Oktober 2010 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
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Kritik und Klarstellung, Mängel und Maßnahmen<br />
Ein Blick in die Zukunft der Schulen des<br />
Landes gibt gleich dreifach Grund zur Sorge:<br />
Im Schuljahr 2014/15 werden in Sachsen-Anhalt<br />
rund 8000 Schüler mehr unterrichtet als<br />
heute, hunderte von Lehrkräften stehen kurz<br />
vor der Pensionierung, und für die rund 3000<br />
bis 4000 jungen Lehrerinnen und Lehrer, die<br />
in den nächsten zehn Jahren im Schuldienst<br />
gebraucht werden, stehen nicht genug Ausbildungsplätze<br />
zur Verfügung.<br />
Der drohende Lehrermangel lässt sich jedoch<br />
nicht allein auf die demographische Entwicklung<br />
zurückführen. Rund 1000 Lehramts-Studienplätze<br />
standen in Sachsen-Anhalt jährlich<br />
für Erstsemester zur Verfügung. In einer<br />
„Gemeinsamen Ergänzungsvereinbarung über<br />
die universitäre Lehrerausbildung“ beschlossen<br />
das Kultusministerium und die <strong>Universität</strong>en<br />
<strong>Halle</strong>-<strong>Wittenberg</strong> und Magdeburg 2005,<br />
die Lehrerausbildung für allgemein bildende<br />
Schulen auf die MLU zu konzentrieren. Dabei<br />
wurde die Zahl der Lehramtsstudierenden<br />
drastisch reduziert.<br />
Auf den jetzt drohenden Lehrermangel<br />
reagierte die Landesregierung im Septem-<br />
in einigen Bereichen der Lehrerbildung. Unser<br />
Memorandum benennt auch Schwachstellen,<br />
an denen etwas getan werden muss, um den<br />
Standard zu halten. Dass sich derzeit die Landtagsparteien<br />
einig sind, zusätzliches Geld für<br />
die Lehrerbildung bereit zu stellen, ist daher<br />
sehr zu begrüßen.<br />
Wenn <strong>Universität</strong> und Landesregierung die<br />
Zielvereinbarungen aushandeln, was liegt<br />
Ihnen dabei besonders am Herzen?<br />
Weiser: Es geht darum, dass die Bedarfsstruktur<br />
vom Land eingebracht werden muss.<br />
Sie sollte so flexibel gestaltet werden, dass<br />
die Bedarfe dann auch ausgestattet werden<br />
ber 2009 mit einem Konzept zur Sicherung<br />
des Lehrkräftenachwuchses. In einem ersten<br />
Schritt wurde die Zahl der Neueinstellungen<br />
im Vorbereitungsdienst der Lehramtsanwärter<br />
von 170 auf 310 erhöht und eine Verkürzung<br />
des Dienstes auf 18 Monate beschlossen.<br />
Weitere Maßnahmen waren Thema der Tagung<br />
„Lehrerbildung – die Zukunft gestalten“,<br />
die am 11. Juni an der MLU stattfand.<br />
Vor Bildungsexperten, Lehrern und Studierenden<br />
griff Kultusstaatssekretär Winfried<br />
Willems in seinem Vortrag die Ausbildungspraxis<br />
an der halleschen Hochschule an: „Der<br />
Übergang zu Bachelor und Master hat die<br />
inhaltlichen Probleme des Lehramtsstudiums<br />
noch nicht gelöst – die pädagogische Ausbildung<br />
kommt nach wie vor zu kurz“, kritisierte<br />
er. „Es werden außerdem zu viele Gymnasiallehrer<br />
und zu wenig Grundschullehrer ausgebildet“,<br />
sagte der ehemalige Lehrer, dessen<br />
Kritik im Parlament parteiübergreifend auf<br />
Zustimmung traf.<br />
Willems forderte eine stärkere Lenkung der<br />
Lehrerausbildung durch das Zentrum für Lehrerbildung<br />
(ZLB) und kündigte umfangreiche<br />
können. Die Kapazität wiederum wird durch<br />
vorhandenes Personal bestimmt. Es bedarf<br />
