DAS LEBEN IST SCHÖNInhaltEnde der 30er Jahre in Italien.Auch vor der sonnigen ländlichenToskana haben Faschismus und Antisemitismusnicht halt gemacht. Guido, einJude, und Dora erleben eine wunderbareRomanze voller komischer Ereignisse undzufälligen Begegnungen.Die Tragödie nimmt ihren Lauf als Guidound ihr gemeinsamer Sohn Giosuè deportiertwerden. Aus Liebe geht die Nicht-JüdinDora mit ins Konzentrationslager. Guidowill seinem Sohn die schrecklicheWahrheit ersparen und gaukelt ihm vor,sie spielten das „große Spiel“. Damit willer, obwohl von Angst erfüllt und erschöpft,Giosuè den Glauben erhalten, dass das<strong>Leben</strong> schön <strong>ist</strong>.Die vier Motive und die RealitätTrägt man die vielfältigen Motive,Symbole und Elemente dieses Filmszusammen, ergibt sich aus der scheinbarbunten Mischung von komischen,grotesken und tragischen Elementeneine logische Struktur, oder genauer,vier rote Fäden, denen die Erzählungfolgt und die der Handlung Spannungverleihen: die Motive.Das Märchen-MotivDas Märchen-Motiv, das sich stellenweiseauch als Doras Motiv bezeichnenlässt, da viele wundersame Ereignisseund Zufälle mit ihrer Person, dieGuido liebevoll „seine Prinzessin“ nennt,verbunden sind, <strong>ist</strong> eines der wichtigstenMotive. Dazu gehören auch alljene Handlungsstränge, die dem Schopenhauer-Mottovon der Kraft desWillens zuzuordnen sind. Märchentypisch<strong>ist</strong> zudem die Überwindungvon Hindernissen, das Stellen und Erfüllenvon Bedingungen, wie es für„das große Spiel“ elementar <strong>ist</strong>.Das Gewächshaus, als „schöner Ort“,gehört ebenfalls zum Märchen-Motiv.Es hat die Funktion des Paradiesgartensund damit eine wesentliche dramaturgischeFunktion, da in ihmder erste große Zeitsprung innerhalbdes Fortgangs der Geschichte vollzogenwird.Das Chaos-MotivDas Chaos Motiv übernimmt diverseFunktionen im Film. Es sorgt für Tempound bietet Benigni die Gelegenheit,den Faschismus komisch, stellenweiseslapstickhaft, grotesk oder paradoxdarzustellen.Verschiedene Eier und ein Hut spieleneine wichtige Rolle. Sie dienen Benigni4 ... Film-Heft
dazu, sich recht drastisch über zweiFasch<strong>ist</strong>en lustig zu machen.Rodolfo,als Vertreter der Staatsmacht in derörtlichen Präfektur, wird grundsätzlichdurch ein Ei der Lächerlichkeit preisgegeben.Nicht umsonst tituliert Guidoihn mit „der Blödmann mit dem Ei“.Eine Steigerung findet dieses Motivdurch einen Blumentopf, der Rodolfounbeabsichtigt am Kopf trifft – nachdemer sich Guido gegenüber arrogantbenommen hat. Der Hut spielt im Zusammentreffenvon Guido mit demPolsterer, einem im Grunde unbedeutendenMitläufer, eine Rolle.Das Rätsel–MotivDas Rätsel-Motiv verbindet sich mitder Person des KZ-Arztes Dr. Lessing.Es <strong>ist</strong> einerseits Ausdruck einer Hoffnungauf Rettung durch diesen imGe<strong>ist</strong>e der deutschen Aufklärung hochgebildeten Mann. Sein Umgang mitGuido erscheint fast freundschaftlich.Die Rätsel, die beide miteinander austauschen,wecken intellektuelle Neugier.Der Mann selbst bleibt dabei einRätsel, sorgt damit für Spannung,weil niemand einschätzen kann, wieer sich entscheiden wird. Er verkörpertdie größte Hoffnung, die einemgewissen Realismus entspringt, da esin seiner Macht stünde, Guido undseine Familie zu retten.Lessing <strong>ist</strong> aber zugleich das Ende derIllusion, im KZ könnte es auf Seitender Mächtigen Menschlichkeit geben.Das Giosuè–MotivDas Giosuè-Motiv stellt die Unschulddar. Der kleine Giosuè bildet den Kontrastzum Grauen des Lagers besondersdeutlich. Durch ihn wird der menschenverachtendeWahnsinn schmerzhaftbewusst.Mit Giosuès Person verbinden sich Attributewie der Spielzeugpanzer, diekindliche Lust am Spiel, insbesonderedaran, sich zu verstecken – das Schränkchenübernimmt in diesem Zusammenhangdie zentrale Aufgabe seinerRettung. Ein anderes Mal rettet ihnseine Unlust sich zu waschen.Pinocchio, den er selbst gebastelt hat,stellt die Frage nach dem Verhältniszur Wahrheit, wer lügt, bekommt eineebenso lange Nase wie dieser lustigeGeselle. Giosuès Intuition bringt ihnder Erkenntnis über die Wahrheit sehrnah, die hinter dem Spiel steckt, indas Guido ihn zu seinem Schutz verwickelt.Das Pferd des Onkels, ein weißerSchimmel mit dem Namen „RobinHood“(!) gehört ebenfalls zum Giosuè-Motiv. Es symbolisiert die Freiheit. Estritt zwar nicht oft, aber doch an entscheidendenStellen in Erscheinung,markiert den Aufbruch in einen anderen<strong>Leben</strong>sabschnitt der Protagon<strong>ist</strong>en.Das Real<strong>ist</strong>ischeDas Real<strong>ist</strong>ische erscheint in den Sequenzenbis zur Deportation ins KZeher als Stichwortgeber beispielsweisefür Parodien. Im Konzentrationslagererhält es jedoch seinen eigenenStellenwert und führt zu der Tragik indiesem Film. Das Real<strong>ist</strong>ische dokumentiertnicht, es wird verfremdet.Diese Verfremdung jedoch stellt dasGrauen, das dahinter in seinem ganzenAusmaß für Menschen, die esnicht erlebt haben, nur zu ahnen <strong>ist</strong>,nicht in Abrede. Es verharmlost dasGrauen nicht. Benigni hat schließlichnicht den Anspruch erhoben, zu dokumentieren.Film-Heft ... 5