03.12.2012 Aufrufe

Oktober 2010 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Oktober 2010 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Oktober 2010 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ein Laufdiktat: Jeder bekommt Stift und Zettel,<br />

ein Text liegt einige Meter entfernt auf dem<br />

Rasen. Nun sprinten die jungen Sportler zum<br />

Text, prägen sich einige Wörter ein, laufen<br />

zurück zu ihrem Blatt Papier und notieren, was<br />

sie sich gemerkt haben. Die Schüler rennen so<br />

lange hin und her, bis der Text vollständig auf<br />

ihren Blättern steht.<br />

„Aus pädagogischer Sicht ist der Ansatz sehr<br />

gut, weil beim Sport die Durchblutung des<br />

Gehirns höher als am Schreibtisch ist“, erklärt<br />

Vogt. „Deshalb fällt es leichter, kognitive Aufgaben<br />

zu lösen.“ Umgesetzt wird „Kicken mit<br />

Kopf“ von MLU-Studierenden verschiedener<br />

Fachrichtungen, wobei die Projektteilnehmer<br />

entweder einen Bezug zum Fußball haben oder<br />

angehende Lehrer sind. So ist beispielsweise<br />

auch eine Grundschulpädagogik-Studentin<br />

beteiligt, die sich Aufgaben für jüngere Schüler<br />

überlegt.<br />

Diejenigen, denen noch nicht die Puste ausgeht,<br />

trainieren weiter. Abschließend wird<br />

sogar noch ein Turnier ausgetragen. Und auch<br />

dabei werden nicht nur die Beine angestrengt,<br />

sondern auch der Kopf. Bei dem Wettkampf<br />

gibt es für jedes Tor einen Punkt, auch für<br />

Siege erhalten die Teams Punkte. Natürlich<br />

möchte jeder Spieler wissen, wie er abgeschnitten<br />

hat. Um seine Platzierung zu erfahren,<br />

muss er seine Gesamtpunktzahl aber selbst<br />

ausrechnen.<br />

Spielerisch trainieren die Neun- bis 14-Jährigen<br />

nicht nur ihren Körper, sondern auch ihre<br />

geistigen Fähigkeiten. „Über den thematischen<br />

Bezug zum Fußball kann man auch Kinder erreichen,<br />

die sonst nicht gern lesen oder sich in<br />

ihrer Freizeit nicht mit Lernen beschäftigen“,<br />

so Vogt. Sporttraining solle nicht in Konkurrenz<br />

zur Schule stehen – auch das soll „Kicken<br />

mit Kopf“ vermitteln. Vielmehr könne beides<br />

einhergehen und Sport diene sogar als Bildungsantrieb.<br />

Ziel des Projekts ist es, eine Art kostenlose<br />

Nachhilfe anzubieten. „Immer mehr Kinder<br />

benötigen Hilfe neben der Schule. Diese ist<br />

oft sehr kostspielig und für sozial Schwächere<br />

nicht bezahlbar, aber auch deren Kinder sollten<br />

die Möglichkeit nutzen können“, findet Vogt.<br />

Sport sei ein guter Anreiz, sich mit Bildung<br />

auseinanderzusetzen. „Wenn der Trainer sagt,<br />

dass Schule wichtig ist, hat es bei vielen<br />

Kindern einen anderen Stellenwert<br />

als wenn es von Eltern oder<br />

Lehrern kommt.“<br />

18 Uhr: Nach zwei Stundenabwechslungsreichen<br />

Trainings<br />

kommen die jungen<br />

Kicker zufrieden<br />

vom Platz. An<br />

dem Versuchsvorhaben<br />

nahmen in<br />

der ersten Jahreshälfte<br />

wöchentlich<br />

bis zu 18 Schüler teil,<br />

womit die Initiatoren<br />

sehr zufrieden seien, wie Vogt sagt. Das habe<br />

wohl auch daran gelegen, dass es sich um ein<br />

kostenloses Angebot handelte, für das vorab<br />

keine Anmeldung nötig war. Bekannt gemacht<br />

wurde es durch Flyer und Plakate in Kinder-<br />

und Jugendeinrichtungen wie dem Krokoseum<br />

in den Franckeschen Stiftungen und den Kinderhäusern<br />

„Schnitte“ des Christlichen Vereins<br />

Junger Menschen.<br />

Ursprünglich war „Kicken mit Kopf“ als<br />

Plattform verschiedener Organisationen und<br />

Initiativen geplant, um einzelne Stärken zu<br />

bündeln. In Zusammenarbeit mit sozialen<br />

Einrichtungen und Sponsoren sollte ein zweiwöchiges<br />

Sommercamp entstehen, bei denen<br />

Kinder und Jugendliche spielerisch gefördert<br />

werden. „Leider fanden wir dafür nicht genug<br />

Mitstreiter“, bedauert Vogt. Das Konzept sei<br />

bereits durch die Projektgründer erarbeitet<br />

gewesen und sah vor, Bildungsinhalte praxisnah<br />

zu vermitteln, beispielsweise mithilfe<br />

sportlicher Übungen oder durch das Zusammenbauen<br />

eines Fahrrads, wie der 22-Jährige<br />

erklärt. „Ein Sportbildungscamp ist allerdings<br />

SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />

sehr aufwändig, dafür hätten wir finanzielle<br />

und organisatorische Unterstützung benötigt.“<br />

Und so mussten die ehrgeizigen Studierenden<br />

ihre Pläne wieder verwerfen.<br />

Aus diesen Gründen können Vogt und seine<br />

Mitstreiter das Projekt auch nicht so weiterführen<br />

wie im April begonnen. Stattdessen<br />

arbeiten sie jetzt mit dem Fußballverein<br />

Turbine <strong>Halle</strong> zusammen, wo sie derzeit die<br />

G-Jugend spielerisch fördern. Da die Vier- bis<br />

Siebenjährigen noch nicht lesen können, wird<br />

deren Fußballtraining altersentsprechend durch<br />

Malen und Basteln ergänzt. „Geplant ist, dass<br />

wir diese Kinder während der Grundschulzeit<br />

begleiten und dann auch fußballspezifische<br />

Lese- und Rechenübungen mit ihnen machen“,<br />

so Robert Vogt, der in der Herrenmannschaft<br />

des Vereins kickt.<br />

■<br />

Robert Vogt<br />

Projekt „Kicken mit Kopf“<br />

E-Mail: sportvogt@web.de<br />

Nur Fußball im Kopf? Das<br />

muss nicht sein, sagten sich<br />

mehrere MLU-Studierende,<br />

die nun Bildungsinhalte in<br />

Kombination mit Fußballtraining<br />

vermitteln.<br />

Abbildung:<br />

Scott Maxwell / Fotolia<br />

21<br />

S TUDIEREN, LEHREN, LEBEN

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!