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Insolvenzen in Europa 2009-10 (deutsch) - Creditreform Berlin

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Großbritannien mitM<strong>in</strong>usrekordIm Vergleich der <strong>Insolvenzen</strong>twicklung <strong>in</strong> den dreigrößten Volkswirtschaften der EU schneidet Großbritannienam schlechtesten ab. Innerhalb e<strong>in</strong>es Jahreserhöhte sich die Zahl der Unternehmens<strong>in</strong>solvenzenauf der britischen Insel um 24,8 Prozent auf 20.300Fälle (2008: 16.268 Fälle). Dabei wies Großbritannienbereits 2008 e<strong>in</strong>en hohen zweistelligen Zuwachs (plus26,2 Prozent) auf, während das Plus <strong>in</strong> Deutschlanddamals mit nur 1,5 Prozent vergleichsweise milde ausfielund es <strong>in</strong> Frankreich e<strong>in</strong>en Anstieg um 16,9 Prozentgab.Skand<strong>in</strong>avien: Norwegenvor F<strong>in</strong>nland und SchwedenIn Skand<strong>in</strong>avien nahm die Zahl der Unternehmens<strong>in</strong>solvenzen<strong>in</strong> Norwegen überdurchschnittlich stark zu(plus 40,2 Prozent). In F<strong>in</strong>nland (plus 26,7 Prozent)und Schweden (plus 20,7 Prozent) fiel der Anstieg nuretwa halb so hoch aus. In Südeuropa – Spanien, Portugal,Italien und Griechenland – verlief die <strong>Insolvenzen</strong>twicklung<strong>2009</strong> zwar <strong>in</strong> die gleiche Richtung (<strong>in</strong> allenLändern gab es e<strong>in</strong>en Anstieg), allerd<strong>in</strong>gs sticht Spanienmit e<strong>in</strong>er Be<strong>in</strong>ahe-Verdopplung heraus. Griechenlanddürfte <strong>2009</strong> e<strong>in</strong>e Stagnation bei den Firmenkonkursenerlebt haben. In Italien haben die <strong>Insolvenzen</strong>von Unternehmen dagegen um 40,0 Prozent zugenommen.In Portugal fiel das Plus mit 36,2 Prozentebenfalls deutlich aus.Abb. 2: Verteilung der Unternehmens<strong>in</strong>solvenzen <strong>in</strong>WesteuropaSpanien; 2,6%Österreich; 3,8%Italien; 4,9%Benelux; 11,1%Großbritannien; 11,0%Skand<strong>in</strong>avien; 11,7%Übrige; 6,2%Deutschland; 18,5%Frankreich; 30,1%Angaben <strong>in</strong> Prozent4<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong>


H<strong>in</strong>ter Frankreich, das für fast jede dritte Unternehmens<strong>in</strong>solvenz<strong>Europa</strong>s steht (30,1 Prozent), weistDeutschland den zweithöchsten Anteil am europäischenInsolvenzgeschehen auf. Knapp e<strong>in</strong> Fünftel(18,5 Prozent) aller Unternehmenszusammenbrüche <strong>in</strong>Westeuropa im Jahr <strong>2009</strong> betrafen e<strong>in</strong>e Firma ausDeutschland. Der Anteil der skand<strong>in</strong>avischen Staaten(Dänemark, F<strong>in</strong>nland, Norwegen und Schweden) ameuropäischen Insolvenzgeschehen beträgt knapp e<strong>in</strong>Achtel (11,7 Prozent). Die Beneluxstaaten (11,1 Prozent)sowie Großbritannien (11,0 Prozent) kommenauf jeweils e<strong>in</strong> Neuntel.Knapp e<strong>in</strong> Fünftel entfälltauf DeutschlandTab. 