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Dowload - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

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"herbeigegutachtet". Über Unsicherheitenhilft man sich durch unverständliche Gutachtenssprache(Spezialität von technischenSachverständigen) oder bloße Behauptungen(Spezialität von medizinischen Sachverständigen)hinweg(Z2'.Wehe jedoch, wenn Sachverständige eswagen, zu zweifeln! Zweifelnde Sachverständigenwerden rasch als zweifelhafte Sachverständigeabgestempelt. Hingegen werdendie verzweifelnden Sachverständigen zurzweifelsfreien Begutachtung ermahnt. Werden Grenzwert nicht erkennen kann und"menschliche Unzulänglichkeit" eingesteht,wird konsequent als "Spielverderber" nichtmehr zur sachverständigen Begutachtungherangezogen. Solche Sachverständige verlierenihre Funktion als Mittel. Sie taugennicht einmal mehr als Beweismittel, denn siekönnen nichts mehr beweisen außer ihre"menschliche Unzulänglichkeit".V. Grenzwert undKulturschockNoch am Ende der Sechzigerjahre wurden"Gefahr" und "Risiko" für meßbar gehalten,und es wurde den staatlichen Behörden geraten,die Frage" Wie sicher ist sicher genug?"mit Hilfe der Ingenieur- und Naturwissenschaftenzu beantworten (l.lJ. Über dieprobabilistische Risikoanalyse sagte einer ihrer"Gurus": "The ultimate goal in the useof these methods should be to provide ameasureof risk of an activity that can beused in the regulatory process to provide as- .surance that an activity is acceptably safe. '«2.'Groß angelegte Studien über die richtige"Risikozahl ", den richtigen Grenzwert, folgtendieser Verheißung und prägten den Umgangmit dem Risiko großtechnischer Anlagenund Projekte(25'.Die Verheißung hat sich nicht erfüllt.Zunächst ist der technokratische Umgangmit dem Risiko an seine eigenen, technischenGrenzen gestoßen (z.B. Bhopal,Tschernobyl, Seveso). Vor allem aber ist dertechnokratische Umgang mit dem Risiko andemokratische und soziale Grenzen gestoßen(in Österreich z.B. Zwentendorf,Hainburg).Vor fast zehn Jahren erstattete der damaligeBundeskanzler, Dr. Sinowatz, dem Nationalrateinen Bericht über den Polizeieinsatzin der Hainburger Au und kündigte dieSuche nach einem neuen Grenzwert an:(22) Zur PhänomeNologie vgl. z.B. Zmkl, Die Zumutung.Über unerwünschte Wirkungen von Amtssachverständigen,in: Zmkl (Hg.), Umwelt- [md SozialverträglichkeitvonProjekten und Maßnahmm (1991) 84(23) Bahnbrech81ld z.B. Starr, Social B81lefit Ver:rusTechnological Risk, Sci81lce 1969 (Band 165) 1232(24) Rasmussm, The Application of Probabilistic RiskAssessment Techniques to Energy Techtlologies, AJlJlUalReview of Ellergy 1981 (Band 6) 123(25) Vgl. z.B. Gesellschaft für Reaktorsicherheit, "DeutscheRisikostudie Kemkraftwerke. Eine Unter:rztthzl1Ig zudem durch Stölfälle in Kemkraftwerk81l verUl:rachtenNr 3/94"Wir wollen tradierte Entscheidungsprozesseverändern und trachten, daß jenes Maß ansozialer Verträglichkeit erreicht werden kann,das eine Wiederholung der Vorgänge desvergangenen Dezember ausschließt" (2(".Auch wenn man den gesetzwidrigen Baubeginnfür das Donaukraftwerk Hainburg imJahr 1984 nicht allein auf ein Versagen deringenieur- und naturwissenschaftlichenGrenzwertgläubigkeit zurückführen kann, someinte man damals zweifellos, daß es ausreicht,wenn ein großtechnisches Projektden technischen Grenzwerten entspricht. Vielhat man indes in den vergangenen zehn Jahrennicht gefunden, auf der Suche nach demsozialen Grenzwert, also dem richtigen "Maßan sozialer Verträglichkeit". Als soziale Problemewerden Umweltprobleme nämlichnoch immer kaum erkannt, geschweige dennbehandelt.In der Risikoforschung wird seit einigerZeit versucht, zum sozialen Kern von Umweltproblemenvorzustoßen (27). "Wie fair istsicher genug?" lautet die Fragestellung derCultural Theory (2H), die davon ausgeht, daß"Gefahr", "Risiko" und "Stand der Technik"nichts Objektives sind, sondern das Ergebnisvon <strong>gesellschaft</strong>lichen Darstelllll1gs-,Lern- und Konsensprozessen: "Risk is acollective construct"(29,. Solange sich das Technik-,Planungs- und Umwelt<strong>recht</strong> der radikalenEinsicht verschließen, daß "Grenzwerte"nicht die angemessene Reaktion auf die vielfacheUnzufriedenheit mit der juristischenKonfljktregelung sind, werden die Rufenach weniger Umweltgesetzen (von der einenSeite) oder nach mehr Umweltgesetzen(von der anderen Seite) nicht verhallen.Das grenzwertlose Recht wird, unbelehrbarund unbeirrbar, zum wertlosen Recht.Der "Kulturschock" der Verdrossenheitmit Politik, Wirtschaft und Technik ist nurfür jene ein Zeichen des rien ne va plus, diein erster Linie im Ausgrenzen von anderenWeltbildern einen Wert erblicken. DasScheitern des Grenzwert-Konzepts war nichtdie Folge "menschlicher Unzulänglichkeit",sondern ein deutliches Lebenszeichenmenschlicher Zulänglichkeit.Ich danke Verena Madner und lVlaria Zenkl fürihre Anregungen und Bemerkullgell zu einer friiherellFassung dieses Textes.Univ.-Doz. Dr. Benjamin Davy ist im Studienjahr1994/95 "Joseph A. Schumpeter-Fellow" an derHarvard University (Cambridge USA).Risiko" (1980, 2. Auflage)(26) Wimer Zeitung, 24.1.1985 (meiue Heroolhebung)(27) Vgl. zur Eutwickluug z.B. die -untet:rchiedlichen­Beiträge iu Bethmatlll (Hg.), Risiko und Gesellschaft(1993)(28) Rayuer!Cautor, How Fair Js Safe El10ughP TheCultura! Approach to Societa! Techllology Choice, RiskAnalysis 1987 (Baud 7) 3(29) Bahubrechend Douglas/Wildavsky, Risk (md Cu/­ture. An Essay Oll the Selectiou of TechllOlogical audErlVironmelltal Daugers (1982)JURIDIKUMRisiko Ges.m.b.H.* Die Anleitung zuumweltfreundlichemProduzieren* Für Wirtschaftstreibendemit Interesse aneiner Umweltzeichenvergabe* Alle Informationenin einem Band124 Seiten, broschiertöS 258,- inkl. MWSt.Weitere Literatur zumThema Umwelt<strong>recht</strong>U mweltinformationsgesetz(UIG)Schober/LopauaKurzkommentar,72 Seiten,öS 248,- inkl. MWSt.mweltförderungsgesetzTrimmelTextausgabe mitumfangreichen Anmerkungen,134 Seiten, öS 228,- inkl.MW t.Edition Juristische LiteraturRennweg 12a, A-I037 WienTel.: (0222) 797 89IDW 295Fax: 797 89/455ÖSTERREICHISCHESTAATSDRUCKEREISeite 33

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