INTERVIEW ~ NAZARETHÜber vierzig Jahre dabei und kein Ende in Sicht. DanMcCafferty, Sänger von NAZARETH, ist nach wievor nicht müde. Kaum hat der Schotte ein wenig Freizeit,zieht es ihn sofort wieder auf die Bühne.Text: Jenny Bombeck | Foto: NazarethSie sind Rocklegenden und werden vor allem für ihre Balladenvon der weiblichen Fraktion heiß geliebt. Das hat sichseit den Siebziger Jahren bis heute nicht geändert. Und auchwenn die Herren so langsam aber sicher in die Jahre kommenund die grauen Haare sprießen, heißt das für Dan McCaffertyund seine Jungs noch lange nicht, dass sie mit ihrem Hintern zuHause bleiben. Nazareth lieben das Gefühl, auf Tour zu sein unddie Welt zu bereisen.„Wir haben gerade erst ein paar Gigs in Brasilien gespielt.Das war eine tolle Zeit. Wir hatten schönes Wetter und die Leutehaben gut mit uns abgerockt“, erzählt der Mann mit dem starkschottischen Akzent.Und auch schon ein paar Tage nach dem Interview soll eineTour die Alt-Rocker ins ferne Kanada führen. Das bedeutet vielStress für die Band, aber gerade für Dan sei das sein persönlicherJungbrunnen. Erholung findet der Sänger hingegen bei sich zuHause in Schottland, wo er sich zusammen mit seiner Familievon den Strapazen des Musikerlebens erholt.„Nach einiger Zeit freue ich mich richtig auf mein Zuhause inSchottland. Hier führe ich ein ganz normales Familienleben. Ichhöre Musik und bin mit meinen Lieben zusammen“, schwärmtder Frontmann.Müde werden Nazareth nicht und so stehen schon die nächstenPläne für die Zukunft an. Erst kürzlich schmissen die HerrenUNKAPUTTBAR!Seite 22eine umfangreiche Best-Of-Kompilation auf den Markt. Diesebietet eine ausgewogene Mischung aus den so geliebten Balladenund den „bösen“ Rocknummer. Entwaffnend ehrlich gibtDan hingegen zu, dass sie als Band nichts mit der Auswahl derSongs zu tun hatten. So erzählt der Schotte:„Wir waren an diesem Prozess nicht großartig beteiligt. UnserLabel hat sich darum gekümmert. Aber dafür arbeiten wir schonfleißig an neuen Songs für ein Album, das wir hoffentlich imnächsten Jahr veröffentlichen können.“Auf ihrem Ruhm ruhen sich Nazareth wahrlich nicht aus,denn erst 2008 kam mit „The Newz“ ein neuer Silberling aufden Markt. Wie die neuen Tracks klingen werden, wollte uns dereinstige Frauenschwarm nicht verraten, aber sie werden wohlunverkennbar nach Nazareth klingen, auch wenn die Band sichnicht davor scheue, neue Einflüsse in ihre Musik zu integrieren.„Ich bin ein musikinteressierter Mensch und höre auch gerneneuere Rock-Bands. Die Musik, die ich privat höre, beeinflusstnatürlich mein Songwriting. Wir sind zwar schon so einige Jahreim Geschäft, aber haben immer noch Spaß daran, neue Songs zuschreiben“, schwärmt Dan.Auf die nächsten 40 JahreSo kann man nachvollziehen, dass der Mann wie aus der Pistolegeschossen die Frage beantwortet, ob er etwas aus seinerKarriere bereue:„Nein. Und mit dieser Einstellung kann ich auch die nächstenfast vierzig Jahre im Geschäft glücklich überleben, haha. Wennich ein paar Tage frei habe, zieht es mich schon wieder auf dieBühne. Wir haben damals als Cover-Band begonnen und andereGrößen gecovert und nun werden unsere Songs von Cover-Bands gespielt. Das ist immer noch ein verrücktes Gefühl, wennman darüber nachdenkt“, zeigt sich Dan fast schon ungläubigüber den eigenen Erfolg der Band, die seit 1968 aktiv ist.www.nazarethdirect.co.uk