2: Insolvenzquoten <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen westeuropäischenLändern im Jahr <strong>2009</strong>g <strong>Insolvenzen</strong> je <strong>10</strong>.000UnternehmenGriechenland 4Spanien 16Italien 23Portugal 40Irland 87Großbritannien 90Deutschland 96F<strong>in</strong>nland <strong>10</strong>3Schweiz <strong>10</strong>5Norwegen <strong>10</strong>9Schweden 131Belgien 165Niederlande 165Dänemark 183Frankreich 188Österreich 235Luxemburg 242Durchschnitt 85Quelle: UnternehmensregisterIm Verhältnis zum Unternehmensbestand gab es <strong>in</strong>Luxemburg und Österreich die meisten Firmen<strong>in</strong>solvenzen.Auf <strong>10</strong>.000 bestehende Unternehmen kamen<strong>2009</strong> 242 bzw. 235 Unternehmenspleiten. Allerd<strong>in</strong>gswird das Bild verzerrt, da die Insolvenzstatistik der e<strong>in</strong>zelnenStaaten nur bed<strong>in</strong>gt mite<strong>in</strong>ander vergleichbar<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong> 5


„Freiwillige“ Schließungen<strong>in</strong> Südeuropaist. So wird die Insolvenzquote beispielsweise <strong>in</strong> denStaaten Südeuropas durch e<strong>in</strong>e Vielzahl an Kle<strong>in</strong>stbetriebenund Selbstständigen nach unten verzerrt. Zumanderen beschreiten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Ländern zahlungsunfähigebzw. überschuldete Firmen seltener den Wegüber e<strong>in</strong> Insolvenzverfahren wie es u. a. <strong>in</strong> Deutschlandbekannt ist. So spiegeln sich „freiwillige“ Schließungennicht <strong>in</strong> den Insolvenzzahlen wider.Insolvenzquote:Deutschland im MittelfeldDeutschland liegt mit e<strong>in</strong>er Insolvenzquote von 96 Betroffenenbezogen auf <strong>10</strong>.000 registrierte Unternehmenim europäischem Mittelfeld. Neben Deutschlandweisen noch Großbritannien (90) und Irland (87) hohezweistellige Insolvenzquoten auf. Deutlich über demeuropaweiten Mittelwert (85) liegen die Insolvenzquoten<strong>in</strong> Frankreich (188), Dänemark (183) sowie <strong>in</strong> denNiederlanden und Belgien mit jeweils 165 <strong>Insolvenzen</strong>auf <strong>10</strong>.000 Unternehmen.Tab. 3: Insolvenzbed<strong>in</strong>gte Arbeitslosigkeit <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> *)gArbeitsplatzverluste(<strong>in</strong> Millionen)1999 1,42000 1,12001 1,42002 1,62003 1,72004 1,62005 1,52006 1,42007 1,22008 1,2<strong>2009</strong> 1,7*) <strong>Creditreform</strong> SchätzungDie <strong>in</strong> vielen Ländern <strong>Europa</strong>s stark gestiegene Zahlan Unternehmens<strong>in</strong>solvenzen hat sowohl die Schädenfür Gläubiger als auch die <strong>in</strong>solvenzbed<strong>in</strong>gten Arbeitsplatzverlustemassiv erhöht. Die hohe Zahl an Groß<strong>in</strong>solvenzenmit mehreren Tausend betroffenen Arbeitnehmern– alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> Deutschland s<strong>in</strong>d mehr als 500.000Jobs weggefallen bzw. <strong>in</strong> Gefahr – führten dazu, dassder bisherige Rekordwert aus dem Jahr 2003 wieder6<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong>


