Oktober 2010 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Oktober 2010 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Oktober 2010 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
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4/10<br />
UNI<br />
MAGAZIN<br />
Gute Lehrer<br />
braucht das Land<br />
Studentisches Fußballprojekt:<br />
Kicken mit Kopf<br />
Forschen am Fisch:<br />
Vitamin D für die Gesundheit<br />
Wechsel an der Spitze:<br />
Neuer Rektor im Interview<br />
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Wir stehen für Sie Kopf !
Liebe Leserinnen,<br />
liebe Leser,<br />
weltweit wird am 5. <strong>Oktober</strong> der „Internationale<br />
Tag des Lehrers“ gefeiert. Der Lehrerberuf<br />
erhält eine gebührende Würdigung. Das<br />
wird auch die angehenden Lehrer freuen, die<br />
in Sachsen-Anhalt an der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong><br />
ausgebildet werden. Doch werden sie<br />
gut ausgebildet? In ausreichender Anzahl?<br />
Vorwürfe aus der Landespolitik erreichten die<br />
<strong>Universität</strong> im Frühsommer – Initialzündung<br />
für eine breite Debatte über die Lehrerausbildung,<br />
an der scientia halensis sich gerne beteiligt.<br />
Das neue Lehrerbildungskonzept wird<br />
ebenso thematisiert wie interessante Angebote<br />
für die Studierenden – und vor allem kommen<br />
die Lehrer in spe selbst zu Wort, zum Beispiel<br />
in einem ausführlichen Feature über das<br />
Referendariat. Auch abseits des Titelthemas<br />
hat es ein Lehramtsanwärter ins Heft geschafft.<br />
Er verknüpft Fußball mit Bildungsinhalten im<br />
Projekt „Kicken mit Kopf“.<br />
Nicht fehlen darf diesmal natürlich ein ausführliches<br />
Interview mit Professor Udo Sträter,<br />
dem neuen Rektor der MLU. Er spricht unter<br />
anderem über Konsensbildung, Exzellenz und<br />
schlanke <strong>Universität</strong>en. Fortgesetzt wird die<br />
kleine Weltreise, die Ausgabe 3/<strong>2010</strong> des Unimagazins<br />
geprägt hat. Im Fokus steht Afrika,<br />
wo ein MLU-Doktorand eine neue Unterart<br />
der Sahara-Honigbiene entdeckt hat und Ethnologen<br />
die Konfliktforschung voranbringen.<br />
Jede Menge Lesestoff also, auch für die Erstleser<br />
ist bestimmt etwas dabei. Die Redaktion<br />
Impressum<br />
scientia halensis<br />
Magazin der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong><br />
<strong>Halle</strong>-<strong>Wittenberg</strong> (MLU)<br />
Ausgabe 4/10, 18. Jahrgang<br />
ISSN 0945-9529<br />
erscheint viermal im Jahr sowie im<br />
Internet: www.unimagazin.uni-halle.de<br />
Herausgeber:<br />
Rektor der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong><br />
<strong>Halle</strong>-<strong>Wittenberg</strong><br />
Redaktion:<br />
Carsten Heckmann (V.i.S.d.P.),<br />
Corinna Bertz, Julia Franke, Christian<br />
Günther, Ute Olbertz, Janine<br />
Pazdyka, Maria Preußmann, Melanie<br />
Zimmermann<br />
heißt die neuen Studierenden herzlich<br />
willkommen! Auch Sie sollen sich im<br />
Magazin wiederfinden – anders als bei<br />
den Professoren wird es der Redaktion<br />
aber nicht gelingen, jeden Neuen einzeln<br />
vorzustellen. Ein paar neue studentische<br />
Gesichter sind immerhin im MLU-Blog<br />
zu finden: www.icu.uni-halle.de.<br />
Noch ein kurzer Hinweis in eigener<br />
Sache: Die familiengerechte Hochschule<br />
MLU gewährt dem Pressesprecher eine<br />
Auszeit für die Kinderbetreuung. In der<br />
nächsten Ausgabe (1/2011) wird daher<br />
an dieser Stelle meine Kollegin Ute Olbertz<br />
ins Heft einführen. Sie übernimmt<br />
für ein halbes Jahr die Leitung der Pressestelle.<br />
Der Journalist Ulf Walther wird<br />
Pressesprecher der <strong>Universität</strong>.<br />
Ihre Kontaktadresse für Fragen, Anregungen<br />
und Kritik bleibt die altbewährte:<br />
magazin@uni-halle.de. Die<br />
Redaktion freut sich auf Ihr Feedback.<br />
Auf Wiederlesen im nächsten Jahr!<br />
Kontakt:<br />
<strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong><br />
<strong>Halle</strong>-<strong>Wittenberg</strong><br />
Stabsstelle des Rektors / Pressestelle<br />
<strong>Universität</strong>splatz 9, 06108 <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
Telefon: 0345 55-21004<br />
Fax: 0345 55-27066<br />
E-Mail: magazin@uni-halle.de<br />
Redaktionsbeirat für diese Ausgabe:<br />
Prof. Dr. Wulf Diepenbrock (Altrektor),<br />
Prof. Dr. Dr. Gunnar Berg (Altrektor),<br />
Corinna Bertz, Carsten Heckmann,<br />
Prof. Dr. Andrea Jäger,<br />
Prof. Dr. Gerhard Lampe,<br />
Ramona Mitsching (VFF),<br />
Jens Müller, Ute Olbertz,<br />
Katrin Rehschuh,<br />
Dr. Ralf-Torsten Speler<br />
Carsten Heckmann<br />
Leiter der Pressestelle<br />
Grafik-Design:<br />
Barbara Dimanski, Dipl.-Grafik-<br />
Designerin AGD/BBK<br />
Steffen Schenk (Inhaltsverzeichnis)<br />
Anzeigen / Layout / Gesamtherstellung:<br />
Digital Druckservice <strong>Halle</strong> GmbH<br />
Kutschgasse 4<br />
06108 <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
Telefon: 0345 47 88 601<br />
Fax: 0345 47 88 602<br />
E-Mail: info@digitaldruck-halle.de<br />
Mediadaten:<br />
www.pr.uni-halle.de/mediadaten<br />
Druck:<br />
IMPRESS Druckerei Halbritter KG<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Einer der bekanntesten Lehrer der Literaturgeschichte:<br />
Wilhelm Buschs „Lehrer Lämpel“,<br />
Opfer im vierten Streich von Max und Moritz.<br />
Quelle: wikipedia<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge<br />
geben die Meinung der Autoren wieder.<br />
Bei unverlangt eingesandten Texten/<br />
Fotos besteht keine Gewähr für einen<br />
Abdruck. Die Redaktion behält sich<br />
Änderungen eingesandter Texte vor.<br />
Der Nachdruck von Artikeln ist bei<br />
Angabe der Quelle gestattet. Die<br />
Redaktion bittet um ein Belegexemplar.<br />
scientia halensis erscheint mit freundlicher<br />
Unterstützung der Vereinigung der<br />
Freunde und Förderer der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<br />
<strong>Universität</strong> <strong>Halle</strong>-<strong>Wittenberg</strong> e. V. (VFF)<br />
Titelbild: Maike Glöckner<br />
3<br />
V ORWORT
4<br />
I NHALT<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Webcodes im Heft<br />
Das Unimagazin ist bekanntlich auch im Internet zu finden<br />
unter www.unimagazin.uni-halle.de. Die Redaktion<br />
bietet dort aktuelle Beiträge und ergänzende Informationen<br />
zu Artikeln im Heft. Unter einigen Beiträgen sind<br />
Webcodes genannt. Mit deren Hilfe können Sie direkt<br />
zur entsprechenden Internetseite gelangen. Nutzen Sie<br />
einfach die Internetseite www.uni-halle.de/webcode.<br />
Dort können Sie den entsprechenden Webcode eingeben.<br />
Er beginnt in der Regel mit den Buchstaben SH,<br />
gefolgt von einem Bindestrich und drei Ziffern.<br />
Die Redaktion wünscht Ihnen einen guten Kurz-Trip in<br />
die Web-Welt!<br />
Varia<br />
Meldungen 6<br />
Sprachsalat 7<br />
Kinderbetreuung im Herbst /<br />
Neubauten geplant<br />
Bilderrätsel 7<br />
Magisterarbeit zu Malerschulen:<br />
Italien in <strong>Halle</strong><br />
Ausstellung im <strong>Universität</strong>smuseum<br />
zeigt Reproduktionsgraphiken<br />
7<br />
8<br />
10<br />
Titelthema<br />
Gute Lehrer braucht das Land<br />
Die Lehramtsausbildung in Sachsen-Anhalt steht im Fokus einer lebhaften<br />
Debatte, die auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung<br />
geführt wird. Über bestehenden Optimierungsbedarf, aber auch die Pflichten<br />
des Landes, sprechen Prorektor Christoph Weiser und der Direktor des<br />
Zentrums für Lehrerbildung (ZLB) Thomas Bremer im Interview. Was<br />
das ZLB leistet und wie angehende Lehrer ihre Ausbildung sehen, ist in<br />
weiteren Beiträgen zum Titelthema nachzulesen, unter anderem in einem<br />
Feature über das Referendariat.<br />
Foto: Maike Glöckner<br />
20<br />
„Kicken mit Kopf“<br />
„Im Interesse des Landes“ 10<br />
Interview zur Lehramtsausbildung mit<br />
Prorektor Christoph Weiser und dem Direktor<br />
des Zentrums für Lehrerbildung<br />
(ZLB) Thomas Bremer<br />
Hintergrund: Kritik und<br />
Klarstellung, Mängel und<br />
Maßnahmen<br />
Fußball ist bei Deutschlands Kindern<br />
wohl der beliebteste Freizeitsport. Eine<br />
studentische Gruppe möchte das Fußballtraining<br />
nutzen, um bei den kleinen<br />
Kickern das Interesse an Bildung<br />
zu wecken. Zwischen Schießen und<br />
Rennen stehen dann auch Lesen und<br />
Rechnen auf dem Trainingsprogramm.<br />
Abbildung: Scott Maxwell / Fotolia<br />
Die Heimat in der<br />
Barfüßerstraße<br />
Zentrum für Lehrerbildung bietet Studierenden<br />
viele Service-Leistungen<br />
Chemiker stärken<br />
Begeisterung von Schülern an<br />
Naturwissenschaften<br />
11<br />
13<br />
14<br />
Schulpraktika im Ausland 14<br />
Medieneinsatz im Unterricht 14<br />
Vor der Klasse und zwischen<br />
den Stühlen<br />
Wie Uni-Absolventen beim Lehren lernen<br />
unter Druck stehen<br />
15<br />
Kolumne von Dr. Zeitgeist 17<br />
Ganz normal – und doch ganz<br />
anders<br />
Zwei Exoten im Kurzportrait<br />
18<br />
Some stories are also available in English on our<br />
international website www.international.uni-halle.de<br />
Please look for the flag!
34<br />
Neuer Rektor im Interview<br />
Studieren, lehren, leben<br />
Nicht nur Fußball im Kopf 20<br />
Studierende initiieren Projekt, bei dem<br />
Sport mit Bildung verknüpft wird<br />
Förderinitiative erleichertert<br />
Berufseinstieg<br />
Eine smarte Karte gegen die<br />
Passwortflut<br />
Schnelle Orientierung leicht<br />
gemacht<br />
„Campus Maps“ – das neue Online-Angebot<br />
der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong><br />
22<br />
22<br />
23<br />
Mehr Raum für die Musik 24<br />
Institut für Musik wächst um ein Drittel<br />
Medizin studieren mit<br />
Online-Quiz<br />
E-Learnig-Projekt „HaMeeL“<br />
25<br />
26<br />
Der erste Monat als Rektor liegt bereits hinter Professor Udo<br />
Sträter, die feierliche Investitur findet am 8. <strong>Oktober</strong> statt. Im<br />
großen Interview mit dem Unimagazin spricht Sträter über seine<br />
Philosophie und die Themen, die unter den Nägeln brennen.<br />
Foto: Maike Glöckner<br />
Forschen und publizieren<br />
Libysche Honigbienen<br />
26<br />
sorgen für Wirbel<br />
MLU-Doktorand entdeckt unbekannte<br />
Unterart und liefert damit Forschungsstoff<br />
Die Subsahara-Connection 28<br />
Ethnologen erforschen Konfliktmanagement<br />
in Afrika<br />
Neue Funktionen eines<br />
29<br />
„alten“ Vitamins<br />
Forschungsprojekt soll Zusammenhang<br />
zwischen Vitamin-D-Status und Gesundheit<br />
des Herz-Kreislauf-Systems klären<br />
(Fach-)Literaturfabrik 30<br />
Meldungen 31<br />
Erster Jubel im Juli 1985 32<br />
25 Jahre In-vitro-Fertilisation in <strong>Halle</strong><br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Libysche Bienen wecken großes Forscher-Interesse<br />
Der MLU-Doktorand Dr. Taher Shaibi hat bei Forschungsarbeiten in der nordafrikanischen<br />
Kufra-Oase eine bisher unbekannte Unterart der Sahara-Honigbiene entdeckt.<br />
Die libyschen Wildbienen sind frei von einem Parasiten, der weltweit eine Großzahl ihrer<br />
Artgenossen befallen hat – und könnten<br />
dadurch ein internationales Forschungsprojekt<br />
voranbringen, das von halleschen<br />
Zoologen koordiniert wird.<br />
Foto: Heinz Waldukat / Fotolia<br />
40<br />
Zähne zeigen<br />
Der zurückgetretene Bundespräsident Horst Köhler<br />
(Foto) war laut Jürgen Setz der Erste, dessen<br />
Zähne auf einem offiziellen Foto als deutsches<br />
Staatsoberhaupt sichtbar wurden. Woher Setz<br />
das weiß? Der Direktor der MLU-Poliklinik für<br />
zahnärztliche Prothetik untersucht in seiner Freizeit<br />
Porträts aller Art aus der Geschichte und der<br />
Gegenwart unter dem Gesichtspunkt, ob Zähne<br />
gezeigt werden oder nicht.<br />
Foto: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung,<br />
Bundesbildstelle, Bernd Kühler<br />
Personalia<br />
Neue Dekane im Amt 33<br />
Innovationspreis für Pädagogen 33<br />
„Ich gehe mit jedem Milliardär<br />
essen“<br />
Ausführliches Interview mit<br />
Rektor Udo Sträter<br />
34<br />
Neuberufungen 37<br />
Zeigt her eure Zähne 40<br />
Jürgen Setz hat ein ungewöhnliches<br />
Hobby<br />
20 Fragen an Thomas Knebel 42<br />
Verbales Portrait eines Zeitgenossen<br />
5<br />
I NHALT
6<br />
V ARIA<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Bild: „Deutschland – Land der Ideen“<br />
Doppelte Auszeichnung für Institut<br />
für deutsche Sprache und Kultur<br />
Das Institut für deutsche Sprache und Kultur<br />
e. V. in <strong>Wittenberg</strong> wurde am 9. September als<br />
„Ausgewählter Ort <strong>2010</strong>“ geehrt. Unter 2200<br />
Bewerbern konnte sich das An-Institut der<br />
MLU als einer von 365 Preisträgern durchsetzen.<br />
Für das Weiterbildungsprojekt mit europäischen<br />
Deutschlehrern erhielt die Einrichtung<br />
außerdem den Sonderpreis „Gelebte Einheit“.<br />
Der Preis wird von der Initiative „Deutschland<br />
- Land der Ideen“ an Projekte vergeben, die<br />
die positiven Auswirkungen des Zusammenwachsens<br />
von Ost und West beispielhaft verdeutlichen.<br />
„Seit Juni <strong>2010</strong> können Deutschlehrer<br />
aus anderen Ländern bei uns ihr Wissen<br />
über Deutschland und Europa in Fortbildungen<br />
und Exkursionen auffrischen und vertiefen.<br />
Außerhalb der Seminare bekommen die<br />
Teilnehmer die Chance, durch Gespräche mit<br />
<strong>Wittenberg</strong>er Gasteltern individuelle Einblicke<br />
in die Veränderungen der letzten 20 Jahre zu<br />
gewinnen“, erläutert Geschäftsführerin Stefanie<br />
Rieger die Grundidee des ausgezeichneten<br />
Projekts.<br />
Am Tag der Preisverleihung präsentierte sich<br />
das Institut für deutsche Sprache und Kultur<br />
mit einem Tag der offenen Tür und bot Einblick<br />
in die Arbeit mit internationalen Studierenden.<br />
„Wir empfinden die Auszeichnung als<br />
Anerkennung unseres ganz unspektakulären<br />
Bemühens, als Institut unseren Teil zur innerdeutschen<br />
Einheit beizutragen und ihren Wert<br />
für eine weltoffene, tolerante, um Austausch<br />
bemühte Nation zu vermitteln“, sagte Institutsdirektor<br />
Prof. Dr. Hans-Joachim Solms.<br />
Seit 1996 veranstaltet das Institut sprach- und<br />
landeskundliche Kurse sowie Weiterbildungen<br />
auf dem Gebiet Deutsch als Fremdsprache.<br />
Ein Schwerpunkt liegt in der Durchführung<br />
von Study-Abroad-Programmen für amerikanische<br />
und japanische Partneruniversitäten des<br />
Instituts und der MLU. Die Programme richten<br />
sich an internationale Studierende, Graduierte<br />
und Akademiker. Corinna Bertz<br />
<strong>Halle</strong> � Stadt der Wissenschaft 2012?<br />
<strong>Halle</strong> bewirbt sich um den Titel „Stadt der<br />
Wissenschaft 2012“. An der Bewerbung beteiligen<br />
sich die <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong>, die<br />
Burg Giebichenstein Hochschule für Kunst<br />
und Design, die Franckeschen Stiftungen<br />
sowie die Deutsche Akademie der Naturforscher<br />
Leopoldina. „Mit diesen wissenschaftlichen<br />
Schwergewichten und den Bürgern<br />
bauen wir zurzeit ein Netzwerk für Projekte<br />
und Konzepte auf“, sagt Projektkoordinator<br />
Bernd Seuren. Von Juli bis September konn-<br />
Studierenden-Service-Center eröffnet<br />
Mitten im Sommer, am 12. Juli, war es soweit:<br />
Das neue Studierenden-Service-Center (SSC)<br />
im Löwengebäude wurde feierlich eröffnet.<br />
Ob sie Fragen zum Studium oder zum BAföG,<br />
zum Wohnen oder zur Karriereplanung haben<br />
– im SSC sollen Studieninteressenten und Studierende<br />
alle Antworten bekommen. „Sie dürfen<br />
guten Service in ansprechender Atmosphäre<br />
erwarten“, sagt Kanzler Dr. <strong>Martin</strong> Hecht.<br />
Die zentrale Anlaufstelle entstand durch einen<br />
Umbau des Erdgeschosses im Löwengebäude<br />
(siehe scientia halensis 3/<strong>2010</strong>, S. 21). Frische<br />
Farben, helles Holz und warmes Licht sollen<br />
eine freundliche Beratungsumgebung schaffen.<br />
Im Eingangsbereich wurde eine Infothek<br />
eingerichtet. Einige Fragen kann man dort<br />
Tagung zu Ehren Melanchthons<br />
Die Melanchthon-Büste, die vor der Aula im Löwengebäude<br />
der MLU aufgestellt ist. Gestaltet hat sie<br />
Gerhard Marcks 1930/31. Foto: Zentrale Kustodie<br />
ten Bürger ihre Ideen und Vorschläge online<br />
abgeben oder in einem Bürgerbriefkasten am<br />
Ratshof einwerfen. Bis 20. <strong>Oktober</strong> muss die<br />
Bewerbung der Stadt beim Stifterverband für<br />
die deutsche Wissenschaft eingereicht werden.<br />
Ende November wird dann bereits feststehen,<br />
ob <strong>Halle</strong> zu den drei verbliebenen Kandidaten<br />
für den Titel gehört. Prof. Dr. Reinhard Neubert<br />
koordiniert das Projekt von Seiten der<br />
<strong>Universität</strong>.<br />
Corinna Bertz<br />
gleich klären – und sich ansonsten für einen<br />
Beratungstermin anmelden. Das Immatrikulationsamt<br />
und die Studienberatung hatten<br />
bereits Anfang April ihre Arbeit in neugestalteten<br />
Räumen aufgenommen. Weitere Dienstleister<br />
sind nun hinzugekommen: Mitarbeiter<br />
des Career-Centers und des MLU-Weiterbildungsreferats<br />
sowie Vertreter externer Partner,<br />
namentlich des Studentenwerks <strong>Halle</strong> und der<br />
Agentur für Arbeit. Geöffnet ist das SSC montags<br />
bis donnerstags von 10 bis 16 Uhr und<br />
freitags von 10 bis 13 Uhr.<br />
Carsten Heckmann<br />
Mehr über das SSC lesen Sie in der kommenden<br />
Ausgabe des Unimagazins.<br />
Zum 450. Todestag Philipp Melanchthons<br />
veranstaltet die <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong><br />
<strong>Halle</strong>-<strong>Wittenberg</strong> in Zusammenarbeit mit der<br />
Stiftung LEUCOREA, der Evangelischen Kirche<br />
Deutschlands (EKD) und der Deutschen<br />
Forschungsgemeinschaft (DFG) vom 13. bis<br />
15. <strong>Oktober</strong> <strong>2010</strong> eine Tagung in der Leucorea<br />
zu <strong>Wittenberg</strong>.<br />
Spiritus rector der Konferenz Prof. Dr. Heiner<br />
Lück, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches<br />
Recht und Rechtsgeschichte an der MLU, freut<br />
sich auf die zahlreichen Vorträge namhafter<br />
Kenner des Humanisten aus Deutschland, Europa<br />
und den USA, mit denen man der Person<br />
Melanchthon und seines Schaffens gedenken<br />
wird.<br />
Melanie Zimmermann<br />
Weitere Informationen:<br />
http://lueck.jura.uni-halle.de/termine/ oder:<br />
http://www.leucorea.de/veranstaltungskalender/<br />
index.php?id=2116)
ıBitte einmal gemischten Sprachsalat ⁄„<br />
Diesmal nach recht mangelhafter Rezeptur bereitet<br />
„Der Dativ in den Zeiten der Sparsamkeit“<br />
– das ist kein Buchtitel, könnte aber einer werden:<br />
falls mal jemand alle Fälle (!) zusammenträgt,<br />
in denen dem guten alten dritten Fall Gewalt<br />
angetan wird. Zwar wurde das Phänomen<br />
schon besprochen (scientia halensis 3/08, Seite<br />
34), trotzdem nimmt der Missbrauch überhand.<br />
Was Sprecher und Schreiber – sogar renommierte<br />
Redakteure – tun, ist simpel: Sie<br />
kastrieren den Casus obliquus, indem sie ihn<br />
kurzerhand des oder der beiden letzten Lettern<br />
berauben!<br />
So hieß es in „Lesezeichen“ am 26. Mai 2004<br />
(BR): „Mit Beginn des Ersten Weltkriegs wird<br />
der Pazifist Thoma zum Patriot.“ Im Teil II<br />
von „Messners Alpen“ sagte am 31. Dezember<br />
2007 (SWR) ein Tourismusmanager über das<br />
Ötz-Tal: „Wenn man am Obelisk steht, dann<br />
hat das ja auch was Meditatives.“<br />
In einem Berlinale-Bericht der Mitteldeutschen<br />
Zeitung am 22. Februar <strong>2010</strong> war zu lesen:<br />
„Es ist erst der dritte türkische Hauptpreis<br />
bei einem internationalen A-Festival, nach<br />
dem Goldenen Bär 1964 …“<br />
Zeichnung:<br />
Oliver Weiss<br />
Neubauten geplant<br />
Etappensieg für die MLU und das Land Sachsen-Anhalt:<br />
Der Wissenschaftsrat befürwortet<br />
in seinen diesjährigen Empfehlungen zur Förderung<br />
von Forschungsbauten an Hochschulen<br />
die Errichtung des „Proteinzentrums <strong>Halle</strong>“.<br />
Der Neubau mit einer Hauptnutzfläche von<br />
rund 5400 m 2 soll bis 2015 auf dem Weinberg<br />
Campus entstehen, in direkter Nachbarschaft<br />
zum Gebäude des Instituts für Biochemie und<br />
Biotechnologie. Über die Förderung des 38-<br />
Millionen-Euro-Projekts entscheidet nun im<br />
<strong>Oktober</strong> die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz<br />
(GWK) von Bund und Ländern. Mit dem<br />
Zentrum könnte es noch mal eine deutliche<br />
Verbesserung der Forschungsbedingungen im<br />
Bereich der Proteinbiochemie geben, die einen<br />
Forschungsschwerpunkt der MLU darstellt.<br />
Weiter fortgeschritten sind indes die Planungen<br />
Schon 2009 wurde das gleiche Tier in einem<br />
Kinderbüchlein einer Hotel-Kette amputiert:<br />
„Eilig laufen die Kinder dem Bär hinterher.“<br />
Und „So findet die große Suche vom kleinen<br />
Bär ein glückliches Ende.“ Bei „Genial daneben“<br />
am 25. Juni <strong>2010</strong> (Sat 1) vermutete<br />
eine Kandidatin, der Begriff „Schuppentafel“<br />
könne „vom Architekt“ verwendet werden.<br />
Eine Schoko-Muffins-Backmischung „für<br />
einen dunklen Rührteig mit Schokoladestücke“<br />
bietet die Firma RUF an; auf Sachsenmilch-<br />
Tetrapaks steht unter der Zeichnung einer<br />
Dreijährigen: „Ich und meine Schwester. [...]<br />
Ihr erkennt sie an dem großen Herz.“ Am 3.<br />
August zeigte der Pfarrer von St. Pauli im<br />
ZDF-Morgenmagazin ein Tattoo der Symbole<br />
Glaube, Liebe und Hoffnung „mit diesem<br />
wunderschönen roten Herz.“ Über virtuelle<br />
Welten las man in chrismon 08/<strong>2010</strong>: „Fällt<br />
Cybermobbing mit Prügel zusammen: fatal für<br />
eine Persönlichkeit.“<br />
Das Ganze ist wie ein Flexionskrimi, der heißt:<br />
„Warten auf den nächsten Duden“ – indes hat<br />
die aktuelle 25. Auflage diesen Nörgeltext<br />
noch nicht ad absurdum geführt! Der Fairness<br />
halber sei aber erwähnt, dass es bereits<br />
von Jahrhunderten Sprachsparmaßnahmen<br />
gab: Eines der ältesten Gasthäuser in <strong>Halle</strong><br />
heißt seit 1534 „Zum Mohr“.<br />
Doch das Ärgernis hat durchaus auch eine<br />
positive Seite. Es müsste sich bloß einer<br />
die Mühe machen auszurechnen, wie viel<br />
Druckerschwärze – also bares Geld<br />
– man mittels kupierter Dative<br />
einsparen kann: pro<br />
Zeitung, pro Tag, pro<br />
Woche oder Monat, pro<br />
Jahr … ja pro Leben!<br />
Margarete Wein<br />
für das Internationale Begegnungszentrum,<br />
das die MLU zusammen mit der Deutschen<br />
Akademie der Naturforscher Leopoldina – Nationale<br />
Akademie der Wissenschaften – plant.<br />
„Baubeginn wird Anfang 2011 sein“, sagt<br />
Kanzler Dr. <strong>Martin</strong> Hecht. 2012 soll das Haus<br />
auf dem Areal hinter dem Verwaltungsgebäude<br />
der <strong>Universität</strong>sbibliothek in der Emil-Abderhalden-Straße<br />
stehen. 3,4 Millionen Euro wird<br />
es kosten. Das Land Sachsen-Anhalt zahlt<br />
den größten Teil, zudem hat die Leopoldina<br />
800.000 Euro bei der Alfried Krupp v. Bohlen<br />
und Halbach-Stiftung eingeworben. Gedacht<br />
ist das Begegnungszentrum für internationale<br />
Gastwissenschaftler, die in <strong>Halle</strong> lehren und<br />
forschen. „Vielversprechend sind insbesondere<br />
die Kooperationsprojekte mit der Leopoldina“,<br />
so Kanzler Hecht. Carsten Heckmann<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Bilderrätsel<br />
Was zeigt dieses Bild?<br />
Wie in den letzten Heften ist des Rätsels<br />
