LIVE - DEVIL SIDE FESTIVALDEVILSIDE FESTIVAL(MOTÖRHEAD + CLAWFINGER + SOULFLY + SEPUL-TURA + BLOODHOUND GANG + THE BONES + MIS-FITS + DISCIPLINE + SODOM + CRO MAGS + HAM-MERHEAD + DISCO ENSEMBLE + MILLENCOLIN +ELVIS JACKSON + ALL SHALL PERISH + NEAERA +PETER PAN SPEEDROCK + THE CARBURETORS + AN-THRAX + HATESPHERE + KAMIKAZE QUEENS)28. Juni - Duisburg, LandschaftsparkText: Dorian Gorr | Fotos: Fotoarchiv auf www.metal-mirror.deDen Veranstaltern ist ein geschickter Schachzug für das ersteDevilside Festival gelungen. Um bereits zu früher StundeBesucher zur Festival-Area zu locken, hat man kurzerhand Anthraxangeheuert, die für regen Besucheransturm sorgen nachdemKAMIKAZE QUEENS und HATESPHERE das eherüberflüssige Frühstücksprogramm durchgezogen haben.ANTHRAX werden hingegen gefeiert wie der große Headliner.Und das zurecht: Alle Zweifel, dass es Dan Nelson amGesang nicht so bringen würde, sind nach Sekunden verflogen.Ohne jede spürbare Nervosität oder Lampenfieber veredelt derMann mit der Mähne Songs wie „I Am The Law“ perfekt. Hinzukommt, dass Anthrax einen großartigen Sound im Nacken habenund Rampensau Scott Ian wie von der Tarantel gestochen überdie Bühne hüpft. Ein perfekter Einstieg in einen Festival-Tag,auch wenn sich bereits zu dem Zeitpunkt andeutet, dass die Sichtauf die Bühne bei dem unebenen, wenn auch malerisch gelegenenGelände, alles andere als optimal ist.Anschließend geht es direkt auf der zweiten Bühne, der „DevilStage“, weiter. Das Konzept, dass an beiden Enden des länglichenGeländes jeweils eine Bühne steht, auf denen immer abwechselndMusik läuft, ist durchaus angenehm. Die nervigenWartezeiten, die man sonst verbringen muss, fallen dadurchSeite 88Zu routiniert: Motörheadnämlich weg und die besonders gemütlichen Besucher in derMitte brauchen sich bestenfalls nur kurz umdrehen.THE CARBURETORS heißt die Truppe, die es sich anschließendzur Aufgabe gemacht hat, für ordentliches Rock‘n‘Roll-Feeling zu sorgen. Und auch wenn natürlich nicht ansatzweiseso viel Stimmung herrscht wie bei Anthrax, kann die Band überzeugen.Gute Laune macht vor allem die Tatsache, dass auch beiden Rockern aus dem Norden ein toller Sound vor der Bühneherrscht.Gegenüber geht es anschließend sehr viel schneller und zügelloserzu. PETER PAN SPEEDROCK stehen bereit und könnenauf eine vergleichsweise große Fangemeinde blicken, die jedochnicht davon ablenkt, dass das Dargebotene der Band nicht zwingendeinen Platz im Rock-Olymp sichern wird.Nach rockiger Zügellosigkeit gibt es das bisher härteste Programmauf die Ohren. NEAERA aus dem nahen Münster, diefür die kurzfristig abgesprungenen Five Finger Death Puncheinspringen, brettern Death <strong>Metal</strong> in Hochgeschwindigkeit indie Menge, können dabei aber noch nicht die von ihnen selbstgewünschten Resonanzen einsacken. Die penetrant wirkendenVersuche von Sänger Benny, das Publikum zu mehr Action motivieren,wirken etwas hilflos. Nächstes Mal einfach bedenken,dass es noch früh am morgen ist und lieber die Musik sprechenlassen. Songs wie „Prey To Anguish“ wissen nämlich eher zugefallen. Wer braucht da schon