erreicht wurde. <strong>2009</strong> dürften rund 1,7 Millionen Arbeitnehmervon der Pleite ihres Arbeitgebers betroffengewesen se<strong>in</strong>. Damit mussten etwa e<strong>in</strong>e halbe MillionBeschäftigte mehr als im Jahr zuvor um ihren Jobfürchten. Denn: Im Zuge von Sanierungsbemühungenbzw. Liquidation dürfte e<strong>in</strong>e Vielzahl der betroffenenStellen tatsächlich wegfallen. In weiten Teilen <strong>Europa</strong>sbelasten <strong>in</strong>solvenzbed<strong>in</strong>gte Stellenverluste die bereitsangespannten Arbeitsmärkte.1,7 Mio. Jobs <strong>in</strong> Gefahr2.2 Privat<strong>in</strong>solvenzenAuch die Zahl der Verbraucher<strong>in</strong>solvenzen ist im Vergleichzum Jahr 2008 deutlich gestiegen. Mit <strong>in</strong>sgesamtfast 361.000 zahlungsunfähigen Verbrauchern <strong>in</strong>den europäischen Ländern, die über e<strong>in</strong>e entsprechendeDatenerhebung verfügen, wurden <strong>in</strong> <strong>2009</strong> 12,4Prozent mehr Fälle gezählt als 2008, als gut 321.000Verbraucher ihre Privat<strong>in</strong>solvenz erklärten.Zwölf Prozent mehrVerbraucher <strong>in</strong>solventDer kräftige Zuwachs um knapp 40.000 Fälle geht zugroßen Teilen auf das Konto Frankreichs (42.650 Fälle;plus 27,8 Prozent) und Großbritanniens (156.850Fälle; plus 23,3 Prozent). In beiden Volkswirtschaftennahm die Zahl der zahlungsunfähigen Personen imzweistelligen Prozentbereich zu. Die hohe Zahl derzahlungsunfähigen Personen im Vere<strong>in</strong>igten Königreichist alarmierend und Ausdruck der rapide verschlechtertenWirtschaftslage. Seit 2005 hat sich dieZahl der betroffenen Verbraucher fast verdoppelt. Sohat die Wirtschaftskrise <strong>in</strong> Großbritannien stark aufden Arbeitsmarkt und die E<strong>in</strong>kommenssituation derVerbraucher durchgeschlagen. <strong>2009</strong> mussten drei von<strong>10</strong>0 erwachsenen Briten Privat<strong>in</strong>solvenz anmelden.Kräftiger Zuwachs <strong>in</strong>Frankreich und UKFrankreich verzeichnet seit E<strong>in</strong>führung des Schuldenbere<strong>in</strong>igungsplans(procédure de rétablissement personnel,PRP) im Jahr 2003 e<strong>in</strong>en steilen Anstieg <strong>in</strong> derNutzung des Instruments zur persönlichen Entschuldung.Nach rund 16.400 Verfahren im Jahr 2004 warenes <strong>2009</strong> gut zweie<strong>in</strong>halbmal so viele – <strong>in</strong>sgesamt42.650 Verfahren.<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong> 7


Nicht <strong>in</strong> allen Ländern existiert die Möglichkeit für privateVerbraucher, sich durch e<strong>in</strong> rechtliches Insolvenzverfahrender Schulden zu entledigen. In Italienbeispielsweise gibt es nur für Gesellschafter e<strong>in</strong>es Unternehmensim Verbund mit dem Konkurs der Firmae<strong>in</strong>e private Restschuldbefreiung.2.3 BranchenstrukturIm Verarbeitenden Gewerbe gab es <strong>2009</strong> deutlichmehr Insolvenzfälle als im Vorjahr. Zwischen Januarund Dezember <strong>2009</strong> wurden <strong>in</strong> diesem Wirtschaftsbereicheuropaweit rund 20.800 Unternehmenszusammenbrücheregistriert. Damit betraf jede neunte Unternehmenspleite<strong>in</strong> Westeuropa (11,2 Prozent) e<strong>in</strong>enIndustriebetrieb. Im Jahr zuvor lag diese Quote beie<strong>in</strong>em Zehntel, womit damals etwa 15.200 Unternehmen<strong>in</strong> die Insolvenz mussten.Jede neunte Insolvenz e<strong>in</strong>IndustriebetriebE<strong>in</strong>en zunehmenden Anteil am europäischen Insolvenzgeschehenweist der Dienstleistungssektor