Lösung wieder in diesem Unimagazin<br />
versteckt.<br />
Viel Vergnügen beim Lesen und Glück<br />
beim Betrachten der Bilder! Wer der Redaktion<br />
als erste(r) per Telefon, E-Mail,<br />
Fax oder (Haus-) Post die richtige Lösung<br />
übermittelt, auf die oder den wartet ein<br />
Gutschein im Wert von 15 Euro, einzulösen<br />
im Uni-Shop im Marktschlösschen.<br />
Das Rätselfoto in der scientia halensis<br />
3/10, Seite 8, zeigte einen Ausschnitt<br />
der Wandtafel hinter Marian Kogler auf<br />
Seite 42. Heike Nowak fand das Bild<br />
am schnellsten. Sie ist Sekretärin am<br />
Institut für Psychologie und beteiligt<br />
sich regelmäßig am Bilderrätsel. Den<br />
versprochenen Gutschein für den nächsten<br />
Einkauf im Uni-Shop hat sie bereits<br />
erhalten. Sie wird ihn wahrscheinlich für<br />
ihre Tochter, die an der MLU studiert,<br />
einsetzen.<br />
Kinderbetreuung in Herbstferien<br />
In den kommenden Herbstferien können Kinder<br />
von Studierenden und Beschäftigten erneut<br />
an einer einwöchigen Ferienfreizeit teilnehmen.<br />
Vom 18. bis zum 22. <strong>Oktober</strong> werden die<br />
Kinder im Alter von sieben bis zwölf Jahren<br />
vormittags am Puppentheater <strong>Halle</strong> einen<br />
Workshop besuchen.<br />
An den Nachmittagen sind unter anderem<br />
Ausflüge in die Heide und zum Planetarium<br />
geplant. Die Kinder werden von 8 bis 16 Uhr<br />
von Mitarbeitern des audit-Projekts „familiengerechte<br />
hochschule“ und des Theaters betreut.<br />
Anmeldungen sind noch bis zum 8. <strong>Oktober</strong><br />
auf der Seite www.uni-halle.de/familiengerecht<br />
möglich. Das Angebot wird in Kooperation<br />
mit der Theater, Oper und Orchester GmbH<br />
<strong>Halle</strong> organisiert.<br />
Corinna Bertz<br />
7<br />
V ARIA
8<br />
V ARIA<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Magisterarbeit zu Malerschulen: Italien in <strong>Halle</strong><br />
Ausstellung im <strong>Universität</strong>smuseum zeigt Reproduktionsgraphiken<br />
R ALF-TORSTEN SPELER<br />
Im Rahmen der langjährigen Zusammenarbeit zwischen der Zentralen Kustodie und dem Institut für Kunstgeschichte und Archäologien Europas<br />
wird erneut eine studentische Abschlussarbeit der Öffentlichkeit vorgestellt. Claudia Steinicke hat sich in ihrer Magisterarbeit mit Reproduktions-<br />
und Originalgraphiken des 16. bis 19. Jahrhunderts nach italienischen Malerschulen beschäftigt.<br />
Venus von Urbino, Unbekannter italienischer Maler nach Tizian, Öl auf Leinwand, um 1770<br />
Foto: Kulturstiftung DessauWörlitz, Heinz Fräßdorf<br />
Venus von Urbino, Robert Strange nach Tizian, Kupferstich, 1768<br />
Foto: Zentrale Kustodie<br />
Das Kupferstichkabinett als künstlerischkunsthistorische<br />
Lehrmittelsammlung, 1820<br />
durch den halleschen Professor für Theorie<br />
und Ausübung der Mal- und Zeichenkunst<br />
Adam Immanuel Weise (1775–1850) gegründet,<br />
wurde dem damaligen Lehrauftrag entsprechend<br />
nach europäischen Malerschulen<br />
geordnet. Deshalb besteht die Kunstsammlung<br />
zum größten Teil aus Reproduktionsgraphiken<br />
der Malerei der Weltkunst. Diese sind<br />
nicht nach dem Kupferstecher, sondern nach<br />
dem Künstler der Vorlage, dem sogenannten<br />
Inventor, geordnet gewesen.<br />
Besonders unter den ersten drei Inspektoren<br />
des Kupferstichkabinetts wurde der Hauptteil<br />
der graphischen Blätter nach italienischen<br />
Malerschulen angeschafft. Der zweite Inspektor<br />
des Kabinetts und langjährige Mitdirektor<br />
der Antiken- und Münzsammlung der <strong>Universität</strong>,<br />
Hermann Ulrici, beschäftigte sich in<br />
seiner Amtszeit zwischen 1850 und 1884 mit<br />
den großen Meistern der italienischen Malerei,<br />
wie Leonardo da Vinci, Michelangelo,<br />
Tizian und Raffael. Seine kunsthistorischen<br />
Vorlesungen, Vorträge und Abhandlungen<br />
sind in einem 291 Seiten starken Sammelband<br />
von 1876 unter dem Titel „Abhandlungen zur<br />
Kunstgeschichte aus angewandter Ästhetik“<br />
nachzulesen.<br />
Sein Nachfolger Gustav Droysen, Professor<br />
für Geschichte und Mitinitiator des Museumsneubaus<br />
für das Kupferstichkabinett und<br />
die Archäologische Sammlung (heute Robertinum),<br />
gab ab Sommersemester 1885 zehn<br />
Studienjahre lang kunsthistorische Vorlesungen,<br />
vor allem zur Geschichte der italienischen<br />
Kunst des 12. bis 16. Jahrhunderts<br />
unter besonderer Berücksichtigung der Kupferstichsammlung.<br />
In diesem wissenschaftlichen<br />
Zusammenhang bemerkt Droysen in<br />
einem Memorandum an den <strong>Universität</strong>skurator<br />
Wilhelm Schrader vom 24. Juli 1884: „Die<br />
Sammlung, die eine gute Anzahl werthvoller<br />
Blätter von Stechern und peintre-graveurs<br />
enthält …“ ist durch das Fehlen eines Katalogs<br />
erschwert zu benutzen. „Systematisch<br />
ist nicht für einen Künstler gesammelt. Nicht<br />
einmal für Raffael. Für Michelangelo ist das<br />
Material ganz unzureichend“.<br />
Er fordert weiter, diese durch „jene billigen<br />
italienischen Fotografien“ oder durch Reproduktionen<br />
zu ergänzen. Erst unter Wilhelm<br />
Waetzoldt und Paul Frankl wurde die Kupferstichsammlung<br />
zwischen 1916 und 1921 wis-
senschaftlich katalogisiert und inventarisiert.<br />
Diese Ordnung und der Katalog sind nach<br />
dem Zweiten Weltkrieg verloren gegangen.<br />
Ausgestellt wird nun eine Auswahl aus der<br />
digitalen Erfassung des italienischen Sammlungsbestandes<br />
aus der computergestützten<br />
Generalinventur. Die Ausstellung zeigt nach<br />
dem historischen Sammlungsprinzip Werke<br />
der Florentinischen, Venezianischen, Bolognesischen,<br />
Römischen, Lombardischen,<br />
Genuesischen und Neapolitanischen Malerschulen.<br />
Es wird erstmalig ein Überblick über<br />
die italienische Malerei anhand der an der<br />
<strong>Universität</strong> gesammelten Reproduktionsgraphiken<br />
gezeigt.<br />
Zum künstlerischen Vergleich werden an ausgesuchten<br />
Beispielen Originalgemälde meis-<br />
Ausstellung: ıItalien in <strong>Halle</strong>„<br />
Zentrale Kustodie - Museum universitatis<br />
Löwengebäude, <strong>Universität</strong>splatz 11,<br />
10. Dezember bis 11. Februar 2011, Eröffnung: 9. Dezember, 18 Uhr<br />
Öffnungszeiten:<br />
Dienstags bis freitags von 10 bis 13 Uhr und von 14 bis 18 Uhr, sonntags von 14 bis 18 Uhr<br />
(montags, samstags und an Feiertagen geschlossen)<br />
Führung:<br />
Sonntag, 19. Dezember, 15 Uhr<br />
■<br />
tens in Form von Farbfotographien herangezogen.<br />
Ein Höhepunkt der Ausstellung ist ein<br />
Gemälde der Kulturstiftung DessauWörlitz.<br />
Diese Kopie des 18. Jahrhunderts von Tizians<br />
„Ruhender Venus“ brachte der Dessauer<br />
Fürst Leopold Friedrich Franz von seiner<br />
berühmten Bildungsreise aus Italien 1766 als<br />
Erinnerung mit.<br />
Das Kupferstichkabinett besitzt von Tizians<br />
Gemälde einen Reproduktionsstich des<br />
englischen Kupferstechers Robert Strange,<br />
der das Original vor Ort 1764 gezeichnet und<br />
1768 in London gestochen hat. Friedrich Wilhelm<br />
von Erdmannsdorff, der Reisedirektor<br />
des Fürsten, erwähnt in seinem Italientagebuch<br />
diesen bedeutenden Graphiker. ■<br />
®<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Dr. Ralf-Torsten Speler<br />
Große Steinstraße 10 · 06108 <strong>Halle</strong><br />
Telefon (03 45) 2029241<br />
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Der Kustos plaudert<br />
Die meisten kennen ihn, und wer ihn kennt,<br />
der weiß es: Kaum einer kann erzählen wie der<br />
Kustos der MLU Dr. Ralf-Torsten Speler. Seit<br />
etwa drei Jahrzehnten ist der stets Querbinder<br />
tragende Kunsthistoriker an der halleschen<br />
Alma mater in verschiedenen Ämtern tätig und<br />
hat nicht nur ein fundamentales Wissen über<br />
die Geschichte unserer <strong>Universität</strong> angehäuft,<br />
sondern auch so einiges miterlebt – von den<br />
Kuriositäten der ersten freien Investitur 1990<br />
bis hin zur kaiserzeitlichen Granate im Löwengebäude.<br />
Ab <strong>Oktober</strong> teilt er seine Anekdoten<br />
mit uns im „Plauderkasten“.<br />
Melanie Zimmermann<br />
www.uni-halle.de/webcode<br />
Zum Plauderkasten: SH-937<br />
Zentrale Kustodie<br />
Telefon: 0345 55 21732<br />
E-Mail: r-t.speler@kustodie.uni-halle.de<br />
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T ITELTHEMA<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
ıIm Interesse des Landes„<br />
Lehramtsausbildung im Fokus / Interview mit Christoph Weiser und Thomas Bremer<br />
U TE OLBERTZ<br />
Das Thema Lehrerbildung ging im Sommer durch die Presse. Kultusstaatssekretär Winfried Willems hatte auf einer Tagung des Zentrums für<br />
Lehrerbildung (ZLB) Kritik an der Lehramtsausbildung in <strong>Halle</strong> geübt – und damit eine Debatte um das Lehramtsstudium entfacht (siehe Kasten).<br />
Willems sprach vom „Egoismus der Fachwissenschaften“ und zu wenig Praxisorientierung. Weitere Politiker kritisierten, die Ausbildung gehe am<br />
Bedarf vorbei. Im Vorfeld der Verhandlungen über die Lehrerzielvereinbarungen zwischen Land und <strong>Universität</strong> sprach scientia halensis mit dem<br />
Prorektor für Studium und Lehre Prof. Dr. Christoph Weiser und dem Geschäftsführenden ZLB-Direktor Prof. Dr. Thomas Bremer.<br />
Die Äußerungen des Staatssekretärs nahm die<br />
<strong>Universität</strong> nicht unwidersprochen hin ⁄<br />
Weiser: Ja, es gab dazu einen offenen Brief<br />
des Rektors an die Kultusministerin Birgitta<br />
Wolff, in dem klar dargestellt wird, dass die<br />
hallesche <strong>Universität</strong> gerade bei der Praxisorientierung<br />
in der Lehrerbildung bundesweit<br />
zu den führenden Hochschulen zählt und dass<br />
insbesondere die modularisierten Studienangebote<br />
breite Anerkennung erfahren. Anders<br />
verhält es sich jedoch mit der Kritik, die Uni<br />
werde bei der Ausbildung neuer Pädagogen<br />
dem Bedarf nicht gerecht, der wir uns stellen<br />
müssen.<br />
Wie kommt es, dass sich die Lehrerausbildung<br />
in <strong>Halle</strong> bisher nicht am Bedarf orientiert?<br />
Weiser: Es ist richtig, dass sich derzeit viel<br />
mehr Studieninteressenten für das Lehramt an<br />
Gymnasien einschreiben als für die anderen<br />
Schultypen. Somit entsteht ein Ungleichgewicht,<br />
denn in den nächsten Jahren werden in<br />
Sachsen-Anhalt vor allem Sekundar-, Grund-<br />
und Förderschullehrer dringend gebraucht. Die<br />
bisherigen und noch laufenden Zielvereinbarungen<br />
sind allerdings nicht nach Schultypen<br />
ausdifferenziert. Das Land hat auch bisher<br />
bei der Uni keine Bedarfe in den einzelnen<br />
Schulformen angemeldet. Aber es hängt auch<br />
weniger an der Ausbildung, das Image von<br />
Sekundarschulen müsste verbessert werden.<br />
Letztlich können die jungen Leute nicht in ein<br />
Studium gezwungen werden, das nicht ihrem<br />
Wunsch entspricht.<br />
Bremer: Man muss den Vorwurf an zwei Stellen<br />
an das Land zurückgeben: Erstens hat es<br />
nie einen – vor allem auch fächerspezifischen<br />
– Bedarf angemeldet, wie wir das seit vielen<br />
Jahren gefordert haben, und zweitens hat es<br />
über Jahre hinweg nur sehr wenige Lehrer<br />
eingestellt. Da ist es natürlich, dass sich Studierende<br />
eher den Bedarf von Baden-Württemberg<br />
und Niedersachsen ansehen, wenn sie<br />
wissen, dass sie in Sachen-Anhalt kaum Chancen<br />
auf Einstellung haben. Das Land hat nicht<br />
rechtzeitig von „Lehrer-Export“ auf Eigenbedarf<br />
umgestellt, das rächt sich jetzt. Insofern<br />
bin ich froh, dass sich das ändern soll.<br />
Prof. Dr. Christoph Weiser Prof. Dr. Thomas Bremer. Fotos: Ute Olbertz<br />
Das Zentrum für Lehrerbildung und das<br />
Prorektorat haben mit Blick auf die<br />
anstehenden Zielvereinbarungen ein<br />
Lehrerbildungskonzept für die MLU entwickelt,<br />
das der Akademische Senat im Herbst<br />
erörtern wird. Welche Gesichtspunkte spielten<br />
bei der Erarbeitung eine Rolle?<br />
Weiser: Ausgehend von einer Analyse der<br />
aktuellen Situation soll die Ausbildung so<br />
aufgestellt werden, dass sie eine hohe Qualität<br />
genießt und die Zielvereinbarungen zur<br />
Lehramtsausbildung entlang der Bedarfe des<br />
Landes ausgerichtet sind. Vor allem brauchen<br />
wir jetzt Ruhe, um den Konzeptentwurf<br />
innerhalb der Uni diskutieren zu können und<br />
zu einem reifen Beschluss zu gelangen. Sieben<br />
der neun Fakultäten sind in die Ausbildung<br />
verschiedenster Fächer der vier Schulformen<br />
involviert, die Debatte soll entsprechend breit<br />
geführt werden. Denn es geht auch um mögliche<br />
Einschränkungen und Vorgaben bei künftigen<br />
Fächerkombinationen.<br />
Bremer: Das Konzept zielt darauf, klar zu machen,<br />
was an der <strong>Universität</strong> geschehen muss,<br />
um mit begrenzten Ressourcen eine profilierte<br />
Lehrer-Ausbildung – gerade im Interesse des<br />
Landes – zu erreichen. Das kann das Land aber<br />
nicht aus der Pflicht entlassen. Die politischen<br />
Debatten leiden immer darunter, dass der<br />
Faktor Zeit nicht hinreichend ernst genommen<br />
wird. Wer heute ein Lehramtsstudium aufnimmt,<br />
wird erst in vier bis fünf Jahren sein<br />
<strong>Universität</strong>sexamen machen und anschließend<br />
noch zwei Jahre Referendariat absolvieren –<br />
für das übrigens ausschließlich das Land, nicht<br />
die <strong>Universität</strong> verantwortlich ist – bis er nach<br />
dem Zweiten Staatsexamen eingestellt werden<br />
kann. Er wird also frühestens in sechs oder<br />
sieben Jahren als richtiger Lehrer zur Verfügung<br />
stehen. Deswegen ist es so wichtig, dass<br />
das Land rechtzeitig Bedarfsdaten bereitstellt.<br />
Es gibt schon seit längerem personelle<br />
Engpässe?<br />
Weiser: In den laufenden Zielvereinbarungen<br />
ist vereinbart, dass die MLU 500 bis 550<br />
Erstsemesterplätze bereitstellt, diese Zahlen<br />
wurden bisher – trotz personeller Engpässe<br />
– erfüllt. Ein kapazitärer Aufwuchs müsste<br />
entsprechend neu vorgegebener Kapazitäten<br />
finanziert werden.<br />
Bremer: In der ganzen <strong>Universität</strong> gibt es<br />
personelle Engpässe, also zwangsläufig auch
Kritik und Klarstellung, Mängel und Maßnahmen<br />
Ein Blick in die Zukunft der Schulen des<br />
Landes gibt gleich dreifach Grund zur Sorge:<br />
Im Schuljahr 2014/15 werden in Sachsen-Anhalt<br />
rund 8000 Schüler mehr unterrichtet als<br />
heute, hunderte von Lehrkräften stehen kurz<br />
vor der Pensionierung, und für die rund 3000<br />
bis 4000 jungen Lehrerinnen und Lehrer, die<br />
in den nächsten zehn Jahren im Schuldienst<br />
gebraucht werden, stehen nicht genug Ausbildungsplätze<br />
zur Verfügung.<br />
Der drohende Lehrermangel lässt sich jedoch<br />
nicht allein auf die demographische Entwicklung<br />
zurückführen. Rund 1000 Lehramts-Studienplätze<br />
standen in Sachsen-Anhalt jährlich<br />
für Erstsemester zur Verfügung. In einer<br />
„Gemeinsamen Ergänzungsvereinbarung über<br />
die universitäre Lehrerausbildung“ beschlossen<br />
das Kultusministerium und die <strong>Universität</strong>en<br />
<strong>Halle</strong>-<strong>Wittenberg</strong> und Magdeburg 2005,<br />
die Lehrerausbildung für allgemein bildende<br />
Schulen auf die MLU zu konzentrieren. Dabei<br />
wurde die Zahl der Lehramtsstudierenden<br />
drastisch reduziert.<br />
Auf den jetzt drohenden Lehrermangel<br />
reagierte die Landesregierung im Septem-<br />
in einigen Bereichen der Lehrerbildung. Unser<br />
Memorandum benennt auch Schwachstellen,<br />
an denen etwas getan werden muss, um den<br />
Standard zu halten. Dass sich derzeit die Landtagsparteien<br />
einig sind, zusätzliches Geld für<br />
die Lehrerbildung bereit zu stellen, ist daher<br />
sehr zu begrüßen.<br />
Wenn <strong>Universität</strong> und Landesregierung die<br />
Zielvereinbarungen aushandeln, was liegt<br />
Ihnen dabei besonders am Herzen?<br />
Weiser: Es geht darum, dass die Bedarfsstruktur<br />
vom Land eingebracht werden muss.<br />
Sie sollte so flexibel gestaltet werden, dass<br />
die Bedarfe dann auch ausgestattet werden<br />
ber 2009 mit einem Konzept zur Sicherung<br />
des Lehrkräftenachwuchses. In einem ersten<br />
Schritt wurde die Zahl der Neueinstellungen<br />
im Vorbereitungsdienst der Lehramtsanwärter<br />
von 170 auf 310 erhöht und eine Verkürzung<br />
des Dienstes auf 18 Monate beschlossen.<br />
Weitere Maßnahmen waren Thema der Tagung<br />
„Lehrerbildung – die Zukunft gestalten“,<br />
die am 11. Juni an der MLU stattfand.<br />
Vor Bildungsexperten, Lehrern und Studierenden<br />
griff Kultusstaatssekretär Winfried<br />
Willems in seinem Vortrag die Ausbildungspraxis<br />
an der halleschen Hochschule an: „Der<br />
Übergang zu Bachelor und Master hat die<br />
inhaltlichen Probleme des Lehramtsstudiums<br />
noch nicht gelöst – die pädagogische Ausbildung<br />
kommt nach wie vor zu kurz“, kritisierte<br />
er. „Es werden außerdem zu viele Gymnasiallehrer<br />
und zu wenig Grundschullehrer ausgebildet“,<br />
sagte der ehemalige Lehrer, dessen<br />
Kritik im Parlament parteiübergreifend auf<br />
Zustimmung traf.<br />
Willems forderte eine stärkere Lenkung der<br />
Lehrerausbildung durch das Zentrum für Lehrerbildung<br />
(ZLB) und kündigte umfangreiche<br />
können. Die Kapazität wiederum wird durch<br />
vorhandenes Personal bestimmt. Es bedarf<br />
also einer klaren und finanziell ausreichend<br />
untermauerten Zielvereinbarung. Es sind dabei<br />
auch Übereinkünfte zu indikatorengesteuerten<br />
Leistungsanreizen denkbar, die Zweckbindungen<br />
von Teilen des Budgets vorsehen.<br />
Bremer: Ich kann das, was Herr Weiser sagt,<br />
nur unterstreichen. Zwei Punkte möchte ich<br />
noch hinzufügen: Die Lehramtsstudierenden<br />
bilden einen wichtigen Anteil unserer Gesamtstudierenden.<br />
Das muss der <strong>Universität</strong> klar<br />
sein. Und dem Land muss klar werden, dass es<br />
sich bei Lehrern in einer Wettbewerbssituation<br />
mit anderen Bundesländern befindet. Beide<br />
Zielvereinbarungen<br />
Bis zum Jahresende handeln Kultusministerium<br />
und Hochschulen<br />
neue Zielvereinbarungen aus. In den<br />
Verträgen legen beide Partner für<br />
den Zeitraum 2011 bis 2013 Entwicklungspläne<br />
fest, durch die Angebote<br />
und Schwerpunkte der Hochschulen<br />
koordiniert werden. Die Zielvereinbarungen<br />
sollen den Hochschulen<br />
finanzielle Planungssicherheit bieten<br />
und sie zugleich in ihrer Autonomie<br />
stärken. Eine Rahmenbedingung: Fünf<br />
Prozent der Mittel für die Hochschulen<br />
werden vom Land zukünftig in einem<br />
leistungsorientierten Wettbewerb<br />
vergeben.<br />
Foto: Maike Glöckner<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Änderungen an, um einem Personalmangel<br />
entgegenzuwirken. In den bevorstehenden<br />
Zielvereinbarungen zwischen Land und<br />
Hochschule sollen unter anderem Vorgaben<br />
zu den Studienkapazitäten, Schultypen und<br />
Fächerkombinationen formuliert werden.<br />
Alt-Rektor Wulf Diepenbrock reagierte mit<br />
einem offenen Brief auf die Kritik. Er betonte<br />
darin, dass die MLU nach den aktuellen Zielvereinbarungen<br />
des Landes ausbilde. „Es geht<br />
nun darum, die vorhandenen Strukturen so<br />
zu optimieren, dass wir dem Bedarf gerecht<br />
werden“, erklärte Diepenbrock. „Eine erhöhte<br />
Erstsemesterzahl ist mit den derzeitigen Kapazitäten<br />
nicht zu schaffen, sie muss entsprechend<br />
finanziert werden“, forderte er.<br />
Die notwendigen Mittel wurden der <strong>Universität</strong><br />
inzwischen zugesagt: 1,8 Millionen Euro<br />
will das Land aus Mitteln des Hochschulpakts<br />
zur Verfügung stellen. Im Gegenzug fordert<br />
Kultusministerin Birgitta Wolff Resultate.<br />
„Wir müssen Wege finden, wie die <strong>Universität</strong><br />
künftig den Bedarf an Lehrkräften decken<br />
kann“, sagte sie auf einer Pressekonferenz im<br />
August. Corinna Bertz<br />
müssen etwas dafür tun, die Studierenden gut<br />
auszubilden und dann auch im Land zu halten.<br />
Eine Besonderheit in <strong>Halle</strong> ist die modularisierte<br />
Struktur des Lehramtsstudiums. Was<br />
ist darunter zu verstehen?<br />
Bremer: Die Veranstaltungen, die ein Student<br />
absolvieren muss, sind durch Module<br />
bestimmt, die sich aber nicht an den Grenzen<br />
von Bachelor und Master orientieren, sondern<br />
aus beiden Bereichen stammen können und<br />
auch mit einem übergreifenden Abschluss,<br />
dem Staatsexamen, abschließen. Damit werden<br />
einerseits Ressourcen gespart, Lehramtsstudierende<br />
befinden sich aber zugleich in ständigem<br />
11<br />
T ITELTHEMA
12<br />
T ITELTHEMA<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Foto: Maike Glöckner<br />
Kontakt mit den anderen Fachstudierenden,<br />
studieren also auf demselben wissenschaftlichen<br />
Niveau. Die Kunst besteht darin, festzulegen,<br />
welche Veranstaltungen Lehramtsstudierende,<br />
im Vergleich etwa zu Mastern,<br />
nicht belegen müssen, um ihnen Platz für ihre<br />
pädagogisch-psychologischen Studienanteile<br />
frei zu räumen. Im Großen und Ganzen ist das<br />
in <strong>Halle</strong> aber ausgesprochen gut gelungen.<br />
Welche Vorteile bietet das?<br />
Weiser: Die Studienangebote finden breite<br />
Anerkennung und locken immer mehr Studierende<br />
aus anderen Bundesländern an. Eine<br />
Akkreditierung ist nicht notwendig, dadurch<br />
können Verwaltungsaufwand und Kosten gespart<br />
werden. Derzeit läuft aber die Evaluation<br />
der modularisierten Lehramtsstudiengänge, die<br />
in Kürze abgeschlossen sein soll.<br />
Einerseits wird Lehrermangel beklagt<br />
� andererseits sind im Land offensichtlich<br />
nicht genügend Möglichkeiten für die<br />
Referendariate vorhanden. Und das betrifft<br />
nicht nur Gymnasiallehrer.<br />
Ist das nicht paradox, wenn es nach dieser<br />
Politikdebatte nicht für alle ausgebildeten<br />
Lehrer eine Zukunft im Schuldienst innerhalb<br />
des Landes gibt?<br />
Bremer: Natürlich. Nach dem Examen an der<br />
<strong>Universität</strong> ist allein das Land für die sogenannte<br />
zweite Phase der Lehrerausbildung<br />
verantwortlich, die mit dem Zweiten Staatsexamen<br />
abschließt. Das Land muss etwas tun,<br />
um die Lehrer, die die <strong>Universität</strong> ausbildet,<br />
auch im Land zu halten. Das hat es bisher in<br />
nur sehr geringem Umfang getan. ■<br />
Prof. Dr. Christoph Weiser<br />
Prorektorat für Studium und Lehre<br />
Telefon: 0345 55-21490<br />
E-Mail: christoph.weiser@rektorat.uni-halle.de<br />
Prof. Dr. Thomas Bremer<br />
Zentrum für Lehrerbildung<br />
Telefon: 0345 55-23530<br />
E-Mail: thomas.bremer@romanistik.uni-halle.de
Die Heimat in der Barfüßerstraße<br />
Zentrum für Lehrerbildung bietet Studierenden<br />
viele Service-Leistungen<br />
U TE OLBERTZ<br />
Der Weg jedes Lehramtsstudierenden an der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong> führt im Laufe des Studiums<br />
irgendwann zum Zentrum für Lehrerbildung (ZLB). Ob es eine Beratung in der Anfangsphase,<br />
die Vermittlung eines Praktikums oder schließlich die Formalitäten mit dem Prüfungsamt<br />
sind, die es zu erledigen gibt – früher oder später sucht jede angehende Lehrerin oder jeder<br />
künftige Lehrer das Büro des ZLB in der Barfüßerstraße auf.<br />
Seit seiner Gründung im Jahr 2006 – damals<br />
ging es um die Umstellung auf modularisierte<br />
Studienangebote – hat sich das Zentrum immer<br />
mehr als „Ort der Lehrerbildung“ an der<br />
<strong>Universität</strong> etabliert. Es wird sehr gut genutzt<br />
und ist nicht mehr wegzudenken aus dem<br />
