1. Die Orgel in der reformierten Kirche Köniz - OFSG - St. Galler ...
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Klagen über den schlechten Geme<strong>in</strong>degesang den Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>zug <strong>der</strong> <strong>Orgel</strong>;<br />
an<strong>der</strong>seits dürfte die steigende Beliebtheit <strong>der</strong> Musik e<strong>in</strong>e Rolle gespielt haben. Ab<br />
zirka 1810 erfasste e<strong>in</strong>e richtige "<strong>Orgel</strong>bau-Welle" die bernischen Landkirchen. Viele<br />
dieser häufig qualitätvollen Instrumente wurden von lokalen <strong>Orgel</strong>bauern geschaffen.<br />
Ihre Werke lassen darauf schliessen, dass sie sich an massgeblichen Meistern <strong>der</strong><br />
Zeit orientierten, etwa an <strong>der</strong> berühmten <strong>Orgel</strong>bauerdynastie Bossart aus Baar, die<br />
damals während dreier Generationen zu den berühmtesten <strong>Orgel</strong>bauern <strong>der</strong><br />
deutschen Schweiz gehörte.<br />
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<strong>Die</strong> Generationen <strong>der</strong> <strong>Orgel</strong>bauerfamilie Bossart aus Baar<br />
In <strong>Köniz</strong> zog man 1781 für die neue <strong>Orgel</strong> den Vertreter <strong>der</strong> dritten Generation, Karl<br />
Josef Maria Bossart, zu. Bossart musste sich allerd<strong>in</strong>gs gegen e<strong>in</strong>en weiteren<br />
prom<strong>in</strong>enten Konkurrenten durchsetzen, nämlich Joseph Anton Moser 2 aus Fribourg.<br />
Während das Projekt von Moser e<strong>in</strong>e schwungvolle süddeutsche Prospektgestaltung<br />
vorsah, fand <strong>in</strong> <strong>Köniz</strong> die konservativ-barocke Ausführung Bossarts offensichtlich<br />
mehr Anklang. Typisch für diese konservative Richtung ist auch <strong>der</strong> Mittelteil des<br />
Prospektes mit se<strong>in</strong>em frühbarocken Spitzturm, wogegen zu dieser Zeit bereits<br />
Rundtürme o<strong>der</strong> noch flachere Grundrisse bevorzugt wurden. Auch die stark<br />
glie<strong>der</strong>nden Gesimse verlaufen horizontal, während sie bei Moser und an<strong>der</strong>n<br />
Meistern dieser Zeit e<strong>in</strong>en schwungvollen Aspekt erhielten. Ausdruck e<strong>in</strong>es<br />
hochstehenden, wenn auch damals bereits vergangenen <strong>St</strong>ils s<strong>in</strong>d die prächtigen<br />
Schnitzereien, die wohl aus e<strong>in</strong>er Innerschweizer Schnitzer- und Vergol<strong>der</strong>werkstatt<br />
stammen. Solche raumfüllende Verzierungen knüpfen an die Ausstattungstradition<br />
katholischer Kloster- und Pfarrkirchen an, wie sie die Bossarts im barocken <strong>Orgel</strong>bau<br />
<strong>der</strong> Schweiz beson<strong>der</strong>s grossartig repräsentierten. In <strong>Köniz</strong> musste <strong>der</strong> <strong>Orgel</strong>bauer<br />
die Decke über <strong>der</strong> Empore sogar etwas ausschneiden und e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es<br />
Zusatzgewölbe e<strong>in</strong>setzen, um diese Verzierungen platzieren zu können.<br />
Reparaturen erfolgten 1816, 1831, 1864 und 1885. In den 1890er Jahren plante man<br />
e<strong>in</strong>e Versetzung <strong>der</strong> <strong>Orgel</strong> <strong>in</strong> den Chor, wobei das von Bossart angebrachte Loch <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> spätgotischen Decke rückgängig gemacht werden sollte. Wegen <strong>der</strong> hohen<br />
Kosten wurde die Frage nach e<strong>in</strong>er Umplatzierung o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>em Neubau <strong>der</strong> <strong>Orgel</strong><br />
wie<strong>der</strong> fallen gelassen. 1927 – gerade, als die ersten Botschaften <strong>der</strong> deutschen<br />
<strong>Orgel</strong>bewegung <strong>in</strong>s Land drangen – plante man e<strong>in</strong>en Umbau durch die Firma<br />
Tschanun, Genf, wobei man immerh<strong>in</strong> den Wert des historischen Materials zu<br />
2 Joseph Anton Moser (1731–1792), geboren <strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>helfenschwil SG, war <strong>der</strong> Vater des berühmten<br />
<strong>Orgel</strong>bauers Alois Mo(o)ser (1770–1839).<br />
Josef Bossart (1665–1748)<br />
Baden (1711), <strong>St</strong>. Urban (1721)<br />
Victor Ferd<strong>in</strong>and Bossart (1699–1772)<br />
Berner Münster (1751)<br />
<strong>St</strong>. Oswald Zug (1760)<br />
Chororgel Kloster E<strong>in</strong>siedeln (1754)<br />
<strong>St</strong>iftskirche Schönenwerd (1760)<br />
Chororgel Kathedrale <strong>St</strong>. Gallen (1768)<br />
Karl Josef Maria Bossart (1736–1795)<br />
Franz Joseph Remigius Bossart d. J. (1777–1853)<br />
1844 Betrieb aufgegeben<br />
vgl. Bullet<strong>in</strong> <strong>OFSG</strong> 13, Nr. 3, 1995, Seite 39<br />
Bullet<strong>in</strong> <strong>OFSG</strong> 24, Nr.3, 2006