auf.Die Quote der Dienstleister erhöhte sich im betrachtetenZeitraum von 36,5 auf 37,7 Prozent. Damit stelltder Dienstleistungssektor (wie bereits im Vorjahr) auch<strong>2009</strong> die meisten Insolvenzfälle. Etwa 70.000 Unternehmenaus diesem Wirtschaftsbereich mussten denGang zum Insolvenzgericht antreten. Das waren14.500 Betroffene oder e<strong>in</strong> Viertel mehr als noch 2008,als ca. 55.500 Dienstleistungsunternehmen aufgegebenhaben.70.000 <strong>in</strong>solventeDienstleisterDie Insolvenzsituation im europäischen Bausektor hatsich <strong>2009</strong> etwas beruhigt. Wie 2008 stammte auch imdarauffolgenden Jahr gut e<strong>in</strong> Fünftel aller Insolvenzkandidaten(<strong>2009</strong>: 20,9 Prozent; 2008: 21,1 Prozent)aus dem Baugewerbe. Noch von 2007 auf 2008 warder Anteil des Sektors am Insolvenzgeschehen merklichgestiegen. Dennoch: Für rund 38.800 europäischeBaufirmen kam <strong>2009</strong> das Aus durch e<strong>in</strong>e Insolvenz(Vorjahr: 32.000).Bausektor beruhigt sichDeutlich rückläufig war die Betroffenheit des Handels-und Gastgewerbesektors. 30,2 Prozent aller Insolvenzfälle<strong>in</strong> Westeuropa (rund 56.000 Firmen) betrafen e<strong>in</strong><strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong> 9


Handelsunternehmen bzw. e<strong>in</strong>e Firma aus dem GastundBeherbergungsgewerbe. Das s<strong>in</strong>d 2,2 Prozentpunkteweniger als noch im Jahr 2008 (32,4 Prozent),als ca. 49.200 Unternehmen dieses Wirtschaftsbereichs<strong>in</strong> die Insolvenz rutschten.Tab. 5: Anteil der e<strong>in</strong>zelnen Hauptwirtschaftsbereiche amInsolvenzgeschehen <strong>in</strong> Westeuropa <strong>2009</strong>gAnteil amInsolvenzgeschehen<strong>Insolvenzen</strong> je<strong>10</strong>.000 UnternehmenVerarbeitendesGewerbe 11,2 (<strong>10</strong>,0) 71 ( 52)Bau 20,9 (21,1) 114 ( 95)Handel *) 30,2 (32,4) 97 ( 86)Dienstleistungen 37,7 (36,5) 72 ( 57)*) <strong>in</strong>klusive Horeca, Angaben <strong>in</strong> Prozent, ( ) = 2008Handel überdurchschnittlichbetroffenAuch wenn der Anteil des Handels- und Gastgewerbesektorsam europäischen Insolvenzgeschehen zuletztzurückgegangen ist: Nach wie vor s<strong>in</strong>d E<strong>in</strong>zel- undGroßhändler sowie Gastbetriebe überdurchschnittlichhäufig von e<strong>in</strong>er Insolvenz betroffen. Mit e<strong>in</strong>em Anteilvon 26,5 Prozent an der gesamten WirtschaftsstrukturWesteuropas kommt der Sektor auf e<strong>in</strong>en Anteil vonimmerh<strong>in</strong> 30,2 Prozent an der Insolvenzstatistik.Abb. 3: Von <strong>Insolvenzen</strong> betroffene WirtschaftsbereicheWesteuropas, prozentuale Anteile5045403530Prozent252015<strong>10</strong>50Verarb. Gewerbe Bau Handel *) DienstleistungInsolvenzfälle <strong>2009</strong>wirtschaftsaktive Unternehmen*) <strong>in</strong>kl. Horeca. Quelle: Amadeus Datenbank, NACE Rev. 2;eigene Berechnungen.<strong>10</strong><strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong>


