Risiko Ges.m.b.H.... ihre Gesetze erkennen und richtig anwenden zu können. Friedrich Engels 1883EINIGE BEMERKUNGEN ZUR BÜRGERPARTEIWem gehört dieUmwelt?Marlies MeyerDie Bürgerpartei ist dienotwendige Antwort aufdie weitreichenden Folgender Technik auf Menschund Umwelt, der darauserwachsenen Sensibilitätder Bevölkerung und demfolglich erhobenen Vorwurfan die Verwaltung,<strong>recht</strong>sbeugend und <strong>recht</strong>sverletzendzu entscheiden.Österreich wird ab 1. Juli 1994 eine Bürgerparteihaben. Korrekter und weniger I'nißverständlichausgedrückt: Die österreichischeRechtsordnung wird mit Inkrafttreten desU mwel tverträglichkei tsprüfungsgesetzes(UVP-G) um das Rechtsinstitut der Bürgerparteireicher sein. Das UVP-G gewährt Bürgerinitiativenim konzentrierten Genehmigungsverfahrenfür UVP-pflichtige Anlagenvolle ParteisteIlung samt Beschwerdelegitimationan die öffentlichen Gerichtshöfe.Mindestens 200 Personen, die in derStandortgemeinde oder den unmittelbar angrenzendenGemeinden für die Gemeinderatswahlenwahlbe<strong>recht</strong>igt sind, müssen sichzu einer gemeinsamen Stellungnahme zumVorhaben zusammenfinden, um "die Einhaltungvon Umweltschutzvorschriften als subjektivesRecht im Verfahren geltend" machenzu können, "Rechtsmittel" ergreifen zukönnen und "Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshofund Verfassungsgerichtshof"erheben zu können (§ 19 Abs. 4 UVPG). Bei Bundesstraßen und Hochleistungsstreckenkann die Bürgerpartei die Trassenverordnungenbeim VfGH anfechten (§ 24Abs.5 UVP-G) und in den (allfälligen) kumulativstattfindenden wasser-, naturschutzundeisenbahn<strong>recht</strong>lichen Bescheidverfahrendie ParteisteIlung zum Schutz der Umweltwahrnehmen (§ 24 Abs. 2 Z. 5 UVP-G)'I).Gerade noch <strong>recht</strong>zeitig vor dem zehnjährigenJubiläum der Ereignisse in derHainburger Au wurde damit auch vom Verfahrens<strong>recht</strong>die soziale Realität Bürgerinitiativeanerkannt. Erstmals offiziell vorgeschlagenwar die Bürgerpartei im Ministerialentwurfdes Bundeskanzleramts zur "Demokratisierungdes Verwaltungsverfahrens"im Jänner 1985 worden - und am 9. ÖSter7reich ischen J uristentag (1985) von derRechtswissenschaft äußerst kritisch beäugtund großteils abgelehnt. Die ParteisteIlungfür Bürgerinitiativen "sei über das Zielschießend". Im Gegensatz zur Organpartei,die auf die Gesetzmäßigkeit der Entscheidunghinwirke, könnte die Bürgerinitiative"nach Belieben die einen oder anderen Interessenverfolgen ", meinte für viele klayerund plädierte für den bloßen Beteiligtenstatus.'"In seinem Buch "Bürgerbeteiligungzwischen Rechtsstaat und Demokratie"kommentierte er das Festhalten an der Parteistellungfür Bürgerinitiativen in den entsprechendenRegierungsvorlagen 1987 und1988 I\) mit: "Offensichtlich völlig dem Mythosvon der Demokratisierung des Verwaltungsverfahrensverfallen, wird - wohl auchnoch unter dem Eindruck der Ereignissevon Hainburg - von einem verbreiteten Bedürfnisder Bürger nach Erlangung von Parteistellungim Verfahren zur Genehmigungvon Großprojekten ausgegangen. Mit de~ParteisteIlung wird zwar an ein zweifellosauch am demokratischen Gedanken orientiertesRechtsinstitut angeknüpft, aber einanderer wichtiger Aspekt übersehen: dieParteisteIlung dient vornehmlich der Durchsetzungindividueller Interessen, die von derRechtsordnung als subjektive Rechte anerkanntwerden.Die ParteisteIlung vermittelt also im Ergebnisnur die Möglichkeit, auf die subjektiveRechtmäßigkeit einer behördlichen EntscheidungEinfluß zu nehmen. Sie versagtaber gerade dort, wo vor allem ein legitimesBedürfnis nach demokratischer Partizipationbesteht, nämlich im Bereich legislativer Unbestimmtheit."H' In Zusammenhang mit derParteisteIlung für Umweltschutzorganisationenin der Regierungsvorlage 1991 sprach ervon einer "Verwilderung" des Rechtsschutzsystems.''>Schwarzer (Umweltpolitischer Referentder Bundeswirtschaftskammer) brachteeine Menge von Detaileinwänden vor wiedie Frage nach der Repräsentativität derBürgerinitiative für die Bevölkerung, dieWillensbildung und Vertretung der Bürgerparteiund den ungeklärten inhaltlichen Umfangder ParteisteIlung, um in letzter Konsequenzdas Institut des Umweltanwalts, alsoeine Organpartei, vorzuziehen."') In der Folgeund wohl auch aufgrund der kritischen(I) Die Reihte der Biirgerpartei silld damit lIitht absrh/i~ßellddargestel!t.(2) Heillz Mayeram Ö.IT 1985, Balld !l/2, Sml(3) 838,839,840,841 dBeil ill der 16. GP lIIJd 239,Seite 34240 ItIld 241 dBei! ill der 17. GP(4) Heillz Mayer, Biirgerbeteiliglillg zwischeJl RechtsstaatIIlId Demokratie (~988) 8,65(5) Heillz Mayer, Bemerkllllgm zum Elltwwf eillesJURIDIKUMUVP-G, ÖJZ 1990, S.385 (391)(6) Stephall Schwarzer, Pmbleme des Vetfah re/ls bei derGmehmigllJlg lllJlwe!tbe!astmder AJI!agm, ZjV 1987,S397 ff .Nr 3/94
Haltung andernorts, insbesondere in derVerwaltung, fand sich die Bürgerpartei inden weiteren offiziellen Entwürfen der Jahre1988/1989 und selbst in der Regierungsvorlagefür ein UVP-G und den Initiativanträgenfür die Bürgerbeteiligung l71 1991 nicht mehr,sondern wurde erst im Wege der parlamentarischenVerhandlungen wiederbelebt.Dieser seltene Lichtblick in der ansonstenstagnierenden bis rückschrittlichen Umweltgesetzgebungder 18. Gesetzgebungsperiodelöl ist die notwendige Antwort auf dieweitreichenden Folgen der Technik aufMensch und Umwelt, der daraus erwachsenenhohen Sensibilität der Bevölkerung unddem folglich erhobenen Vorwurf an die Verwaltung,nicht objektiv, sondern parteilichim Sinne der ProjektwerberInnen, d.h.<strong>recht</strong>sbeugend und <strong>recht</strong>sverlctzend zu entscheiden.Eine Schlüsselstellung in der Debatteum die Bürgerpartei nimmt der Begriffder subjektiv-öffentlichen Rechte ein. Dassind jene Normen, die der/die StaatsbürgerInin einem Verfahren gegenüber dem Staatgeltend machen kann, während das objektivöffentlicheRecht nur amtswegig wahrzunehmenist. Während die subjektive Durchsetzbarkeitvornehmlich für dem Individuumzugebilligte Interessen gedacht wird, solldie Verwaltung das Gemeininteresse alleinund exklusiv vertreten.Recht auf GesundheitWenn es auch einen Kernbereich subjektiverRechte wie die Gesundheit, das Eigentum,die Freiheit gibt, so ist eine Grenzenicht zwingend auszumachen. "Eine absoluteGrenzlinie zwischen dem materiellen Gemein-und dem materiellen Einzelinteresseläßt sich mit Sicherheit kaum ziehen. Wieweit der Gesetzgeber geht, ist daher in vielenFällen Sache seines Ermessens", so Jelfinek1905. 1