universitären Leben. „Das wichtigste Anliegen<br />
des Zentrums ist nicht nur, die Lehramtsstudiengänge<br />
zwischen den verschiedenen Instituten<br />
zu koordinieren“, sagt Dr. Marie-Theres<br />
Müller, Geschäftsführerin des ZLB, „es sieht<br />
sich auch als Heimat und Anlaufstelle für die<br />
Lehramtsstudierenden.“<br />
Der Service des Zentrums umfasst Leistungen<br />
angefangen vom notwendigen Stempel über<br />
die Kurzinfo, die Vermittlung und Koordinierung<br />
von Praktika, Rat und Hilfe bei Problemen<br />
bis hin zum ausführlichen Beratungsgespräch<br />
vor Beginn des Lehrerstudiums, das<br />
besonders im Frühjahr nach dem Hochschulinformationstag<br />
(HIT) von Eltern und Schülern<br />
gemeinsam gewünscht und genutzt wird,<br />
beschreibt Marie-Theres Müller die anfallenden<br />
Tätigkeiten im ZLB. Entsprechend gibt<br />
es Sprechzeiten, die neuerdings in den Phasen<br />
des Hauptandrangs erweitert werden, unter an-<br />
derem im September, wenn die Erstellung der<br />
BAföG-Bescheinigungen ansteht.<br />
Als zentrale Einrichtung der <strong>Universität</strong> ist das<br />
Zentrum direkt dem Rektorat unterstellt. Außer<br />
der Geschäftsstelle gehören das Prüfungsamt<br />
für Lehrämter und das Praktikumsamt dazu.<br />
Seine Aufgaben erfüllt das ZLB unter einem<br />
Direktorium. Außerdem gibt es noch die<br />
Arbeitskreise für Grundschulen, Förderschulen<br />
sowie Sekundarschulen und Gymnasien<br />
sowie die Mitgliederversammlung, die einmal<br />
jährlich und nach Bedarf zusammentritt. Bei<br />
den Zusammenkünften geht es vor allem auch<br />
um die konzeptionelle Weiterentwicklung des<br />
Lehramtsstudiums nach aktuellen Anforderungen.<br />
Vertreter der Fachwissenschaft, der<br />
Fachdidaktik, der Pädagogik und der Pädagogischen<br />
Psychologie diskutieren gemeinsam<br />
die inhaltliche Gestaltung der Qualitätsstandards<br />
für Studienfächer und nehmen dabei<br />
neben dem Berufsfeld der Fächer auch den<br />
Schulbezug in den Blick. „Erstmals haben wir<br />
Mitte Juni eine öffentliche Tagung zur Zukunft<br />
der Lehrerbildung organisiert, die auf große<br />
Resonanz stieß“, so Müller weiter. „Künftig<br />
sollen aller zwei Jahre solche Veranstaltungen<br />
stattfinden.“<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Auf die besondere Rolle der Praktika gerade<br />
für angehende Lehrer weist Marie-Theres Müller<br />
nachdrücklich hin und betont, wie wichtig<br />
in diesem Zusammenhang die gute Zusammenarbeit<br />
mit den Kooperationspartnern ist.<br />
Neu sollen sogenannte Ausbildungs- oder<br />
Praktikumsschulen – den „Prime-Gymnasien“<br />
ähnlich – eingerichtet werden, die Praktikumsplätze<br />
für Studierende zur Verfügung stellen,<br />
sich aktiv an der Ausbildung der Studierenden<br />
beteiligen und Mentoren bzw. Mentorinnen<br />
benennen. Im Gegenzug bietet die <strong>Universität</strong><br />
diesen Schulen enge Beratung und Kooperation<br />
bei Schulentwicklungsprozessen und Weiterbildung<br />
der Mentoren an. Nicht zuletzt gibt<br />
es Kooperationsvereinbarungen mit mehreren<br />
deutschen Schulen im Ausland im Rahmen der<br />
Betreuungsinitiative Deutsche Auslands- und<br />
Partnerschulen (BIDS), die immer mehr mit<br />
Leben erfüllt werden (siehe Seite 14).<br />
Unter den Pflichtpraktika stellt das außerunterrichtliche<br />
Pädagogische Praktikum (AUPP) in<br />
<strong>Halle</strong> eine Besonderheit dar, in dessen Rahmen<br />
sich die Entscheidung der Studierenden für<br />
das Lehramtsstudium beim direkten Umgang<br />
mit Kindern noch einmal festigen und bestätigen<br />
soll. „Dieses dreiwöchige Praktikum führt<br />
die Studierenden in Kindergärten, Ferieneinrichtungen,<br />
Sportverbände, Einrichtungen mit<br />
behinderten Kindern oder jungen Menschen<br />
mit Migrationshintergrund und sogar in Jugendvollzugseinrichtungen“,<br />
berichtet Müller.<br />
Es habe sich seit seiner Einführung bereits<br />
bestens bewährt.<br />
■<br />
Dr. Marie-Theres Müller<br />
Zentrum für Lehrerbildung<br />
Telefon: 0345 55 21717<br />
E-Mail: marie-theres.mueller@zlb.uni-halle.de<br />
Internet: www.zlb.uni-halle.de<br />
Bei einer Arbeitsbesprechung des Direktoriums des Zentrums für Lehrerbildung (v. l. n. r.): Prof. Dr. Georg Maas (Arbeitskreis Gymnasium/Sekundarschule), Prof.<br />
Dr. Georg Breidenstein (Direktor Zentrum für Schul- und Bildungsforschung, ZSB), Prof. Dr. Michael Gebauer (Arbeitskreis Grundschule), Prof. Dr. Andreas Hinz<br />
(Arbeitskreis Förderschule), Dr. Marie-Theres Müller (Geschäftsführerin des ZLB) und Prof. Dr. Thomas Bremer (Direktor des ZLB, Vertreter der Fachwissenschaften).<br />
Foto: Maike Glöckner<br />
13<br />
T ITELTHEMA
14<br />
T ITELTHEMA<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Chemiker stärken Begeisterung von Schülern an Naturwissenschaften<br />
Im Jahr 2002 startete am halleschen Arbeitsbereich<br />
Didaktik der Chemie der Naturwissenschaftlichen<br />
Fakultät II mit Unterstützung des<br />
Fonds der Chemischen Industrie das Projekt<br />
„Lernen durch Lehren“. Ziel der Leiterin<br />
Dr. Kerstin Prokoph ist es, dem mangelnden<br />
Interesse von Kindern und Jugendlichen an<br />
den naturwissenschaftlichen Fächern Chemie<br />
und Physik entgegenzuwirken. So soll sowohl<br />
bei älteren als auch bei jüngeren Schülern das<br />
Interesse an naturwissenschaftlichen Frage-<br />
Lehramtsstudentin bei der Arbeit mit Kindern der Grundschule Kröllwitz.<br />
im Januar 2007, Foto: Kerstin Prokoph<br />
Schulpraktika im Ausland<br />
Wer denkt, dass Lehramtsstudenten ihre Praktika<br />
ausschließlich in Deutschland absolvieren,<br />
der irrt! Seit Januar 2009 bietet die MLU<br />
Studierenden, die sich für einen Auslandsaufenthalt<br />
interessieren, einen einfachen Weg an,<br />
dies zu realisieren. Die MLU hat Kooperationsvereinbarungen<br />
mit mehreren deutschen<br />
Schulen im Ausland im Rahmen der Betreuungsinitiative<br />
Deutsche Auslands- und Partnerschulen<br />
(BIDS) geschlossen. Somit steht<br />
den Lehramtsstudierenden der MLU jährlich<br />
ein bestimmtes Kontingent an Praktikumsplätzen<br />
an diesen Schulen zur Verfügung. Die<br />
zwei fachdidaktischen Praktika oder auch ein<br />
kombiniertes Schulpraktikum können seither<br />
einfach an einer dieser Partnerschule durchgeführt<br />
werden. Das Angebot richtet sich nicht<br />
nur an Studierende mit Schwerpunkt Fremdsprache,<br />
sondern an alle angehenden Lehrer.<br />
Die Vorteile sind dabei der zusätzliche Erfahrungswert<br />
durch den Auslandsaufenthalt sowie<br />
die Erschließung eines zusätzlichen Tätigkeitsbereichs<br />
für das spätere Berufsfeld.<br />
Neu ist diese Idee nicht. Schon immer hatten<br />
besonders die auf Sprachen spezialisierten Studierenden<br />
die Möglichkeit, sich selbst einen<br />
Platz im Ausland zu suchen. „Allerdings war<br />
dies nur für das erste Schulpraktikum mög-<br />
stellungen mit Schwerpunkt Chemie gestärkt<br />
und weiterentwickelt werden. Die tragende<br />
Säule des Projektes bilden außerunterrichtliche<br />
Experimentierreihen für Grundschüler,<br />
in denen Schüler der gymnasialen Oberstufe<br />
gemeinsam mit Lehramtsstudenten für Grundschulpädagogik<br />
oder Chemie die Rolle der<br />
Lehrenden übernehmen. Das Projekt erzielte<br />
in kurzer Zeit große Erfolge. Durch eine<br />
Förderung im Rahmen des NaT-Working-Programms<br />
der Robert Bosch Stiftung wurde es<br />
auf das Fachgebiet Physik<br />
erweitert. Weiterhin wurde<br />
es mit einem Förderpreis<br />
des Stifterverbandes für die<br />
deutsche Wissenschaft und<br />
mit einem Sonderpreis im<br />
Rahmen des NaT-Working-<br />
Programmes der Robert<br />
Bosch Stiftung ausgezeichnet.<br />
Aufbauend auf diesem<br />
Modell wurde 2006 das<br />
Projekt „Experimentelles<br />
Lernen in der Grundschule“<br />
ins Leben gerufen.<br />
Basierend auf den Erfahrungen<br />
aus „Lernen<br />
durch Lehren“ soll hier<br />
die Experimentierlust von<br />
Grundschulkindern im<br />
lich“, erklärt Ilona Wallus, verantwortlich für<br />
das Praktikumsamt für Lehrämter der MLU.<br />
Beim zweiten Praktikum blieb den Studierenden<br />
oft nichts anderes übrig, als sich in<br />
Deutschland eine Schule zu suchen oder durch<br />
die Verantwortliche Ilona Wallus vermitteln zu<br />
lassen. „Es ist Pflicht, sein zweites Praktikum<br />
an einem deutschen Gymnasium abzuleisten“,<br />
so die Praktikumsbeauftragte weiter. Einige<br />
schafften es allerdings trotzdem, im Ausland<br />
ein genehmigtes Praktikum zu finden, da sie<br />
dieses einfach an einer deutschen Schule absolvierten.<br />
BIDS vereinfacht nun vieles.<br />
Alle, die jetzt Feuer gefangen haben und sich<br />
auf den Weg zur Partnerschule ihrer Wahl machen<br />
wollen, sollten allerdings beachten: Bewerben<br />
muss man sich dennoch. Die Anmeldung<br />
zum Praktikum an einer Partnerschule im<br />
Rahmen der BIDS-Kooperation muss an das<br />
Akademische Auslandsamt der MLU geschickt<br />
werden sowie an das zuständige Praktikumsamt.<br />
Dabei sind bestimmte Bewerbungsfristen<br />
einzuhalten.<br />
Silvio Kison<br />
Weitere Informationen im Internet:<br />
http://aaa.verwaltung.uni-halle.de/bids/<br />
lehramtspraktika<br />
Sachunterricht gefördert werden. Dabei werden<br />
den Kindern chemische und physikalische<br />
Alltagsphänomene durch eigenes Experimentieren<br />
näher gebracht. Die Dow Olefinverbund<br />
GmbH Schkopau stattete dazu die Grundschulen<br />
Kröllwitz und Wittekind mit Experimentierschränken<br />
aus.<br />
Eine neue Idee der Methode „Lernen durch<br />
Lehren“ wurde im letzten Schuljahr in Zusammenarbeit<br />
mit dem halleschen Georg-Cantor-<br />
Gymnasium und finanzieller Unterstützung<br />
des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft<br />
verwirklicht. Unter dem Titel „Geistesblitze<br />
in der Alltagschemie Mitteldeutschlands<br />
– vom Mittelalter bis zur Gegenwart“<br />
bereiteten Schüler der 10. Klasse verschiedene<br />
Themengebiete der Alltagschemie für eine<br />
Projektwoche mit Mitschülern aus der Klassenstufe<br />
sechs vor. Hier erfuhren die Sechstklässler<br />
u. a. etwas über die Ernährung, die<br />
medizinische Versorgung, die Beleuchtung und<br />
die Farben zur Zeit <strong>Luther</strong>s. In enger Zusammenarbeit<br />
mit dem Landesmuseum für Ur- und<br />
Frühgeschichte wurden Experimente entwickelt,<br />
die den Schülern das Leben in jener Zeit<br />
nahe brachten.<br />
Silvio Kison<br />
Weitere Informationen im Internet:<br />
http://didaktik-projekte.chemie.uni-halle.de/lernen<br />
Medieneinsatz im Unterricht<br />
Nahezu jeder Jugendliche besitzt ein Handy,<br />
nutzt Computer, Internet und Fernseher<br />
– moderne Medien sind aus dem Alltag nicht<br />
mehr wegzudenken. Auch im Schulunterricht<br />
gewinnen sie immer mehr an Bedeutung. Deshalb<br />
zählt es zu den Aufgaben von Lehrern,<br />
einen verantwortungsbewussten Umgang mit<br />
Medien und entsprechende Kompetenzen zur<br />
Informationsbeschaffung zu vermitteln. „Hier<br />
kommen noch weit reichende Herausforderungen<br />
auf Lehrer zu, spätestens dann, wenn<br />
alle Schüler mit W-LAN-fähigen Handys inkl.<br />
Flatrate zur Schule kommen; also spätestens in<br />
drei bis vier Jahren“, prognostiziert Dr. Matthias<br />
Ballod. Der Privatdozent bekleidet derzeit<br />
eine Vertretungsprofessur der Fachdidaktik am<br />
Germanistischen Institut der MLU. Zu seinen<br />
Arbeits- und Forschungsschwerpunkten gehört<br />
das Lehren und Lernen mit neuen Medien. In<br />
der Online-Ausgabe des Unimagazins beantwortet<br />
er gemeinsam mit Ingrid Stude, Leiterin<br />
der Mediathek des Sprachenzentrums der<br />
MLU, Fragen zum Einsatz von Medien im<br />
Schulunterricht und der aktuellen Situation in<br />
der Lehrerausbildung. Janine Pazdyka<br />
www.uni-halle.de/webcode<br />
Das Interview: SH-941
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Das Gymnasium Landsberg ist ein Prime-Gymnasium der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong>. Neben dem Frühstudium für besonders begabte Schüler sind auch<br />
Praktikumsplätze für Lehramtsstudierende an diesen Schulen Bestandteil der Kooperation. Fotos: Maike Glöckner<br />
Vor der Klasse und zwischen den Stühlen<br />
Wie Uni-Absolventen beim Lehren Lernen unter Druck stehen<br />
C ORINNA BERTZ<br />
Die letzte Doppelstunde vor der Mittagspause ist eine Herausforderung. Der Elan der zwölf Schüler in Raum 006 hält sich in Grenzen. Sozialkunde<br />
steht an diesem Tag auf dem Plan der elften Klasse am Gymnasium Landsberg. Björn Arendholz, Referendar für Deutsch und Sozialkunde,<br />
steht vorn und sortiert Arbeitsblätter. Sein Betreuungslehrer Dr. Frank Werner-Bentke hat in der hintersten Bankreihe Platz genommen. Arendholz<br />
ist einer von 480 Lehramtsanwärtern, die zurzeit in Sachsen-Anhalt ihren „Vorbereitungsdienst für das Lehramt“ absolvieren. Ausgestattet mit<br />
fünf verschiedenen Ausbildern empfinden viele den Leistungsdruck zwischen Schulpraxis und staatlichen Seminaren noch stärker als zu Studienzeiten.<br />
Um 11.25 Uhr wird es ruhiger in dem hellen,<br />
ockerfarbenen Klassenraum, die letzten<br />
Grüppchen kehren zu ihren Sitzplätzen zurück.<br />
Der Referendar schließt die Tür – für die Schüler<br />
der Hinweis, dass der Unterricht beginnt.<br />
Seit einigen Jahren gibt es an dem Gymnasium<br />
nordöstlich von <strong>Halle</strong> keine Schulklingel mehr.<br />
Arendholz beginnt die Stunde mit einem Beispielfall,<br />
den er vorliest und als Kopie verteilt.<br />
Da es in Sozialkunde kein festes Lehrbuch<br />
gibt, sucht der Referendar häufig in Fachzeitschriften<br />
und auch im Internet nach geeigneten<br />
Arbeitsmaterialien. Nachdem alle Verständnisfragen<br />
geklärt sind, stellt er den Schülern die<br />
eigentliche Aufgabe zum Text.<br />
„Dass es hier keine Schulklingel gibt, war für<br />
mich natürlich erstmal komisch. Inzwischen<br />
würde ich mir aber wünschen, dass es überall<br />
so wäre“, erzählt der 28-Jährige. „Es gibt dem<br />
Lehrer die Freiheit, den Unterricht selbst zu<br />
gestalten. Er beginnt und beendet die Stunde,<br />
ohne von einer Klingel unterbrochen zu werden.“<br />
Es funktioniert, der anfänglichen Skepsis<br />
einiger Lehrer zum Trotz.<br />
Der junge Mann, der in Landsberg gerade sein<br />
zweites Ausbildungsjahr begonnen hat, führt<br />
das auch auf ein positives Schulklima zurück.<br />
„Die Schüler wissen, dass ich sie respektiere<br />
und begegnen mir deshalb mit derselben<br />
Grundhaltung“, sagt er. Ganz ohne Erziehungsmaßnahmen<br />
funktioniert der Unterricht<br />
natürlich trotzdem nicht, aber das hatte der<br />
MLU-Absolvent auch nicht erwartet. Kaum<br />
ein Lehramtsanwärter steht heute zu Beginn<br />
seines zweijährigen Vorbereitungsdienstes zum<br />
allerersten Mal vor einer Klasse.<br />
Während seiner schulpraktischen Übungen<br />
und Pflichtpraktika hat Arendholz bereits<br />
an Gymnasien in Bitterfeld, Merseburg und<br />
Sangerhausen betreut unterrichtet. Im Referendariat<br />
steigt der Anteil der eigenverantwortlich<br />
gestalteten Stunden. Zwölfmal 45 Minuten unterrichtet<br />
er jede Woche in seinen fünf Schulklassen.<br />
Verglichen mit einer gewöhnlichen<br />
40-Stunden-Woche klingt das für Außenstehende<br />
nach viel freier Zeit. Doch die Vorbereitung<br />
und Planung dauern oft länger als der<br />
Unterricht selbst. Hinzu kommen die Vor- und<br />
Nachbesprechungen der einzelnen Stunden.<br />
„Im Schnitt arbeite ich etwa 50 Stunden in der<br />
Woche“, erzählt der Referendar.<br />
Einen Tag in der Woche besucht er zusätzlich<br />
die begleitenden Seminare des Landesinstituts<br />
für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt<br />
(LISA), das für den theoretischen<br />
Teil der Ausbildung zuständig ist. Aller zwei<br />
Wochen sitzt er dafür vier Stunden im LISA in<br />
der Magdeburger Straße, wo das Hauptsemi-<br />
Björn Arendholz unterrichtet Sozialkunde am Gymnasium<br />
Landsberg.<br />
15
16<br />
T ITELTHEMA<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
nar zu pädagogischen Inhalten stattfindet. In<br />
den Fachseminaren werden alle Referendare<br />
in Sachsen-Anhalt fachdidaktisch ausgebildet.<br />
Die Seminargruppen sind klein. 84 Gymnasialreferendare<br />
sind in diesem Jahr eingestellt<br />
worden. 10 von ihnen wollen Mathelehrer<br />
werden.<br />
So wie Karin Bilawer. Sie fährt jede zweite<br />
Woche nach Magdeburg, denn dort sitzt ihre<br />
Ausbilderin für Mathematik. Die Referendarin<br />
für Mathematik und Französisch am Georg-<br />
Cantor-Gymnasium in <strong>Halle</strong> hat ihre erste<br />
Unterrichtsstunde noch vor sich. Zweieinhalb<br />
Jahre musste sie auf ihren Referendariatsplatz<br />
warten, nach zwei Wochen Hospitation<br />
fängt sie nun mit drei Stunden Mathematikunterricht<br />
an. „Eine Woche später übernehme<br />
ich dann eine neunte Klasse in Französisch,<br />
danach meine zweite Matheklasse, sodass<br />
ich zehn Stunden in der Woche unterrichte.<br />
Zwei weitere Stunden bleiben Hospitationen“,<br />
erklärt die resolute junge Frau mit dem Pferdeschwanz.<br />
Ihr Tagesablauf hat für die junge Mutter viele<br />
Vorteile. „Ich bin fast jeden Tag um 14 Uhr<br />
zu Hause, kann meine beiden Kinder aus der<br />
Krippe abholen und den Nachmittag mit ihnen<br />
verbringen. Lehrer ist ein sehr familienfreundlicher<br />
Beruf“, sagt sie. Sind die Kinder im<br />
Bett, setzt sich die 27-Jährige abends an den<br />
Schreibtisch, um den nächsten Unterricht zu<br />
planen. Kurz vor der Stunde wird der Ablauf<br />
Studie zeigt Chancen und Risiken auf<br />
Dr. Frank Werner-Bentke. Foto: Corinna Bertz<br />
Von „Psychoterror“ bis „unheimlich wertvoll“<br />
– Referendare bewerten ihren Vorbereitungsdienst<br />
höchst unterschiedlich. Die<br />
verschiedenen Perspektiven der Lehramtsanwärter<br />
auf ihre Lehrerausbildung hat Dr.<br />
Frank Werner-Bentke in seiner Dissertation<br />
am Lehrbereich Didaktik der Sozialkunde<br />
an der MLU untersucht. In 19 qualitativen<br />
dann oft noch kurz mit dem Betreuungslehrer<br />
durchgesprochen.<br />
„Diese zwei Lehrer sind die wichtigsten Bezugspersonen<br />
für die Referendare. Sie führen<br />
sie in die Schulkultur und in das Kollegium ein<br />
und sind die ersten Ansprechpartner bei Problemen“,<br />
sagt Frank Werner-Bentke. In seiner<br />
Dissertation an der MLU (siehe unten) hat er<br />
sich mit dem Referendariat und dessen Wahrnehmung<br />
durch die Referendare beschäftigt.<br />
Sie ist bis heute eine der wenigen qualitativen<br />
Studien auf diesem Gebiet. Die Motivation<br />
und die sozialen Kompetenzen der Betreuer<br />
entscheiden oft über den Verlauf des gesamten<br />
Referendariats. „Von offenen Betreuungslehrern,<br />
die sich in ihrer Funktion zurücknehmen<br />
und dem Referendar Freiheiten lassen, kann<br />
dieser ungemein profitieren“, sagt der Lehrer<br />
für Sozialkunde und Geschichte.<br />
In Interviews hat er aber auch gehört, wie das<br />
Verhältnis zwischen Ausbildern und Auszubildenden<br />
ins Negative kippen kann: „Es gab<br />
Referendare, die von ihren Mentoren drangsaliert<br />
wurden. Sie waren gezwungen, deren<br />
Konzepte zu übernehmen und gegen ihre<br />
eigenen Überzeugungen den Unterricht im<br />
Stil des Betreuungslehrers zu halten.“ In fast<br />
jedem Hauptseminar berichten Lehramtsanwärter<br />
auch von Betreuern, die sie spüren lassen,<br />
dass Referendare für sie nur zusätzlichen<br />
Zeitaufwand bedeuten. Andere korrigieren<br />
den Schützling während des Unterrichts vor<br />
der Klasse. „Das ist alles andere als hilfreich,<br />
Interviews analysiert er die Argumentationen,<br />
die hinter der positiven oder negativen<br />
Bewertung der Ausbildung stehen.<br />
Gebündelt und theoretisiert überträgt er sie<br />
anschließend in ein Modell aus vier Deutungsmustern.<br />
„Ein Referendar kann sich in<br />
allen vier Mustern wiederfinden“, erklärt der<br />
wissenschaftliche Mitarbeiter am Zentrum<br />
für Lehrerbildung, der zugleich als Lehrer<br />
am Gymnasium Landsberg tätig ist. „Für<br />
die Wahrnehmung der Ausbildung sind ganz<br />
verschiedene Punkte der Struktur ausschlaggebend.<br />
Die einen kommen wunderbar mit<br />
ihrem Betreuungslehrer klar, sind aber mit<br />
den pädagogischen Seminaren unzufrieden.<br />
Andere bewerten zum Beispiel die Fachseminare<br />
als besonders qualifizierend“, erläutert<br />
der Autor. Die Ergebnisse seiner Arbeit<br />
liefern einen wertvollen wissenschaftlichen<br />
Beitrag zur aktuellen Debatte um die Professionalisierung<br />
der Lehrerausbildung. „Das<br />
Referendariat wurde dann als bedeutungsvoll<br />
bewertet, wenn es den Aufbau erster Routinen<br />
über Unterrichtserfahrungen und deren<br />
professionelle Reflexion ermöglicht und damit<br />
die Handlungsfähigkeit fördert“, schreibt<br />
Werner-Bentke. Auch positive Erfahrungen<br />
um von den Schülern als Autorität akzeptiert<br />
zu werden“, sagt eine Lehramtsanwärtin, die<br />
aus Angst vor Konsequenzen lieber anonym<br />
bleiben will.<br />
Machtpositionen und Abhängigkeiten sind an<br />
diesem Dienstag auch das Thema im Sozialkundeunterricht<br />
von Björn Arendholz. Mit<br />
einem Fallbeispiel zu „Sozialen Rollen und<br />
Erwartungen“ beginnt er die Stunde und lässt<br />
die Klasse über das Fehlverhalten des Herrn<br />
K. diskutieren. Oft steht Arendholz dabei<br />
direkt zwischen den Schulbänken, ermahnt<br />
die Schwätzer, lobt aktive Mitarbeit und hakt<br />
nach, wenn er nicht sicher ist, ob alle dem<br />
Stoff folgen können. Den Großteil der Stunde<br />
lässt er die Schüler in Gruppen ein Rollenspiel<br />
durchführen, um verschiedene Sichtweisen auf<br />
einen Konflikt herauszuarbeiten. „Ich bin sehr<br />
dankbar dafür, dass ich hier so Vieles umsetzen<br />
kann, weil mir die Schule viel zutraut“,<br />
sagt er.<br />
Direkt nach seinem Lehramtsstudium an der<br />
MLU hatte er 2009 einen Referendariatsplatz<br />
bekommen. Der Übergang von der ersten,<br />
universitären Ausbildung in die zweite Phase<br />
aus schulpraktischer und seminaristischer<br />
Ausbildung ist ein erstaunlich radikaler Bruch.<br />
Eine Verzahnung gibt es nicht. Die <strong>Universität</strong>,<br />
die bis zum ersten Staatsexamen noch vollständig<br />
für die Ausbildung der Studierenden<br />
verantwortlich ist, ist in die zweite Phase nicht<br />
mehr eingebunden. Stattdessen finden sich die<br />
Hochschulabsolventen in Staatlichen Semi-<br />
mit der Schulkultur spielen demnach eine<br />
entscheidende Rolle. „Die Vermittlung<br />
weiterer Theoriekenntnisse unabhängig von<br />
konkretem Unterrichtsbezug ist für eine als<br />
gelungen empfundene Ausbildung hingegen<br />
kaum von Bedeutung“, stellt er weiter fest.<br />
Als problematisch bewerten Referendare die<br />
stark empfundenen Belastungen, die durch<br />
die Ausbildungsstruktur und Berufspraxis<br />
für Novizen entstehen. Die beruflich existenzielle<br />
Abhängigkeit von den Ausbildern<br />
und die Seminargestaltung werden ebenfalls<br />
häufig kritisch bewertet. Die besondere Situation,<br />
Auszubildender und Lehrer zugleich zu<br />
sein, kann zusätzlich zu belastenden Rollenkonflikten<br />
führen.<br />
Im letzten und vielleicht aufschlussreichsten<br />
Teil der Studie beschreibt der Autor die<br />
Chancen und Risiken, die sich aus diesen<br />
Deutungen für eine Professionalisierung der<br />
Lehrerausbildung ergeben.<br />
Corinna Bertz<br />
Die Dissertation ist im August <strong>2010</strong> im Verlag<br />
Dr. Kovač erschienen und kann über den<br />
Buchhandel zum Preis von 98 Euro erworben<br />
werden.
