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Gezeitenmühle im Naturpark Ria Formosa<br />
Die Ria Formosa bei Luz de Tavira<br />
Seit diesem tragischen Novembertag ist nichts mehr so,<br />
wie es einmal war, existiert in seiner jetzigen Art dieser<br />
einzigartige, durch Gezeiten, Wind und Strömungen sich<br />
permanent veränderte Küstenstreifen, der sich von den multilingualen<br />
Millionärs-Enklaven Vale do Lobo und Quinta do<br />
Lago, dem Beverly Hills der Algarve, 60 Kilometer bis zu den<br />
Betonpalästen der Touristen-Ghettos von Cabanas und Manta<br />
Rota nach Osten erstreckt. 1986 wurden weite Teile der Ria<br />
Formosa als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Eine weise Entscheidung<br />
des portugiesischen Parlaments, die umso leichter<br />
viel, je mehr EU-Fördermittel überwiesen wurden.<br />
Traumziel für Tiere und Touristen<br />
Und so versuchen nun Flamingos, Graureiher, Störche, Kormorane,<br />
Sultanshühner, Silbermöwen, Löffler, Tintenfische,<br />
Venusmuscheln, Seeigel, Aale, Doraden, Winkerkrabben,<br />
Fischer, Muschelzüchter, Salinenbetreiber, Sonnenanbeter,<br />
Eisverkäufer, Spekulanten, Segler und Hobby-Archäologen<br />
in friedlicher Koexistenz miteinander zu leben – was nicht<br />
immer ganz einfach ist. Besonders in der Hochsaison von<br />
Juli bis September, wenn Hunderttausende sonnenhungriger<br />
Touristen wie Wanderheuschrecken über die Laguneninseln<br />
herfallen, verwandeln sich die weißgelben Strände in einen<br />
kunterbunten Flickenteppich aus Handtüchern, Sonnenschirmen,<br />
Gummibooten und Menschenleibern.<br />
Dem, der sich diesem Treiben entziehen möchte, empfiehlt<br />
sich der Küstenbereich zwischen dem Torre de Aires, einem<br />
restaurierten römischen Signalturm und dem Fischerdörfchen<br />
Arroteia.Hier genießt man von einem flachen Sandsteinhügel<br />
nicht nur eine grandiose Aussicht über das weite Watt und die<br />
vorgelagerte Ilha de Tavira, sondern kann auch eine Reise in<br />
die Vergangenheit antreten. Genau hier an dieser Stelle befand<br />
sich vor 2000 Jahren das Zentrum der römischen Stadt Balsa,<br />
der bedeutendsten Stadt an der Algarve. Nur einen Speerwurf<br />
entfernt lag ein maritimes Amphitheater in dem zur Erbauung<br />
der römischen Kolonisten, Seeschlachten mit Galeeren und<br />
Triremen inszeniert wurden. Vorbei sind die glanzvollen Tage<br />
des Imperium Romanums, geblieben sind ein paar Ruinen,<br />
Brunnenreste, Einsalzbecken, Grabsteine und einige Dutzend,<br />
mehr als 2000 Jahre alte Olivenbäume. Rekordhalter ist ein<br />
Exemplar in der Ferienanlage Pedras d’el Rei, dessen Alter<br />
mit 2756 Jahren angegeben wird.<br />
Naturparadies Quinta de Marim<br />
Sehr viel über die wunderbare Welt des Watts erfährt man in<br />
der Quinta de Marim, dem Informationszentrum des Naturparks<br />
Ria Formosa, etwa ein Kilometer östlich von Olhão.<br />
Man tut gut daran morgens, sobald der Park um 9.30 Uhr öffnet,<br />
die Entdeckungstour zu starten. Der Weg ist das Ziel und<br />
der führt durch ein Pinienwäldchen zu einem in die Lagune<br />
ragenden Holzpier. Im schlickigen Sandboden ruht das Wrack<br />
eines Fischerbootes, dessen Mastspitze zu der strahlend weiß<br />
getünchten Gezeitenmühle weist, in der bis 1970 Getreide<br />
gemahlen wurde. Vom Flachdach des liebevoll restaurierten<br />
Gebäudes blickt man auf flache Gezeitenbecken, durch die<br />
Strandläufer und Reiher stelzen. Fischerboote tuckern in Rich-<br />
Fotos: Cineterra<br />
Abendstimmung auf der Ilha de Armona<br />
Kormorane und Möwen im Watt<br />
Fábrica und Cabanas<br />
tung Olhão, um ihren Fang zu löschen oder um Ausflügler auf<br />
die Ilha de Armona zu schippern. Wenig spektakulär und nicht<br />
immer für die Öffentlichkeit zugänglich sind die Vogelklinik<br />
und die Aufzuchtstation für den portugiesischen Wasserhund<br />
(Cão de água), einer uralten, vermutlich von den Römern<br />
auf der iberischen Halbinsel eingeführten Hunderasse. Doch<br />
seit der amerikanische Präsident Barack Obama ein solches<br />
Prachtexemplar von Hund im Weißen Haus in Washington<br />
hält, genießt die bis dato nahezu unbekannte Rasse die Aufmerksamkeit<br />
von Hundeliebhabern rund um den Globus.<br />
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