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<strong>KV</strong>-AKADEMIE<br />
54 AM<br />
Blick vom Burkadus-Haus auf den Dom<br />
Dialogcharakter – der menschgewordene Logos<br />
(Johannesprolog), <strong>da</strong>s zur Antwort rufende Wort ist<br />
<strong>da</strong>s Zentrum unseres Glaubens. Dieses „ewige Wort<br />
des Vaters“ kennt keine Berührungsängste mit der<br />
Welt, es sucht den Kontakt (reiht s<strong>ich</strong> ein in die Gemeinschaft<br />
der Taufbewerber am Jor<strong>da</strong>n), ohne <strong>da</strong>bei<br />
sein Ureigenes aufzugeben. Wenn Jesus Christus<br />
selbst den Dialog mit der Welt sucht, <strong>da</strong>nn sind<br />
die Menschen in seiner Nachfolge, die an ihn Glaubenden,<br />
Menschen des Dialogs mit der Welt. Hier<br />
siedelt s<strong>ich</strong> theologisch <strong>da</strong>s Prinzip des <strong>KV</strong>, die Trias<br />
von Glauben (Rückbindung an Gott), Wissenschaft<br />
(gestaltende Auseinandersetzung mit der Welt, Teilhabe<br />
an der Schöpfung), und Freundschaft (der/die<br />
Nächste ist Dein Bruder/ Deine Schwester) an.<br />
Als Quintessenz eine offene Frage: Wenn die Würzburger<br />
<strong>KV</strong>-Tage 2007 nach der Dialogfähigkeit des<br />
Islam fragen, so muß zugle<strong>ich</strong> die Frage nach der<br />
Dialogfähigkeit des Christen gegenüber den Menschen<br />
muslimischen Glaubens gestellt werden.<br />
Professor Dr. Ali Dere, Außenbeauftragter der<br />
türkischen Religionsbehörde, unternahm es, der Problematik<br />
der Frage nach dem islamischen Religionsunterr<strong>ich</strong>t<br />
nachzuspüren. Er ging auf die unterschiedl<strong>ich</strong>en<br />
Vorstellungen und Traditionen der in<br />
Deutschland lebenden Muslime ein, erwähnte die<br />
Schwierigkeiten für Außenstehende, zu erkennen,<br />
welche Handlungsmuster religiös und welche traditionell<br />
begründet sind und führte aus, <strong>da</strong>ss die Entscheidung,<br />
welche Rechtsschule eine Rechtsschule<br />
oder Konfession im Sinne des Grundgesetzes sein<br />
kann, nur von der Wissenschaftstradition des Islam<br />
getroffen werden kann. Anges<strong>ich</strong>ts eines teilweise<br />
vorhandenen negativen Islambilds gebe es in der<br />
deutschen Öffentl<strong>ich</strong>keit den Wunsch, ordentl<strong>ich</strong>en<br />
islamischen Religionsunterr<strong>ich</strong>t in deutscher Sprache<br />
zu erteilen. Dere stellte auch die Frage, ob die<br />
Versuche, islamischen Religionsunterr<strong>ich</strong>t auf der<br />
Basis der Vorstellungen einzelner islamischer n<strong>ich</strong>t<br />
repräsentativer Vereine zu erteilen, zielführend gewesen<br />
seien. Dere plädierte für die Einführung eines<br />
ordentl<strong>ich</strong>en islamischen Religionsunterr<strong>ich</strong>ts, wodurch<br />
<strong>da</strong>s gegenseitige Verständnis gewinnen würde<br />
und in den Schulen Kinder verschiedener religiöser<br />
Gruppierungen auf einer gemeinsamen Wissensbasis<br />
zusammengebracht werden könnten.<br />
In einer unglaubl<strong>ich</strong> lebhaften, engagierten und fundierten<br />
Diskussion mit allen Referenten zeigte s<strong>ich</strong><br />
die hohe Diskussionskultur der Teilnehmer in Würzburg.<br />
Von verschiedenen Teilnehmern wurde auf die<br />
Grundsätze des staatl<strong>ich</strong>en Religionsunterr<strong>ich</strong>ts in<br />
Deutschland verwiesen, die auch bei Einführung<br />
islamischen Religionsunterr<strong>ich</strong>ts zu beachten seien.<br />
In den christl<strong>ich</strong>en Kirchen findet Religionsunterr<strong>ich</strong>t<br />
auf zwei Ebenen statt: auf der Ebene der Gemeindepastoral,<br />
im Kommunionunterr<strong>ich</strong>t, Firmunterr<strong>ich</strong>t,<br />
Konfirmationsunterr<strong>ich</strong>t, zum anderen durch staatl<strong>ich</strong>en<br />
Religionsunterr<strong>ich</strong>t an den Schulen. Deutl<strong>ich</strong><br />
wurde herausgearbeitet, <strong>da</strong>ss im Falle staatl<strong>ich</strong>en<br />
islamischen Religionsunterr<strong>ich</strong>ts keineswegs die<br />
Vorstellungen islamischer Eltern ausschlaggebend<br />
seien, sondern die R<strong>ich</strong>tlinien des Staates. Und dieser<br />
Staat kann keinen Religionsunterr<strong>ich</strong>t zulassen,<br />
in dem Grundsätze der Verfassung wie der Gle<strong>ich</strong>heitsgrundsatz<br />
des Grundgesetzes, die Gle<strong>ich</strong>wertigkeit<br />
aller Religionen und Glaubensformen innerhalb<br />
des Staates n<strong>ich</strong>t beachtet werden. Angesprochen<br />
wurde <strong>da</strong>s Recht der freien Religionsausübung sowie<br />
<strong>da</strong>s Recht, ohne Sanktionen und Strafen konvertieren<br />
oder aus einer Religionsgemeinschaft austreten<br />
zu dürfen. Auch der Islam werde wie alle christl<strong>ich</strong>en<br />
Bekenntnisse innerhalb des staatl<strong>ich</strong>en Religionsunterr<strong>ich</strong>ts<br />
wissenschaftl<strong>ich</strong>e, näherhin religionswissenschaftl<strong>ich</strong>e<br />
und philosophisch-ethische<br />
Reflexionen, zulassen müssen. Er wird bereit sein<br />
müssen zum Vergle<strong>ich</strong> der Religionen wie des Buddhismus,<br />
Hinduismus und des Christentums sowie<br />
des Islam untereinander. Wie die christl<strong>ich</strong>en Kirchen<br />
wird auch der Islam dem Staat <strong>da</strong>s Recht einräumen<br />
müssen, bei aller Wahrung der Zuständigkeit<br />
für Auswahl und Bestimmung der Inhalte und<br />
der Lehrkräfte Korrekturen hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> der Einhaltung<br />
der staatl<strong>ich</strong>en Rahmenbedingungen zu verlangen.<br />
Günter Georg Kinzel