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Oktober 2010 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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30<br />

F ORSCHEN UND PUBLIZIEREN<br />

SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />

(Fach-)Literaturfabrik <strong>Universität</strong><br />

Lese-Empfehlungen querbeet<br />

V OM HEUCHELBERG ZUM PFAD DER TUGEND<br />

Ein Reiseführer? Ja,<br />

gewiss. Reisen heißt<br />

doch nicht nur, dass<br />

man von einem Ort zu<br />

einem anderen gelangt.<br />

Es kann lokale,<br />

aber ebenso mentale<br />

Bewegung meinen!<br />

Und meist ist diese<br />

wichtiger als jene.<br />

Wer von hier nach da<br />

reist, verändert sich<br />

selbst dabei lediglich im Ausnahmefall. Dagegen<br />

stellt, auf geistige Reisen zu gehen, oft<br />

alles Bisherige und nicht selten sogar das lang<br />

vertraute, eigene Ich in Frage. Wer mag das<br />

wollen? – Versuch macht klug, wussten schon<br />

die Altvorderen und wandten diese ihre Weisheit<br />

in verschiedensten Lebenslagen an.<br />

Die beiden Autoren des jüngst im Pattloch-Verlag<br />

erschienenen Aufklärungsbuches (im besten<br />

Wortsinn!) ordnen ihre vielgestaltigen Reisetipps<br />

acht Problemkomplexen der menschlichen<br />

Sinnsuche zu. Regina Radlbeck-Ossmann<br />

setzt sich mit den Fragen „Was ist religiöse<br />

Erfahrung?“, „Woran glaubt, wer glaubt?“,<br />

„An welchen Gott glauben die Christen?“ und<br />

„Wer ist Jesus Christus?“ auseinander. Auch<br />

Michael Langer sucht nach Antworten: „Warum<br />

ist die Bibel so wichtig?“, „Wozu braucht<br />

man die Kirche?“, „Wie lebt man Glauben?“<br />

und „Wie handelt man christlich?“<br />

Nehmen wir diesen extraordinären Guide zur<br />

Hand und lassen uns darauf ein, Fragen zu<br />

stellen, deren Antworten wir nicht kennen! Vertrauen<br />

wir auf die kundige Führung zweier Experten;<br />

sie laden uns ein, das Christentum (ähnlich<br />

wie ein Land oder eine Stadt) zu „besichtigen“<br />

… Der Werbetext verheißt, die Leser „aus<br />

dem Jammertal der Unwissenheit zum Pfad der<br />

Erkenntnis“ zu führen. Ob dieses überaus anspruchsvolle<br />

Vorhaben gelingen kann, hat jeder<br />

für sich selbst zu entscheiden. Auf jeden Fall<br />

waren nicht religiöse Eiferer, sondern Kenner<br />

und Könner am Werk. Natürlich muss man am<br />

Ende daran glauben, wenn man das Ziel dieser<br />

schwierigen Reise erreichen will. Vielleicht<br />

beträgt dann die Zahl der Christen auf unserer<br />

Welt 2,3 Milliarden plus eins.<br />

Margarete Wein<br />

� Michael Langner und Regina Radlbeck-Ossmann:<br />

Christentum. Ein Reiseführer, gebunden, mit zahlreichen,<br />

teils farbigen Abbildungen, 304 Seiten, München <strong>2010</strong>,<br />

19,95 Euro, ISBN 978-3-629-02208-0<br />

www.uni-halle.de/webcode<br />

Langfassung der Rezension: SH-895<br />

V ERBALES MAMMUT IN VIER TEILEN<br />

„Nichts geht über den<br />

Paul“ – für Germanistikstudenten<br />

über<br />

hundert Jahre lang ein<br />

ehernes Gesetz. Gemeint<br />

ist die „MittelhochdeutscheGrammatik“<br />

von Hermann<br />

Paul aus dem Jahr<br />

1881, deren 25. Auflage<br />

2007 erschien. Das<br />

Mittelhochdeutsche ist<br />

eine wichtige Wegmarke in der Entwicklung<br />

des Deutschen zur neuhochdeutschen Gegenwartssprache.<br />

Denn viele ihrer Unregelmäßigkeiten<br />

beruhen auf regelmäßigen Erscheinungen<br />

älterer Sprachstufen. Mit Kenntnissen<br />

der mittelhochdeutschen Grammatik lassen<br />

sie sich besser und leichter verstehen, sodass<br />

diese gerade für angehende Deutschlehrer sehr<br />

hilfreich ist.<br />

1997 startete das DFG-geförderte Projekt der<br />

Erarbeitung einer neuen, wissenschaftlichen<br />

Grammatik des Mittelhochdeutschen. Hauptakteure<br />

des linguistischen Mammutvorhabens<br />

sind drei Altgermanisten der <strong>Universität</strong>en<br />

