Einsteins Kolleginnen - Kompetenzzentrum
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Die radioaktive Strahlung war ungewöhnlich und<br />
geheimnisvoll – man konnte sie mit bloßen Augen<br />
weder sehen noch hören oder schmecken. Und<br />
anfangs schien es, dass mit Hilfe dieser Strahlen<br />
Krankheiten (vor allem Krebs) geheilt und Pflanzen<br />
zu besserem Wachstum getrieben werden konnten und<br />
weitere Wunder zu erwarten waren. In den 1920er<br />
Jahren warben Firmen mit Crémes, die »strahlende<br />
Schönheit« versprachen – eine Werbung, die heute<br />
ambivalente Empfindungen hervorruft. Trotz dieser<br />
– auch Gewinn – versprechenden Aussichten verzichteten<br />
die Curies von Anfang an auf die kommerzielle<br />
Nutzung ihrer Entdeckungen, auch auf Patentanmeldungen.<br />
Deshalb war Marie Curie nach dem<br />
1. Weltkrieg gezwungen, eine US-Lecturer-Tour zu<br />
unternehmen, um mit den Einnahmen daraus das<br />
eine Gramm des so dringend benötigten Radiums<br />
für ihr 1914 eingeweihtes Institut kaufen zu können.<br />
Rückblickend schrieb sie:<br />
»Im Einvernehmen mit mir verzichtete Pierre Curie<br />
darauf, aus unserer Entdeckung pekuniäre Vorteile<br />
zu ziehen: wir haben kein Patent auf sie genommen<br />
und ohne jede Einschränkung die Ergebnisse unserer<br />
Forschungen veröffentlicht, ebenso wie das Herstellungsverfahren<br />
des Radiums. Wir haben überdies<br />
allen Interessenten jede Auskunft erteilt, die sie<br />
wünschten. Dies war eine große Wohltat für die Radiumindustrie,<br />
die sich frei entwickeln konnte, zuerst<br />
in Frankreich, dann im Ausland, und so in die<br />
Lage kam, Gelehrten und Ärzten die Erzeugnisse zu<br />
liefern, die sie brauchten. Diese Industrie wendet übrigens<br />
noch heute (in den 1920er Jahren – A.V.) fast<br />
unverändert die Verfahren an, die wir ihr angaben.«<br />
(Zitiert in Ksoll/Vögtle (2003), S.79 – 80).<br />
Das »Radium-Institut« wurde dank der Baron de<br />
Rothschild Foundation von 1913 bis 1914 in Paris<br />
errichtet. In mehr als drei Jahrzehnten arbeiteten<br />
hier viele Physikerinnen und Physiker unter der Leitung<br />
von Marie Curie, zuerst in ihrem alten Laboratorium,<br />
dann im Radium-Institut. Zu ihren Schülern<br />
gehörten auch ihre ältere Tochter Irène Curie (1897<br />
– 1956) und ihr Schwiegersohn Fréderic Joliot (1900<br />
– 1958). Beide setzten auf einmalige Weise das Werk<br />
von Marie und Pierre Curie fort. Sie wurden ein Forscher-Ehepaar<br />
wie Marie und Pierre Curie, sie hatten<br />
wie diese zwei Kinder, und auch sie bekamen die<br />
höchste Wissenschaftlerauszeichnung verliehen.<br />
<strong>Einsteins</strong> <strong>Kolleginnen</strong> Physikerinnen – gestern und heute<br />
Joliot-Curies entdeckten, dass es neben der natürlichen<br />
Radioaktivität auch eine künstliche gibt, wofür<br />
sie 1935 den Physik-Nobelpreis erhielten. Von der<br />
Entdeckung konnte Marie Curie noch erfahren, die<br />
Nobelpreisverleihung erlebte sie jedoch nicht mehr.<br />
Es stimmt allerdings nicht, wenn in der Literatur geschrieben<br />
wird, dass sie Opfer ihrer Forschungen geworden<br />
sei. Die Beschäftigung mit radioaktiven Strahlen<br />
musste nicht zwangsläufig zum Tod führen, wie<br />
das Schicksal vieler Physikkolleginnen und -kollegen,<br />
darunter Lise Meitner, zeigt. Aber die anfängliche<br />
Sorglosigkeit im Umgang mit radioaktiven Substanzen<br />
mag dazu beigetragen haben, dass Marie<br />
Curie an den Folgen dessen, was seither Hiroshima-<br />
Strahlenkrankheit genannt wird, starb.<br />
Ihre Freundschaft mit Albert Einstein begann um<br />
1910. Sie bewährte sich das erste Mal, als er ihr<br />
während einer Kampagne der französischen Presse<br />
gegen die »Ausländerin« Marie Curie (Anlass war eine<br />
»Affäre« mit ihrem Kollegen Paul Langevin 1911)<br />
beistand. Ihre Freundschaft bestand die Bewährung<br />
während des 1. Weltkriegs, als auch Wissenschaftler<br />
in die nationalistische Kriegstümelei verfielen. Sie<br />
setzte sich in den 1920er Jahren fort, als beide für<br />
Organe des Völkerbundes beratend tätig waren. Sie<br />
waren sich einig in der Liebe zur Physik, in der Sicht<br />
auf die Verantwortlichkeit der Wissenschaftler und<br />
in ihren kosmopolitischen Ansichten.<br />
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