Oktober 2010 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Oktober 2010 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Oktober 2010 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
34<br />
P ERSONALIA<br />
SCIENTIA HALENSIS 4/10<br />
ıIch gehe mit jedem Milliardär essen„<br />
Ausführliches Interview mit Rektor Udo Sträter<br />
C ARSTEN HECKMANN UND UTE OLBERTZ<br />
Die berühmten 100 Tage sind noch nicht vorbei, aber der erste Monat als Rektor liegt bereits hinter Udo Sträter. Seit 1. September steht der<br />
Professor für Kirchengeschichte an der Spitze der MLU. Am 8. <strong>Oktober</strong> findet die feierliche Investitur statt. Im Interview mit dem Unimagazin<br />
spricht Sträter über Exzellenz, schlanke <strong>Universität</strong>en und Konsensbildung.<br />
Herr Professor Sträter, Sie haben die Wahl<br />
zum Rektor gleich im ersten Durchgang für<br />
sich entschieden, lagen auch bei unserer<br />
Online-Umfrage im Wahl-Spezial deutlich<br />
vorn. Dabei waren viele Menschen durchaus<br />
überrascht von Ihrer Kandidatur. Sie hingegen<br />
wirkten gut vorbereitet. Haben Sie das Amt<br />
seit Längerem angestrebt?<br />
Zwischen dem Entschluss, zu kandidieren, und<br />
der Wahl lagen knapp drei Wochen. Von langer<br />
Hand geplant war das also nicht. Natürlich habe<br />
ich den Wunsch gehabt, in der Hochschulpolitik<br />
weiter mitzuwirken. Doch selbst Rektor<br />
werden wollte ich zunächst nicht. Bis mich<br />
dann die Findungskommission ansprach. Dass<br />
ich gut vorbereitet gewirkt habe, dürfte daran<br />
liegen, dass ich seit 1992, als ich an die MLU<br />
gekommen bin, Hochschulpolitik gemacht<br />
habe. Mir war immer klar: Es kann vor diesem<br />
Hintergrund passieren, dass ich als Kandidat<br />
benannt werde. Als es soweit war, habe ich<br />
mir anderthalb Tage Zeit genommen, mich zu<br />
entscheiden. Dann haben sich die programmatischen<br />
Dinge relativ schnell geformt.<br />
Welche wesentlichen Vorhaben beinhaltet Ihr<br />
Programm?<br />
Einige Dinge stehen von Vornherein auf der<br />
Agenda, die Zielvereinbarungen beispielsweise,<br />
die Fragen der Lehramtsausbildung, die<br />
Probleme der Finanzierung. Auf jeden Fall<br />
kommt aus meiner Sicht hinzu, eine geeig-<br />
nete Koordination zu schaffen zwischen den<br />
Forschungsschwerpunkten und den weiteren<br />
Forschungsprojekten. Ich habe in den vergangenen<br />
vier Jahren selbst einem Schwerpunkt<br />
vorgestanden und miterlebt, welche<br />
Probleme es da geben kann, wenn kommuniziert<br />
werden muss, in welchem Verhältnis ein<br />
solcher Schwerpunkt zum normalen Betrieb<br />
steht.<br />
Bei Ihrer Kandidatur haben Sie angekündigt,<br />
eine Strukturdiskussion führen zu wollen, hin<br />
zu einer weiteren Profilierung, die aber nicht<br />
mit Abbau gleichzusetzen sei. Wie könnten<br />
denn entsprechende Strukturmaßnahmen aussehen?<br />
Alle Planungen müssen sich im Rahmen des<br />
Stellenplans abspielen, soviel ist klar. Eine<br />
ganz entscheidende Rolle kommt daher dem<br />
Berufungsgeschehen zu. Dabei stellen wir die<br />
Weichen für die nächsten Jahre beziehungsweise<br />
Jahrzehnte. Von heute auf morgen lässt<br />
sich ohnehin nicht viel verändern. Einfach<br />
Geld sparen zu wollen, indem ganze Bereiche<br />
geschlossen werden, ist nicht möglich. Es dauert<br />
zum Beispiel Jahre, bis die letzten Leute<br />
pensioniert sind. Wir müssen also schauen, wo<br />
wir noch mehr Vernetzungen hinbekommen<br />
können. Das ist auch eine Frage von Nuancierungen<br />
bei Denominationen, wenn Lehrstühle<br />
neu zu besetzen sind. Die Exzellenziniative<br />
hat in dieser Hinsicht sehr viel Gutes auf den<br />
Weg gebracht, bei allen Problemen in diesem<br />
Der neue Rektor im alten Büro in den Franckeschen Stiftungen: Udo Sträter sprach kurz vor seinem Amtsantritt<br />
mit den Unimagazin-Redakteuren Carsten Heckmann und Ute Olbertz. Foto: Maike Glöckner<br />
Zusammenhang. Zum Beispiel neue Strukturmittel<br />
– die brauchen wir für die Profilierungsmaßnahmen.<br />
Heißt das auch, dass Sie an der Grundstruktur<br />
und den bestehenden Studiengängen der MLU<br />
nichts ändern wollen?<br />
In der jetzigen Situation können wir keine<br />
umfassenden Strukturveränderungen vornehmen.<br />
Momentan müssen wir im Rahmen des<br />
Hochschulpaktes handeln – uns aber gleichzeitig<br />
fragen: Wie steht es um weiter reichende<br />
Entscheidungen? Was ist zu tun, wenn sich<br />
die demographischen Einbrüche fortsetzen<br />
und die Hochschulpaktmittel wegfallen? Die<br />
Planungen für 2020 und danach müssen jetzt<br />
beginnen, mit einem langen Atem, der weit<br />
über unsere Amtszeit hinausreicht.<br />
Können Sie sich dann eine schlankere<br />
<strong>Universität</strong> vorstellen?<br />
Das ist ein charmanter Ausdruck für etwas,<br />
das viele als Bedrohung empfinden würden.<br />
Eine <strong>Universität</strong> kann nie richtig schlank sein,<br />
sonst verliert sie ihren Charakter als <strong>Universität</strong>.<br />
Diese Frage wird natürlich zu klären sein<br />
im Rahmen einer Gesamtdiskussion im Land.<br />
Es geht insgesamt um die Hochschulstruktur<br />
Sachsen-Anhalts, dabei beispielsweise um<br />
Parallelangebote. Das wird alles konsensuell<br />
zu klären sein.<br />
Sie sind Rektor einer unterfinanzierten<br />
<strong>Universität</strong> � was macht daran Spaß?<br />
Natürlich macht es nicht soviel Spaß wie als<br />
Rektor einer voll ausfinanzierten <strong>Universität</strong>.<br />
Es ist in jedem Fall eine Herausforderung.<br />
Aber hier müssen viele Parameter erstmal<br />
neu überlegt werden. Die Politik will ja über<br />
verschiedene Maßnahmen herausfinden, wie<br />
die Bedarfe genau aussehen. Es heißt, die<br />
Bedarfsermittlung sei bislang nie transparent<br />
gewesen. Ich habe meine Zweifel, inwieweit<br />
die Kennzahlen, die zu Rate gezogen werden<br />
sollen, diese Transparenz schaffen können, da<br />
sie sehr beliebig sind. Aber da wird man sich<br />
in Verhandlungen einigen müssen. Im Ergebnis<br />
müssen zum Beispiel auch die Charakteristi-