Karin Bilawer ist seit August <strong>2010</strong> Referendarin am Georg-Cantor-Gymnasiumin <strong>Halle</strong>.<br />
naren wieder, in denen erneut pädagogische<br />
und fachdidaktische Themen gelehrt werden.<br />
„In einer solchen Seminargruppe müssen sehr<br />
unterschiedliche Vorraussetzungen aufgefangen<br />
werden. Wir bekommen auch Referendare,<br />
die nicht in <strong>Halle</strong> studiert haben oder bei<br />
denen das erste Staatsexamen schon einige<br />
Jahre zurückliegt“, erklärt Dr. Monika Käther-<br />
Zopf, die Leiterin des Staatlichen Seminars in<br />
<strong>Halle</strong>. „Sie alle kommen dann mit konkreten<br />
Fragen, Problemen und Aufgabenstellungen<br />
aus den Schulen in die Seminare.“ Die Seminarleiter<br />
wiederum gehen auch an die Schulen.<br />
In der Praxis beobachten und bewerten sie ihre<br />
Referendare und reflektieren den Unterricht<br />
anschließend gemeinsam. Die Unterrichtsbesuche<br />
sind die einzige Klammer, die seminaristische<br />
und schulpraktische Ausbildung<br />
zusammenhalten soll. Vielen Betreuungslehrern<br />
und Referendaren ist dieser Austausch zu<br />
wenig, sie wünschen sich eine bessere Abstimmung<br />
zwischen Schule und Seminar.<br />
Ein erster Schritt ist ein ausführlicher Leitfaden<br />
über den Vorbereitungsdienst, der am<br />
LISA zurzeit für Betreuungslehrer vorbereitet<br />
wird. Er könnte auch für die Referendare eine<br />
kleine Erleichterung darstellen. Denn mit ihren<br />
insgesamt fünf Ausbildern – zwei Betreuungslehrern<br />
und drei Seminarleitern – sitzen sie<br />
häufig zwischen den Stühlen und sehen sich<br />
ungewollt in eine Mittlerfunktion gedrängt.<br />
Der Versuch, es jedem dieser Personen recht<br />
zu machen, verleidet manchem sogar das<br />
ganze Referendariat. „Wir stehen unter dem<br />
Druck, mit allen auskommen zu müssen: Die<br />
Betreuungslehrer prägen unsere zwei Jahre an<br />
der Schule und die Seminarleiter entscheiden<br />
über unsere berufliche Zukunft, indem sie uns<br />
benoten“, beschreibt eine Lehramtsanwärterin<br />
ihre Situation.<br />
Ihr Kollege Arendholz steht derweil mit seinem<br />
Betreuungslehrer Werner-Bentke zusammen.<br />
Den Sozialkundeunterricht hat er zwei<br />
Minuten früher als sonst beendet. Mit einem<br />
kurzen „Tschüss“ sind die Schüler Richtung<br />
Mensa geeilt. Für den Referendar ist es eine<br />
kleine Pause vor der nächsten großen Aufgabe.<br />
In der kommenden Deutschstunde erwartet ihn<br />
seine Seminarleiterin zur Lehrprobe. ■<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
D R. USUS ZEITGEIST<br />
Lehrermangel?<br />
Selbst ist der Schüler!<br />
Zeichnung:<br />
Oliver Weiss<br />
Politiker und Bildungsexperten sorgen sich,<br />
denn junge, gut ausgebildete Lehrkräfte<br />
sind Mangelware im Land. Sachsen-Anhalt<br />
drohen die Lehrer auszugehen. Wen<br />
wundert’s, zählen sie doch bewiesenermaßen<br />
zu den Berufsgruppen mit der kürzesten<br />
Lebenserwartung: In einer Rangliste<br />
kämen sie gleich hinter den Trapezspringern<br />
und FormelEins-Fahrern, noch weit<br />
vor Psychotherapeuten und Bahnangestellten.<br />
Ihre Lebensdauer korreliert vermutlich<br />
mit der Anzahl der Flüche, die Eltern den<br />
Lehrern ihrer Sprösslinge im Laufe einer<br />
Schulzeit mit auf den Weg geben.<br />
Dabei liegt die Lösung auf der Hand und ist<br />
ohnehin schon etabliert: Die virtuelle Schule<br />
spart Personal, Kosten und jede Menge<br />
Nerven. Während in der Grundschule eine<br />
Anleitung durch Erwachsene noch sinnvoll<br />
sein könnte, ist sie in der Sekundarstufe<br />
längst überflüssig. Die wirklich überlebenswichtigen<br />
Dinge werden heute im weltweiten<br />
Klassenverband gelehrt. Blogs und<br />
Pinnwandeinträge auf SchülerVZ schulen<br />
das Ausdrucksvermögen praxisnäher als<br />
jeder Goethe-Aufsatz, Englischkenntnisse<br />
und soziale Kompetenzen werden beim<br />
globalen „Adden“ und „Posten“ ganz<br />
nebenbei perfektioniert. Die Pflege der<br />
eigenen MySpace- oder Facebook-Seite<br />
erfordert außerdem Eigeninitiative, Beharrlichkeit<br />
und technisches Know-How. Auch<br />
der Kunstunterricht ließe sich problemlos<br />
mit dem iPad absolvieren – statt tausend<br />
Lehrer reichen ein paar kreative Köpfe, die<br />
eine passende Kunstkurs-Software entwickeln.<br />
Der Sportunterricht erfolgt künftig<br />
selbst bestimmt per Wii-Konsole und die<br />
Grundlagen des Musikunterrichts werden<br />
als Klingelton zum Download angeboten.<br />
Anhänger von Anwesenheitslisten und<br />
regelmäßigem Prüfungsstress seien unbesorgt:<br />
Das Bachelor-Studium kommt noch<br />
früh genug!<br />
17<br />
T ITELTHEMA
18<br />
T ITELTHEMA<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Ganz normal und doch ganz anders<br />
Zwei Exoten im Kurzportrait<br />
J ANINE PAZDYKA UND MELANIE ZIMMERMANN<br />
Angehende Deutsch-Lehrer gibt es viele. Aber Lehrer für katholische Religion wollen an der<br />
MLU gerade mal 70 Studierende werden. Das Lehramt für Förderschulen streben rund 200<br />
junge Menschen an. Doch wer arbeitet deshalb gleich in einer Autismusambulanz? Zwei ungewöhnliche<br />
Studierende im Kurzportrait.<br />
Jobbte in der Autismusambulanz: Steffen Tietzmann.<br />
Foto: Maike Glöckner<br />
Autismus ist eine Störung, die Betroffenen die<br />
soziale Interaktion erschwert. Häufig können<br />
sie sich nicht in andere Menschen hineinversetzen<br />
und haben Schwierigkeiten, sich in<br />
Gruppen ein- oder unterzuordnen. Deshalb<br />
müssen Autisten speziell gefördert werden und<br />
benötigen Unterstützung in der Schule. Diese<br />
bot Steffen Tietzmann bereits während seines<br />
Studiums des Lehramts an Förderschulen für<br />
geistig und körperlich Behinderte an der MLU.<br />
Mehr als ein Jahr arbeitete der 25-Jährige für<br />
die Autismusambulanz in <strong>Halle</strong> und betreute<br />
währenddessen einen Jungen in der Schule.<br />
„Ich diente als eine Art Übersetzer. Menschen<br />
mit Autismus haben häufig Probleme, auf<br />
allgemeine Anweisungen der Lehrer zu hören.<br />
Deshalb muss man dem Einzelnen ganz<br />
konkrete Aufträge geben und gezielt auf ihn<br />
eingehen.“ Seine dadurch gewonnenen Erfahrungen<br />
konnte er für seine Examensarbeit<br />
nutzen. „Dabei war mein Job ein klarer Vorteil,<br />
weil ich die Theorie beurteilen und das Praxiswissen<br />
einfließen lassen konnte.“ Zwar sind<br />
Praktika in den Studienablaufplan integriert,<br />
dabei setze man sich aber nie so lange und intensiv<br />
mit einem bestimmten Thema auseinander.<br />
Sinnvoll seien insbesondere die schulpraktischen<br />
Übungen, bei denen die Lehramtsstudenten<br />
während eines Semesters einen Tag pro<br />
Woche in einer Schule verbringen.<br />
Mit Autismus hatte sich Tietzmann während<br />
seines Studiums nur beiläufig beschäftigt.<br />
Richtig darauf aufmerksam wurde er erst<br />
durch einen Aushang in der Uni. „Gesucht<br />
wurde ein Ferienbetreuer für die Autismusambulanz<br />
Leipzig. Ich hatte zwar keine Erfah-<br />
rung, konnte mich aber schnell einarbeiten.“<br />
Anschließend sei er der Autismusambulanz in<br />
<strong>Halle</strong> empfohlen worden, für die er dann von<br />
März 2009 bis Mai dieses Jahres arbeitete.<br />
Zwei Tage pro Woche, jeweils fünf Stunden.<br />
Das sei gar nicht so einfach, berichtet der<br />
Förderschulpädagoge: „Es gibt keine Möglichkeit,<br />
zwischendurch mal abzuschalten. Man<br />
muss immer voll da sein.“ Die Fortschritte,<br />
die der gebürtige Wippraer bei seinem Schüler<br />
bemerkte, seien alle Mühe wert. So habe<br />
ihn der Junge angeschaut, wenn er mit ihm<br />
sprach, und den Wunsch nach Spielen geäußert,<br />
die Tietzmann dann als Belohnung für<br />
Erfolge einsetzte. Die erworbene pädagogische<br />
Kompetenz kann der 25-Jährige auch für seine<br />
derzeitige Arbeit nutzen. Nach Abschluss<br />
seines Studiums im Juni mit Erwerb des ersten<br />
Staatsexamens begann er Mitte August sein<br />
Referendariat an einer Förderschule für geistig<br />
Behinderte in Landsberg.<br />
Bibel und Bio<br />
Exkursionen nach Griechenland, Rom, Istanbul<br />
und Jerusalem, Kickern mit Dozenten und<br />
Seminare mit zehn bis zwölf Teilnehmern.<br />
Utopisch? Für Marie-Therese Werner sieht so<br />
seit vier Semestern der ganz normale Studienalltag<br />
aus. Am kleinsten Institut der MLU<br />
studiert sie in „familiärer Atmosphäre“ ein<br />
eher ungewöhnliches Fach.<br />
Aufgrund ihrer Studienwahl mag Marie-Therese<br />
Werner für viele als „Exotin“ gelten,<br />
denn die 20-Jährige lässt sich am Institut für<br />
Katholische Theologie und ihre Didaktik im<br />
weitgehend konfessionslosen <strong>Halle</strong> (16 Prozent<br />
der Bürger sind evangelisch, vier Prozent<br />
katholisch) zur Lehrerin für katholische Religion<br />
ausbilden. Genau deshalb sind allerdings<br />
vielmehr ihre Studienbedingungen das Ungewöhnliche:<br />
Bei rund 70 Studierenden auf sechs<br />
Dozenten hat beinahe jede Vorlesung Potential,<br />
zur vertrauten Gesprächsrunde zu werden.<br />
Pflichtveranstaltungen gibt es für die angehenden<br />
Religionslehrer zwar auch, aber die<br />
Wahlmöglichkeiten innerhalb der Module<br />
sind immens. Für die junge Sächsin macht das<br />
den besonderen Reiz aus: „Die Diversität der<br />
Themen ist sehr groß, und ich kann genau das<br />
lernen, was mich wirklich interessiert.“ Das<br />
Ausrichten von Gottesdiensten oder der Be-<br />
Traumberuf: Lehrer<br />
Manchmal führen erst Umwege zum Glück – so wie<br />
bei Franziska Kral. Zwei Fachwechsel waren nötig,<br />
bis sie ihre Berufung gefunden hatte. „Lehrerin<br />
wollte ich schon immer werden. Schon als Kind habe<br />
ich diesen Berufswunsch in Poesiealben eingetragen“,<br />
erzählt die aufgeschlossene Studentin. Die<br />
Fächerkombination ergab sich allerdings erst nach<br />
zwei Jahren an der Uni, denn ursprünglich begann<br />
sie mit Mathematik und Ethik. Jetzt steht die<br />
angehende Lehrerin kurz vor ihrem Abschluss und<br />
konnte das Unterrichten am Geschwister-Scholl-<br />
Gymnasium in Sangerhausen erproben: Fünf Wochen<br />
lang stand sie vor Schülern und brachte ihnen<br />
Englisch und Spanisch bei. In der Online-Ausgabe<br />
wird die engagierte 25-Jährige vorgestellt und<br />
berichtet über ihre Erfahrungen. In einem zweiten<br />
Beitrag verrät der Lehramtsstudent Robert Lehmann<br />
(Hauptfach Gesang), warum er Lehrer werden will,<br />
obwohl er auch gern auf Konzertbühnen steht.<br />
www.uni-halle.de/webcode<br />
Die Porträts: SH-938<br />
such derselben sind – anders als der eine oder<br />
die andere irrtümlicherweise annehmen mag<br />
– kein Pflichtprogramm, und auch die Taufe<br />
wird erst zum Muss, wenn man als Lehrer für<br />
katholische Religion tätig wird. „Ich führe<br />
das Leben einer ganz normalen Studentin, mit<br />
einem Freund und Partybesuchen.“<br />
Und doch unterscheidet sich ihr Studienalltag<br />
von dem der Studenten anderer Fachrichtungen.<br />
Werner und ihre Kommilitonen finden<br />
Angehende Lehrerin für katholische Religion: Marie-<br />
Therese Werner. Foto: Melanie Zimmermann<br />
bei Problemen nicht nur jederzeit Gehör bei<br />
ihren Lehrern, sie feiern auch mit ihnen. So<br />
gibt es jedes Jahr eine Advents- und eine Sommerfeier,<br />
bei der sich Student und Dozent auch<br />
mal am Kickertisch gegenüberstehen. Darüber<br />
hinaus begegnet man sich auf Exkursionen.<br />
„Das Studium bereitet mir sehr viel Freude,<br />
besonders aufgrund des guten Kontaktes zu<br />
Dozenten und Kommilitonen“, so Marie-Therese<br />
Werner. Und auch ihre Fächerkombination<br />
– Biologie und Katholische Theologie – erwies<br />
sich nicht, wie sie anfangs befürchtete,<br />
als problematisch. „Alle sind sehr offen und<br />
vorwärtsgerichtet.“<br />
■
WERDEN SIE FREUND UND FÖRDERER!<br />
Seit fast 20 Jahren unterstützt die Vereinigung der Freunde und<br />
Förderer der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Halle</strong>-<strong>Wittenberg</strong> e.V. (VFF)<br />
wichtige Projekte in Forschung und Lehre der halleschen<br />
<strong>Universität</strong> und fördert den Gedankenaustausch zwischen<br />
Wissenschaft und Öffentlichkeit. Das Festjahr zum fünfhundertjährigen<br />
Bestehen der <strong>Universität</strong> im Jahre 2002 ist nur ein<br />
Beispiel dafür. Seit 2008 vergibt die VFF außerdem den mit<br />
5.000 Euro dotierten Preis für das innovativste Lehrkonzept der<br />
Uni <strong>Halle</strong>.<br />
Auch Sie können die Arbeit der VFF unterstützen. Werden Sie<br />
Mitglied und damit nicht nur ein Freund, sondern auch ein<br />
Förderer der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong>. Helfen Sie mit einer Spende,<br />
unsere Vorhaben auf eine solide fi nanzielle Basis zu stellen. Oder<br />
setzen Sie Ihre Kenntnisse und Fähigkeiten in Form ehrenamtlicher<br />
Tätigkeit ein.<br />
Mehr über die VFF, wie Sie Mitglied werden oder uns<br />
anderweitig unterstützen können, erfahren Sie unter:<br />
www.vff.uni-halle.de<br />
SCIENTIA HALENSIS 1/10 4/10<br />
Vereinigung der Freunde und<br />
Förderer der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<br />
<strong>Universität</strong> <strong>Halle</strong>-<strong>Wittenberg</strong> e.V.<br />
Geschäftsführerin:<br />
Ramona Mitsching<br />
Tel.: 0345 5522912<br />
Fax: 0345 5527076<br />
E-Mail:<br />
ramona.mitsching@vff.uni-halle.de<br />
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19 35
20<br />
S TUDIEREN, LEHREN, LEBEN<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Nicht nur Fußball im Kopf<br />
Studierende initiieren Projekt, bei dem Sport mit Bildung<br />
verknüpft wird<br />
J ANINE PAZDYKA<br />
„Kicken mit Kopf“ – so heißt ein Projekt hallescher Studierender. Dabei geht es aber nicht um<br />
Kopfbälle, wie der Name zunächst vermuten lässt, sondern um die Vermittlung von Bildungsinhalten<br />
in Kombination mit Fußballtraining. Die erste Auflage fand vom 16. April bis zum 4.<br />
Juni dieses Jahres statt. „Wir wollen den Sport nutzen, um bei Kindern auch in der Freizeit das<br />
Interesse an Bildung zu wecken“, sagt Robert Vogt, Lehramtsstudent und einer der Initiatoren<br />
des Projekts.<br />
Freitag, 16 Uhr: Lachende, tobende Kinder<br />
kommen auf Robert Vogt zu. Er wartet bereits<br />
auf die Neun- bis 14-Jährigen am Sportplatz<br />
des SV Francke 08 in den Franckeschen Stiftungen.<br />
Der Student und seine Mitstreiter des<br />
Projekts „Kicken mit Kopf“ halten aber nicht<br />
nur Fußbälle für das anstehende Training in<br />
der Hand, sondern auch noch Zeitungsartikel,<br />
Papier und Stifte. Bei dem Projekt handelt<br />
es sich nämlich nicht um ein gewöhnliches<br />
Fußballtraining, sondern es werden Bildungsinhalte<br />
eingebaut.<br />
Um die Energiebündel zu bändigen, ordnet<br />
Vogt eine ordentliche Erwärmung an. Bevor<br />
sich die Schüler auf die Bälle stürzen und kicken,<br />
steht aber erst einmal eine Leseübung an.<br />
Kurz vor der Fußball-WM sind die Zeitungen<br />
voll mit Prognosen, Mannschaftsvorstellungen<br />
und Experten-Interviews. Das interessiert<br />
natürlich auch die Nachwuchskicker. Aufgeteilt<br />
in kleine Gruppen lesen sie begeistert die<br />
Neuigkeiten rund um ihre Idole. Anschließend<br />
beantworten die Schüler Fragen zu den Texten,<br />
denn die Übungsleiter wollen überprüfen, ob<br />
die Texte richtig verstanden wurden.<br />
Dann geht es aufs Feld und Robert Vogt trainiert<br />
das Fußballspiel. Als angehender Lehrer<br />
für Sport und Religion an Sekundarschulen<br />
kennt er sich aus, nicht nur didaktisch, sondern<br />
auch mit Kicken. Das zählt bereits seit<br />
18 Jahren zu den Hobbys des 22-Jährigen,<br />
weshalb er sofort begeistert war, als Freund<br />
Fußballspielen im<br />
Sportunterricht<br />
Am 30. September fand ein Projekttag der<br />
Kampagne „20.000plus – Lehrkräfte für<br />
den Fußball“ in <strong>Halle</strong> statt. Daran nahmen<br />
Lehramtsstudierende der MLU teil. Mit der<br />
Kampagne möchte der Deutsche Fußball-Bund<br />
(DFB) Lehrer dazu motivieren, das Ballspiel im<br />
Sportunterricht in Grundschulen einzusetzen.<br />
Deshalb wurden den halleschen Teilnehmern<br />
verschiedene Stundenbeispiele gezeigt, die<br />
koordinative und kognitive Fähigkeiten schulen<br />
sollen.<br />
Zudem erhielten die Lehramtsstudenten Informationsmaterial<br />
zu Fußballregeln, Turniergestaltung<br />
und Bewegung.<br />
www.uni-halle.de/webcode<br />
Mehr zum Projekt „20.000plus“: PM-942<br />
Ingo Riemey ihm von der Idee zu „Kicken mit<br />
Kopf“ erzählte. Bis zur Umsetzung verging<br />
mehr als ein Jahr, da zunächst Unterstützung<br />
und ein geeigneter Ort fürs Training gefunden<br />
werden musste.<br />
Und weil zur Bildung nicht nur Lesen gehört,<br />
wird auch das Gedächtnis trainiert. Der Fußball<br />
ruht und die Kinder machen erst einmal<br />
www.herrmann-tallig.de
ein Laufdiktat: Jeder bekommt Stift und Zettel,<br />
ein Text liegt einige Meter entfernt auf dem<br />
Rasen. Nun sprinten die jungen Sportler zum<br />
Text, prägen sich einige Wörter ein, laufen<br />
zurück zu ihrem Blatt Papier und notieren, was<br />
sie sich gemerkt haben. Die Schüler rennen so<br />
lange hin und her, bis der Text vollständig auf<br />
ihren Blättern steht.<br />
„Aus pädagogischer Sicht ist der Ansatz sehr<br />
gut, weil beim Sport die Durchblutung des<br />
Gehirns höher als am Schreibtisch ist“, erklärt<br />
Vogt. „Deshalb fällt es leichter, kognitive Aufgaben<br />
zu lösen.“ Umgesetzt wird „Kicken mit<br />
Kopf“ von MLU-Studierenden verschiedener<br />
Fachrichtungen, wobei die Projektteilnehmer<br />
entweder einen Bezug zum Fußball haben oder<br />
angehende Lehrer sind. So ist beispielsweise<br />
auch eine Grundschulpädagogik-Studentin<br />
beteiligt, die sich Aufgaben für jüngere Schüler<br />
überlegt.<br />
Diejenigen, denen noch nicht die Puste ausgeht,<br />
trainieren weiter. Abschließend wird<br />
sogar noch ein Turnier ausgetragen. Und auch<br />
dabei werden nicht nur die Beine angestrengt,<br />
sondern auch der Kopf. Bei dem Wettkampf<br />
gibt es für jedes Tor einen Punkt, auch für<br />
Siege erhalten die Teams Punkte. Natürlich<br />
möchte jeder Spieler wissen, wie er abgeschnitten<br />
hat. Um seine Platzierung zu erfahren,<br />
muss er seine Gesamtpunktzahl aber selbst<br />
ausrechnen.<br />
Spielerisch trainieren die Neun- bis 14-Jährigen<br />
nicht nur ihren Körper, sondern auch ihre<br />
geistigen Fähigkeiten. „Über den thematischen<br />
Bezug zum Fußball kann man auch Kinder erreichen,<br />
die sonst nicht gern lesen oder sich in<br />
ihrer Freizeit nicht mit Lernen beschäftigen“,<br />
so Vogt. Sporttraining solle nicht in Konkurrenz<br />
zur Schule stehen – auch das soll „Kicken<br />
mit Kopf“ vermitteln. Vielmehr könne beides<br />
einhergehen und Sport diene sogar als Bildungsantrieb.<br />
Ziel des Projekts ist es, eine Art kostenlose<br />
Nachhilfe anzubieten. „Immer mehr Kinder<br />
benötigen Hilfe neben der Schule. Diese ist<br />
oft sehr kostspielig und für sozial Schwächere<br />
nicht bezahlbar, aber auch deren Kinder sollten<br />
die Möglichkeit nutzen können“, findet Vogt.<br />
Sport sei ein guter Anreiz, sich mit Bildung<br />
auseinanderzusetzen. „Wenn der Trainer sagt,<br />
dass Schule wichtig ist, hat es bei vielen<br />
Kindern einen anderen Stellenwert<br />
als wenn es von Eltern oder<br />
Lehrern kommt.“<br />
18 Uhr: Nach zwei Stundenabwechslungsreichen<br />
Trainings<br />
kommen die jungen<br />
Kicker zufrieden<br />
vom Platz. An<br />
dem Versuchsvorhaben<br />
nahmen in<br />
der ersten Jahreshälfte<br />
wöchentlich<br />
bis zu 18 Schüler teil,<br />
womit die Initiatoren<br />
sehr zufrieden seien, wie Vogt sagt. Das habe<br />
wohl auch daran gelegen, dass es sich um ein<br />
kostenloses Angebot handelte, für das vorab<br />
keine Anmeldung nötig war. Bekannt gemacht<br />
wurde es durch Flyer und Plakate in Kinder-<br />
und Jugendeinrichtungen wie dem Krokoseum<br />
in den Franckeschen Stiftungen und den Kinderhäusern<br />
„Schnitte“ des Christlichen Vereins<br />
Junger Menschen.<br />
Ursprünglich war „Kicken mit Kopf“ als<br />
Plattform verschiedener Organisationen und<br />
Initiativen geplant, um einzelne Stärken zu<br />
bündeln. In Zusammenarbeit mit sozialen<br />
Einrichtungen und Sponsoren sollte ein zweiwöchiges<br />
Sommercamp entstehen, bei denen<br />
Kinder und Jugendliche spielerisch gefördert<br />
werden. „Leider fanden wir dafür nicht genug<br />
Mitstreiter“, bedauert Vogt. Das Konzept sei<br />
bereits durch die Projektgründer erarbeitet<br />
gewesen und sah vor, Bildungsinhalte praxisnah<br />
zu vermitteln, beispielsweise mithilfe<br />
sportlicher Übungen oder durch das Zusammenbauen<br />
eines Fahrrads, wie der 22-Jährige<br />
erklärt. „Ein Sportbildungscamp ist allerdings<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
sehr aufwändig, dafür hätten wir finanzielle<br />
und organisatorische Unterstützung benötigt.“<br />
Und so mussten die ehrgeizigen Studierenden<br />
ihre Pläne wieder verwerfen.<br />
Aus diesen Gründen können Vogt und seine<br />
Mitstreiter das Projekt auch nicht so weiterführen<br />
wie im April begonnen. Stattdessen<br />
arbeiten sie jetzt mit dem Fußballverein<br />
Turbine <strong>Halle</strong> zusammen, wo sie derzeit die<br />
G-Jugend spielerisch fördern. Da die Vier- bis<br />
Siebenjährigen noch nicht lesen können, wird<br />
deren Fußballtraining altersentsprechend durch<br />
Malen und Basteln ergänzt. „Geplant ist, dass<br />
wir diese Kinder während der Grundschulzeit<br />
begleiten und dann auch fußballspezifische<br />
Lese- und Rechenübungen mit ihnen machen“,<br />
so Robert Vogt, der in der Herrenmannschaft<br />
des Vereins kickt.<br />
■<br />
Robert Vogt<br />
Projekt „Kicken mit Kopf“<br />
E-Mail: sportvogt@web.de<br />
Nur Fußball im Kopf? Das<br />
muss nicht sein, sagten sich<br />
mehrere MLU-Studierende,<br />
die nun Bildungsinhalte in<br />
Kombination mit Fußballtraining<br />
vermitteln.<br />
Abbildung:<br />
Scott Maxwell / Fotolia<br />
21<br />
S TUDIEREN, LEHREN, LEBEN
22<br />
S TUDIEREN, LEHREN, LEBEN<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Förderinitiative erleichtert Berufseinstieg<br />
Bachelor und Master – diese beiden Abschlussarten<br />
haben sich mittlerweile an deutschen<br />
Hochschulen durchgesetzt. Anders bei<br />
Unternehmen: „Viele Personalverantwortliche<br />
wissen nicht, was sich hinter den neuen Abschlüssen<br />
verbirgt“, sagt Thomas Beer. Er ist<br />
Vorsitzender der Studentischen Förderinitiative<br />
der Naturwissenschaften (SFI e.V.), die eine<br />
neue Vortragsreihe organisiert, um die Akzeptanz<br />
der Bachelor- und Masterabschlüsse zu<br />
erhöhen. Am 21. <strong>Oktober</strong> findet die Veranstaltung<br />
im Kleinen und Großen Hörsaal des<br />
Instituts für Biochemie erstmals statt.<br />
Die teilnehmenden Unternehmen konnten vorab<br />
Studiengänge auswählen, über die sie sich<br />
informieren möchten. Studierende stellen diese<br />
dann in 15-minütigen Präsentationen vor und<br />
beantworten Fragen der Personalverantwortlichen.<br />
„Unternehmen suchen gute Leute und<br />
wir helfen dabei, Kontakte herzustellen“, so<br />
Matthias Müller, Pressesprecher und Gründungsmitglied<br />
der SFI.<br />
Eine smarte Karte gegen die Passwörterflut<br />
Das tägliche Jonglieren mit Nutzernamen<br />
und Passwörtern könnte an der MLU bald ein<br />
Ende haben. 1000 Studierende und Mitarbeiter<br />
erhalten ab November eine neue Studierenden-<br />
oder Personalkarte, die getrennte Passwörter<br />
für den Uni-Rechner und die Plattform Stud.<br />
IP überflüssig macht. „Solange die Smartcard<br />
im PC steckt, kann ich verschiedene Anwendungen<br />
nutzen, ohne mich jeweils einzeln<br />
anmelden zu müssen. Es reicht eine einmalige<br />
Anmeldung“, erläutert Dr. Sandro Wefel, der<br />
das Projekt im Rahmen seiner Dissertation<br />
entwickelte. Ähnlich einer Kreditkarte ist die<br />
Smartcard mit einem Mikrochip ausgestattet,<br />
der den Besitzer am Rechner und im Internet<br />
authentifizieren kann. Um die personalisierten<br />
Karten an den Computer anstecken zu können,<br />
ist ein Kartenlesegerät notwendig. Alle neu<br />
erworbenen Computer in den PC-Pools der<br />
MLU sind künftig mit dem schmalen Gerät<br />
ausgestattet. 100 weitere Kartenlesegeräte<br />
sollen an den schon existierenden Arbeitsstationen<br />
im Institut für Informatik nachinstalliert<br />
werden. Ihre Smartcard müssen die Nutzer zunächst<br />
persönlich abholen: „Der Kartenbesitzer<br />
muss anhand seines Lichtbildausweises<br />
identifiziert werden, bevor ein elektro-<br />
Foto: Maike Glöckner,<br />
Montage: Steffen Schenk<br />
Im Anschluss an die Präsentationen stellen<br />
sich die Firmen vor. Dann haben Studierende<br />
die Möglichkeit, konkret nach Arbeitsmöglichkeiten,<br />
Anforderungen und ähnlichem zu<br />
fragen. Im Unterschied zur Karrieremesse<br />
„science meets companies“, die ebenfalls von<br />
der SFI organisiert wird, nehmen an der neuen<br />
Veranstaltungsreihe nur Vertreter jeweils einer<br />
Branche teil. So soll gezielt ein bestimmtes<br />
Publikum angesprochen werden, das sich für<br />
die Arbeit in der jeweiligen Fachrichtung eignet.<br />
Am 21. <strong>Oktober</strong> werden drei Unternehmen<br />
aus den Bereichen Pharmazie und Chemie, unter<br />
anderem die Boehringer Ingelheim Pharma<br />
GmbH, vor Ort sein.<br />
Eine Vorstellung von Betrieben fand bereits<br />
zweimal mit regionalen Vertretern unter dem<br />
Titel „Karriere/Treffen“ statt. Dabei seien bisher<br />
nur positive Erfahrungen gemacht worden,<br />
viele Studierende erhielten Praktika, Themen<br />
für Abschlussarbeiten oder Jobs. So nutzten<br />
Ende Mai dieses Jahres über 50 Studierende,<br />
nisches Zertifikat ausgestellt werden kann“,<br />
erklärt Projektleiter Wefel. Mit der Karte im<br />
hellgrünen Uni-Design können E-Mails dann<br />
elektronisch verschlüsselt und signiert werden.<br />
Viel Zeit und Geld könnte man sparen, wenn<br />
sich Studierende beispielsweise mit einer elektronisch<br />
signierten E-Mail zur Prüfung anmelden<br />
und nicht mehr persönlich im Prüfungsamt<br />
erscheinen müssten.<br />
Für Sandro Wefel sind viele Erweiterungen der<br />
Karte denkbar: „Theoretisch können wir sämt-<br />
Absolventen und Doktoranden aus den Naturwissenschaften<br />
die Gelegenheit, um mit<br />
Firmen über den Berufseinstieg zu reden. Im<br />
Anschluss an die Vorträge führten Unternehmensvertreter<br />
erste Bewerbungsgespräche mit<br />
zahlreichen Interessenten. „Häufig wissen die<br />
Studenten und Absolventen gar nicht, dass<br />
Unternehmen in der Region existieren, die den<br />
Einstieg in den späteren Beruf ermöglichen<br />
können“, erklärt Thomas Beer. „Das möchten<br />
wir ändern.“ Neben dieser Form von Praxiskontakt<br />
engagiert sich die SFI für Hochschulpolitik<br />
und die Förderung von Sozialkompetenz.<br />
Der Verein veranstaltet beispielsweise<br />
Tutorien, Weiterbildungen und Ringvorlesungen<br />
rund um das Thema Berufseinstieg.<br />
Allein in diesem Jahr konnten bereits über 30<br />
Projekte realisiert werden<br />
Aktuelle Informationen zum Ablauf des Karrieretages<br />
gibt es auf www.sfi-halle.de. Interessenten<br />
können sich dort auch für die Veranstaltung<br />
anmelden. Janine Pazdyka<br />
liche Dienste der Uni, bei denen nach einem<br />
Passwort gefragt wird, mit dieser Smartcard<br />
ersetzen.“ Ein Zugang zu den Angeboten der<br />
Bibliothek ist ebenso geplant wie die Einbindung<br />
von eLearning-Modulen einzelner Fakultäten.<br />
Die jeweiligen Schnittstellen werden<br />
von Projekt-Mitarbeitern konfiguriert, die,<br />
wie das gesamte Projekt, bis 2011 aus Fördermitteln<br />
des Europäischen Fonds für regionale<br />
Entwicklung (EFRE) finanziert werden.<br />