Circle-Pits zum Frühstück?ALL SHALL PERISH machen hasserfüllt, laut und brutalweiter. Und auch diese Truppe aus den USA weiß durch denknackigen Sound zu punkten, verliert aber massive Sympathiepunktedurch die Publikumsbeschimpfung seitens des Sängers.Weniger Freunde machen sich – jedoch nur musikalisch – EL-VIS JACKSON. Für ein Festival von diesem Härtegrad scheintdiese Truppe, die munter, fröhlich und durchaus sympathischRock, Ska, Punk und Hardcore mischt, absolut deplatziert, zumaldie Reggae-Jams zwischendurch keinesfalls für erhöhteAufmerksamkeit vor der Bühne sorgen.
LIVE - DEVIL SIDE FESTIVALGanz anders MILLENCOLIN. Die schwedische Skate-Punk-Band hat eine Heerschar Fans dabei, welche die Band abfeiernund dabei außer Acht lassen, dass viele der mehrstimmig gesungenenPassagen schief klingen. Die Hits der Band, wie „NoCigar“ entschuldigen das jedoch sowieso. Hinzu kommt, dassdie Band durch ihre Versuche, ein paar Brocken auf Deutsch zusprechen, zusätzliche Sympathie-Punkte bekommt und die Lacherauf ihrer Seite hat.Auf der „Devil Stage“ geht es hingegen belanglos weiter mitDISCO ENSEMBLE. Nicht ganz so skurril wie ihr Name mutetder dargebotene Mix aus Punk, Hardcore und Indie-Rock an,der zwar die wenigen scheinbar Mitgereisten erfreut, den Großteildes Publikums jedoch zu den Bierständen treibt.HAMMERHEAD poltern daraufhin aus den Boxen und gebensich ihrem aggressiven, bewusst primitiven Hardcore hin,der die stark vorhandenen Punk-Einflüsse dieser Musikrichtungzur Geltung bringt. Fronter Tobias Scheiße (ja, so nennt er sichwirklich) lässt zwar heute die übermäßig kontroversen Sticheleien,die der Band in früheren Zeiten Auftrittsverbote bescherten,sehr viel ruhiger ist sein Gebrüll jedoch nicht, so dass tatsächlichetwas Bewegung vor der Bühne aufkommt.Anschließend treffen alle Hardcore-Bands ihre Meister. CROMAGS zählen unbestritten zu den einflussreichsten Pionierender New Yorker Hardcore-Szene. Und auch wenn die Show, welcheeinem diese Recken präsentieren, einen kleinen Schub mehrAggression vertragen könnte, kriegt man eine grobe Vorstellungdavon, dass die Truppe heute die Szene anführen könnte, wennsie sich im Laufe ihrer Karriere nicht so oft aufgelöst hätte.SODOM haben beinahe ein Heimspiel. Und Tom Angelripperhat selbst gute Laune, schließlich könne er nachher mit „einemBier in der Kralle Motörhead gucken“. Doch auch die Show derUr-Thrasher ist keinesfalls zu verachten, wenn auch zu kurz. Angefangenmit „Napalm In The Morning“ und „Obsessed By Cruelty“startet die Kuttenparty gewohnt intensiv. Der zwischengeschobene„Surfin‘ Bird“ und der selten gespielte „Blasphemer“von der ersten EP „In The Sign Of Evil“ erfreuen die Fanszusätzlich. Schade ist nur, dass der Sound wahnsinnig klirrendund matschig wirkt, auch wenn einen der Abschluss mit „AgentOrange“ und „Remember The Fallen“ versöhnlich stimmt.Gegen so viel Thrash-Power haben DISCIPLINE eigentlichnichts entgegen zu setzen. Zwar hat die Hardcore-Band aus denNiederlanden den besseren Sound, aber im direkten Vergleichtrumpft die Truppe keinesfalls auf.Anders sieht das bei den MISFITS aus, denen