Zur Hölle und zurückEr hatte alles wovon junge Musiker heute träumen,doch für ihn entwickelte es sich zunehmend zur Hölle:Als Frontmann der Achtziger-Band Foreignerfüllte er ganze Stadien, heute ist LOU GRAMM nurnoch auf Solopfaden unterwegs. Nach überstandenerKrankheit freut sich der Sänger nun wieder darauf,Musik machen zu können.Seite 23INTERVIEW ~ LOU GRAMMText: Dorian Gorr | Fotos: Frontiers Records & Scott HamiltonEs war Anfang der Neunziger, als es ihn traf wie ein Schlag.Lou Gramms Stimme klingt noch heute gezeichnet und geknickt,aber auch reuevoll, wenn er an die Vergangenheit zurückdenkt.„Ich hatte meine Ehe ruiniert, ich lebte nur auf einem schnellenTrip, umgeben von Drogen, Frauen und jeder Menge Alkohol.Es stürzte mich in den Abgrund. Selbst die unzähligen Leute,die vor der Bühne standen und mir applaudierten, konntendie Löcher in mir nicht mehr füllen und sobald ich nicht auf derBühne stand, wollte ich eigentlich nur sterben“, berichtet Louvon der Kehrseite des Rockstar-Lebens.Erlösung fand er in Gott. Lou Gramm ist neugeborener Christund reiht sich damit nahtlos ein in eine Reihe von Profimusikern,die nach dem schillernden Rockstar-Leben auf Abstinenz undGott schwören, statt auf Pillen und Alkohol.Doch es dauerte nur kurze Zeit ehe sein Glaube aufs Neueerschüttert wurde: Mitte der Neunziger wurde bei Lou Grammein Tumor entdeckt.„Es war eine schwere Zeit“, schluckt Lou noch heute. DerTumor beeinträchtigte unter anderem seine Sehnerven und warschon so weit gewuchert, dass ihm die behandelnden Ärzte nureine minimale Chance gaben, den Eingriff zu überleben.„Ich sah eines Abends eine Dokumentation über einen neuenSpezialisten auf diesem Gebiet, der mit fortschrittlicher Laser-Technik arbeitete. Am nächsten morgen rief ich ihn an und wirvereinbarten einen Termin. Er konnte den Tumor tatsächlich entfernenund ich überlebte den Eingriff“, erzählt Lou.Doch damit war die Pechsträhne des Sängers, der sich mitSongs wie „Juke Box Hero“, „Urgent“ oder „Cold As Ice“ unsterblichmachte, noch nicht zu Ende.„Die Nachwirkungen meiner Krankheit waren enorm. AufGrund der Medikamente, die ich nehmen musste, quoll meinKörper auf. Ich wurde richtig fett, mein Kopf litt unter den Nachwirkungender Operation und schwoll an. Ich schlief mehrfacham Steuer ein, Leute mussten meinetwegen ins Krankenhaus,weil mein Wagen auf die Gegenfahrbahn steuerte, bis man mirschließlich meinen Führerschein wegnahm.“Zu allem Überdruss verließ ihn schließlich noch seine Frau.„Ich kam eines Abends nach Hause und mein Haus stand leer.Sie war fort und hatte unsere beiden Kinder mitgenommen. Siesagte mir, ich sei nicht mehr der Mann, in den sie sich damalsverliebt hätte“, klingt es noch heute enttäuscht aus dem Hörer.„Natürlich war ich nicht mehr derselbe, ich hatte einen lebensgefährlichenTumor entfernt bekommen.“Erneut stand Lou am Abgrund, doch sein Glaube ließ ihn nichtim Stich.„Mir war klar, dass das nicht alles ohne Grundpassiert. Manchmal zweifelte ich, wie Gott mir dasantun kann, doch ich machte mir klar, dass ich fürmein Leben kämpfen müsse. Mein Arzt sagte mirdamals, dass keine Chance bestehe, dass ich jemalsanders aussehen würde, doch das akzeptierte ichnicht als Antwort“, zeigt Lou Entschlossenheit.Eine ausgewogene Ernährung und fünf Trainingseinheitenpro Woche machten es schließlichmöglich. Heute fühle er sich wieder wohl in seinemKörper. Und was ihm fast noch wichtiger ist:Entgegen erster Prognosen ist Lou Gramm heutewieder in der Lage, Musik zu machen.„Die Chancen standen damals keinesfalls gut, davieles von meinem Hirntumor in Mitleidenschaftgezogen wurde, deswegen bin ich sehr stolz darauf,dass ich innerhalb der vergangenen zwei Jahreein Album komponieren konnte“, schallt es nunmerklich freudiger aus dem Hörer.Gemeinsam mit seinen Brüdern Richard undBen sowie dem Keyboard Andy Knoll und GitarristDon Manusco zelebriert Lou Gramm auf demselbstbetitelten Soloalbum seine Rückkehr in dieRock-Musik.www.lougramm.com