Weil das Projekt am Institut für Informatik angesiedelt<br />
ist, werden die Karten zunächst<br />
an Studierende und Mitarbeiter des<br />
Instituts ausgegeben, bevor auch<br />
interessierte Studierende anderer<br />
Fächer überzählige Exemplare<br />
erhalten. „Die ersten 1000 Karten,<br />
die aus Projektmitteln beschafft<br />
wurden, sind für uns das beste Argument,<br />
um Kooperationen mit den<br />
verschiedenen Einrichtungen der<br />
MLU aufzubauen und die Finanzierung<br />
zu sichern. Dann kann uniweit<br />
auch über die Steigerung der Stückzahlen<br />
entschieden werden“, sagt<br />
der Projektleiter.<br />
Corinna Bertz
Schnelle Orientierung leicht gemacht<br />
„Campus Maps“ – das neue Online-Angebot der MLU<br />
C ORINNA BERTZ<br />
Wie komme ich am schnellsten zu den Orientalisten? Und wie lange brauche ich mit dem Rad<br />
von der Mensa bis zum hochschuleigenen Bootshaus? Mit „Campus Maps“ lassen sich solche<br />
Fragen künftig mit wenigen Klicks beantworten.<br />
Das Online-System wurde am Institut für Geowissenschaften entwickelt und will dafür sorgen,<br />
dass sich an der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong> jeder schnell zurechtfindet. Der neue Service erleichtert<br />
die Suche nach Hochschuleinrichtungen, denn er bietet erstmals einheitliche, aktuelle<br />
Lagepläne des weitläufigen halleschen Campus‘.<br />
Virtueller Stadtplan und noch viel mehr: eine Beispielseite aus „Campus Maps“.<br />
Mit „Campus Treffpunkt“, „Campus Routing“<br />
und einem virtuellen „Campus 3D“ hat „Campus<br />
Maps“ in einigen Punkten sogar mehr zu<br />
bieten als GoogleMaps, insbesondere was die<br />
Orientierung in großen Liegenschaften wie<br />
dem neuen naturwissenschaftlichen Campus<br />
in Heide-Süd betrifft. „Die Nutzer können bei<br />
der Routenplanung zum Beispiel ihre Fahrgeschwindigkeit<br />
eingeben, sie können nach<br />
Fakultäten und Instituten suchen, für Freunde<br />
Treffpunkte markieren oder den Uniplatz in<br />
3D anschauen“, erklärt Projektleiter Dr. Detlef<br />
Thürkow.<br />
Auf www.maps.uni-halle.de kann der virtuelle<br />
Stadtplan nach allen Einrichtungen der<br />
Hochschule durchsucht werden. Die gesuchten<br />
Gebäude werden mit Lageplan, Adresse, Link<br />
und Foto angezeigt. Anspruch auf Vollständigkeit<br />
will das Team von „Campus Maps“ aber<br />
noch nicht erheben, denn das Portal befindet<br />
sich im Aufbau. „Wir sind gespannt auf Rückmeldungen<br />
und freuen uns über jeden Hinweis<br />
aufmerksamer Nutzer“, sagt Thürkow.<br />
„Die Basisdaten sind bereits vollständig erfasst.<br />
In den nächsten Monaten werden wir<br />
schrittweise weitere Dienste und Inhalte zur<br />
Verfügung stellen“, kündigt der Technische<br />
Leiter für Kartographie und Geoinformation<br />
an.<br />
„Campus Routing“ und „Campus Treffpunkt“<br />
können bereits getestet werden. Der Routenplaner<br />
findet den kürzesten Weg von A nach<br />
B und informiert den Nutzer zusätzlich über<br />
die Zeit, die er als Radfahrer oder Fußgän-<br />
Ein- & Zweifamilienhäuser, Wohnungen & Gewerbeimmobilien<br />
www.immoHAL.de<br />
Beratungscenter “Am Leipziger Turm” � 0345-520490<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
ger braucht, um dorthin zu kommen. Über<br />
„Campus Treffpunkt“ können Nutzer auf der<br />
Stadtkarte einen Ort markieren und als Link<br />
verschicken. Ergänzt wird das umfangreiche<br />
Angebot durch dreidimensionale Bilder und<br />
Trailer auf „Campus 3D“, aktuelle Wetterangaben<br />
und Liveaufnahmen vom Dach des Instituts<br />
für Geowissenschaften.<br />
„Campus Maps“ basiert auf einer freien Software<br />
und wurde optisch dem Online Auftritt<br />
der Hochschule angepasst. Das Projekt ist in<br />
vier Module unterteilt. „Zunächst haben wir<br />
die Lagedaten und Gebäudeinformationen aus<br />
mehreren Datenbanken der Uni gesammelt und<br />
über geographische Koordinaten mit räumlichem<br />
Bezug in unser System integriert. Außerdem<br />
wurden zusätzliche Standorte kartiert<br />
und Außenansichten der <strong>Universität</strong>seinrichtungen<br />
fotografiert“, erläutert Christian Dette,<br />
Doktorand des Fachgebiets Geofernerkundung<br />
und Kartographie. Gemeinsam mit Detlef<br />
Thürkow entwickelte er im Anschluss das<br />
Online-System „Campus Maps“ und erstellte<br />
mit Hilfe von Studentischen Hilfskräften, Projektarbeitern<br />
und Diplomanden den Virtuellen<br />
Campus in 3D.<br />
Ziel des Gemeinschaftsprojektes mit dem<br />
Bereich Hochschulmarketing ist es, für die<br />
<strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong> eine eigenständige<br />
Datenbasis mit Lageplänen der Hochschulgebäude<br />
zu erstellen. Zusätzlich werden Informationen<br />
über die einzelnen Gebäude integriert,<br />
die stetig aktualisiert werden können. Das<br />
verwendete Open-Source-System erlaubt viele<br />
Erweiterungen: „Im Grunde ist alles möglich.<br />
Derzeit arbeiten wir mit dem <strong>Universität</strong>srechenzentrum<br />
und der Verwaltung an Verknüpfungen<br />
mit dem Studierendenportal Stud.IP<br />
und an einer Schnittstelle zu den Studienbotschaftern<br />
der Uni. Darüber hinaus sind Vernetzungen<br />
zu den Angeboten des öffentlichen<br />
Personennahverkehrs angestrebt“, erläutert<br />
Thürkow.<br />
Finanziert wird „Campus Maps“ aus Preisgeldern<br />
des Hochschulwettbewerbs „Schneller<br />
ins Studium“, den die MLU im Jahr 2009 im<br />
Rahmen der Hochschulinitiative Neue Bundesländer<br />
für ihr Konzept gewonnen hatte, sowie<br />
mit Unterstützung der Saalesparkasse. ■<br />
Mehr Informationen unter:<br />
www.maps.uni-halle.de<br />
www.campus3d.uni-halle.de<br />
Dr. Detlef Thürkow<br />
Thematische Kartographie und Geofernerkundung<br />
Telefon: 0345 55 26023<br />
E-Mail: detlef.thuerkow@geo.uni-halle.de<br />
Internet: www.geo.uni-halle.de/geofern<br />
23<br />
S TUDIEREN, LEHREN, LEBEN
24<br />
S TUDIEREN, LEHREN, LEBEN<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Mehr Raum für die Musik<br />
Institut für Musik wächst um ein Drittel<br />
U TE OLBERTZ<br />
Die Farbe Blau prägt das Bild im neuen Klaviertrakt, grün dagegen ist der Gesangsbereich gehalten<br />
und die Flure erstrahlen rot. Endlich konnte das Institut für Musik im Händelhauskarree<br />
zum Beginn des Wintersemesters dringend benötigte zusätzliche Räumlichkeiten beziehen, die<br />
noch dazu sehr ansprechend gestaltet sind. „Damit gehört nicht nur die chronische Überbelegung<br />
des Kammermusiksaals im bisherigen Gebäudeteil bald der Vergangenheit an“, freut sich<br />
Georg Maas, der als Professor für Musikpädagogik das Institut leitet. „Auch die Kollegen aus<br />
Magdeburg erhalten nunmehr dauerhaft nach einer langen Zeit der Improvisation angemessene<br />
Arbeitsbedingungen.“<br />
Vorbei ist nun die Raumnot, denn im bislang<br />
leer stehenden Nachbargebäude konnten insgesamt<br />
800 Quadratmeter zusätzlich angemietet<br />
werden. Nach dem Innenausbau entstanden<br />
helle, heitere und natürlich schallgedämmte<br />
Arbeitszimmer, in denen künftig viel Musik<br />
erklingen wird. Ein drängendes Problem des<br />
Musikinstituts ist somit gelöst, das mit der<br />
Fusion der beiden Uni-Musikinstitute Sachsen-<br />
Anhalts in Magdeburg und <strong>Halle</strong> entstanden<br />
war.<br />
Bereits im September 2009 siedelten elf<br />
Lehrkräfte aus Magdeburg in die Händelstadt<br />
um, von denen zehn zur Abteilung Musikpädagogik<br />
zu den dort bisher 16 Lehrenden<br />
hinzukamen. Neu in <strong>Halle</strong> sind für die vokale<br />
Ausbildung die beiden Gesangsprofessorinnen<br />
Monika Köhler und Monika Meier-Schmid.<br />
Die Fachgruppe Klavier verstärken nun Professor<br />
Jochen Köhler, Peter Elster, Cosima<br />
Pagel und Gerlinde Schacht. Außerdem kamen<br />
Andrzej Mokry und Elke Scheibner Gnilke,<br />
Hochschuldozenten für Gitarre, in die Saalestadt.<br />
Musiktheorie vertritt Alexander Trinko<br />
und Musikdidaktik Dr. Carla Ullrich. Die Abteilung<br />
Musikwissenschaft schließlich nahm<br />
noch Professor Dr. Tomi Mäkelä auf.<br />
„Mit diesem Zuwachs an Lehrkapazität sowie<br />
wissenschaftlichem und künstlerischem Potenzial<br />
ist das Institut jetzt gut aufgestellt“, sagt<br />
Georg Maas. „Im Neubau werden die künstlerischen<br />
Disziplinen ihre neue Heimat finden.<br />
Auch einige <strong>Halle</strong>nser Kollegen werden mit<br />
umziehen, sodass sich von Anfang an eine gute<br />
Zusammenarbeit entwickeln kann.“<br />
Im neuen Haus entstand in der 1. Etage der<br />
Gitarrenbereich und Verwaltungstrakt (Sekretariat,<br />
Referenten). Der „blaue Klaviertrakt“<br />
befindet sich in der 2. Etage, die dritte Etage<br />
gehört dem Gesang sowie einem 56 Quadratmeter<br />
großen Vorlesungsraum. Die Koordination<br />
bei der Gestaltung übernahm die<br />
Rundgang kurz vor Fertigstellung der neuen Räume, hier im Klaviertrakt (v. l. n. r.): Prof. Monika Köhler<br />
führt Prof. Jochen Köhler, Alexander Trinko, Prof. Monika Meier-Schmid, Doz. Andrzej Mokry, Elke<br />
Scheibner-Gnilke und Gerlinde Schacht durchs Haus. Foto: Maike Glöckner<br />
Gesangsprofessorin Monika Köhler, die aus<br />
Magdeburg eine Probebühne mitbringt, deren<br />
Unterbringung in der vierten Etage geplant<br />
ist. Hier wird es in der Farbe hellbeige einen<br />
Bühnenraum von 180 qm mit flexibler Bühne<br />
geben, der im Verlauf des Wintersemesters<br />
fertig wird. Die Bühne stellt das Kernstück für<br />
einen weiteren Vortragssaal dar, der vor allem<br />
für szenische Aufführungen und Projekte genutzt<br />
werden soll.<br />
„Die Fächer Gesang, Klavier und Gitarre können<br />
hier durchgängig vom Bachelor über den<br />
Master bis zum Konzertexamen studiert werden“,<br />
hebt Maas hervor. Das sei innerhalb der<br />
deutschen <strong>Universität</strong>slandschaft eine Besonderheit,<br />
ebenso wie die seit einigen Jahren mit<br />
Erfolg praktizierte Kombinationsmöglichkeit<br />
des Lehramtsstudiengangs Musik an Gymnasien<br />
mit dem Studiengang Diplom-Kirchenmusik-B<br />
an der benachbarten Evangelischen<br />
Hochschule für Kirchenmusik.<br />
Zu Beginn des Sommers verschickten Studierende<br />
des Uni-Instituts im Händelkarree<br />
einen als Rundbrief gedruckten Hilferuf mit<br />
dem Bild eines leeren Konzertsaals und einem<br />
ungespielten Flügel. „So könnte es bald im<br />
ganzen Musikinstitut aussehen“ und „Das<br />
hallesche Musikinstitut blutet aus!“ stand<br />
darunter. Bei einigen Studenten sei zeitweise<br />
sogar „der gesamte musikpraktische Unterricht<br />
ausgefallen“, hieß es. Wie kam es dazu,<br />
obwohl es den personellen Zuwachs aus Magdeburg<br />
gab? „Der Honorartopf für die Lehrbeauftragten<br />
war leer“, sagt Georg Maas. „Honorarkräfte<br />
erteilen bei uns in großem Umfang<br />
Einzelunterricht in den künstlerischen Fächern,<br />
ergänzend zum Lehrangebot der hauptamtlichen<br />
Mitarbeiter.“ Inzwischen seien aber –<br />
nicht zuletzt durch Intervention des Kultusministeriums<br />
– entsprechende Mittel bereitgestellt<br />
worden.<br />
Am Institut für Musik gehen derzeit (inklusive<br />
Musikwissenschaft) rund 400 Studierende ein<br />
und aus, von denen knapp die Hälfte künftig<br />
als Musiklehrer an Schulen gehen. Charakteristisch<br />
für ein Musikstudium ist der Einzelunterricht,<br />
denn eine enge inhaltliche Verzahnung<br />
künstlerisch-pädagogischer und wissenschaftlicher<br />
Studienbereiche ist unverzichtbar.<br />
Praxisorientierung wird hier groß geschrieben,<br />
gerade für die künftigen Musiklehrer. ■<br />
Prof. Dr. Georg Maas<br />
Institut für Musik<br />
Telefon: 0345 55 24400<br />
E-Mail: georg.maas@musik.uni-halle.de<br />
Internet: www.musikpaed.uni-halle.de
Medizin studieren mit Online-Quiz<br />
Schon sieben Institute an „HaMeeL“-Projekt beteiligt<br />
C ORINNA BERTZ<br />
Röntgenbilder auf dem Laptop, ein Online-Quiz zur letzten Vorlesung und ein Video, das zeigt,<br />
wie man richtig intubiert – an der Medizinischen Fakultät hat sich seit Februar 2009 in punkto<br />
E-Learning viel getan. Drei Institutsdirektoren gründeten damals das <strong>Halle</strong>sche Medizinische<br />
E-Learning, kurz „HaMeeL“, um neue E-Learning-Angebote der Fakultät zu koordinieren. In<br />
der Medizin, wo der Patient auch in der Lehre eine zentrale Rolle spielt, stellt E-Learning eine<br />
besondere Herausforderung dar. Intensive Vorarbeiten waren deshalb nötig, bevor das Projekt<br />
auf mittlerweile sieben beteiligte Institute anwachsen konnte.<br />
Neben den üblichen Fragen zu Medienrecht<br />
und Technik musste beim Aufbau des E-Learning-Systems<br />
in der Medizin vor allem auch<br />
der Patientenschutz beachtet werden. „Für<br />
medizinische Lehrfilme, in denen auch Patienten<br />
gezeigt werden, ist immer deren Einwilligungen<br />
einzuholen – selbst wenn der Patient<br />
nicht schreiben kann“, erklärt der Direktor des<br />
Instituts für Pharmakologie und Toxikologie<br />
Professor Joachim Neumann. Oftmals ist es da<br />
einfacher, eine Simulationspuppe<br />
einzusetzen oder die Anonymität<br />
des Patienten zu wahren,<br />
indem man beispielsweise nur<br />
seinen Bauchraum zeigt.<br />
In einem der ersten Videos, die<br />
im Auftrag von HaMeeL entstanden,<br />
wird anhand einer Puppe<br />
der Vorgang der Intubation<br />
demonstriert. Die Kamera<br />
folgt dem Schlauch, der<br />
über Mund oder Nase in<br />
die Atemwege eingeführt<br />
wird, in das Modell hinein.<br />
„Studenten, die<br />
Schwierigkeiten mit<br />
dem Intubieren haben,<br />
können so genau<br />
verfolgen, wie und wo<br />
die Sonde in den Körper<br />
gelangen muss“,<br />
erläutert der Anästhesist<br />
Dr. Oliver Meyer, der den<br />
Film gemeinsam mit der<br />
Mediathek des Sprachenzentrums<br />
erstellt hat. „Ha-<br />
MeeL will alle Einrichtungen<br />
der Medizinischen<br />
Fakultät dabei unterstützen,<br />
den Studierenden derartige<br />
eLearning-Angebote bereit zu stellen“,<br />
sagt Projekt-Koordinatorin Katja Rulf.<br />
Neben Videos gibt es mittlerweile vertonte<br />
Vorlesungen, Multiple-Choice-Tests per Handy<br />
sowie ein wachsendes Medienarchiv, das<br />
fleißig mit Audio-, Bilder- und Videobeiträgen<br />
bestückt wird. „Das Archiv erleichtert auch<br />
uns Dozenten die Arbeit, denn wir können unsere<br />
Vorlesungen dadurch multimedial besser<br />
ausstatten und Material institutübergreifend<br />
austauschen“, sagt Prof. Neumann. Die Online-Mischung<br />
aus Lernmodulen und Selbsttests<br />
wurde mit Unterstützung des Rechenzentrums<br />
mit den beiden Online-Plattformen Stud.<br />
IP und ILIAS verknüpft und kann darüber von<br />
den Studierenden sehr einfach bedient werden.<br />
„Bislang haben wir solche Angebote im Medizinstudium<br />
kaum genutzt“, sagt Daniel Müller,<br />
der im achten Semester Humanmedizin studiert<br />
und als Wissenschaftliche Hilfskraft im<br />
HaMeeL-Projekt mitarbeitet.<br />
Die Rückmeldungen sind überwiegend positiv:<br />
„80 Prozent meiner Studierenden haben das<br />
Onlinequiz zur Vorlesung zu Hause genutzt,<br />
um den Stoff zu wiederholen und zu vertiefen“,<br />
freut sich Professor Andreas Stang. Ein<br />
solches Ergebnis lohnt nach Meinung des<br />
Direktors des Instituts für Klinische Epidemiologie<br />
auch die langwierige Auseinandersetzung<br />
mit Patientenrecht, Urheberrecht und<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Stud.IP als Portal für Übungen<br />
Bereits seit 2003 ist am Institut für Informatik<br />
eine Erweiterung der Lernplattform<br />
Stud.IP im Einsatz, die Dozenten und<br />
Studierenden eine elektronische Abwicklung<br />
der Übungen zu Lehrveranstaltungen<br />
ermöglicht. Die Erweiterung ist im Rahmen<br />
des BMBF-Verbundprojektes „ULI – Universitärer<br />
Lehrverbund Informatik“ entstanden<br />
und wird vom <strong>Universität</strong>szentrum<br />
Informatik (UZI) weiterentwickelt.<br />
www.uni-halle.de/webcode<br />
Mehr über die Lernplattform: SH-904<br />
Haftungsfragen. Sie war notwendig, um ein<br />
sicheres Datenschutzkonzept verabschieden zu<br />
können, das HaMeeL nun an strenge Auflagen<br />
bindet.<br />
Gemeinsam mit dem Pharmakologen Joachim<br />
Neumann und dem neuen Dekan der Medizinischen<br />
Fakultät Professor Michael Gekle<br />
gründete Stang HaMeeL im Jahr 2009. Das<br />
Projekt wird aus Haushaltsmitteln der Medizinischen<br />
Fakultät zur Verbesserung der Lehre<br />
finanziert und wurde nach<br />
einer zunächst einjährigen<br />
Projektlaufzeit bis 2013<br />
verlängert.<br />
Die drei Institutsdirektoren<br />
holten viel Fachverstand<br />
von außen ein, besuchten die<br />
Berliner Charité und berieten<br />
sich mit E-Learning-Experten<br />
anderer Fakultäten<br />
und <strong>Universität</strong>en.<br />
Auch in den aller fünf bis<br />
sechs Wochen stattfindenden<br />
HaMeeL-Sitzungen sind<br />
regelmäßig Besucher aus<br />
anderen Fakultäten und<br />
<strong>Universität</strong>en zu Gast. Die<br />
Initiatoren um Koordinatorin<br />
Rulf freuen sich über<br />
das Interesse von außen<br />
und hoffen auf eine noch<br />
stärkere Zusammenarbeit<br />
– zunächst vor allem<br />
mit den medizinischen<br />
Instituten der MLU.<br />
„In den nächsten<br />
Foto: digieye / Fotolia, Montage: Steffen Schenk drei Jahren sollen<br />
fakultätsweit<br />
lehrbezogene<br />
Projekte erarbeitet<br />
und über HaMeel angeboten werden“, sagt der<br />
Physiologe Michael Gekle.<br />
■<br />
Katja Rulf<br />
HaMeeL - <strong>Halle</strong>sches Medizinisches eLearning<br />
Telefon: 0345 55 71353<br />
E-Mail: katja.rulf@medizin.uni-halle.de<br />
Internet: www.medizin.uni-halle.de/index.php?id=2312<br />
25<br />
S TUDIEREN, LEHREN, LEBEN
26<br />
F ORSCHEN UND PUBLIZIEREN<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Libysche Honigbienen sorgen<br />
für Wirbel<br />
MLU-Doktorand entdeckt unbekannte Unterart und liefert<br />
damit Forschungsstoff<br />
S ILVIO KISON<br />
Großes Presseaufsehen erregte im Sommer der Libyer Dr. Taher Shaibi. Er entdeckte bei Forschungsarbeiten<br />
in der nordafrikanischen Kufra-Oase eine bisher unbekannte Unterart der Sahara-Honigbiene<br />
(Apis mellifera sahariensis). Er kam als Doktorand mit einem Stipendium vom<br />
lybischen Staat nach <strong>Halle</strong> und arbeitete am Institut für Biologie im Forschungsbereich Zoologie<br />
bei Professor Robin Moritz, dessen Schwerpunkt die molekulare Ökologie und im Besonderen<br />
die Honigbiene ist. Shaibis Entdeckung könnte ein internationales Forschungsprojekt voranbringen<br />
– denn die Bienen aus der Oase sind frei von Milben.<br />
„Herr Shaibi kam eigentlich zu uns, um die<br />
Biologie von Wütenasseln zu untersuchen“,<br />
erinnert sich Moritz. „Allerdings hat sich dies<br />
als wenig erfolgreich erwiesen und so kamen<br />
wir auf die Idee, die Honigbienen in Lybien<br />
zu erforschen.“ Dabei war weniger der nationale<br />
Bezug ausschlaggebend, sondern eher<br />
der Forschungsschwerpunkt der halleschen<br />
Arbeitsgruppe, die vornehmlich zum Thema<br />
Honigbienen arbeitet. Shaibi verbrachte viel<br />
Zeit damit, verschiedene Regionen in Libyen<br />
aufzusuchen und eine Bestandsaufnahme der<br />
libyschen Honigbienen zu erstellen. „Dabei<br />
hatte er auch sehr guten Zugang zu abgelegnen<br />
Regionen wie der Kufra-Oase“, erklärt Moritz.<br />
Die Entdeckung der Unterart der Sahara-Honigbiene<br />
war wenn auch kein Zufall, so doch<br />
ein echter Glückstreffer. Dabei ist nicht ihr<br />
Äußeres das Besondere, sondern eher das bio-<br />
geographische Alter dieser außergewöhnlichen<br />
Bienenpopulation. „Die Untersuchungen<br />
des Erbguts haben ergeben, dass diese Biene<br />
bereits existierte, als die Sahara vor 10 000<br />
Jahren noch keine Wüste, sondern eine Steppe<br />
war“, bestätigt der Forscher. Im Laufe der Zeit<br />
wurde die Steppe langsam zur Wüste und die<br />
Honigbienen zogen sich immer weiter zurück.<br />
Am Ende gab es sie nur noch in der Kufra-<br />
Oase, wo sie völlig isoliert abertausende von<br />
Jahren überlebten. Diese so genannte Rückzugspopulation<br />
konnte sich ohne den Einfluss<br />
des Menschen entwickeln, da die Oase im<br />
Südosten von Lybien mehr als 800 Kilometer<br />
entfernt von den Städten am Mittelmeer liegt.<br />
Dabei bildet die Wüste eine für andere wildlebende<br />
Tiere kaum überwindbare Barriere. „Die<br />
wilde Honigbiene wurde zwar von den Bewohnern<br />
der Oase zur Honiggewinnung ver-<br />
Prof. Robert Paxton und Prof. Robin Moritz im Gespräch über ein Bienenvolk in einem sogenannten Beobachtungsstock.<br />
Foto: Silvio Kison<br />
wendet, aber nicht zu Zuchtzwecken genutzt“,<br />
so Moritz. Die Oase ist 40 km breit und bietet<br />
somit genug Raum für die Entwicklung einer<br />
gesunden Population.<br />
Taher Shaibi ist nach erfolgreicher Promotion<br />
an der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong> <strong>Universität</strong> wieder<br />
nach Libyen zurückgekehrt. Seine Entdeckung<br />
spielt allerdings immer noch eine wichtige<br />
Rolle für die weitere Forschung der Arbeitsgruppe<br />
um Professor Moritz. Die Wildbienen<br />
der Oase sind nämlich frei von einem<br />
Parasiten, der weltweit eine Großzahl ihrer<br />
Artgenossen befallen hat. Diese gefährliche<br />
Milbe ist unter dem Namen Varroa destructor<br />
bekannt. Damit sind die Bienen in der Kufra-Oase<br />
eine der wenigen derzeit bekannten<br />
natürlichen Population, die nicht von diesem<br />
Parasiten befallen ist. „Für uns ist dies besonders<br />
interessant, da wir uns derzeit in der<br />
Anfangsphase eines neuen Forschungsprojekts<br />
befinden“, erklärt Moritz.<br />
Das Forschungsnetzwerk BEE DOC (Bees in<br />
Europe and the Decline Of Honeybee Colonies)<br />
ist ein Zusammenschluss von Wissenschaftlern<br />
aus elf europäischen Ländern und<br />
wird vom halleschen Institut koordiniert. Die<br />
Wissenschaftler beschäftigen sich hauptsächlich<br />
mit den Interaktionen zwischen Parasiten,<br />
Pathogenen und Pestiziden bei Honigbienen.<br />
Die Europäische Union fördert die Arbeit<br />
von BEE DOC mit drei Millionen Euro. Das<br />
Projekt startete im März <strong>2010</strong> und läuft vorerst<br />
über drei Jahre. Untersucht werden vornehmlich<br />
die Auswirkungen in Europa. Allerdings<br />
ist die Arbeit der Forscher weltweit wichtig.<br />
„Wir beobachten schon seit langem das<br />
Aussterben von ganzen Bienenkolonien nicht<br />
nur in Europa, sondern weltweit“, bekräftigt<br />
Moritz.<br />
Obwohl bisher sehr viel getan wurde, um dies<br />
zu verhindern, ist noch ungeklärt, welche genauen<br />
Auslöser für das Aussterben verantwortlich<br />
sind. „Wir gehen von einem Zusammenspiel<br />
von Parasiten und Pestiziden aus“,sagte<br />
Moritz. Gründe für diese Vermutung liegen<br />
in den USA. Dort kam es 2006 und 2007 zu<br />
einem großen Bienensterben. Die Honigbienen-Industrie<br />
sowie der amerikanische Staat<br />
gaben danach meherere Millionen Dollar aus,<br />
um diesem plötzlichen Sterben auf den Grund<br />
zu gehen. „Allerdings konnte bisher noch kein<br />
Faktor bestimmt werden, der hierfür verantwortlich<br />
ist“, erklärt Moritz. Die Wissenschaftler<br />
von BEE DOC haben aus diesem Grund<br />
die Hypothese aufgestellt, dass es sich um eine<br />
Kombination aus verschieden Komponenten<br />
handeln muss, die das Aussterben bewirken.<br />
Ein klassisches Beispiel hierfür ist die bereits<br />
erwähnte Milbe Varroa destructor. Sie saugt an<br />
der Honigbiene und überträgt dabei mehrere<br />
Viren, die für unterschiedliche Erkrankungen<br />
verantwortlich sind. Infizierte Bienen geben<br />
die Infektion in der Kolonie an andere weiter<br />
und sorgen so für einen Befall des gesamten<br />
Volkes.
Wie genau das funktioniert und ob wirklich<br />
alle Viren von der Milbe stammen, lässt sich<br />
mit dem derzeitigen Stand der Forschung allerdings<br />
nicht vollständig klären. „Aus diesem<br />
Grund sind die Wildbienen in Kufra für uns<br />
von großem Interesse. Wir haben hier eine milbenfreie<br />
Kolonie, die uns als Kontrollpopulation<br />
dienen kann“, so Moritz. Die Wissenschaftler<br />
haben nun die Möglichkeit, zu untersuchen,<br />
ob die Bienen der Oase von Erregern befallen<br />
sind und wenn ja, mit welchen. „Sollten sie<br />
die gleiche Anzahl an Viren aufweisen wie die<br />
europäischen Bienen, dann hat die Milbe keinen<br />
Einfluss auf das Bienensterben. Sind die<br />
Bienen allerdings mit keinen oder nur wenigen<br />
Viren infiziert, so könnte dies ein Hinweis dafür<br />
sein, dass die Milbe für das Bienensterben<br />
mitverantwortlich ist.“<br />
Durch die Vernetzung mit anderen europäischen<br />
sowie nord- und südamerikanischen<br />
Projekten erlangen die Ergebnisse eine globale<br />
Sichtbarkeit, die einen starken Einfluss auf<br />
die artgerechte Haltung von Bienen weltweit<br />
haben wird. Auch am Institut selbst finden sich<br />
Bienenforscher mit internationaler Ausrichtung.<br />
Seit April <strong>2010</strong> ist Robert Paxton Professor<br />
für Allgemeine Zoologie. Der Schwerpunkt<br />
des 51-Jährigen ist die evolutionäre Ökologie<br />
von Insekten und speziell die der Bienen.<br />
Wie bereits bei seiner Vorstellung in Ausgabe<br />
2/<strong>2010</strong> der scientia halensis erwähnt, beschäftigte<br />
er sich in einer seiner wichtigsten Veröffentlichungen<br />
mit der genetischen Analyse von<br />
„sweat bees“ (Furchenbienen), die zur Familie<br />
der Schmalbienen gehören und laut Paxton<br />
„eine fantastische Vielfalt in ihrem Sozialverhalten<br />
aufweisen“. In einer weiteren Publikation,<br />
an der Paxton beteiligt war, ging es um<br />
eine Pilzkrankheit bei Honigbienen, die sich<br />
innerhalb weniger Jahre um die ganze Welt<br />
verbreitet hat.<br />
Der Biologe arbeitet eng mit Professor Moritz<br />
zusammen. Er hat ein eigenes Forschungsprojekt<br />
zu Honigbienen mit nach <strong>Halle</strong> gebracht,<br />
das Grundlagenforschung im Zusammenhang<br />
mit Bienen und Insekten betreibt. Es ist ein<br />
Partnerprogramm von BEE DOC und wird<br />
vom englischen Pendant der DFG mit 1,5 Millionen<br />
Pfund über einen Zeitraum von ebenfalls<br />
drei Jahren gefördert. Das Projekt startet<br />
im <strong>Oktober</strong>, der Schwerpunkt liegt auf der<br />
Untersuchung von Krankheitserregern in Honigbienen.<br />
„Die Forschung bezieht sich somit<br />
hauptsächlich auf Honigbienen und die Parasiten,<br />
die sie befallen“, erklärt Paxton. Dabei<br />
interessiert die Wissenschaftler unter anderem,<br />
welche Auswirkung der Befall von zwei Parasiten<br />
hat und wie die Parasiten zwischen unter-<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
schiedlichen Kolonien weitergegeben werden.<br />
Paxton geht es vor allem um die Interaktion<br />
zwischen Honigbienen und Hummeln, da diese<br />
sich immer häufiger mit Erregern infizieren,<br />
die auch bei den Bienen zu finden sind. Die<br />
Hummel ist laut Paxton „neben der Biene ein<br />
wichtiger Bestäuber in Nordeuropa und somit<br />
ebenfalls eine zu beachtende Größe.“ ■<br />
Weitere Informationen im Internet:<br />
www.bee-doc.eu<br />
Prof. Dr. Robin Frederik Alexander Moritz<br />
Molekulare Ökologie<br />
Telefon: 0345 55 26223<br />
E-Mail: robin.moritz@zoologie.uni-halle.de<br />
Internet: www.mol-ecol.uni-halle.de<br />
Prof. Dr. Robert Paxton<br />
Honigbiene auf einer Wabe.<br />
Foto: Heinz Waldukat / Fotolia<br />
Allgemeine Zoologie<br />
Telefon: 0345 55 23530<br />
Telefon: 0345 55 26500<br />
E-Mail: robert.paxton@zoologie.uni-halle.de<br />
Internet: www.zoologie.uni-halle.de/allgemeine_zoologie<br />
27
28<br />
F ORSCHEN UND PUBLIZIEREN<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Die Subsahara-Connection<br />
Ethnologen erforschen Konfliktmanagement in Afrika<br />
S ILVIO KISON<br />