immerhin eingewaltiger Kult-Faktor dazu verhilft, dass sich viele Festivalbesuchervor die Bühne verirren. Und es lohnt sich, denn dasTrio versorgt einen nicht nur mit ulkigen Stageoutfits und -Frisuren,sondern hat auch den Rock‘n‘Roll gepachtet. Die lässigen„1-2-3-4“-Ansagen erinnern an die Ramones, die Songs sindähnlich simpel gestrickt und als schließlich „Last Caress“ undnatürlich „Die, Die My Darling“ das Set beenden, ist klar: dieMisfits haben es auch nach dreißig Jahren und zahllosen Line-Up-Wechseln drauf.Gleiches gilt für THE BONES. Die schwedischen Vollblut-Rocker leiden zwar unter einem recht dünnen Sound, der unterden Stimmen von Boner und Beef Bonanza untergeht, aber dennochherrscht ordentliche Partystimmung.Die härtere Portion <strong>Metal</strong> gibt es anschließend von SEPUL-TURA serviert. Dabei überzeugt vor allem Energiebündel DerrickGreen, der nicht nur seine Lunge kaputt schreit, sondernzwischendurch auch selbst zu den Trommeln greift. Gespieltwerden außerdem unsterbliche Klassiker aus der Diskographieder <strong>Metal</strong>-Legende, unter anderem „Troops Of Doom“, „Refuse,Resist“ und „Roots Bloody Roots“ sowie neuere Songs derSeite 89Heimspiel für SODOMMarke „We‘ve Lost You All“.Es folgt das Party-Highlight: Nie war musikalisch offenund absichtlich ausgelebter Dilettantismus schöner als mit derBLOODHOUND GANG. Die Amis, die kein Problem damithaben, zwei Songs während eines Sets neu zu beginnen, weilirgendwer Mist gebaut hat, treffen mit ihrer Mischung aus Pop,Rock, Crossover und Punk auf massive Gegenliebe bei jedem.Und ein Wunder ist das nicht, denn das Set ist gespickt mit absolutenKrachern. Abgesehen von dem belanglosen Intro folgtHit auf Hit: „I Hope You Die“, „Along Comes Mary“, „The BadTouch“, „Kiss Me Where It Smells Funny“, „Fire Water Burn“und „The Ballad Of Chasey Lane“ reihen sich nacheinander undwerden von tausenden Besuchern laut mitgegrölt. Der zusätzlicheSchabernack, wie das ewige Rumgespucke, die Striptease-Pinkelspiele und Evil Jareds Gehversuche im Deutsch-Vokabularfür Rocker, sorgt – zumindest bei vielen – für das zusätzlicheAmüsement. Nötig hat die Band es allerdings nicht, ihre ohrwurmträchtigenKiller-Songs reichen eigentlich vollkommen.Von denen könnten CLAWFINGER ein paar mehr vertragen.Der Anfang ist mit Songs wie „Nothing Going On“ noch geschicktgewählt, aber zwischendurch verliert sich Fronter Zak inden ewigen Versuchen, das Publikum mit einzubinden, klettertunnötigerweise das Gerüst hoch und vernachlässigt die Hits, dieerst gegen Ende mit „Nigger“, „The Truth“ und „When I GrowUp“ wieder Einzug in das Set erhalten.SOULFLY sehen sich hingegen mit dem Problem konfrontiert,dass Sepultura ihnen bereits Teile des üblichen Programmsvorweg genommen haben. Das stört Max Cavalera jedoch keinesfalls,so dass es zum zweiten Mal an diesem Tag „Refuse, Resist“und „Roots Bloody Roots“ zu hören gibt. Notwendig wäredas nicht, denn die eigenen Songs, wie „Seek‘n‘Strike“ oder„Primitive“ können ebenfalls überzeugen, zumal Max dabeiimposant seine Dreadlock-Mähne durchwirbelt und die Tribal-Trommeln auspackt.