also einer klaren und finanziell ausreichend<br />
untermauerten Zielvereinbarung. Es sind dabei<br />
auch Übereinkünfte zu indikatorengesteuerten<br />
Leistungsanreizen denkbar, die Zweckbindungen<br />
von Teilen des Budgets vorsehen.<br />
Bremer: Ich kann das, was Herr Weiser sagt,<br />
nur unterstreichen. Zwei Punkte möchte ich<br />
noch hinzufügen: Die Lehramtsstudierenden<br />
bilden einen wichtigen Anteil unserer Gesamtstudierenden.<br />
Das muss der <strong>Universität</strong> klar<br />
sein. Und dem Land muss klar werden, dass es<br />
sich bei Lehrern in einer Wettbewerbssituation<br />
mit anderen Bundesländern befindet. Beide<br />
Zielvereinbarungen<br />
Bis zum Jahresende handeln Kultusministerium<br />
und Hochschulen<br />
neue Zielvereinbarungen aus. In den<br />
Verträgen legen beide Partner für<br />
den Zeitraum 2011 bis 2013 Entwicklungspläne<br />
fest, durch die Angebote<br />
und Schwerpunkte der Hochschulen<br />
koordiniert werden. Die Zielvereinbarungen<br />
sollen den Hochschulen<br />
finanzielle Planungssicherheit bieten<br />
und sie zugleich in ihrer Autonomie<br />
stärken. Eine Rahmenbedingung: Fünf<br />
Prozent der Mittel für die Hochschulen<br />
werden vom Land zukünftig in einem<br />
leistungsorientierten Wettbewerb<br />
vergeben.<br />
Foto: Maike Glöckner<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
Änderungen an, um einem Personalmangel<br />
entgegenzuwirken. In den bevorstehenden<br />
Zielvereinbarungen zwischen Land und<br />
Hochschule sollen unter anderem Vorgaben<br />
zu den Studienkapazitäten, Schultypen und<br />
Fächerkombinationen formuliert werden.<br />
Alt-Rektor Wulf Diepenbrock reagierte mit<br />
einem offenen Brief auf die Kritik. Er betonte<br />
darin, dass die MLU nach den aktuellen Zielvereinbarungen<br />
des Landes ausbilde. „Es geht<br />
nun darum, die vorhandenen Strukturen so<br />
zu optimieren, dass wir dem Bedarf gerecht<br />
werden“, erklärte Diepenbrock. „Eine erhöhte<br />
Erstsemesterzahl ist mit den derzeitigen Kapazitäten<br />
nicht zu schaffen, sie muss entsprechend<br />
finanziert werden“, forderte er.<br />
Die notwendigen Mittel wurden der <strong>Universität</strong><br />
inzwischen zugesagt: 1,8 Millionen Euro<br />
will das Land aus Mitteln des Hochschulpakts<br />
zur Verfügung stellen. Im Gegenzug fordert<br />
Kultusministerin Birgitta Wolff Resultate.<br />
„Wir müssen Wege finden, wie die <strong>Universität</strong><br />
künftig den Bedarf an Lehrkräften decken<br />
kann“, sagte sie auf einer Pressekonferenz im<br />
August. Corinna Bertz<br />
müssen etwas dafür tun, die Studierenden gut<br />
auszubilden und dann auch im Land zu halten.<br />
Eine Besonderheit in <strong>Halle</strong> ist die modularisierte<br />
Struktur des Lehramtsstudiums. Was<br />
ist darunter zu verstehen?<br />
Bremer: Die Veranstaltungen, die ein Student<br />
absolvieren muss, sind durch Module<br />
bestimmt, die sich aber nicht an den Grenzen<br />
von Bachelor und Master orientieren, sondern<br />
aus beiden Bereichen stammen können und<br />
auch mit einem übergreifenden Abschluss,<br />
dem Staatsexamen, abschließen. Damit werden<br />
einerseits Ressourcen gespart, Lehramtsstudierende<br />
befinden sich aber zugleich in ständigem<br />
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T ITELTHEMA