Herbst 2010 - Bauer & Thöming Verlag
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&<br />
Wellness<br />
Gesundheit<br />
Verdauung außer<br />
Kontrolle – was tun?<br />
Die chirurgische Abteilung des Vinzenz<br />
Pallotti Hospitals beschäftigt sich intensiv<br />
mit einem interdisziplinären Ansatz<br />
bei dem Schwerpunktthema Proktologie.<br />
Erkrankungen des Enddarmes und<br />
des Beckenbodens zählen zu den<br />
häufigsten Krankheitsbildern der<br />
westlichen Industrieländer. Sowohl<br />
Stuhlinkontinenz als auch chronische<br />
Verstopfung (Obstipation) sind – vor<br />
allem für die Betroffenen – Tabuthemen<br />
und werden von daher gerne<br />
totgeschwiegen. Daher sind diese Erkrankungen<br />
letztlich auch mit einer<br />
hohen Dunkelziffer belegt. Denn Beschwerden<br />
und Schmerzen werden<br />
lange hingenommen, was zu einer<br />
erheblichen Einschränkung der Lebensqualität<br />
bis hin zur totalen gesellschaftlichen<br />
Isolation führen kann.<br />
So groß der Leidensdruck für den<br />
Einzelnen auch sein mag, den ersten<br />
Schritt aus diesem vermeintlichen<br />
Teufelskreis heraus muss der Patient<br />
schon selbst tun, indem er sein Problem<br />
»outet«, gegen die eigenen<br />
Ängste und Vorbehalte angeht und<br />
sich Experten anvertraut. Mit sehr viel<br />
Aufklärungsarbeit und neuen Therapieansätzen<br />
verzeichnet die Medizin<br />
hier mittlerweile namhafte Erfolge.<br />
Die Verantwortlichen ermutigen mit<br />
fortschrittlichen Methoden zuneh-<br />
18<br />
RÖSRATHerleben 3/<strong>2010</strong><br />
mend die Patienten, gemeinsam mit<br />
einem Facharzt zunächst Ursachenforschung<br />
zu betreiben, um dann gezielt<br />
alle medizinischen Therapiemöglichkeiten<br />
auszuloten: die konservativen,<br />
aber eben auch die operativen.<br />
Längst lässt die demografische<br />
Entwicklung erwarten, dass die Proktologie<br />
ein medizinisches Spezialgebiet<br />
mit Zukunft ist. Schon jetzt belegt<br />
die Statistik, dass es sich bei Stuhl- und<br />
Harninkontinenz, bei Obstipation, Hämorrhoiden<br />
oder einem Darmvorfall<br />
um Phänomene handelt, die immer<br />
mehr Menschen betreffen. So leiden<br />
beispielsweise 50 Prozent aller Frauen<br />
über 50 Jahre an Stuhlinkontinenz,<br />
bei den Männern sind es nur 11 Prozent,<br />
unter den Heimbewohnern aber<br />
mehr als 40 Prozent; Zahlen, die auch<br />
die sozioökonomische Dimension<br />
dieses Themas erahnen lassen, wenn<br />
man die Kosten für den Arbeitsausfall<br />
der noch erwerbstätigen Patienten<br />
hochrechnet, oder allein die Ausgaben<br />
für Pflegeartikel. Die vergleichsweise<br />
hohe Anzahl weiblicher Patienten<br />
ergibt sich aus der Anatomie des<br />
weiblichen Körpers. Die mangelnde<br />
Stabilität des Beckenbodens mit<br />
möglicher Muskelschwäche nach<br />
mehreren Geburten oder der Entfernung<br />
der Gebärmutter kann oft ursächlich<br />
für Inkontinenzprobleme<br />
sein. Wenn diätetische und medikamentöse<br />
Therapien keine Wirkung zeigen,<br />
greifen mittlerweile neue chirurgische<br />
Verfahren. So handelt es sich<br />
bei der sogenannten Biofeedback-<br />
Therapie um eine Verhaltenstherapie,<br />
die für eine Muskelstärkung am Enddarm<br />
sorgt. Dabei trainiert bzw. kontrolliert<br />
der Patient selbst über eine Stimulationssonde<br />
den Darmausgang.<br />
Wirkt auch diese Behandlung nicht,<br />
so stellt die sakrale Nervenstimulation<br />
eine Alternative dar; eine insgesamt<br />
sehr kostenintensive Methode,<br />
die als eine der herausragendsten<br />
Fortschritte in der Kolo-Proktologie gilt<br />
und deren Erfolg mit überzeugenden<br />
Erfolgszahlen belegt werden kann.<br />
Bei der sakralen Nervenstimulation<br />
wird eine kleine Sonde unter Röntgenkontrolle<br />
durch die Haut an der<br />
Nervenbahn platziert, die für die Funktion<br />
des Beckenbodens verantwortlich<br />
ist. Das ist eine minimal-invasive<br />
Punktionstechnik ohne großen chirurgischen<br />
Aufwand. Während einer<br />
zweiwöchigen Testphase kann der<br />
Patient über einen außen am Körper<br />
angebrachten Taschencomputer<br />
selbst die Wirksamkeit dieses Systems<br />
überwachen. Die dann von ihm angegebene<br />
Verbesserung seiner Kontinenz<br />
dient als Bemessungsgrundlage<br />
für eine anschließende dauerhafte<br />
Einpflanzung des Schrittmacheraggregats<br />
im Fett der Pobacke.<br />
Dieser Impulsgeber mit niedrigfrequentem<br />
Strom führt zu einer Stimu-<br />
Fotos: PR