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unisono - Schweizer Blasmusikverband

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Maestro Nr. 2/2005Gefragte Musiker – kurz befragtChristoph Walter, Triengen, MusikerChristoph Walter, Sie sind alles anderedenn ein Ver-Walter alter oder veralteterStrukturen. Warum wurde ausgerechnet dasneu geschaffene 1. <strong>Schweizer</strong> Blasmusikfestivalteilnehmermässig beinahe zum Flop?Der Zeitpunkt, so kurz nach den Sommerferien,war sicherlich falsch gewählt. Zudemhatte beispielsweise die welsche Schweiz mitden Probearbeiten noch nicht begonnen.Man kann also den Musikvereinen kein Desinteressevorwerfen. Der Austragungsort, dieOrganisation, der Zyklus und ein eventuellesQualifikationssystem müssen überdacht werden.Ausnahmsweise interessiert mich bei Ihnender Rückspiegel sehr! Wie sind Sie in jüngstenJahren zur Musik gekommen?Durch mein Elternhaus. Mich hat die Musikschon immer fasziniert. Ich begann mitSchlagzeug, Klavier und Trompete. Späterlernte ich noch Akkordeon und einige wichtigePerkussionsinstrumente. Die ersten Jahrespielte ich viele Melodien auswendig und«begleitete» so meinen Plattenspieler. Erstspäter besuchte ich den Musikunterricht undlernte die Noten richtig kennen. Meines Erachtensist das auch noch aus heutiger Sichtein guter Weg, um die Musik spielerisch mitviel Freude und Lust zu erleben.Fleiss ist eines der wichtigsten Elemente desLernens. Bitte schildern Sie das Übungsverhaltenin Ihren Jugendjahren.Leider war ich ein fauler, bequemer Kerl,hatte viel Talent und machte zu wenig daraus.Ich absolvierte immer einen Circuit:Zuerst sass ich am Klavier und spielte sämtlicheMelodien, die ich kannte oder am Radiogehört hatte. Irgendwann nahm ich die Notenfür den Unterricht hervor und versuchtediese Klassik zu spielen (etwas anderesbekam ich nie vorgesetzt!). Nach kurzer Zeithatte ich einfach die Nase voll, auf diese Artund Weise Musik machen zu müssen. Somitwechselte ich zur Trompete. Ich liess die PiccadillySix LP’s laufen und spielte dazu.Wenn es mit dem Ansatz vorbei war, gingich in den Keller und sass ans Schlagzeug.Jeden Hit aus den 50er bis 70er Jahrenbegleitete ich am Drum Set. Ich war in meinereigenen Welt und liebte das Musikmachenüber alles. Schlussendlich besuchte ichtrotz allem und mit viel Lust die «klassische»Ausbildung an der Musikhochschule Zürich.Was würden Sie musikalisch anders machen?Disziplinierter arbeiten und in jungen Jahrenmehr Erfahrungen in Orchestern sammeln.Wenn Sie am Konzertflügel eine erlauchteGesellschaft stundenlang mit Backgroundmusikunterhalten können, löst das Bewunderungaus ...So? Das freut mich, danke! Durch mein Musikmachenin jungen Jahren kann ich automatischauf einen grossen Fundus zurückgreifen.Zudem habe ich glücklicherweisedie Fähigkeit, alles, was ich kenne, auswendigauf dem Klavier spielen zu können.Der gleiche Musiker könnte ebenso prob-lemlos einen frappanten Szenenwechselvollziehen, indem er das Repräsentationsorchester<strong>Schweizer</strong> Armeespiel mit einerRiesenschau in Stockholm über den Rasenführt. Was haben Sie sonst noch auf derKiste oder in Ihrem Repertoire?Ich hoffe noch viel! Das sind doch alles nurkleine Stationen in meinem schönen Lebenals Musiker, als Vater von zwei aufgewecktenJungs, Simon und Tobias, sowie als Partnermeiner lieben Frau Annegret.Sie sind menschlich ruhiger geworden.Täuscht der Eindruck, dass dies musikalischnicht der Fall ist?Zum Glück bin ich endlich ein bisschen vernünftigergeworden (das ist übrigens garnicht so einfach). Aber die letzten fünf Jahrewaren die lehrreichsten für mich. Es