Kriege, Krisen, ethnische Differenzen sind in vielen Regionen der Welt immer noch trauriger<br />
Alltag. Oft versuchen internationale Organisationen und auch Nationalstaaten zu intervenieren.<br />
Aber wie erfolgreich sind diese Strategien zur Konfliktbewältigung wirklich? Seit <strong>Oktober</strong> 2006<br />
gehen hallesche Ethnologen dieser Frage nach. Unterstützt werden sie von der VolkswagenStiftung<br />
im Rahmen der Förderinitiative „Wissen für morgen – Kooperative Forschungsvorhaben<br />
im sub-saharischen Afrika“ mit 500 000 Euro.<br />
Das Projekt trägt den Titel „Travelling Models<br />
in Conflict Management. A Comparative<br />
Research and Network Building Project in<br />
Six African Countries (Chad, Ethiopia, Liberia,<br />
Sierra Leone; South Africa, and Sudan)“.<br />
Die Idee für die Studie hatten die halleschen<br />
Wissenschaftler Professor Dr. Richard Rottenburg<br />
und Dr. Andrea Behrends vom Seminar<br />
für Ethnologie der MLU zusammen mit den<br />
Forschern des Max-Planck-Instituts für ethnologische<br />
Forschung in <strong>Halle</strong>. „Das Geld floss<br />
dabei eher durch die MLU hindurch“, erklärt<br />
Projektkoordinatorin Andrea Behrends. Die<br />
Finanzierung richtete sich an die afrikanischen<br />
Partner in den beteiligten Regionen.<br />
Neben den untersuchten Strategien ging es bei<br />
der Förderung um den Aufbau und die Stärkung<br />
von Wissenschaft im sub-saharischen<br />
Afrika.<br />
Die Aufgabe der deutschen Wissenschaftler<br />
liegt vor allem in der Unterstützungsarbeit. Sie<br />
leiten die Forscher an, helfen ihnen beim Aufbau<br />
innerafrikanischer Netzwerke und vermitteln<br />
ihnen Gelder für die Anschaffung neuer<br />
Geräte. „Durch diese Arbeit erhoffen wie uns,<br />
neue Kapazitäten in Afrika auszubilden und zu<br />
etablieren“, so Behrends.<br />
Bei den Einzelprojekten waren es dann auch<br />
die Doktoranden in den afrikanischen Ländern,<br />
die sich selbst das zu untersuchende Modell<br />
aussuchten. Unter dem Motto „Ein Modell<br />
geht auf Reisen“ beschäftigte die halleschen<br />
Ethnologen, was mit den internationalen Konfliktbewältigungsstrategien<br />
vor Ort passiert.<br />
Wie werden sie von den Einheimischen aufgenommen<br />
und übersetzt?<br />
Die Modelle variierten oft von Land zu Land.<br />
In Südafrika untersuchte eine Doktorandin das<br />
so genannte „Community Policing“. Dabei<br />
versucht die Polizei, Menschen in den Gemeinden<br />
davon zu überzeugen, mit ihr zusammenzuarbeiten,<br />
um die Kriminalitätsraten<br />
Andrea Behrends im Gespräch mit Tinashe Pfigu, der Doktorandin aus Südafrika, Foto: Kees van der Waal<br />
zu senken. Im Sudan war es das Konzept des<br />
„Power Sharing“, wo es vornehmlich um die<br />
Aufteilung der Macht auf staatlicher Ebene<br />
geht, um den Übergang zwischen Bürgerkrieg<br />
und Frieden zu ermöglichen. Alle untersuchten<br />
Modelle haben gemeinsam, dass sie von außen<br />
durch Organisationen oder den Staat ins Land<br />
gebracht werden. „Unser Interesse gilt dabei<br />
den Resultaten vor Ort“, erklärt Andrea Behrends.<br />
„Was waren die Intentionen der aussendenden<br />
Seite und wie sind die Reaktionen und<br />
Umgehensweisen mit diesen Modellen auf der<br />
empfangenden Seite?“<br />
Nach vierjähriger Forschungsarbeit kommen<br />
die Wissenschaftler zu der Erkenntnis, dass<br />
alle Modelle sich etwas anders auswirken als<br />
intendiert. Die Forscher sehen die Gründe<br />
hierfür in den oft unterschiedlichen Intentionen<br />
oder Institutionalisierungen der Konfliktbewältigungsstrategie.<br />
„Wenn zum Beispiel<br />
im Tschad die Weltbank sagt, wir schaffen<br />
Gesetze, um die einfließenden Gewinne aus<br />
dem Erdöl gerecht zu verteilen, dann sagt der<br />
tschadische Staat: ‚Okay, wir schaffen ein<br />
Gesetz, um dies zu ermöglichen.’ Aber der<br />
Umgang mit Gesetzen ist im Tschad sowohl<br />
auf staatlicher als auch auf Seiten der Bürger<br />
ein anderer als bei uns. Gesetze werden daher<br />
häufig nicht beachtet“, erläutert Ethnologin<br />
Behrends. Das Resultat ist, dass das Modell<br />
nicht immer den angestrebten Frieden bringt.<br />
Ähnliche Probleme mit der Umsetzung solcher<br />
Strategien fanden die Wissenschaftler in allen<br />
sechs untersuchten Ländern. So wird in Sierra<br />
Leone versucht, die Demokratisierung und die<br />
Förderung von Frauenrechten und Meinungsfreiheit<br />
voranzutreiben. Die Forscher fanden<br />
heraus, dass die Rechte von Frauen in Sierra<br />
Leone gut etabliert sind. Aber keiner fordert<br />
sie ein, weil sie auf unterschiedliche Weise<br />
institutionalisiert sind. „Das Verständnis vor<br />
Ort hängt mit den dortigen Gegebenheiten<br />
zusammen und ist daher notwendigerweise ein<br />
anderes“, stellt die Wissenschaftlerin fest.<br />
Das Projekt wird durch die VolkswagenStiftung<br />
noch einmal bis Mai 2011 mit 250 000<br />
Euro gefördert. „Bis dahin sind die Doktoranden<br />
mit ihrer Arbeit fertig und haben die<br />
Möglichkeit, eigene Projekte zu initialisieren<br />
und das afrikanische Netzwerk weiter auszubauen“,<br />
hofft Behrends. Der letzte Akt des<br />
Projektes ist eine internationale Tagung Anfang<br />
März 2011 in Khartum im Sudan. Diese<br />
ist offen für alle Interessenten und soll helfen,<br />
die Ergebnisse der Studie auch in einer internationalen<br />
Wissenschaftsgemeinschaft publik<br />
zu machen.<br />
■<br />
Dr. Andrea Behrends<br />
Ethnologie<br />
Telefon: 0345 55 24 196<br />
E-Mail: andrea.behrends@ethnologie.uni-halle.de<br />
Internet: www.ethnologie.uni-halle.de/forschung
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Zurück in die Zukunft:<br />
Neue Funktionen eines ıalten‰ Vitamins<br />
Forschungsprojekt soll Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Status und Gesundheit des<br />
Herz-Kreislauf-Systems klären<br />
J ANINE PAZDYKA<br />
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache in Deutschland: Etwa jeder zweite Todesfall ist darauf zurückzuführen. „Neuere<br />
Daten lassen vermuten, dass eine verminderte Vitamin-D-Versorgung die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigt“, erklärt Prof.<br />
Dr. Gabriele Stangl. Die Ernährungswissenschaftlerin der MLU koordiniert seit 1. Juli ein Projekt, in dem die Einflüsse von Vitamin D auf Risikofaktoren<br />
für kardiovaskuläre Erkrankungen untersucht werden sollen.<br />
Dass Vitamin D für den Knochenbau wichtig<br />
ist, wissen die meisten Menschen. Wenig<br />
bekannt ist hingegen, dass nahezu alle Körperzellen<br />
mit Rezeptoren ausgestattet sind, in<br />
denen Vitamin D ganz spezifische Wirkungen<br />
zu haben scheint. „Auf der Basis bisheriger<br />
wissenschaftlicher Daten gehen wir davon aus,<br />
dass das Vitamin unser Herz-Kreislauf-System<br />
beeinflusst“, so Ernährungswissenschaftlerin<br />
Prof. Dr. Gabriele Stangl. Deshalb läuft seit<br />
dem 1. Juli ein Projekt mit dem Titel „Vitamin<br />
D und kardiovaskuläre Gesundheit - von experimenteller<br />
und epidemiologischer Evidenz<br />
zu innovativen Lebensmitteln“ an der MLU. In<br />
Zusammenarbeit mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum<br />
in Heidelberg, dem Deutschen<br />
Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-<br />
Rehbrücke und dem Institut für Binnenfischerei<br />
in Potsdam-Sacrow werden in den nächsten<br />
drei Jahren die Rolle des Vitamins für die<br />
Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems und<br />
die Möglichkeiten einer optimalen Versorgung<br />
untersucht. Stangl erwartet, dass durch eine<br />
Optimierung des Vitamin-D-Status die kardiovaskuläre<br />
Gesundheit verbessert wird.<br />
Vitamin D kommt derzeit vor allem in fettreichen<br />
Seefischen vor. Fische aus der Binnenfischerei<br />
und Aquakultur schneiden<br />
diesbezüglich schlechter ab. Hier setzt der<br />
praktische Teil des Projektes an, bei dem über<br />
neue technologische Verfahren der Vitamin-D-<br />
Gehalt in diesen Fischen erhöht werden soll.<br />
Deshalb ist neben den Wissenschaftlern im<br />
Institut für Binnenfischerei auch die Fischerei<br />
Müritz-Plau GmbH in Waren an der Müritz als<br />
Industriepartner am Projekt beteiligt. „Derzeit<br />
werden Forelle, Karpfen, Zander und Aal aus<br />
unterschiedlichen Habitaten getestet“, erklärt<br />
Gabriele Stangl. „So soll herausgefunden werden,<br />
in welchen Arten und in welchen Körperteilen<br />
der Fische die Konzentration besonders<br />
hoch ist und ob Tageslicht Einfluss darauf hat.<br />
Die Arbeitsgruppe Lebensmittelchemie unter<br />
der Leitung von Prof. Dr. Marcus Glomb der<br />
MLU wird diese Fische auf ihren Vitamin-D-<br />
Gehalt untersuchen.<br />
Mit dem neuen Verbundprojekt wollen die<br />
beteiligten Wissenschaftler der Vitamin D-Forschung<br />
in Deutschland einen starken Impuls<br />
Wie beeinflusst Vitamin D unser Herz-Kreislauf-<br />
System? Dieser Frage geht Prof. Dr. Gabriele Stangl<br />
mit ihrem Team nach. Foto: Maike Glöckner<br />
geben. „Wenn es gelingt, Fisch aus Binnengewässern<br />
im Vitamin-D-Gehalt zu erhöhen,<br />
könnte die Vitamin-D-Versorgung der Bevölkerung<br />
durch ein natürliches Lebensmittel aus<br />
ökologisch nachhaltiger Produktion verbessert<br />
werden“, erklärt die Ernährungswissenschaftlerin.<br />
Dadurch ließe sich auch der Wirtschaftszweig<br />
Binnenfischerei und Aquakultur ökonomisch<br />
stärken.<br />
Parallel dazu finden an der MLU Interventionsstudien<br />
am Menschen statt, in denen der<br />
Einfluss von Vitamin D auf Blutdruck, Plasmalipide<br />
und Entzündungsparameter untersucht<br />
werden soll. Diese Art von Studien, die<br />
an mehreren hundert Probanden durchgeführt<br />
werden sollen, ermöglichen es, kausale Zu-<br />
sammenhänge zwischen der Vitamin-D-Versorgung<br />
und kardiovaskulären Risikofaktoren<br />
aufzudecken. Ergänzt werden diese Untersuchungen<br />
durch die Analyse des Vitamin-D-Status<br />
von mehr als 7000 Probanden der EPIC-<br />
Kohorten Heidelberg und Potsdam, EPIC steht<br />
für „European Prospective Investigation into<br />
Cancer and Nutrition“, eine europäische Langzeitstudie.<br />
Die Mechanismen der Vitamin-D-<br />
Wirkungen auf die Gefäßgesundheit sollen<br />
durch molekularbiologische Untersuchungen<br />
an Modelltieren bzw. gentechnisch modifizierten<br />
Tieren aufgeklärt werden.<br />
Das Bundesministerium für Bildung und<br />
Forschung (BMBF) fördert das Projekt insgesamt<br />
mit rund 1,4 Millionen Euro. Zunächst<br />
ist es auf drei Jahre angelegt, die Leiterin<br />
würde es aber gern längerfristig weiterführen.<br />
Mit konkreten Forschungsergebnissen ließen<br />
sich Empfehlungen zur Krankheitsprävention<br />
leichter generieren. Möglicherweise muss auch<br />
über eine Änderung der bisherigen Empfehlungszahlen<br />
für die Vitamin-D-Aufnahme<br />
nachgedacht werden. „Bisher liegt der empfohlene<br />
Tagesbedarf an Vitamin D bei Erwachsenen<br />
bei 5 Mikrogramm, für Personen über<br />
65 Jahre doppelt so hoch“, erklärt die Professorin.<br />
„Ich gehe davon aus, dass diese Mengen<br />
für eine optimale Vitamin-D-Versorgung<br />
nicht ausreichen, zumal die Eigensynthese an<br />
Vitamin D in der Haut durch unseren modernen<br />
Lebensstil geringer geworden ist. Inwieweit<br />
unsere Studien dazu beitragen werden,<br />
die Empfehlungen für Vitamin D nach oben zu<br />
korrigieren, bleibt abzuwarten.“<br />
Bis konkrete Ergebnisse vorliegen empfiehlt<br />
Stangl, mindestens zweimal pro Woche Fisch<br />
zu verzehren. In Bezug auf Vitamin D und<br />
Omega-3-Fettsäuren sei Seefisch wie Lachs,<br />
Hering oder Thunfisch besonders vorteilhaft.<br />
■<br />
Prof. Dr. Gabriele Stangl<br />
Humanernährung<br />
Telefon: 0345 55 22 707<br />
E-Mail: gabriele.stangl@landw.uni-halle.de<br />
Internet: www.ernaehrungswissenschaften.uni-halle.de<br />
29<br />
F ORSCHEN UND PUBLIZIEREN
30<br />
F ORSCHEN UND PUBLIZIEREN<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
(Fach-)Literaturfabrik <strong>Universität</strong><br />
Lese-Empfehlungen querbeet<br />
V OM HEUCHELBERG ZUM PFAD DER TUGEND<br />
Ein Reiseführer? Ja,<br />
gewiss. Reisen heißt<br />
doch nicht nur, dass<br />
man von einem Ort zu<br />
einem anderen gelangt.<br />
Es kann lokale,<br />
aber ebenso mentale<br />
Bewegung meinen!<br />
Und meist ist diese<br />
wichtiger als jene.<br />
Wer von hier nach da<br />
reist, verändert sich<br />
selbst dabei lediglich im Ausnahmefall. Dagegen<br />
stellt, auf geistige Reisen zu gehen, oft<br />
alles Bisherige und nicht selten sogar das lang<br />
vertraute, eigene Ich in Frage. Wer mag das<br />
wollen? – Versuch macht klug, wussten schon<br />
die Altvorderen und wandten diese ihre Weisheit<br />
in verschiedensten Lebenslagen an.<br />
Die beiden Autoren des jüngst im Pattloch-Verlag<br />
erschienenen Aufklärungsbuches (im besten<br />
Wortsinn!) ordnen ihre vielgestaltigen Reisetipps<br />
acht Problemkomplexen der menschlichen<br />
Sinnsuche zu. Regina Radlbeck-Ossmann<br />
setzt sich mit den Fragen „Was ist religiöse<br />
Erfahrung?“, „Woran glaubt, wer glaubt?“,<br />
„An welchen Gott glauben die Christen?“ und<br />
„Wer ist Jesus Christus?“ auseinander. Auch<br />
Michael Langer sucht nach Antworten: „Warum<br />
ist die Bibel so wichtig?“, „Wozu braucht<br />
man die Kirche?“, „Wie lebt man Glauben?“<br />
und „Wie handelt man christlich?“<br />
Nehmen wir diesen extraordinären Guide zur<br />
Hand und lassen uns darauf ein, Fragen zu<br />
stellen, deren Antworten wir nicht kennen! Vertrauen<br />
wir auf die kundige Führung zweier Experten;<br />
sie laden uns ein, das Christentum (ähnlich<br />
wie ein Land oder eine Stadt) zu „besichtigen“<br />
… Der Werbetext verheißt, die Leser „aus<br />
dem Jammertal der Unwissenheit zum Pfad der<br />
Erkenntnis“ zu führen. Ob dieses überaus anspruchsvolle<br />
Vorhaben gelingen kann, hat jeder<br />
für sich selbst zu entscheiden. Auf jeden Fall<br />
waren nicht religiöse Eiferer, sondern Kenner<br />
und Könner am Werk. Natürlich muss man am<br />
Ende daran glauben, wenn man das Ziel dieser<br />
schwierigen Reise erreichen will. Vielleicht<br />
beträgt dann die Zahl der Christen auf unserer<br />
Welt 2,3 Milliarden plus eins.<br />
Margarete Wein<br />
� Michael Langner und Regina Radlbeck-Ossmann:<br />
Christentum. Ein Reiseführer, gebunden, mit zahlreichen,<br />
teils farbigen Abbildungen, 304 Seiten, München <strong>2010</strong>,<br />
19,95 Euro, ISBN 978-3-629-02208-0<br />
www.uni-halle.de/webcode<br />
Langfassung der Rezension: SH-895<br />
V ERBALES MAMMUT IN VIER TEILEN<br />
„Nichts geht über den<br />
Paul“ – für Germanistikstudenten<br />
über<br />
hundert Jahre lang ein<br />
ehernes Gesetz. Gemeint<br />
ist die „MittelhochdeutscheGrammatik“<br />
von Hermann<br />
Paul aus dem Jahr<br />
1881, deren 25. Auflage<br />
2007 erschien. Das<br />
Mittelhochdeutsche ist<br />
eine wichtige Wegmarke in der Entwicklung<br />
des Deutschen zur neuhochdeutschen Gegenwartssprache.<br />
Denn viele ihrer Unregelmäßigkeiten<br />
beruhen auf regelmäßigen Erscheinungen<br />
älterer Sprachstufen. Mit Kenntnissen<br />
der mittelhochdeutschen Grammatik lassen<br />
sie sich besser und leichter verstehen, sodass<br />
diese gerade für angehende Deutschlehrer sehr<br />
hilfreich ist.<br />
1997 startete das DFG-geförderte Projekt der<br />
Erarbeitung einer neuen, wissenschaftlichen<br />
Grammatik des Mittelhochdeutschen. Hauptakteure<br />
des linguistischen Mammutvorhabens<br />
sind drei Altgermanisten der <strong>Universität</strong>en<br />
<strong>Halle</strong>-<strong>Wittenberg</strong>, Bochum und Bonn: Prof.<br />
Dr. Hans-Joachim Solms, Prof. Dr. Klaus-Peter<br />
Wegera und Prof. Dr. Thomas Klein. Darüber<br />
hinaus ist eine Reihe weiterer Mitarbeiter<br />
beteiligt, in <strong>Halle</strong> vor allem Dr. Birgit Herbers<br />
und Dr. Aletta Leipold sowie die Hilfskräfte<br />
Juliane Berger, Peter Grube und Sylwia<br />
Kösser.<br />
Ziel der auf lange Zeit konzipierten intensiven<br />
Arbeit ist eine dem neuesten Erkenntnisstand<br />
entsprechende Grammatik des Mittelhochdeutschen,<br />
die, sobald sie in allen Teilen vorliegt,<br />
das bisherige Standardwerk – den Paul – ablösen<br />
kann.<br />
2009 endete die Förderung seitens der DFG.<br />
Der erste Teil – Band III des vierbändigen Gesamtwerks,<br />
der sich mit Wortbildung befasst<br />
– lag fertig vor. Band II (Flexionsmorphologie)<br />
kommt in Kürze heraus, die Arbeiten am Band<br />
I (Lautlehre) laufen bereits, Band IV (Syntax)<br />
folgt in absehbarer Zeit.<br />
Margarete Wein<br />
� Klein, Thomas/Solms, Hans-Joachim/Wegera,<br />
Klaus-Peter:<br />
Mittelhochdeutsche Grammatik, Band III: Wortbildung, Tübingen<br />
2009, XIV/684 Seiten, 179,95 Euro (für Fortsetzungsbezieher:<br />
159,95 Euro), ISBN: 978-3-484-11003-8<br />
www.uni-halle.de/webcode<br />
Langfassung der Rezension: SH-896<br />
G LÄUBIG, LIEB UND HOFFNUNGSVOLL<br />
Analog zu den modischen„Muscheltaucherinnen“<br />
und „Wandernonnen“<br />
hätte das<br />
Buch vielleicht „Die<br />
Glaubenskriegerin“<br />
oder „Die <strong>Luther</strong>anerin“<br />
heißen können<br />
und würde darum häufiger<br />
oder eben nicht<br />
so oft gekauft.<br />
Es heißt aber „Allein<br />
aus Gnade“ und spricht mit dem Untertitel<br />
„Ein historischer <strong>Wittenberg</strong>-Krimi“ noch eine<br />
zusätzliche potenzielle Käuferschicht an. Man<br />
muss nicht einmal wissen, dass Lilli Klausen<br />
ein Pseudonym der Autorin Charlotte Lyne ist,<br />
die aus Berlin stammt und mit ihrer Familie in<br />
London lebt.<br />
Nun, gut passend zur <strong>Luther</strong>-Dekade, das unerschöpfliche<br />
Thema Reformation. Aber wissen<br />
wir da nicht schon alles? Oder können Fakten,<br />
die uns fehlen, nachlesen in Geschichtsbüchern<br />
und Lexika? Ja, aber dann hätten wir<br />
nichts als nacktes Faktenwissen und trockene<br />
Zahlen – während das vorliegende Buch uns<br />
lebendige Menschen vor Augen stellt, uns eintauchen<br />
lässt in jene spannende Zeit des Weltenumbruchs,<br />
die hier gleich nebenan begann.<br />
Die berühmten Thesen waren längst angeschlagen,<br />
die bösen Bücher und die erste<br />
päpstliche Bannbulle öffentlich verbrannt, der<br />
widerständige Mönch exkommuniziert. Aber<br />
noch einmal darf er seine Ideen zur Kirchenreform<br />
vor dem versammelten Reichstag vortragen,<br />
im April 1521 in Worms. Die wachsende<br />
Zahl seiner Anhänger hofft vergeblich auf ein<br />
Wunder. Als der nun vogelfreie <strong>Luther</strong> von<br />
der Reise nach Worms nicht zurückkehrt, befürchtet<br />
man in <strong>Wittenberg</strong> und andernorts das<br />
Allerschlimmste.<br />
Mitten im Chaos Elisabeth, hin- und hergerissen<br />
zwischen dem Augustinermönch Thomas,<br />
ihrem herrischen Bruder Konrad, Melanchthons<br />
Vertrautem namens Markus und ihrem<br />
Ehemann, dem reichen Händler Eckhard,<br />
den sie eines Morgens tot im Bette findet. Und<br />
dann ist da noch David, der geniale Judenjunge,<br />
bei dem sie malen lernt. Sein gewaltsamer<br />
Tod lässt sie mehr als je an der Wahrheit all<br />
dessen, was sie glaubt und weiß, zweifeln.<br />
Margarete Wein<br />
� Lilli Klausen:<br />
Allein aus Gnade. Ein historischer <strong>Wittenberg</strong>-Krimi, 254 Seiten,<br />
<strong>Halle</strong> 2008, 9,90 Euro, ISBN 978-3-89812-564-2<br />
www.uni-halle.de/webcode<br />
Langfassung der Rezension: SH-897
Den Politikern auf der Spur<br />
Was macht ein Bundestagsabgeordneter eigentlich<br />
in seinem Wahlkreis? Hinter dieser<br />
banalen Frage steckt weit mehr, als es auf den<br />
ersten Blick scheint. Es ist die Grundfrage<br />
eines groß angelegten Forschungsprojektes mit<br />
dem Namen CITREP („Citizens and Representatives<br />
in France and Germany“), das an<br />
der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong> in Kooperation<br />
mit den <strong>Universität</strong>en Bordeaux und Stuttgart<br />
durchgeführt wird. Ziel der vergleichenden<br />
Studie ist es, die Wahrnehmungen und Praktiken<br />
von Repräsentation sowohl aus Sicht der<br />
Abgeordneten als auch der Bevölkerung zu<br />
analysieren. Unter der Leitung von Professorin<br />
Suzanne S. Schüttemeyer vom Institut für<br />
Politikwissenschaft untersucht das Forschungsteam<br />
in <strong>Halle</strong> die Wahlkreisarbeit deutscher<br />
Bundestagsabgeordneter. Das Projekt ist in<br />
zweierlei Hinsicht außergewöhnlich. Zum<br />
einen betritt man in diesem Teilgebiet weitgehend<br />
wissenschaftliches Neuland, weil es zu<br />
diesem Thema kaum vergleichend betrachtende<br />
Studien gibt. Zum anderen greift man bei<br />
Bund fördert Projekte zur Fahrzeugsimulation<br />
Computersimulationen statt kostspieliger Fahrzeugtests:<br />
Mit insgesamt 800 000 Euro fördert<br />
das Bundesministerium für Bildung und<br />
Forschung (BMBF) seit Juli <strong>2010</strong> ein Projekt<br />
zur verbesserten computergestützten Fahrzeugsimulation.<br />
Das Verbundprojekt wird von<br />
der Arbeitsgruppe „Numerische Mathematik“<br />
der MLU koordiniert. Die hallesche Arbeitsgruppe<br />
ist auch an einem Forschungsvorhaben<br />
zur Simulation und Optimierung im virtuellen<br />
Fahrzeugdesign beteiligt, das ebenfalls von<br />
der BMBF-Initiative „Mathematik für Innovationen<br />
in Industrie und Dienstleistungen“<br />
gefördert wird.<br />
„Wir freuen uns, dass gleich zwei Projekte der<br />
MLU zu den 15 geförderten Verbundprojekten<br />
gehören. Mit dem Geld können wir jeweils<br />
einen wissenschaftlichen Mitarbeiter oder<br />
eine Mitarbeiterin über die dreijährige Projektlaufzeit<br />
finanzieren“, sagt Prof. Dr. <strong>Martin</strong><br />
Arnold, Leiter des Projekts „Multidisziplinäre<br />
Simulation, nichtlineare Modellreduktion und<br />
proaktive Regelung in der Fahrzeugdynamik“<br />
(SNiMoRed). Ziel des Forschungsvorhabens<br />
ist es, mit Hilfe von mathematischen Verfahren<br />
Computersimulationen zum Fahrzeugverhalten<br />
zu vereinfachen und die Entwicklung von<br />
Fahrzeugen und Fahrwerken zu optimieren.<br />
„Wir wollen komplizierte Simulationsmodelle<br />
durch einfachere, schnellere ersetzen und<br />
damit die Beschleunigung des gesamten Entwicklungsprozesses<br />
von Fahrzeugen unterstützen“,<br />
erklärt der Mathematiker Arnold. „Mit<br />
verbesserten Modellen in der Fahrwerksimulation<br />
könnte das Fahrwerk zukünftig mit Hilfe<br />
der Erhebung der Daten auf unkonventionelle<br />
Methoden zurück. „Neben Interviews mit<br />
den Abgeordneten werden wir insbesondere<br />
teilnehmende Beobachtungen durchführen“,<br />
erklärt Projektmanager Dr. Sven T. Siefken<br />
und sagt weiter: „Wir werden insgesamt 60<br />
Abgeordnete an mehreren Tagen in ihrem<br />
Wahlkreis begleiten und den gesamten Arbeitstag<br />
dokumentieren“.<br />
Diese Art der Datenerhebung kommt schon<br />
wegen ihres hohen Aufwandes selten zum<br />
Einsatz. Erste Wahlkreis-Begleitungen gab es<br />
bereits bei Bundesministerin Annette Schavan,<br />
Baden-Württemberg, Hans-Peter Bartels,<br />
Schleswig-Holstein und Eva Högl, Berlin. Am<br />
Ende des ambitionierten Projektes im Jahr<br />
2013 erhofft sich das Projektteam wichtige<br />
Erkenntnisse zur Wahlkreisarbeit der Abgeordneten,<br />
die eine Grundlage moderner Demokratien<br />
berühren. Felix Till<br />
www.uni-halle.de/webcode<br />
Mehr zum CITREP-Projekt: SH-943<br />
von Informationen über den Straßenzustand<br />
diesem Zustand entsprechend eingestellt oder<br />
dem Fahrstil des Fahrers angepasst werden“,<br />
sagt <strong>Martin</strong> Arnold. In dem Projekt kooperieren<br />
die drei mathematischen Institute der<br />
<strong>Universität</strong>en <strong>Halle</strong>-<strong>Wittenberg</strong>, Kaiserslautern<br />
und Würzburg mit dem Fraunhofer Institut für<br />
Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM)<br />
und den Industriepartnern Audi und John Deere,<br />
einem führenden Hersteller von Land- und<br />
Baumaschinen.<br />
Das zweite Verbundprojekt mit MLU-Beteiligung<br />
trägt den Titel „Gekoppelte Simulation<br />
und Optimierung für robustes virtuelles Fahrzeugdesign“<br />
(SOFA) und wird von Prof. Dr.<br />
Caren Tischendorf von der <strong>Universität</strong> zu Köln<br />
koordiniert.<br />
Corinna Bertz<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Aufgedeckt II: Magdeburger<br />
Domgrabungen im Blick<br />
„Aufgedeckt II: Forschungsgrabungen am<br />
Magdeburger Dom 2006–2009“ lautet der<br />
Titel einer spannenden Publikation, die im<br />
April <strong>2010</strong> in der Reihe Archäologie in<br />
Sachsen-Anhalt als Sonderband 13 erschienen<br />
ist. Auf rund 250 Seiten werden die<br />
ersten Zwischenergebnisse der Kirchengrabungen<br />
präsentiert, die sich vor allem der<br />
Klärung der Vorgängerbebauung des gotischen<br />
Doms widmen. Dem Buch liegt eine<br />
dreiteilige Videodokumentation mit rund<br />
zwei Stunden Laufzeit bei. Sie entstand an<br />
fast 50 Drehtagen im Rahmen eines Projekts<br />
des MLU-Medienwissenschaftlers<br />
Prof. Dr. Gerhard Lampe.<br />
Während der der dreijährigen Grabungskampagne<br />
wurden Gräber von Erzbischöfen<br />
entdeckt. Auch der bleierne Edithasarkophag<br />
konnte innerhalb dieser Zeit mit<br />
Gebeinen geborgen werden. Zu den Bestattungen<br />
enthält der vorliegende Band allerdings<br />
noch keine Artikel. Die endgültige<br />
Auswertung der Befunde und Funde nach<br />
Abschluss der noch laufenden Grabungskampagne<br />
wird Jahre dauern.<br />
Die Ausgrabungen im Magdeburger Dom<br />
sind ein Kooperationsprojekt zwischen der<br />
Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-<br />
Anhalt, dem Landesamt für Denkmalpflege<br />
und Archäologie Sachsen-Anhalt, der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong><br />
<strong>Halle</strong>-<strong>Wittenberg</strong><br />
und der Landeshauptstadt Magdeburg.<br />
Ute Olbertz<br />
� Aufgedeckt II:<br />
Forschungsgrabungen am Magdeburger Dom 2006�<br />
2009; Archäologie in Sachsen-Anhalt, Sonderband 13<br />
Herausgegeben von Harald Meller, Wolfgang<br />
Schenkluhn, Boje Schmuhl<br />
Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-<br />
Anhalt, <strong>Halle</strong> (Saale) 2009; 252 Seiten, sechs Ausklapptafeln,<br />
eine DVD; Preis: 19 Euro<br />
ISBN: 978-3-939414-44-5<br />
31<br />
F ORSCHEN UND PUBLIZIEREN
32<br />
F ORSCHEN UND PUBLIZIEREN<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Erster Jubel im Juli 1985<br />
Ein Vierteljahrhundert In-vitro-Fertilisation in <strong>Halle</strong><br />
E WALD SELIGER UND JENS MÜLLER<br />
Es vergingen etwa vier Jahre nach der Geburt des ersten Retortenbabys Louise Brown, bis von<br />
der <strong>Universität</strong>sfrauenklinik in Erlangen 1982 die erste erfolgreiche In-vitro-Fertilisation (IVF)<br />
in Deutschland vermeldet werden konnte. Anfang <strong>Oktober</strong> 1984 gaben dann Ärzte der Charité<br />
in Berlin die erste Geburt nach IVF in der DDR bekannt. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete an der<br />
<strong>Universität</strong>sfrauenklinik in <strong>Halle</strong> ein kleines Team von Ärzten, Naturwissenschaftlern, Schwestern<br />
und Technischen Assistenten mit viel Einsatz daran, auch in Mitteldeutschland kinderlosen<br />
Paaren diese Behandlungsmethode anbieten zu können. 1985 war es soweit.<br />
Anders als in den modernen medizinischen<br />
Zentren der Bundesrepublik Deutschland<br />
oder dem gut ausgestatteten „Hauptstadtkrankenhaus“<br />
in Berlin stand die erforderliche<br />
Laborausstattung der führenden, westlichen<br />
Hersteller nicht zur Verfügung. Einzig ein<br />
Stereomikroskop von Carl Zeiss Jena war<br />
ohne Veränderung zur Eizellsuche einzusetzen.<br />
Gezielt wurden „Volkseigene Betriebe“ aufgesucht,<br />
um geeignete Geräte auch ohne Dringlichkeitsbescheide<br />
von Ministerien geliefert zu<br />
bekommen. Der Wunsch, kinderlosen Paaren<br />
