<br />
1933 wurden alle drei habilitierten Physikerinnen<br />
von ihren Universitäten vertrieben: Lise Meitner und