isterstaunlich, wie viel man in so kurzer Zeitlernen kann. Dafür bin ich dem Leben sehrdankbar.Hunderttausende schauen zu, wenn ineiner möglichst intimen Atmosphäre überMensch, Gott und die Welt gesprochenwird. Lieben Sie auch Voyeurismus?Meine Frau sagt ja, ich sage nein. BeimCoiffeur eine Klatsch-Zeitschrift lesen, das istfür mich lockere Unterhaltung. Dies genügtdann jedoch bis zum nächsten Haarschnitt.Den Militaristas sind Ausdrücke wie«Feind» oder «Gegner» nicht unbekannt.Vielleicht kennen Sie das Sprichwort «Seireizend zu deinen Feinden, nichts ärgert siemehr!». Herr Major, wann sind Sie besondersreizend?Ich habe das Glück, dass mich in meinemBeruf viele Sachen nicht mehr ärgern. Reizendzu sein brauche ich ebenfalls nichtmehr. Lieber schalte ich auf «Airolo-Göschenen»(da inne, änne use). Man muss sichimmer wieder der Wichtigkeit der Sachebewusst werden. Wie bereits erwähnt, habeich dies durch den «Lebensintensivkurs»gelernt: Tod meiner Mutter, eine gescheiterteEhe und gesundheitliche Probleme lehreneinem, das Unwichtige vom Wichtigen zutrennen. Trotz allem muss auch ich jedenTag von neuem an den äusseren Reizen derGesellschaft arbeiten.Sie haben sowohl zu Peter Troller, demabtretenden Boss des BDV, als auch zu St.Petersburg persönliche Beziehungen. Sollman Peter, den Urschweizer, auf Grundseiner Leistungen auf dirigentischer Verbandsebeneheilig sprechen?Heiligsprechungen liegen sicher nicht in meinemKompetenzbereich. Für den BDV hatPeter Ausserordentliches geleistet und bewirkt.Ebenso schätze ich ihn auch sehr alsMensch.Als Tonschöpfer haben Sie vor allem in denletzten vier Jahren zahlreiche Werke geschaffen.Wann finden Sie dazu Zeit?Ich arrangiere und komponiere meistens anden Wochenenden und nachts. Tagsüberarbeite ich als Chef der Kaderschulen imKompetenzzentrum Militärmusik in Aarau.Wann komponieren Sie Ihr Lebenswerk mitdem Namen «Up and Down»?Ein guter Titel, Kompliment! Sicher nichtmehr dieses Jahr. Überdies habe ich meinerFrau schon seit längerer Zeit eine Kompositionversprochen.Vor wenigen Jahren waren Sie einer dermeistengagiertesten Musikfest-Experten.Warum das heutige Decrescendo oder Ritardando?Durch die Scheidung habe ich gelernt, dassich auch Zeit für meine Lebenspartnerinhaben muss. Deshalb möchte ich die freienTage, wenn möglich, nur mit den Kindernund Annegret verbringen. Diese Zeit ist mireinfach heilig geworden. Auch ohne Expertentätigkeitbin ich an den Wochenendennoch oft genug durch Konzerte oder Auslandaufenthaltebesetzt. Zudem «pflege» ich dieBeziehung zur Blasmusik, indem ich abendsöfters Workshops mit Musikvereinen mache.Für mich ist das eine viel befriedigendereArbeit, weil ich direkt Einfluss nehmen kann.Vielen Experten fehlen die Erfahrungen, jasogar auch teilweise die Qualitäten.Das ging mir persönlich auch so. Kaum warich als Musikinstruktor gewählt, wurde ichaufgrund meiner Position als Experte eingesetzt.Die Routine fehlte jedoch. Das ist vielleichtein grundsätzliches Problem in derBlasmusik: Es wird zu wenig auf Erfahrungund zu viel auf Positionen gesetzt!Ihr Schlusswort?Ich wünsche mir, dass die U-Musik auch inder Blasmusikszene möglichst stilgetreu undgleich seriös umgesetzt wird wie die sogenannt«echte» Original-Blasmusik. Es gibtdoch nur gut oder schlecht gemachte Musik.Der Stil jedoch ist Geschmacksache und solltevon allen respektiert werden.Christoph Walter, ich danke Ihnen für Ihreerfrischend offenen Antworten ganz herzlichund wünsche Ihnen sowohl privat wieauch musikalisch für die Zukunft nur dasAllerbeste.René MessmerUNISONO 8 • 2005 15

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