<strong>Halle</strong>-<strong>Wittenberg</strong>, Bochum und Bonn: Prof.<br />

Dr. Hans-Joachim Solms, Prof. Dr. Klaus-Peter<br />

Wegera und Prof. Dr. Thomas Klein. Darüber<br />

hinaus ist eine Reihe weiterer Mitarbeiter<br />

beteiligt, in <strong>Halle</strong> vor allem Dr. Birgit Herbers<br />

und Dr. Aletta Leipold sowie die Hilfskräfte<br />

Juliane Berger, Peter Grube und Sylwia<br />

Kösser.<br />

Ziel der auf lange Zeit konzipierten intensiven<br />

Arbeit ist eine dem neuesten Erkenntnisstand<br />

entsprechende Grammatik des Mittelhochdeutschen,<br />

die, sobald sie in allen Teilen vorliegt,<br />

das bisherige Standardwerk – den Paul – ablösen<br />

kann.<br />

2009 endete die Förderung seitens der DFG.<br />

Der erste Teil – Band III des vierbändigen Gesamtwerks,<br />

der sich mit Wortbildung befasst<br />

– lag fertig vor. Band II (Flexionsmorphologie)<br />

kommt in Kürze heraus, die Arbeiten am Band<br />

I (Lautlehre) laufen bereits, Band IV (Syntax)<br />

folgt in absehbarer Zeit.<br />

Margarete Wein<br />

� Klein, Thomas/Solms, Hans-Joachim/Wegera,<br />

Klaus-Peter:<br />

Mittelhochdeutsche Grammatik, Band III: Wortbildung, Tübingen<br />

2009, XIV/684 Seiten, 179,95 Euro (für Fortsetzungsbezieher:<br />

159,95 Euro), ISBN: 978-3-484-11003-8<br />

www.uni-halle.de/webcode<br />

Langfassung der Rezension: SH-896<br />

G LÄUBIG, LIEB UND HOFFNUNGSVOLL<br />

Analog zu den modischen„Muscheltaucherinnen“<br />

und „Wandernonnen“<br />

hätte das<br />

Buch vielleicht „Die<br />

Glaubenskriegerin“<br />

oder „Die <strong>Luther</strong>anerin“<br />

heißen können<br />

und würde darum häufiger<br />

oder eben nicht<br />

so oft gekauft.<br />

Es heißt aber „Allein<br />

aus Gnade“ und spricht mit dem Untertitel<br />

„Ein historischer <strong>Wittenberg</strong>-Krimi“ noch eine<br />

zusätzliche potenzielle Käuferschicht an. Man<br />

muss nicht einmal wissen, dass Lilli Klausen<br />

ein Pseudonym der Autorin Charlotte Lyne ist,<br />

die aus Berlin stammt und mit ihrer Familie in<br />

London lebt.<br />

Nun, gut passend zur <strong>Luther</strong>-Dekade, das unerschöpfliche<br />

Thema Reformation. Aber wissen<br />

wir da nicht schon alles? Oder können Fakten,<br />

die uns fehlen, nachlesen in Geschichtsbüchern<br />

und Lexika? Ja, aber dann hätten wir<br />

nichts als nacktes Faktenwissen und trockene<br />

Zahlen – während das vorliegende Buch uns<br />

lebendige Menschen vor Augen stellt, uns eintauchen<br />

lässt in jene spannende Zeit des Weltenumbruchs,<br />

die hier gleich nebenan begann.<br />

Die berühmten Thesen waren längst angeschlagen,<br />

die bösen Bücher und die erste<br />

päpstliche Bannbulle öffentlich verbrannt, der<br />

widerständige Mönch exkommuniziert. Aber<br />

noch einmal darf er seine Ideen zur Kirchenreform<br />

vor dem versammelten Reichstag vortragen,<br />

im April 1521 in Worms. Die wachsende<br />

Zahl seiner Anhänger hofft vergeblich auf ein<br />

Wunder. Als der nun vogelfreie <strong>Luther</strong> von<br />

der Reise nach Worms nicht zurückkehrt, befürchtet<br />

man in <strong>Wittenberg</strong> und andernorts das<br />

Allerschlimmste.<br />

Mitten im Chaos Elisabeth, hin- und hergerissen<br />

zwischen dem Augustinermönch Thomas,<br />

ihrem herrischen Bruder Konrad, Melanchthons<br />

Vertrautem namens Markus und ihrem<br />

Ehemann, dem reichen Händler Eckhard,<br />

den sie eines Morgens tot im Bette findet. Und<br />

dann ist da noch David, der geniale Judenjunge,<br />

bei dem sie malen lernt. Sein gewaltsamer<br />

Tod lässt sie mehr als je an der Wahrheit all<br />

dessen, was sie glaubt und weiß, zweifeln.<br />

Margarete Wein<br />

� Lilli Klausen:<br />

Allein aus Gnade. Ein historischer <strong>Wittenberg</strong>-Krimi, 254 Seiten,<br />

<strong>Halle</strong> 2008, 9,90 Euro, ISBN 978-3-89812-564-2<br />

www.uni-halle.de/webcode<br />

Langfassung der Rezension: SH-897

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