zu helfen, war dabei oft für eine Sachbearbeiterin<br />
der Abteilung Absatz ein überzeugendes<br />
Argument.<br />
Inhaber: Jens Kopall<br />
Rannische Straße 6<br />
06108 <strong>Halle</strong>/Saale<br />
Tel.: 0345 / 68 19 787<br />
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Montag - Donnerstag<br />
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Kreative Medizintechniker des <strong>Universität</strong>sklinikums<br />
<strong>Halle</strong> bauten dann die im Lande produzierten<br />
Laborgeräte so um, dass eine „Brutkammer“<br />
für Eizellen und frühe Embryonen<br />
entstand. Einwegmaterial war nicht verfügbar,<br />
sodass Waschen, Spülen, Verpacken und Sterilisieren<br />
jedes benötigten Arbeitsmittels einen<br />
riesigen Zeitaufwand bedeutete.<br />
Im Mai 1985 begann die erste Behandlungsserie.<br />
Die Frauen mit bislang unerfüllbarem<br />
Kinderwunsch erfuhren eine hormonelle Stimulation,<br />
mittels Ultraschall und durch Hormonbestimmungen<br />
wurden sie medizinisch<br />
überwacht. War die Reifung der Eizellen abge-<br />
Juristische<br />
Fachbuchhandlung<br />
Kopall<br />
Unser im Februar <strong>2010</strong> gegründetes Unternehmen bietet<br />
Ihnen Fachliteratur zu allen Rechtsbereichen, wie z.Bsp.:<br />
Allgemeines Recht<br />
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Verkehrsrecht<br />
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Medizin und Naturwissenschaften<br />
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mit fortführenden<br />
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Vorauflagen aktueller<br />
Kommentare<br />
Belletristik<br />
Schulbücher,<br />
jede lieferbare Literatur.<br />
Als Ansprechpartnerin steht Ihnen unsere erfahrene Buchhändlerin<br />
Frau Petra Finger zur Verfügung.<br />
Wir freuen uns, Sie bei Kaffee, Tee und Gebäck in unserer<br />
gemütlichen Sitzecke begrüßen zu dürfen. Für unsere<br />
halleschen Studenten halten wir eine kleine Überraschung<br />
bereit!<br />
schlossen, erfolgte eine Bauchspiegelung, um<br />
auf diesem Wege die Eizellen zu gewinnen.<br />
Dieser Eingriff wurde auch am 6. Juli 1985 bei<br />
einer Patientin durchgeführt (Faksimile des<br />
Stimulationsprotokolls), bei der anschließend<br />
unter dem Mikroskop mehrere reife Eizellen<br />
gefunden werden konnten.<br />
Diese Eizellen wurden in speziellen kleinen<br />
Glasgefäßen (Blockschälchen) mit den Samenzellen<br />
des Mannes zusammengebracht und im<br />
Brutschrank bei genau definierter Temperatur,<br />
Luftfeuchtigkeit und Zusammensetzung der<br />
Gasphase über den Schalen kultiviert. Nach<br />
zwei Tagen hatte sich ein Embryo im Vierzellstadium<br />
entwickelt, der am 8. Juli 1985 in die<br />
Gebärmutter der Frau übertragen wurde.<br />
Am 18. Juli, zwölf Tage nach der Eizellgewinnung,<br />
gaben Hormonbestimmungen den ersten<br />
Hinweis darauf, dass die Behandlung erfolgreich<br />
verlaufen war. Ein weiterer Anstieg des<br />
Schwangerschaftshormons und schließlich die<br />
bestätigende Ultraschalluntersuchung lösten<br />
nicht nur Freude bei der behandelten Frau,<br />
sondern Jubel beim ganzen Team aus. Die sich<br />
normal weiterentwickelnde Schwangerschaft<br />
führte schließlich im Frühjahr 1986 zur Geburt<br />
eines gesunden Mädchens.<br />
Seit 25 Jahren ist damit an der <strong>Universität</strong>sklinik<br />
in <strong>Halle</strong> die Behandlung der ungewollten<br />
Kinderlosigkeit durch eine extrakorporale<br />
Befruchtung möglich. Kinderwunschbehandlung<br />
ist Paarbehandlung – diesem Grundsatz<br />
folgend wurde im Jahr 2007 das „Zentrum<br />
für Reproduktionsmedizin und Andrologie<br />
(ZRA)“ am <strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
gegründet.<br />
Es ist die erste selbständige universitäre Einrichtung<br />
in Deutschland, in der alle modernen<br />
diagnostischen und therapeutischen Verfahren<br />
der Reproduktionsmedizin in einem Team von<br />
Frauenärzten, Männerärzten, Reproduktionsbiologen,<br />
Schwestern und Arzthelferinnen<br />
für Rat suchende Paare kompetent angeboten<br />
werden.<br />
Mehrere hundert Kinder sind in dem Zentrum<br />
seit der ersten In-vitro-Fertilisation in <strong>Halle</strong><br />
auf diesem Wege zur Welt gekommen. Die<br />
Zahl der Paare, denen in dieser Zeit insgesamt<br />
mit dem vielfältigen, individuellen und<br />
hochspezialisierten Behandlungsangebot der<br />
Einrichtung ihr Kinderwunsch erfüllt wurde,<br />
geht indessen in die Tausende.<br />
■<br />
Jens Müller<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong><br />
Telefon: 0345 55 71032<br />
E-Mail: jens.mueller@medizin.uni-halle.de<br />
Internet: www.medizin.uni-halle.de
Neue Dekane im Amt<br />
Nach der Sommerpause traten an der <strong>Martin</strong>-<br />
<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong> die von den Fakultätsräten<br />
neu gewählten Dekane und der Geschäftsführende<br />
Direktor des Zentrums für Ingenieurwissenschaften<br />
ihr Amt an. Die Amtszeit aller<br />
Dekane begann am 1. September <strong>2010</strong> und<br />
endet am 31. August 2014 – genau wie die des<br />
Rektors und der Prorektoren.<br />
Michael Domsgen, Professor für Evangelische<br />
Religionspädagogik, ist neuer Dekan der Theologischen<br />
Fakultät. Das Amt des Dekans der<br />
Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen<br />
Fakultät hat der Professor für Öffentliches<br />
Recht, Europarecht und Internationales<br />
Wirtschaftsrecht Christian Tietje übernommen.<br />
Zugleich ist er Geschäftsführender Direktor<br />
des Instituts für Wirtschaftsrecht und<br />
Leiter der Forschungsstelle für Transnationales<br />
Wirtschaftsrecht (TELC). Neuer Dekan<br />
der Medizinischen Fakultät ist Professor<br />
Dr. Michael Gekle, außerdem auch Direktor<br />
des Julius-Bernstein-Instituts für Physiologie.<br />
Seine wichtigsten Ziele sind die Weiterentwicklung<br />
und Umsetzung der Konzepte<br />
für die <strong>Universität</strong>smedizin <strong>Halle</strong>, die in den<br />
vergangenen Monaten im Anschluss an die<br />
Begutachtung durch den Wissenschaftsrat erarbeitet<br />
wurden. Burkhard Schnepel, Professor<br />
für Ethnologie und Geschäftsführender<br />
Direktor des Zentrums für Interdisziplinäre<br />
Foto: Fotolia.com / Rodriguez<br />
PROVISIONS- UND<br />
KAUTIONSFREI<br />
Regionalstudien – Vorderer Orient, Afrika,<br />
Asien (ZIRS), wurde zum Dekan der Philosophischen<br />
Fakultät I gewählt. Und neuer<br />
Dekan der Philosophischen Fakultät II ist der<br />
Professor für Germanistische Sprachwissenschaft<br />
Gerd Antos, zugleich auch Geschäftsführender<br />
Direktor der Interdisziplinären<br />
Wissenschaftlichen Einrichtung Verständlichkeitsforschung.<br />
Der Fakultätsrat der Philosophischen<br />
Fakultät III – Erziehungswissenschaften<br />
wählte Harald Schwillus, Professor<br />
für Religionspädagogik und Katechetik mit<br />
Schwerpunkt Didaktik des Katholischen Religionsunterrichts,<br />
zum Dekan.<br />
Dekan der Naturwissenschaftlichen Fakultät<br />
I – Biowissenschaften ist nun der Pharmazeut<br />
Prof. Dr. Dr. Reinhard Neubert, Leiter der Arbeitsgruppe<br />
Biopharmazie, von 2000 bis 2006<br />
Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen<br />
Nachwuchs an der halleschen <strong>Universität</strong><br />
und bekannt als Projektleiter des Hochschulgründernetzwerks<br />
Univations.<br />
In den Naturwissenschaftlichen Fakultäten II<br />
und III sind die alten auch die neuen Dekane:<br />
Wiedergewählt wurde der Physiker Prof. Dr.<br />
Wolf Widdra, erst kürzlich zum Max Planck<br />
Fellow ernannt. Der Umweltgeologe und ehemalige<br />
Rektorkandidat Prof. Dr. Peter Wycisk<br />
bleibt Dekan der Naturwissenschaftlichen<br />
Fakultät III (Agrar-, Geowissenschaften und<br />
Informatik). Geschäftsführender Direktor des<br />
Zentrums für Ingenieurwissenschaften ist<br />
weiterhin Prof. Dr. Dr. Holm Altenbach.<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
ZIEH MIT<br />
Wohnen bei der HWG für kleines Geld<br />
Der Dekan (lat. decanus „Führer von 10<br />
Mann“) ist der Leiter eine Fakultät und übernimmt<br />
die komplexen Aufgaben ihres Managements.<br />
Seine achtungsvolle Anrede bei<br />
offiziellen Anlässen in der Hochschule lautet<br />
„(Eure) Spektabilität“ („Ehrwürdigkeit“) oder<br />
„Spectabilis“. Ute Olbertz<br />
Innovationspreis für Pädagogen<br />
Ines Boban und Prof. Dr. Andreas Hinz<br />
vom Institut für Rehabilitationspädagogik<br />
wurden auf der 10. Jahrestagung „Disability<br />
Studies in Education“ im belgischen Gent<br />
mit dem Innovationspreis für Familienunterstützung<br />
ausgezeichnet. Sie erhielten die<br />
Ehrung für ein barrierefreies, inklusives<br />
Hotel das sie in den neunziger Jahren gemeinsam<br />
mit Eltern in Hamburg aufgebaut<br />
hatten. Dort werden Menschen mit geistiger<br />
Behinderung in sozialversicherungspflichtigen,<br />
tarifentlohnten Arbeitsverträgen<br />
beschäftigt. Die beiden Erziehungswissenschaftler<br />
entwickelten außerdem den nordamerikanischen<br />
Ansatz der persönlichen<br />
Zukunftsplanung („person centred planning“)<br />
weiter, der das kulturelle und soziale<br />
Kapital eines informellen Umfeldes stärker<br />
anerkennt. Corinna Bertz<br />
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SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
ıIch gehe mit jedem Milliardär essen„<br />
Ausführliches Interview mit Rektor Udo Sträter<br />
C ARSTEN HECKMANN UND UTE OLBERTZ<br />
Die berühmten 100 Tage sind noch nicht vorbei, aber der erste Monat als Rektor liegt bereits hinter Udo Sträter. Seit 1. September steht der<br />
Professor für Kirchengeschichte an der Spitze der MLU. Am 8. <strong>Oktober</strong> findet die feierliche Investitur statt. Im Interview mit dem Unimagazin<br />
spricht Sträter über Exzellenz, schlanke <strong>Universität</strong>en und Konsensbildung.<br />
Herr Professor Sträter, Sie haben die Wahl<br />
zum Rektor gleich im ersten Durchgang für<br />
sich entschieden, lagen auch bei unserer<br />
Online-Umfrage im Wahl-Spezial deutlich<br />
vorn. Dabei waren viele Menschen durchaus<br />
überrascht von Ihrer Kandidatur. Sie hingegen<br />
wirkten gut vorbereitet. Haben Sie das Amt<br />
seit Längerem angestrebt?<br />
Zwischen dem Entschluss, zu kandidieren, und<br />
der Wahl lagen knapp drei Wochen. Von langer<br />
Hand geplant war das also nicht. Natürlich habe<br />
ich den Wunsch gehabt, in der Hochschulpolitik<br />
weiter mitzuwirken. Doch selbst Rektor<br />
werden wollte ich zunächst nicht. Bis mich<br />
dann die Findungskommission ansprach. Dass<br />
ich gut vorbereitet gewirkt habe, dürfte daran<br />
liegen, dass ich seit 1992, als ich an die MLU<br />
gekommen bin, Hochschulpolitik gemacht<br />
habe. Mir war immer klar: Es kann vor diesem<br />
Hintergrund passieren, dass ich als Kandidat<br />
benannt werde. Als es soweit war, habe ich<br />
mir anderthalb Tage Zeit genommen, mich zu<br />
entscheiden. Dann haben sich die programmatischen<br />
Dinge relativ schnell geformt.<br />
Welche wesentlichen Vorhaben beinhaltet Ihr<br />
Programm?<br />
Einige Dinge stehen von Vornherein auf der<br />
Agenda, die Zielvereinbarungen beispielsweise,<br />
die Fragen der Lehramtsausbildung, die<br />
Probleme der Finanzierung. Auf jeden Fall<br />
kommt aus meiner Sicht hinzu, eine geeig-<br />
nete Koordination zu schaffen zwischen den<br />
Forschungsschwerpunkten und den weiteren<br />
Forschungsprojekten. Ich habe in den vergangenen<br />
vier Jahren selbst einem Schwerpunkt<br />
vorgestanden und miterlebt, welche<br />
Probleme es da geben kann, wenn kommuniziert<br />
werden muss, in welchem Verhältnis ein<br />
solcher Schwerpunkt zum normalen Betrieb<br />
steht.<br />
Bei Ihrer Kandidatur haben Sie angekündigt,<br />
eine Strukturdiskussion führen zu wollen, hin<br />
zu einer weiteren Profilierung, die aber nicht<br />
mit Abbau gleichzusetzen sei. Wie könnten<br />
denn entsprechende Strukturmaßnahmen aussehen?<br />
Alle Planungen müssen sich im Rahmen des<br />
Stellenplans abspielen, soviel ist klar. Eine<br />
ganz entscheidende Rolle kommt daher dem<br />
Berufungsgeschehen zu. Dabei stellen wir die<br />
Weichen für die nächsten Jahre beziehungsweise<br />
Jahrzehnte. Von heute auf morgen lässt<br />
sich ohnehin nicht viel verändern. Einfach<br />
Geld sparen zu wollen, indem ganze Bereiche<br />
geschlossen werden, ist nicht möglich. Es dauert<br />
zum Beispiel Jahre, bis die letzten Leute<br />
pensioniert sind. Wir müssen also schauen, wo<br />
wir noch mehr Vernetzungen hinbekommen<br />
können. Das ist auch eine Frage von Nuancierungen<br />
bei Denominationen, wenn Lehrstühle<br />
neu zu besetzen sind. Die Exzellenziniative<br />
hat in dieser Hinsicht sehr viel Gutes auf den<br />
Weg gebracht, bei allen Problemen in diesem<br />
Der neue Rektor im alten Büro in den Franckeschen Stiftungen: Udo Sträter sprach kurz vor seinem Amtsantritt<br />
mit den Unimagazin-Redakteuren Carsten Heckmann und Ute Olbertz. Foto: Maike Glöckner<br />
Zusammenhang. Zum Beispiel neue Strukturmittel<br />
– die brauchen wir für die Profilierungsmaßnahmen.<br />
Heißt das auch, dass Sie an der Grundstruktur<br />
und den bestehenden Studiengängen der MLU<br />
nichts ändern wollen?<br />
In der jetzigen Situation können wir keine<br />
umfassenden Strukturveränderungen vornehmen.<br />
Momentan müssen wir im Rahmen des<br />
Hochschulpaktes handeln – uns aber gleichzeitig<br />
fragen: Wie steht es um weiter reichende<br />
Entscheidungen? Was ist zu tun, wenn sich<br />
die demographischen Einbrüche fortsetzen<br />
und die Hochschulpaktmittel wegfallen? Die<br />
Planungen für 2020 und danach müssen jetzt<br />
beginnen, mit einem langen Atem, der weit<br />
über unsere Amtszeit hinausreicht.<br />
Können Sie sich dann eine schlankere<br />
<strong>Universität</strong> vorstellen?<br />
Das ist ein charmanter Ausdruck für etwas,<br />
das viele als Bedrohung empfinden würden.<br />
Eine <strong>Universität</strong> kann nie richtig schlank sein,<br />
sonst verliert sie ihren Charakter als <strong>Universität</strong>.<br />
Diese Frage wird natürlich zu klären sein<br />
im Rahmen einer Gesamtdiskussion im Land.<br />
Es geht insgesamt um die Hochschulstruktur<br />
Sachsen-Anhalts, dabei beispielsweise um<br />
Parallelangebote. Das wird alles konsensuell<br />
zu klären sein.<br />
Sie sind Rektor einer unterfinanzierten<br />
<strong>Universität</strong> � was macht daran Spaß?<br />
Natürlich macht es nicht soviel Spaß wie als<br />
Rektor einer voll ausfinanzierten <strong>Universität</strong>.<br />
Es ist in jedem Fall eine Herausforderung.<br />
Aber hier müssen viele Parameter erstmal<br />
neu überlegt werden. Die Politik will ja über<br />
verschiedene Maßnahmen herausfinden, wie<br />
die Bedarfe genau aussehen. Es heißt, die<br />
Bedarfsermittlung sei bislang nie transparent<br />
gewesen. Ich habe meine Zweifel, inwieweit<br />
die Kennzahlen, die zu Rate gezogen werden<br />
sollen, diese Transparenz schaffen können, da<br />
sie sehr beliebig sind. Aber da wird man sich<br />
in Verhandlungen einigen müssen. Im Ergebnis<br />
müssen zum Beispiel auch die Charakteristi-
ka der einzelnen Hochschulen zum Ausdruck<br />
kommen.<br />
Stichwort Verhandlungen: Welche Marschroute<br />
verfolgt das neue Rektorat in punkto<br />
Zielvereinbarungen?<br />
Die Rahmenzielvereinbarungen sind fertig,<br />
jetzt kommen die spezifischen Zielvereinbarungen<br />
mit den einzelnen <strong>Universität</strong>en. Das<br />
große Problem ist die kurze Laufzeit dieser<br />
Zielvereinbarungen von 2011 bis 2013. Die<br />
<strong>Universität</strong> braucht längere Perspektiven.<br />
Wenn man bedenkt, dass alles zunächst zwischen<br />
dem Rektorat und dem Ministerium,<br />
dann zwischen dem Rektorat und den Fakultäten<br />
ausverhandelt werden muss, könnte man<br />
ironisch anmerken, dass die Vereinbarungen<br />
wohl kurz vor Ende der genannten Periode unterschriftsreif<br />
sein werden. Von daher können<br />
die Zielvereinbarungen nur einen kurzfristigen<br />
Charakter haben. Also wird das Rektorat versuchen,<br />
für eine relative Stabilität zu sorgen<br />
– um dann beim nächsten Mal für eine längere<br />
Perspektive zu verhandeln.<br />
Kann man die Unterfinanzierung durch kreative<br />
Ideen auffangen?<br />
Ja, das ist so ein Stichwort, das die Kultusministerin<br />
schon gegeben hat. Das ist schon<br />
richtig, aber ich glaube, es kann sich nur vor<br />
allem auf den eigenen Haushalt beziehen. Den<br />
Gedanken, dass kurzfristig größere Geldsummen<br />
von außen kommen können, halte ich für<br />
relativ unrealistisch. Aber ich habe da keine<br />
Berührungsängste. Wenn uns jemand für das<br />
Geistes- und Sozialwissenschaftliche Zentrum<br />
einen Hörsaal schenken möchte: nur zu.<br />
Warum sollte dann nicht auch sein Name an<br />
der Tür stehen dürfen? Ich gehe also gern mit<br />
jedem Milliardär essen, wenn es der <strong>Universität</strong><br />
nutzt.<br />
Ihr Vorgänger Professor Diepenbrock hat im<br />
Interview mit der scientia halensis gesagt:<br />
ıDie <strong>Universität</strong> ist sehr gut aufgestellt„.<br />
Würden Sie diesen Satz unterschreiben?<br />
Im Grunde ja. Er steht nicht im Widerspruch<br />
zu meiner Aussage, dass man weiter strukturieren<br />
kann. Und der Satz meint ja auch, dass<br />
ein großes Potenzial da ist. Es hat sich bereits<br />
einiges getan und es kann sich noch einiges<br />
tun. Bestes Beispiel ist unsere Teilnahme an<br />
der neuen Runde der Bundesexzellenzinitiative.<br />
Auch haben die Naturwissenschaften in<br />
großem Maße Drittmittel einwerben können in<br />
Wettbewerbsverfahren. Es ist schon auch eine<br />
Zeit, in der einige Ernteerträge einzufahren<br />
sind. Natürlich muss man aber auch gucken:<br />
Wo ruht sich jemand auf seinen Lorbeeren<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Eine „intensive und elegante Kommunikation zwischen Fakultäten, Forschungsschwerpunkten und Einzelforschung“<br />
strebt Udo Sträter an. Sie dürfe „nicht erst dann einsetzen, wenn es irgendwo klemmt“.<br />
Foto: Maike Glöckner<br />
aus? Wo sind große Anstrengungen zu verzeichnen,<br />
wo weniger große?<br />
Werden diejenigen belohnt, die sich besonders<br />
ins Zeug legen?<br />
Leistungsanreize muss es natürlich geben.<br />
Welche das sein können, werden wir sehen.<br />
Aber wir brauchen bei den ganzen Diskussionen<br />
auch ein Konzept von <strong>Universität</strong><br />
überhaupt. Wir können nicht nur schauen, wo<br />
schwache Bereiche sind, um dann zu sagen:<br />
Die machen wir dicht, weil sie schwach sind.<br />
Nein, die Frage lautet: Haben diese Bereiche<br />
eine große Bedeutung für die <strong>Universität</strong>?<br />
Dann muss das Problem gefunden und gelöst<br />
werden.<br />
Sie gelten als Anhänger der Konsensbildung.<br />
Nun haben Sie als Rektor und mit Ihrem<br />
Leitungsteam auch eine Machtposition inne.<br />
Wird es auch Strätersche Machtworte geben?<br />
Durchaus. Manchmal muss man vielleicht<br />
auch auf den Tisch hauen. Aber zunächst<br />
kommt es darauf an, zu Ergebnissen zu finden,<br />
die von den meisten Protagonisten mitgetragen<br />
werden können, vor allem auch von den Betroffenen.<br />
Das ist schwierig, aber ich möchte<br />
die Dinge nicht grundsätzlich konfrontativ<br />
angehen. Wir sind ein hochsensibler Betrieb<br />
35<br />
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36<br />
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SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
mit hochsensiblen Menschen. Die bringen<br />
ihre Leistung dann, wenn sie sich einbezogen<br />
fühlen. Zum Beispiel darf für einen individuell<br />
Forschenden nicht der Eindruck entstehen,<br />
er gelte nicht als exzellent, nur weil er nicht<br />
innerhalb eines MLU-Schwerpunktes forscht.<br />
Daher spreche ich auch nicht von Landesexzellenz-,<br />
sondern von Landesforschungsschwerpunkten.<br />
Womit wir bei der internen Kommunikation<br />
wären. Sie haben im Vorfeld der Wahl<br />
von einer ıintensiven und eleganten<br />
Kommunikation zwischen Fakultäten,<br />
Forschungsschwerpunkten und<br />
Einzelforschung„ gesprochen. Wie darf man<br />
sich das vorstellen?<br />
Die Kommunikation darf nicht erst dann einsetzen,<br />
wenn es irgendwo klemmt. Alle Themen<br />
müssen rechtzeitig auf den Tisch. Dafür<br />
werde ich eine ganze Menge Zeit verwenden.<br />
Wir haben an der <strong>Universität</strong> starke Fakultäten,<br />
wir haben übergeordnete Forschungsstrukturen,<br />
wir haben die Einzelforscher. Das größte<br />
Problem, das wir in der Vergangenheit hatten,<br />
bestand darin, strategisch wichtige Berufungen<br />
so abzustimmen, dass einerseits ein Landesforschungsschwerpunkt<br />
und andererseits die<br />
Fakultätsinteressen richtig bedient werden.<br />
Zwei Frauen im neuen Rektoratsteam<br />
Mitte Juli <strong>2010</strong> wählte der Akademische Senat der<br />
<strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong> im ersten Wahlgang die<br />
Prorektorinnen und Prorektoren und folgte dabei dem<br />
Vorschlag des neuen Rektors Prof. Dr. Udo Sträter.<br />
Damit stand das zukünftige Rektoratsteam fest, dem<br />
auch der Kanzler der <strong>Universität</strong>, Dr. <strong>Martin</strong> Hecht,<br />
angehört.<br />
Erstmals in der Geschichte der halleschen <strong>Universität</strong><br />
gibt es – nachdem jahrelang keine Frau zum Spitzen-<br />
Team gehörte – gleich zwei Prorektorinnen. Die Japanologin<br />
Gesine Foljanty-Jost ist die neue Prorektorin<br />
für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs.<br />
Seit 1992 ist Foljanty-Jost an der MLU Professorin<br />
für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft des modernen<br />
Japan. Die Pharmazeutin Birgit Dräger leitet in der<br />
neuen Legislaturperiode das Prorektorat für Struktur<br />
und Finanzen. Dräger ist seit 1996 Professorin für<br />
Pharmazeutische Biologie an der MLU.<br />
Neben dem Kanzler zählt der Wirtschaftswissenschaftler<br />
Christoph Weiser zu den Konstanten im Team: Er<br />
wurde erneut zum Prorektor für Studium und Lehre<br />
gewählt. Weiser ist seit 1997 Professor für Betriebswirtschaftslehre,<br />
Internes Rechnungswesen und Controlling<br />
an der MLU.<br />
Ute Olbertz<br />
www.uni-halle.de/webcode<br />
Die neuen Prorektoren im Gespräch, Wahlspezial: SH-890<br />
Für entsprechende Gespräche lassen sich eine<br />
ganze Reihe potenzieller Blockaden bereits im<br />
Vorfeld wegräumen.<br />
Es gibt aktuell einige strittige Themen, beispielsweise<br />
die Lehrerausbildung, Titelthema<br />
dieser Ausgabe des Unimagazins. Sie wurde<br />
seitens der Landesregierung kritisiert, was<br />
viele Akteure an der <strong>Universität</strong> stark getroffen<br />
hat. Wie stehen Sie dazu?<br />
Zunächst einmal finde ich es gut, dass das<br />
Vorgängerrektorat mit einem offenen Brief<br />
adäquat geantwortet hat. Natürlich gibt es<br />
Probleme, und die <strong>Universität</strong> ist bereit, an<br />
der Lösung der Probleme mitzuwirken – in<br />
dem Rahmen, in dem sie das kann. Ein neues<br />
Papier zur Lehramtsausbildung wird vorbereitet.<br />
Darin werden Verbesserungsmöglichkeiten<br />
aufgezeigt. Die <strong>Universität</strong> wird klären, wie<br />
diese Möglichkeiten genutzt werden können.<br />
Aber für welche Schulformen sich wie viele<br />
Lehramtskandidaten einschreiben, hängt nicht<br />
zuletzt auch von den Berufsaussichten ab. Da<br />
kann der Studiengang noch so attraktiv sein.<br />
Ein unter Studierenden immer noch heiß diskutiertes<br />
Thema ist die Umstellung auf die<br />
Bachelor- und Master-Studiengänge und die<br />
damit verbundenen Probleme.<br />
Hier sehen wir jetzt aber, dass es Spielräume<br />
gibt und Möglichkeiten zur Lockerung der<br />
zunächst sehr rigiden Bestimmungen. Diese<br />
Spielräume gilt es auszunutzen. Da können wir<br />
anknüpfen an die Erfahrungen, die andernorts<br />
bereits gemacht wurden. Wir müssen sicherstellen,<br />
dass alle Studiengänge studierfähig<br />
sind. Was den Übergang zum Master-Studium<br />
angeht, muss ich sagen: Wo eben nicht der<br />
Bachelor, sondern einzig der Master als berufsqualifizierend<br />
angesehen wird, kann man<br />
es sich nicht leisten, den Übergang restriktiv<br />
zu handhaben. Aber das ist im Grunde ein<br />
bundes-, ja sogar europaweites Problem.<br />
Ihre Amtszeit dauert vier Jahre � wo wird<br />
die MLU 2014 stehen?<br />
Ich hoffe, dass wir die aktuellen Probleme<br />
in den vier Jahren lösen können – und dass<br />
wir gleichzeitig in unserer Diskussion, wie<br />
die <strong>Universität</strong> nach 2020 aussehen soll, ein<br />
großes Stück vorankommen. Es sollte sich<br />
am Ende dieser Amtszeit einiges getan haben.<br />
Zum Beispiel sollten wir ein sehr schönes<br />
Geistes- und Sozialwissenschaftliches Zentrum<br />
bezogen haben. Unsere Anträge in der Bundesexzellenzinitiative<br />
sind dann hoffentlich auch<br />
positiv beschieden worden. Das sind mittelfristig<br />
die Kernpunkte.<br />
■<br />
Das neue Rektoratsteam im Historischen Sessionssaal der MLU (v.l.): Dr. <strong>Martin</strong> Hecht, Prof.<br />
Dr. Gesine Foljanty-Jost, Prof. Dr. Udo Sträter, Prof. Dr. Birgit Dräger und Prof. Dr. Christoph<br />
Weiser. Foto: Andreas Bartsch
Christiane Thompson erforscht, wie wir Lernende werden<br />
Foto: Norbert Kaltwaßer<br />
Von der Saane an die Saale: Christiane<br />
Thompson ist aus dem schweizerischen Freiburg<br />
(Fribourg) nach <strong>Halle</strong> gekommen. An<br />
der dortigen <strong>Universität</strong> war sie von 2009 bis<br />
<strong>2010</strong> Ordinaria für Erziehungswissenschaft<br />
mit dem Schwerpunkt „Allgemeine Pädagogik<br />
und Bildungsforschung“. Seit 1. September ist<br />
sie nun Heisenberg-Professorin für Allgemeine<br />
Erziehungswissenschaft an der MLU, unter<br />
besonderer Berücksichtigung der Bildungstheorie<br />
und kulturwissenschaftlichen Bildungsforschung.<br />
„Die MLU bietet mir die Möglichkeit,<br />
meine Forschungsschwerpunkte in Vernetzung<br />
mit Kollegen innerhalb und außerhalb der Fakultät<br />
zu entwickeln“, sagt die 37-Jährige. „Ich<br />
möchte an der <strong>Universität</strong> das Bewusstsein<br />
für die Wichtigkeit der Ausgestaltung pädagogischer<br />
Prozesse stärken und die öffentliche<br />
Bedeutung von <strong>Universität</strong> hervorheben.“<br />
Die <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong> kennt Christiane<br />
Thompson bereits sehr gut. 2002 kam<br />
sie erstmals als wissenschaftliche Assistentin<br />
hierher. 2008 schloss sie an der MLU ihre<br />
Habilitation zum Verständnis von Bildung<br />
als die eigenen Erfahrungszusammenhänge<br />
überschreitendes oder in Frage stellendes<br />
Ereignis ab. Ein Semester verbrachte sie im<br />
selben Jahr als Gastprofessorin an der <strong>Universität</strong><br />
Wien und wechselte schließlich 2009 in<br />
die Schweiz. Studiert und promoviert hat sie<br />
an der Bergischen <strong>Universität</strong> Wuppertal nahe<br />
ihres Geburtsortes Haan. Nach dem Studium<br />
Georg Fertig interessiert sich für gesellschaftlichen Reichtum und seine Grenzen<br />
Foto: Norbert Kaltwaßer<br />
„Cum spe“ – „mit Hoffnung“ – ist Georg<br />
Fertig im <strong>Oktober</strong> 2009 als Vertretungsprofessor<br />
an die MLU gekommen. Mit Erfolg, denn<br />
seit April <strong>2010</strong> hat der gebürtige Bremer die<br />
Professur für Wirtschafts- und Sozialgeschichte<br />
am Institut für Geschichte inne. Sein fachliches<br />
Spezialgebiet ist die Wirtschafts- und<br />
Sozialgeschichte des 16. bis 20. Jahrhunderts<br />
mit den Arbeitsschwerpunkten Historische<br />
Demographie, Agrargeschichte, Migrationsgeschichte,<br />
Mikrogeschichte und langfristiges<br />
Wirtschaftswachstum.<br />
