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Dowload - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

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VON DEN UNMÖGLICHKElTEN DES VERURSACHERPRINZIPSlücken undTückent=r~nz SchondlMit dem Verursacherprinzipwird diekapitalistische Logik nichtangezweifelt oder gargedanklich durchbrochen,sie wird vielmehrweitergedacht. Mit ihmwerden obiektiv nichtprimär die ökologischenSchäden und ihre<strong>gesellschaft</strong>lichenGrundlagen kritisiert,sondern deren teilweiseAusgeschlossenheit ausden Kriterien des Wertes.In der neueren ökologischen Diskussiongeht es darum, bestimmten, noch freien GüternSchutz zu gewähren. Sie sollen einenWert erhalten. Gefragt ist nicht der Gebrauchswert,sondern primär der Tauschwert:"Bekommt die Umweltnutzung einenPreis, wird ein homo oeconomicus die Umweltnur insoweit belasten, als sein Nutzenaus der Umweltbelastung die Kosten übersteigt.Verleiht die Rechtsordnung der Umwelteinen Preis, wird der Markt auch beiUmweltgütern optimale Ressourcenallokationanstreben. Mit anderen Worten: dafürsorgen, daß Umweltgüter nicht verschwen- .det werden." (I) Die Zauberformel ist also dieVerpreisung der Umwelt. Man hängt neuerlichder Illusion nach, daß der Tauschwertden Gebrauchswert schützt.Als konzentrierter Ausdruck dieser Überlegungenmuß das Verursacherprinzip gel-ten. Im Umweltmanifest des "ForumsÖsterreichischer Wissenschaftler für U m­weltschutz" heißt es dazu: "Im Sinne derVerantwortungsethik ist jeder Verursachervon Gesundheits- und Ökosystem-Schädenkonsequent und im allgemeinsten Sinn zurVerantwortung zu ziehen. Die Beweislast hatder Verursacher zu tragen. Zur Haftung fürUmweltschäden ist kein strenger naturwissenschaftlicherKausalitätsnachweis notwendig.Bei auftretenden Schäden genügt einwissenschaftlich begründeter Verdacht. Derin Verdacht geratene Verursacher hat seineUnschuld zu beweisen. ( ... ) So müssen etwadie Kosten einer restlosen Schadensbehebungin die Wirtschaftsrechnung der Umweltbeeinträchtigereinbezogen, d. h. ,internalisiert'werden. Die Einbeziehung dieserKosten in die jeweilige Wirtschaftsrechnungsoll bewirken, daß marktwirtschaftlicheKräfte zum Schutz der Umwelt mobilisiertwerden. "(2) Und Michael Cerveny schreibt:. "Die Forderung lautet ganz einfach: Kosteninternalisierungals Antwort auf diepraktizierte Kostenexternalisierung! Alle externenEffekte sollten ihrem Verursacher angelastetwerden, der damit gezwungen wird,alle seine Folgekosten auch selbst zu tragen.Die Sozial kosten würden dann von jedemUnternehmen aus Eigeninteresse minimiertund die Umweltzerstörung verringert werden."(.1)Die Tücken •••Was so einfach klingt, kennt zahlreicheTücken. Tücken, von denen wir meinen,daß sie das ganze Verursacherprinzip selbstimmanent ad absurdum führen. Der Tatbestanderscheint vorerst einmal relativ banal:"Die Minimierung des Kostenfaktors Produktionsmittelbedeutet parallel dazu denRaubbau an den ergiebigsten Quellen derNatur, die Nichtberücksichtigung der Folgekosteneiner Produktion durch Luft- undGewässerverschmutzung, die Untergrablmgder Bodenfruchtbarkeit, die eskalierendeRisiko Ges.m.b.H.Störung des Haushalts der Natur. Dabeinutzt das Kapital jede Möglichkeit, die