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Dowload - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

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Das Recht derGesellschaftNiklas Luhmanns "Soziale Systeme"(Grundriß einer allgemeinen Theorie,1984) umfassen nach "Die Wirtschaft derGesellschaft" (1988) und "Die Wissenschaftder Gesellschaft" (1990) nun auch das"Recht der Gesellschaft" (1993), die Kunstder Gesellschaft ist in Beobachtung und diePolitik der Gesellschaft absehbar.Ausgangspunkt ist die Frage, "wie mandas Recht als J-tinheit begreifen" und dieseEinheit als System definieren kann. In allerBescheidenheit. vermerkt Luhmann, außerder Theorie autopoietischer Systeme "keineandere theoretische Konstruktion (zu kennen),die auch nur versuchte, sowohl derAutonomie des Rechts als auch der Zugehörigkeitdes Rechts zur GesellschaftRechnung zu tragen". Die Einheit eines Systemsbesteht in seiner Selbstproduktion("Autopoiesis"), mit der es alle Unterscheidungenund Bezeichnungen, alle Strukturenund Grenzen durch die Operationen des Systems(in Form "sinnhafter Kommunikationen") selbst produziert und reproduziert.Leitdifferenz ist die Unterscheidung von Systemund Umwelt, die in der Folge "eineganze Galaxie von Unterscheidungen erforderlichmacht".Das Recht ist, wie alle sozialen Systeme,ein sich selbst beobachtendes und beschreibendesSystem. Die binäre CodierungRecht/Un<strong>recht</strong> setzt bereits die Beobachtungder unmittelbaren Normprojektionenvon Beobachtern voraus, sie kann nur auf der"Ebene der Beobachtung zweiter Ordnung"gehandhabt werden, die die Voraussetzungfür die "Ausdifferenzierung eines operativgeschlossenen Rechtssystems" ist. Der Codeist "die Struktur eines Erkennungs- und Zuordnungsverfahrensder <strong>gesellschaft</strong>lichenAutopoiesis" (jedes System hat seinen eigenenCode, die Wissenschaft z.B. wahr/unwahr),es geht um Zugehörigkeit/Nichtzugchörigkeitzum System. Von der Codierungist die Programmierung zu unterscheiden,dic angibt, ob die Codewerte richtig bzw.falsch zugeordnet werden. Die Programme(Normen) füllen die Codierung mit Inhalt.Nr 3/94Die (externe) Beobachtung der Systemtheorieliefert über weite Strecken einenquasi immanenten Nachvollzug der Selbstbeschreibungund -konstruktion des Systems,muß sich aber immer, wenn es darumgeht, die -laufend operativ repröduzierte -Einheit eines binär codierten Systems zu beobachten(was systemintern höchstens mittelssimplifizierender Konstruktionen möglichist), auf die "Ebene einer Beobachtungdritter Ordnung" schwingen. Bei der Rekonstruktiondes Rechtssystems, das sich in Europaab dem 11./12. Jahrhundert evolutivd.h.immer höheren Komplexitätslagen ge<strong>recht</strong>werdend - hin zum modernen, funktionaldifferenzierten (Welt) Gesellschaftssystemausdifferenziert, als einer "historischenMaschine, die sich mit jeder Operation in eineandere Maschine verwandelt", geht es somitimmer auch um das, was Rechtstheorienin ihrer Selbstbeschreibung des Rechtssystemsverborgen bleiben muß.Wenn man sich auf die Vorgaben der Systemtheorieeinläßt, gelangt man zu ihrem"Heiligtum", der Paradoxie. Die UnterscheidungRecht/Un<strong>recht</strong>, der Code kann nichtohne eine das weitere Beobachten blockierendeParadoxie auf sich selbst angewandtwerden. Das ist der "blinde Fleck" jeder Beobachtung,der zu "Invisibilisierungsstrategien"führt: "ein irgendwo zu placierenderVerzicht auf die Weiterverfolgung der Begründungsfrage".Operativ geschlossene, autopoietische,autonome Systeme sind an ihre Umwelt"strukturell gekoppelt": das Rechtssystemmit dem politischen System und dem Wirtschaftssystemdurch die "hochspezifischenEinrichtungen" Verfassung, Vertrag, Eigentum.Sie "kommunizieren" jedoch nicht mitdieser, sondern immer nur über sie, d.h. einsoziales System läßt sich von anderen sozialenSystemen lediglich "irritieren", um dieseIrritationen in systemeigener Weise zu operationalisieren.Es geht folglich immer um die Differenzvon Innen (Selbstreferenz) und von einemAußen, das eigentlich auch innen ist (Fremdreferenz):(umweltindifferente) Codierungund Programmierung; Unterscheidung vonNormen und Fakten; normative Geschlossenheitund kognitive Offenheit; die unterEntscheidungszwang stehende Gerichtsbarkeitim Zentrum und die "Kontaktzone" derPeripherie (Gesetzgebung, Vertragsschluß),in der Irritationen in Rechtsform gebrachtwerden, etc.Indem Luhmann diese vorgegebeneKonstruktion mehr oder weniger durchhaltenmuß, produziert er bisweilen schon mehrals "blinde Flecken", etwa was die "Autonomie"des Rechts im Nationalsozialismus anlangt.Daß die "Fremdbeschreibung" desRechtssystems immer wieder von SelbstbeschreibungenLuhmanns durchzogen wird(z.B. seine Wohlfahrtsstaat-Paranoia), machtdas Ganze nicht ergiebiger.Die System theorie setzt an die Stelle ge-JURIDIKUMSehen / Hören / LesenseIlschaftstheoretischer Zusammenhänge("Die geläufige empirische Analyse derRechtssoziologie beschreibt das Rechtssystemgar nicht als Rechtssystem. Sie erfaßtihren Gegenstand unvollständig. ") denGlanz von Paradoxien. Die Funktion desRechts, seine soziale Dimension ("es hat sozialeKonsequenzen, wenn Erwartungenzeitstabil gesichert werden können"), liegt inder "systemischen Stabilisierung normativer(=kontrafaktischer) Erwartungen". Luhmannempfiehlt daher eine "stärkere Beachtungder Zeitdimension in der Selbstbeschreibungdes Rechtssystems". Aber er hatauch Trost für diejenigen, denen das Angebotder Systemtheorie zuwenig ist: "Kein Juristwird sich hier angemessen informieren,geschweige denn angesichts rapider Entwicklungenauf dem laufenden halten können.Anwendungen sollen damit nicht ausgeschlossensein, aber sie werden sich mehrsporadisch und punktuell, eher zufällig undmehr in der Form von Irritationen als in derForm logischer Schlüsse ergeben."Max PeintnerNiklas Luhmann, Das Recht der Gesellschaft. Suhrkamp,Frankfurt am Main, 1993, 597 5., ÖS 453,-.Michel Foucault(15.10.1926 - 25.6.1984)Michel Foucault war im umfassendenSinne Philosoph. Mit seiner philosophischenTätigkeit, die ihm auch Lebensformwar, stellte er eine besondere Beziehungzu sich selbst und den anderen her.Wenig dachte er daran, eine <strong>gesellschaft</strong>licheFunktion einzunehmen, etwa als moralischeInstanz aufzutreten.Sich von sich selber lösenWie auch vor allem seine letzten Bücher zeigen,hat Foucault oft über das philosophischeLeben nachgedacht, auch um herauszufinden,welchen ethischen Ansprüchen esheute ge<strong>recht</strong> werden könnte.Es ist nicht sicher, ob unsere Zeit mitihren Zwängen und Leidenschaften, ihrerGeschäftigkeit überhaupt noch für die drängendenFragen der Philosophie aufnahme-Seite 45

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