„Ich sehe die Chance, in <strong>Halle</strong> eine Variante<br />
von Wirtschafts- und Sozialgeschichte zu etablieren,<br />
die nicht dem Standard entspricht, aber<br />
in viele Richtungen anschlussfähig ist“, so<br />
der 48-Jährige. Den „skeptischen Optimisten“<br />
interessiert gesellschaftlicher Reichtum und<br />
seine Grenzen, ein Thema, das interdisziplinär<br />
von Volkswirtschaftslehre, Soziologie und<br />
Ethnologie zu behandeln ist – also „von den<br />
in <strong>Halle</strong> gewichtig vertretenen systematischen<br />
Sozialwissenschaften“.<br />
Fertig studierte von 1981 bis 1987 Griechisch<br />
und Geschichte in Berlin, Bochum und Konstanz<br />
und promovierte 1994 in Berlin über<br />
„Wanderungsmotivation und ländliche Gesellschaft<br />
im 18. Jahrhundert“. Nachdem er<br />
schon während seines Studiums an der Univerisität<br />
Konstanz als studentische Hilfskraft<br />
in der Linguistik tätig war, lehrte Fertig hier<br />
von 1993 bis 1996 im Fach Geschichte. In den<br />
Jahren 1995 und 1996 war er gleichzeitig auch<br />
Postdoktorand am Graduiertenkolleg „Westeuropa<br />
in vergleichender historischer Perspektive“<br />
an der <strong>Universität</strong> Trier.<br />
Es folgten fünf Jahre der wissenschaftlichen<br />
Mitarbeit an der <strong>Universität</strong> Münster, wo sich<br />
Fertig 2001 zum Thema „Bodenmarkt – Familienstrategien<br />
– Verwandtschaft: Drei westfä-<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
arbeitete sie ein Jahr lang als Forschungsassistentin<br />
an die Southern Illinois University in<br />
Carbondale (USA). In ihrer Arbeit befasst sie<br />
sich vor allem mit systematischen Fragestellungen<br />
der Erziehungswissenschaft, bei denen<br />
es um „Subjektivität“, „Macht“ und „Wissen“<br />
geht. „Es ist spannend, zu betrachten, wie und<br />
aufgrund welcher Zusammenhänge wir Lernende,<br />
Wissende oder Gewissheit Verlierende<br />
werden.“<br />
Christiane Thompson ist verheiratet und hat<br />
eine Tochter, die Ende September fünf Jahre<br />
alt geworden ist. Ihre neue Heimat <strong>Halle</strong> erlebt<br />
sie als „lebendige Stadt mit engagierten Menschen,<br />
die darum ringen muss, Finanzierungsfragen<br />
nicht zu den einzigen werden zu lassen.“<br />
In ihrer Freizeit geht sie gern spazieren.<br />
„Aber dazu komme ich viel zu selten.“<br />
Carsten Heckmann<br />
Prof. Dr. Christiane Thompson<br />
Allgemeine Erziehungswissenschaft<br />
E-Mail: christiane.thompson@paedagogik.uni-halle.de<br />
Internet: www.philfak3.uni-halle.de/paedagik<br />
lische Kirchspiele im 19. Jahrhundert“ habilitierte.<br />
Von 2002 bis 2009 war er in Münster<br />
zunächst als Hochschuldozent, dann als Vertretungsprofessor<br />
für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte<br />
tätig.<br />
„<strong>Halle</strong> ist eine ausgesprochen lebendige Stadt,<br />
deren Munterkeit mich an das Berlin meiner<br />
Kindheit erinnert“, so der Historiker, der sich<br />
hier vor allem um Kontinuität bemüht. „Ich<br />
möchte zusammen mit meinen Kolleginnen<br />
und Kollegen am Institut für Geschichte ein<br />
attraktives, weil in der Forschung verankertes<br />
Studium der Geschichte bieten.“<br />
Dieser Wunsch ist auch motiviert durch das<br />
Privatleben des verheirateten Vaters eines<br />
siebenjährigen Sohnes und einer dreijährigen<br />
Tochter, dem das gute Aufwachsen seiner<br />
Kinder besonders am Herzen liegt. „Das prägt<br />
meine Lebensrhythmen ebenso wie meine politischen,<br />
religiösen und beruflichen Interessen<br />
– bis hin zu meinen Ansprüchen an die Ausbildung<br />
von Lehramtsstudierenden.“<br />
Melanie Zimmermann<br />
Prof. Dr. Georg Fertig<br />
Wirtschafts- und Sozialgeschichte<br />
Telefon: 0345 55 24273<br />
E-Mail: georg.fertig@geschichte.uni-halle.de<br />
Internet: www.geschichte.uni-halle.de<br />
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SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Biologie-Didaktiker <strong>Martin</strong> Lindner möchte in <strong>Halle</strong> neue Netzwerke knüpfen<br />
Foto: Norbert Kaltwaßer<br />
Wie kann man Netzwerke gestalten, um mehr<br />
Jungen und Mädchen für naturwissenschaftlich-technische<br />
Berufe zu gewinnen oder sie<br />
positiv gegenüber diesem wichtigen gesellschaftlichen<br />
Bereich zu stimmen? Das ist ein<br />
besonderes Anliegen von Dr. <strong>Martin</strong> Lindner,<br />
der seit dem 1. Juni <strong>2010</strong> die W2-Professur<br />
Bruno Glaser kennt sich mit Biokohle aus<br />
Foto: Norbert Kaltwaßer<br />
Die Studierenden am Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften<br />
kennen ihn bereits seit<br />
einem Jahr, nun ist aus dem Vertretungsprofessor<br />
ein Lehrstuhlinhaber geworden: Bruno<br />
Glaser ist seit 1. Juli Professor für Bodenbiogeochemie<br />
an der MLU. Er strebt eine führende<br />
Rolle in der europäischen Biokohle-Forschung<br />
für die Didaktik der Biologie an der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong><br />
inne hat, nachdem er<br />
bereits seit April die entsprechende Vertretung<br />
übernommen hatte. „Es reizt mich die<br />
Verknüpfung von fachlich hochinteressanten<br />
Inhalten mit dem Lernen“, sagt Lindner und<br />
meint damit die Schüler ebenso wie Studierende<br />
und Lehrer. Am 5. August 1956 in Kiel<br />
geboren, studierte Lindner am gleichen Ort<br />
von 1976 bis 1982 Lehramt für Gymnasien<br />
in den Fächern Biologie und Chemie und<br />
von 1980 bis 1985 Agrarwissenschaften. Am<br />
Botanischen Institut der Christian-Albrechts-<br />
<strong>Universität</strong> zu Kiel wurde er 2002 promoviert<br />
mit einer Arbeit zum Thema: Vegetation und<br />
Stratigraphie von Sphagnum-Mooren in der<br />
Jungmoräne Schleswig-Holsteins, Südjütlands<br />
und Meck-lenburg-Vorpommerns. Von<br />
1993 bis 1996 war er am Leibniz-Institut für<br />
die Pädagogik der Naturwissenschaften und<br />
der Mathematik an der <strong>Universität</strong> Kiel (IPN)<br />
tätig, es folgte 1996–2000 eine Lehrtätigkeit<br />
an der <strong>Universität</strong> Flensburg. Von 2000–<strong>2010</strong><br />
übernahm er die Koordination von Lehrerfortbildungsmaßnahmen<br />
am Bildungsministerium<br />
Schleswig-Holsteins und deren Begleitforschungen<br />
am IPN Kiel. In der Forschung wird<br />
er seine in Kiel begonnenen Projekte fortführen,<br />
die sich vor allem der Untersuchung<br />
an. „Die Voraussetzungen dafür sind mit einem<br />
tollen Arbeitsumfeld und der guten Ausstattung<br />
gegeben“, sagt der 43-Jährige. Biokohle ist<br />
„verkohlte“ Biomasse. Sie wird vor allem zur<br />
Bodenverbesserung, aber auch als Kohlenstoff-<br />
Speicher eingesetzt.<br />
Auch die Analytik stabiler Isotope zählt zu Glasers<br />
Spezialgebiet. Mit ihrer Hilfe könnte zum<br />
Beispiel geklärt werden, ob eine Temperaturerhöhung<br />
aufgrund steigender atmosphärischer<br />
Kohlendioxid-Konzentrationen zu einer erhöhten<br />
Biomasseproduktion und damit zu einer<br />
vermehrten Festlegung von Kohlenstoff im Boden<br />
führt. „Es ist genauso gut denkbar, dass die<br />
erhöhte Temperatur die Mineralisationsraten<br />
erhöht und deshalb verstärkt Humus abgebaut<br />
wird. Das würde zu zusätzlichen Kohlendioxid-Emissionen<br />
führen und den Treibhauseffekt<br />
weiter verstärken“, erklärt Glaser. Eine Kombination<br />
aus Grundlagenforschung und Anwendung,<br />
relevant für aktuelle globale Probleme<br />
– das ist es, was Bruno Glaser am meisten an<br />
seinem Fachgebiet reizt. Dementsprechend<br />
führen ihn auch seine Forschungsaufenthalte<br />
in alle Welt. Für Geländearbeiten reiste er u. a.<br />
bereits nach Äthiopien, Kirgistan, Brasilien und<br />
Ecuador.<br />
Geboren wurde Glaser in Bayern (Kemnath-Stadt).<br />
Er machte nach der Schulzeit eine<br />
von professioneller Weiterentwicklung von<br />
Lehrkräften widmen: Was bewirken Lehrerfortbildungen?<br />
„Dann habe ich aber auch<br />
noch ein interessantes Projekt zum Thema<br />
Förderung der MINT-Fächer, also Mathematik,<br />
Informatik, Naturwissenschaften und Technik<br />
begonnen“, so Lindner. „Besonders spannend<br />
sind die Felder, in denen der ,Background’ von<br />
schulischem und außerschulischem Lernen<br />
bestimmt wird. Also welchen Einfluss haben<br />
Firmen, Stiftungen und Verbände aus Industrie<br />
und Handwerk auf die MINT-Fächer und das<br />
außerschulische Lernen in diesem Bereich?“<br />
Lindner hat eine Lebenspartnerin und vier<br />
Kinder, die 23, 20, 6 und 4 Jahre alt sind. Seine<br />
privaten Interessen gelten Themen der Architektur<br />
im Sinne der Wiederherstellung alter<br />
Häuser. Als „Architektur-Fan“ ist er seit Jahren<br />
begeistert von der wunderschönen gründerzeitlichen,<br />
im Krieg nicht zerstörten halleschen<br />
Altstadt. Ute Olbertz<br />
Prof. Dr. <strong>Martin</strong> Lindner<br />
Institut für Biologie<br />
Telefon: 0345 55 26400<br />
E-Mail: martin.lindner@biodidaktik.uni-halle.de<br />
Internet: www.biodidaktik.uni-halle.de<br />
Ausbildung zum Medizinisch-Technischen Assistenten<br />
und arbeitete als Technischer Angestellter<br />
am Lehrstuhl Bodenkunde und Bodengeographie<br />
der <strong>Universität</strong> Bayreuth. Mit dem<br />
Erwerb der fachgebundenen Hochschulreife<br />
begann seine wissenschaftliche Laufbahn. 1995<br />
absolvierte er das Staatsexamen für Lebensmittelchemiker,<br />
vier Jahre später folgte die<br />
Promotion in Bodenkunde an der <strong>Universität</strong><br />
Bayreuth, wo Glaser später als wissenschaftlicher<br />
Assistent arbeitete. In der Abteilung Bodenphysik<br />
wurde er 2005 zum akademischen<br />
Rat auf Zeit berufen und 2006 für das Fach<br />
Bodenwissenschaften habilitiert.<br />
An der Saalestadt schätzt der zweifache Vater<br />
unter anderem die vielen Spielplätze. Seinen<br />
beiden Söhnen (fünf und elf Jahre alt) gilt denn<br />
auch das Hauptaugenmerk in der Freizeit. Zu<br />
Glasers privaten Interessen zählen darüber hinaus<br />
das E-Gitarrespielen, Sport und Wellness.<br />
Carsten Heckmann<br />
Prof. Dr. Bruno Glaser<br />
Bodenbiogeochemie<br />
Telefon: 0345 55 22532<br />
E-Mail: bruno.glaser@landw.uni-halle.de<br />
Internet: bk.landw.uni-halle.de
Claudia Großmann verknüpft Grundlagenforschung mit theoretischer Medizin<br />
Foto: Norbert Kaltwaßer<br />
Seit drei Jahren forscht und lehrt Claudia<br />
Großmann am Julius-Berstein-Institut der Medizinischen<br />
Fakultät der MLU. Seit Juni <strong>2010</strong><br />
ist sie nun als Juniorprofessorin für Physiologie<br />
in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. med.<br />
Michael Gekle tätig.<br />
Die 36-Jährige studierte Humanmedizin an der<br />
Freien <strong>Universität</strong> Berlin, arbeitete nach ihrem<br />
Studium als wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />
in der Inneren Medizin an der Charité Berlin<br />
und promovierte im Jahr 2002. Mit einem Stipendium<br />
des Interdisziplinären Zentrums für<br />
Klinische Forschung der <strong>Universität</strong> Würzburg<br />
studierte und promovierte sie anschließend in<br />
Würzburg. Bis zum Abschluss ihres PhD in<br />
Biologie im Jahr 2007 arbeitete sie dort als<br />
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für<br />
Physiologie.<br />
Die gebürtige Berlinerin erforscht den sogenannten<br />
Mineralokortikoidrezeptor und seine<br />
Bedeutung für Erkrankungen der Gefäße, der<br />
Nieren und des Herzens. Mineralokortikoide<br />
sind Steroidhormone, die in der Nebennierenrinde<br />
gebildet werden und den Wasser- und<br />
Mineralhaushalt des Körpers beeinflussen.<br />
Ihre Arbeiten werden unter anderem durch die<br />
Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG) und<br />
das Wilhelm-Roux-Programm zur Nachwuchs-<br />
und Forschungsförderung gefördert.<br />
Der besondere Reiz ihres Fachgebiets liegt für<br />
Claudia Großmann in der Verknüpfung von<br />
naturwissenschaftlich orientierter Forschung<br />
mit klinisch relevanten Fragestellungen: „Aus<br />
dem Wissen, wie der gesunde Körper funktioniert,<br />
kann man sich die Veränderungen bei<br />
Gero Langer setzt Ergebnisse der Pflegeforschung in die Praxis um<br />
Foto: Norbert Kaltwaßer<br />
Die Verbindung von klinischer Pflege mit<br />
Forschungsergebnissen sieht Dr. Gero Langer<br />
als besonderes Anliegen. Seit dem 1. Juni<br />
<strong>2010</strong> hat er die Juniorprofessur „Klinische<br />
Gesundheits- und Pflegewissenschaften“ an<br />
der Medizinischen Fakultät der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<br />
<strong>Universität</strong> inne. Langer möchte mit seiner<br />
Arbeit Möglichkeiten zur Verbesserung der<br />
gesundheitlichen Versorgung von Pflegebedürftigen<br />
aufzeigen, dabei reizt ihn die Zusammenarbeit<br />
mit Pflegenden aus der Praxis.<br />
Der Juniorprofessor findet viele spannende<br />
Fragestellungen in dem in Deutschland noch<br />
jungen Gebiet der Pflegeforschung. „Es gibt<br />
nur wenige <strong>Universität</strong>en in Deutschland, an<br />
denen Gesundheits- und Pflegewissenschaften<br />
gelehrt werden“, sagt Langer. „Das Institutsprofil<br />
entspricht weitestgehend meinen<br />
Forschungsschwerpunkten und Interessen, und<br />
die bisherige angenehme Zusammenarbeit mit<br />
den Kolleginnen und Kollegen trägt zu einem<br />
guten Arbeitsklima bei.“ Seine Forschungsschwerpunkte<br />
liegen im Bereich „Evidencebased<br />
Nursing and Caring“, der Erstellung und<br />
Implementierung entsprechender Leitlinien<br />
sowie systematischer Übersichtsarbeiten und<br />
Meta-Analysen.<br />
Er möchte neben der Lehre eine Forschungsgruppe<br />
zu klinisch-epidemiologischer Pflegeforschung<br />
im Fakultätsschwerpunkt mit dem<br />
Fokus „Partizipationsorientierte, Evidencebasierte<br />
Pflege chronisch Pflegebedürftiger in<br />
kommunikativ schwierigen Situationen“ aufbauen.<br />
Außerdem liegen Schwerpunkte seiner<br />
Arbeit auf der Integration der derzeit besten<br />
wissenschaftlichen Belege in die tägliche Pra-<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Erkrankungen und ihre Therapiemöglichkeiten<br />
herleiten“, erläutert die Juniorprofessorin,<br />
die ihre Studenten für die theoretische Medizin<br />
begeistern will. In der Lehre ist sie in<br />
die vorklinische Ausbildung für Human- und<br />
Zahnmediziner und Ernährungswissenschaftler<br />
eingebunden. Außerdem beteiligt sie sich an<br />
der Medizinischen Sommerschule zur Vorbereitung<br />
auf das Physikum.<br />
An ihrer Arbeit an der MLU schätzt sie diese<br />
Abwechslung zwischen naturwissenschaftlichorientierter<br />
Grundlagenforschung einerseits<br />
und der Vermittlung von klinisch-theoretischen<br />
Medizinkenntnissen andererseits. Aber auch<br />
die gute Arbeitsatmosphäre mit viel Unterstützung<br />
sowie die überschaubare Größe der<br />
Medizinischen Fakultät sind ihr wichtig: „Sie<br />
bietet einem die Möglichkeit, in Forschung<br />
und Lehre etwas mit aufzubauen.“<br />
Corinna Bertz<br />
Jun. Prof. Dr. Dr. Claudia Großmann<br />
Julius-Bernstein-Institut für Physiologie<br />
Telefon: 0345 55 74740<br />
E-Mail: claudia.grossmann@medizin.uni-halle.de<br />
Internet: www1.medizin.uni-halle.de/iph<br />
xis (Evidence-based Practice) und Methoden<br />
der Erstellung von Leitlinien und Systematischen<br />
Übersichtsarbeiten/Meta-Analysen.<br />
Am 21. <strong>Oktober</strong> 1970 in Fulda geboren, studierte<br />
Langer von 1997 bis 2002 Gesundheits-<br />
und Pflegewissenschaften an der MLU, zuvor<br />
absolvierte er bis 1995 eine Ausbildung zum<br />
Krankenpfleger. 2006 wurde er an der MLU<br />
promoviert zum Thema „Auswirkungen der<br />
Ernährung auf die Vorbeugung und Behandlung<br />
von Dekubitus“. Von 2002 bis <strong>2010</strong> war<br />
er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut<br />
für Gesundheits- und Pflegewissenschaft an<br />
der MLU und von 2006 bis <strong>2010</strong> übernahm<br />
er die wissenschaftliche Leitung des Projekts<br />
„Evidence-based Nursing“ in Südtirol.<br />
Er ist verheiratet und Vater zweier Töchter, die<br />
4 und 6 Jahre alt sind.<br />
Ute Olbertz<br />
Jun.-Prof. Dr. Gero Langer<br />
Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft<br />
Telefon 0345 55 74454<br />
E-Mail: gero.langer@medizin.uni-halle.de<br />
Internet: www-medizin.uni-halle.de/pflegewissenschaft<br />
39<br />
P ERSONALIA
40<br />
P ERSONALIA<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Zeigt her eure Zähne<br />
Professor Jürgen Setz pflegt ein wirklich<br />
ungewöhnliches Hobby<br />
U TE OLBERTZ<br />
Das rätselhafte Lächeln der Mona Lisa von Leonardo da Vinci hat seit mehr als 500 Jahren viele<br />
Menschen bezaubert. Doch warum zeigt sie beim Lächeln ihre Zähne nicht? Dies gibt Anlass zu<br />
Spekulationen. Schon möglich, dass sie schiefe oder gar fehlende Zähne verbergen wollte. Für<br />
sein ungewöhnliches Hobby geht Prof. Dr. Jürgen Setz, Direktor der MLU-Poliklinik für zahnärztliche<br />
Prothetik, solchen und ähnlichen Fragen nach. Seit acht Jahren sammelt er Bilder „mit<br />
Biss“.<br />
Der gebürtige Duisburger untersucht Porträts<br />
aller Art aus der Geschichte und der Gegenwart<br />
unter dem Gesichtspunkt, ob Zähne<br />
gezeigt werden oder nicht, und macht sich<br />
darüber Gedanken. „Seit 2002, als ich im<br />
privaten Kreis dazu einen nicht ganz ernst<br />
gemeinten Vortrag hielt, hat mich das Thema<br />
nicht mehr losgelassen“, sagt Jürgen Setz augenzwinkernd.<br />
So ließ er künftig keine Galerie,<br />
kein Museum rund um den Globus aus, um<br />
Bilder nach Aspekten der Zahngesundheit und<br />
Ästhetik zu betrachten und auszuwerten. Sogar<br />
unzählige Porträts aus dem Internet oder Fotos<br />
aus der Presse nimmt er dabei unter die Lupe.<br />
Galerien in New York, Buenos Aires, London,<br />
Paris oder auch in kleineren Städten hat er<br />
besucht, unter anderem fand er in der National<br />
Portrait Gallery London unter 740 Bildern nur<br />
ganze 15 mit Zähnen.<br />
Warum nur? Dazu entwickelt Setz aussagekräftige<br />
Theorien. Dabei betont der Mediziner,<br />
dass seine Betrachtungsweise die des Zahnarztes<br />
sei, die vielleicht später durch seriöse<br />
kunsthistorische Forschungen untermauert und<br />
bestätigt werden könnte.<br />
Bei der 39. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft<br />
Dentale Technologie Anfang Juni <strong>2010</strong><br />
in Stuttgart erhielten die Teilnehmer mit dem<br />
unterhaltsamen Festvortrag von Jürgen Setz<br />
„Zähne in der Kunst des Abendlandes“ bereits<br />
Professor Jürgen Setz. Foto: Ute Olbertz<br />
eine Kostprobe des Fazits der bisherigen Überlegungen.<br />
Setz ist zugleich Vorsitzender dieser<br />
Arbeitsgemeinschaft, der Zahnärzte und Zahntechniker<br />
angehören. Anhand einer großen<br />
Zahl von Porträtgemälden alter Meister konnte<br />
er belegen, dass in den vergangenen Jahrhunderten<br />
die Darstellung von Zähnen nicht üblich<br />
war. Erst in der zweiten Hälfte des zwan-
„Extremer Prototyp“: Marilyn Monroe, ca. 1956.<br />
Diese Aufnahme diente Andy Warhol als Vorlage<br />
für seine farbigen Marilyn-Porträts.<br />
Foto: picture alliance<br />
zigsten Jahrhunderts änderte sich dies, denn<br />
mit verbesserter allgemeiner Zahngesundheit<br />
wurden auch Bilder „mit Biss“ schicklich.<br />
„Narren, Gaukler und Betrunkene durften<br />
lächelnd mit hemmungslos geöffnetem Mund<br />
dargestellt werden oder auch Tiere wurden im<br />
Mittelalter mit Zähnen gemalt“, so Setz. Bei<br />
seriösen Porträts blieb der Mund geschlossen.<br />
Sie erhielten auch durch den ernsten Blick der<br />
abgebildeten Berühmtheiten bewusst einen<br />
„sterilen“ Ausdruck.<br />
„Karies und die Folgen zeigten sich besonders<br />
bei reichen Leuten, die sich Zucker leisten<br />
konnten“, meint Setz, diese wiederum hatten<br />
aber auch die entsprechenden Mittel, sich auf<br />
Ölgemälden verewigen zu lassen. Zum Beispiel<br />
habe Elizabeth I. von England (1533-<br />
1603) mit Sicherheit unter Zahnschmerzen<br />
gelitten, da sie schwarze, faule Zähne hatte,<br />
wie den Aufzeichnungen von damaligen<br />
Botschaftern zu entnehmen sei. Ludwig XIV.<br />
dagegen war im späteren Lebensalter zahnlos,<br />
hat sich dafür auf seinen Porträts umgeben mit<br />
viel Pomp malen lassen.<br />
Bei Porträts bzw. Fotografien von Prominenten<br />
gab es den Durchbruch der Zähne nach<br />
Setz mit Marilyn Monroe um 1950. „Von ihr<br />
existiert fast kein Bild ohne Zähne, sie war der<br />
extreme Prototyp,“, sagt der Mediziner und<br />
verweist auf unzählige Fotos der bekannten<br />
amerikanischen Schauspielerin, die 1962 starb.<br />
Noch vor Monroe gab es allerdings schon die<br />
Pin-up-Girls des berühmten Pin-up-Zeichners<br />
Alberto Vargas (1896–1982), deren Zähne in<br />
den 20er und 30er Jahren sichtbar wurden. Bei<br />
Oscar-Verleihungen in den USA oder anderen<br />
großen Veranstaltungen sei es heute bei Promi-<br />
Bildern längst üblich, das komplette Gebiss<br />
vor der Kamera zu präsentieren.<br />
Viel später erst zeigten die Politiker Zähne:<br />
Der zurückgetretene Bundespräsident Horst<br />
Köhler war der Erste, dessen Zähne auf einem<br />
offiziellen Foto als deutsches Staatsoberhaupt<br />
sichtbar wurden.<br />
„Er brachte den Wandel, vor ihm hielten alle<br />
anderen auf offiziellen Bildern die Lippen geschlossen“,<br />
sagt Jürgen Setz. ■<br />
Prof. Dr. Jürgen Setz<br />
<strong>Universität</strong>s- und Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik<br />
Tel.: 0345 55 7 3765<br />
E-Mail: juergen.setz@medizin.uni-halle.de<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
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42<br />
P ERSONALIA<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
20 Fragen an Thomas Knebel<br />
Verbales Porträt eines Zeitgenossen<br />
Unzählige Varianten des Fragebogens, der durch die Antworten von Marcel Proust so berühmt<br />
geworden ist, sind in den Medien (FAZ, Forschung & Lehre, UNICUM etc.) zu finden. Scientia<br />
halensis spielt ebenfalls mit. Diesmal ist unser Match-Partner Thomas Knebel, Mitarbeiter und<br />
Verantwortlicher für Kamera- und Studiotechnik am Department für Medien und Kommunikation<br />
der MLU.<br />
Warum leben Sie in <strong>Halle</strong> und nicht anderswo?<br />
Ich wohne seit 1974 in <strong>Halle</strong>. Es ist ein eine<br />
geschichtsträchtige Stadt mit einer interessanten<br />
Kunst- und Kulturszene, der Uni und<br />
viel Natur im Umfeld (Heide). Ich habe hier<br />
einen großen Freundeskreis und fühle mich<br />
einfach wohl in <strong>Halle</strong>.<br />
Wenn nicht Kameramann, was wären Sie dann<br />
geworden?<br />
Mein Großvater war Tischlermeister, und ich<br />
fand es als Kind immer faszinierend, was man<br />
aus und mit Holz machen kann. Ich glaube, ich<br />
wäre gern in diese Richtung gegangen. Geologie<br />
wäre für mich auch eine Fachrichtung, die<br />
ich gern studiert hätte.<br />
Was war an Ihrer Studienzeit am besten?<br />
Ich habe Elektronik im Fernstudium studiert<br />
und da war es nicht immer einfach, Studium,<br />
Beruf und Sport unter einen Hut zu bekommen.<br />
Bei der Spezialisierung als Kameramann<br />
musste man kreativ und einfallsreich sein,<br />
und das war und ist nachwievor spannend und<br />
schön.<br />
Auch während meiner Arbeit an der Uni hatte<br />
ich interessante Erlebnisse. So habe ich im<br />
<strong>Oktober</strong> 1998 eine geologische Expedition<br />
nach Kirgistan begleitet und filmisch dokumentiert.<br />
Das war sehr abenteuerlich. So<br />
wurden wir zum Beispiel kurz nach Ankunft<br />
auf dem Basar der Hauptstadt Bischkek verhaftet,<br />
denn man hielt uns für Drogenhändler.<br />
An der Ausgrabungsstätte im Issyk-Kul See<br />
hielt man uns dann für Goldsucher und alsbald<br />
für Dummköpfe, da es sich letzten Endes nur<br />
um Knochen handelte. Die Gastfreundschaft<br />
war aber unglaublich. Wir wurden zum Essen<br />
eingeladen und bekamen ein lebendiges Schaf<br />
zur Selbstschlachtung. Keiner wusste, wie es<br />
geht – bis es die Kirgisen machten. Das Ganze<br />
war für unser Verständnis ein sehr brutales<br />
Vorgehen.<br />
Welchen Rat für´s Überleben würden Sie<br />
Studenten geben?<br />
Studenten sollten nie mit dem Erreichten zufrieden<br />
sein und immer hinterfragen.<br />
Wenn Sie Rektor einer <strong>Universität</strong> wären, was<br />
würden Sie als erstes tun?<br />
Ich würde mich mit Vertretern der einzelnen<br />
Fakultäten und deren Dekanen zusammensetzen<br />
und über eine neue Verteilung des vorhandenen<br />
Budgets diskutieren. Außerdem würde<br />
ich mich gegen eine weitere Kürzung desselbigen<br />
einsetzen.<br />
Was ist für Sie die erste Aufgabe der<br />
Wissenschaft?<br />
Wissenschaft sollte in erster Linie dem Wohl<br />
der Menschen dienen und nicht dem Selbstzweck.<br />
In der Vergangenheit und für die Zukunft<br />
zu forschen sollte meines Erachtens die<br />
Aufgabe der Wissenschaft sein.<br />
Was haben Intelligenz und Menschlichkeit miteinander<br />
zu tun?<br />
Das sind für mich zwei unterschiedliche Dinge,<br />
wenn aber beides zusammentrifft, kann<br />
Großes entstehen.<br />
Worüber ärgern Sie sich am meisten?<br />
Über Arroganz und Hinterhältigkeit.<br />
Was bringt Sie zum Lachen?<br />
Ein trockener Humor und Situationskomik.<br />
Was schätzen Sie bei Ihren Freunden?<br />
Zuverlässigkeit, Loyalität und Toleranz.<br />
Wo sehen Sie Ihre Stärken?<br />
Wenn ich mich einmal für eine Sache oder ein<br />
Projekt entschieden habe, dann lasse ich nicht<br />
locker bis alles passt und versuche mit den<br />
Mitteln und Möglichkeiten, die mir zur Verfügung<br />
stehen, das Optimale daraus zu machen.<br />
Was erwarten Sie von der Zukunft?<br />
Ich hoffe, dass man an den großen Problemen<br />
der Menschheit, wie Kriege, Hunger und<br />
Krankheit, weiter forscht und arbeitet. Außerdem<br />
wünsche ich mir, dass zum Beispiel ein<br />
wirkungsvolles Mittel gegen Krebs gefunden<br />
wird, dass sich auch nachfolgende Generationen<br />
an Natur und Umwelt erfreuen können<br />
und dass man Kriege nur noch aus Geschichtsbüchern<br />
kennt.<br />
Für mich persönlich erwarte ich in erster Linie<br />
Gesundheit und zwar nicht nur für mich, sondern<br />
auch für all Diejenigen, die mir nahestehen.<br />
Woran glauben Sie?<br />
Ich glaube an das Gute in jedem Menschen.<br />
Welchen bedeutenden Menschen unserer Zeit<br />
hätten Sie gern als Gesprächspartner?<br />
Reinhold Messner. Seine Ansichten und sein<br />
Leben imponieren mir.<br />
Wer war oder ist (bisher) für Sie der wichtigste<br />
Mensch in Ihrem Leben?<br />
Meine Freundin und meine Familie.<br />
Welchen Ort der Welt möchten Sie unbedingt<br />
kennen lernen?<br />
Neuseeland, weil es für mich ein faszinierendes,<br />
kulturell und landschaftlich sehr<br />
vielseitiges Land ist. Diese unglaublich schöne<br />
Natur und die Menschen vor Ort möchte ich,<br />
muss ich unbedingt kennen lernen.<br />
Womit verbringen Sie Ihre Freizeit am liebsten?<br />
Ich gehe gern mit meiner Freundin und unserem<br />
Hund spazieren, treibe gern Sport. Ich<br />
verbringe aber auch gern meine Freizeit mit<br />
Freunden oder lese einfach ein gutes Buch.<br />
Was wären Ihre drei Bücher für die Insel?<br />
„In eisige Höhen“ von Jon Krakauer, „Säulen<br />
der Erde“ von Ken Follett und „Heinz Erhardt“.<br />
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten...?<br />
Möchte ich einfach gesund bleiben.<br />
Ihr Motto?<br />
Man sollte nicht immer alles zu ernst nehmen<br />
und öfter einmal lachen. Optimistisch und neugierig<br />
bleiben!<br />
■<br />
Aus der Vita:<br />
Foto: Janine Pazdyka<br />
Geboren am 19. März 1956 in Weißenfels, Studium<br />
zum Dipl.-Ing. für industrielle Elektronik an der<br />
Ingenieurschule Eisleben, Ausbildung zum Kameramann<br />
an der Filmschule Essen.
22<br />
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