sichbietet, Naturkräfte wie Wasser und Luftmöglichst gratis zu nutzen und zugleich dieanfallenden, theoretisch ebenfalls als Kostenkalkulierbaren Folgekosten, woandershin(z.B. Politik der hohen Schornsteine) oder inzukünftige Zeiträume (z.B. Politik derwilden Giftmülldeponien oder der sogenannten"Endlagerung" von atomaren Produktionsresten)zu verlagern." (4)Was folgt nun aus dieser richtigen Beschreibung,aus der Basiserkenntnis, die bezüglichder sozialen und ökologischen Folge-, kosten lautet, daß Gewinne privatisiert undVerluste sozialisiert werden? Die Folgerung,die die Vertreter des Verursacherprinzips ausdiesem konstatierten Ungleichgewicht ziehen,ist, daß es neben den Gewinnen auchdie Verluste zu privatisieren gelte. Vorausgesetzt,das Verursacherprinzip würde wie seinegrundgelegten Modelle "funktionieren ",hieße es nichts 'anderes, als daß es die prinzipiellvon ihr unterstützte Marktwirtschaftdurch individuelle Schadenshaftungen undBürokratisierungsaufwände ruinieren würde.Die Profitrate würde unter solchen Bedingungengegen Null tendieren. Eine Prüfungaufs Exempel scheitert freilich schon aus anderenGründen.Eine prinzipielle Kritik des Verursacherprinzips,die aber gänzlich unabhängig vonder Qualität empirischer Einwände vorzutragenwäre, müßte an der negativen Ver<strong>gesellschaft</strong>ungansetzen und sich gegen jede Privatisierungaussprechen. Kritisiert werdensollte nicht, daß die Allgemeinheit den Schadendavonträgt, sondern daß Schaden undNutzen außerhai b <strong>gesellschaft</strong>licher E ntscheidungensich als blindes Gesetz vollziehen.Worauf heute niemand kommt, ist, daßman die von den Vertretern des Verursacherprinzipsgegebene Antwort auch umdrehenkönnte, was dann bedeuten würde, daß nebenden Verlusten eben auch die Gewinne,die dann keine Profite mehr sein könnten,zu ver<strong>gesellschaft</strong>en wären. Sozialisierungder Positiva, nicht Privatisierung der Negativa,hieße das.Das Verursacherprinzip unterstellt schonvom Ausdruck her, daß die Verursachungeben keine <strong>gesellschaft</strong>liche Angelegenheitist, sondern einer individuellen und willkürlichenVeranlassung oder Unterlassung folgt.Auch wenn man das Verursacherprinzip bloßals Denkmöglichkeit anerkennt, verbliebeda immer noch die viel grundlegendere Frage:Was verursacht die Verursacher zum verursachen?Welche Zustände bedingen dieinkriminierten Handlungen, welche Umständeerzwingen ein solches Verhalten.(1) M onika Gimpel-H interegge/; Braucht Österreich ei11UmweithaftgesetzP; in: Marlies Meyer (Hg.), Haftungund Pflichtversiche1"lmgfür Umweltschäden. Rfferateund Diskussionen VOJl einer Enquete der Grünen, Linz1991,8.20(2) Umweltmanijest. Unter Mitwirkung des "ForumsNr 3/94Österreichlscher Wlssenschaftlerfiir Umweltschutz". Zu- schaftsdiskussion, Graz 1985, S.35sammengesteilt VOti HaJls Peter Aubauer, Wien 0.1. (4) Thomas EbermaJ/1i/RaiJler Trampert, Die Zukullft(1987), S.ll der Grütlett. Eitl realistisches Konzept für eine radikale(3) Michael CeJ'Ve!lY, Alle Mühm umsonstP Strategien . PaJtei, Hamburg 1984, S.210-211gegen "Schlechter"; in: Gfonler Kreis (Hg.), Mehr seill,mehr wagen. Einstieg in die grüll-altemative Wirt-JURIDIKUM Seite 25

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