E<strong>in</strong> überdurchschnittliches Insolvenzrisiko weisen auchdie Firmen des Baugewerbes auf. Mit e<strong>in</strong>em Anteil ander Wirtschaftsstruktur von 15,6 Prozent an allen Unternehmen<strong>Europa</strong>s entfallen auf den Bausektor gute<strong>in</strong> Fünftel (20,9 Prozent) aller Insolvenzverfahren. DieInsolvenzquote am Bau – Zahl der <strong>Insolvenzen</strong> je<strong>10</strong>.000 Unternehmen – ist weiterh<strong>in</strong> die höchste dervier Hauptwirtschaftsbereiche.Nach wie vor: Bau mithöchster InsolvenzquoteWie hoch der Anteil der e<strong>in</strong>zelnen Wirtschaftsbereicheam nationalen Insolvenzgeschehen ist, unterscheidetsich <strong>in</strong>nerhalb <strong>Europa</strong>s teilweise deutlich. So fällt diehohe Quote des Verarbeitenden Gewerbes <strong>in</strong> Portugal(29,1 Prozent; Vorjahr: 26,4 Prozent), Spanien (25,6Prozent; Vorjahr: 24,0 Prozent) und Italien (23,2 Prozent;Vorjahr: 24,1 Prozent) auf. In den südeuropäischenLändern war e<strong>in</strong> Viertel oder mehr aller <strong>in</strong>solventenUnternehmen vorher im produzierenden Bereichtätig, der allerd<strong>in</strong>gs tendenziell kle<strong>in</strong>ere Betriebeumfasst. Der Anteilswert liegt deutlich über dem europäischenDurchschnitt von 11,2 Prozent. Dabei hatsich <strong>in</strong> Portugal und Spanien die Insolvenzbetroffenheitdes Sektors gegenüber 2008 merklich erhöht.Südeuropa: Viele Pleiten imVerarbeitenden GewerbeKnapp über dem europaweiten Mittelwert bleibt derAnteil des Verarbeitenden Gewerbes <strong>in</strong> Großbritannien:11,5 Prozent und damit jeder neunte Insolvenzkandidatauf der Insel kam aus dem Industriesektor.Insgesamt verzeichnet e<strong>in</strong> Großteil der westeuropäischenStaaten aber e<strong>in</strong>e zunehmende Insolvenzbetroffenheitder Industrie – so auch Deutschland, wo mittlerweilejedes zehnte Unternehmen, das Insolvenzanmelden muss, aus dem Verarbeitenden Gewerbekommt. Im Jahr 2008 lag dieser Anteil noch bei 8,1Prozent.Exportnation DeutschlandbetroffenIn den Ländern Spanien (33,1 Prozent), Irland (29,7Prozent) und Frankreich (27,8 Prozent) ist der Bausektoraußergewöhnlich stark am Insolvenzgeschehenbeteiligt. Nachdem der überhitzte Immobilienmarkt <strong>in</strong>Spanien aber bereits 2008 implodierte, war das Baugewerbe<strong>2009</strong> weniger betroffen als im Vorjahr. Auch<strong>in</strong> anderen Staaten waren anteilsmäßig weniger Bauunternehmenunter den Insolvenzkandidaten zu f<strong>in</strong>denÜberhitzter Immobilienmarkt<strong>in</strong> Spanien und Irland<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong> 11


Konjunkturpakete sorgten fürL<strong>in</strong>derungals zuletzt. So beispielsweise <strong>in</strong> Deutschland, wo dieQuote von 18,6 auf 16,7 Prozent zurückg<strong>in</strong>g, und <strong>in</strong>den Niederlanden (13,5 auf 11,7 Prozent). Die auf denBausektor zugeschnittenen Konjunkturpakete sorgtenfür e<strong>in</strong>e Entspannung der <strong>Insolvenzen</strong>twicklung <strong>in</strong> derBranche. Deutlich ausgeprägter als im Vorjahr war derAnteil des Bausektors am Insolvenzgeschehen dagegen<strong>in</strong> Norwegen (24,5 Prozent; plus 1,6 Prozentpunkte),Frankreich (27,8 Prozent; plus 1,1 Prozentpunkte)und Belgien (14,5 Prozent; plus 0,7 Prozentpunkte).Tab. 6: <strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> den Hauptwirtschaftsbereichen <strong>2009</strong>gVerarb.GewerbeBau Handel *) DienstleistungBelgien 7,7 ( 7,4) 14,5 (13,8) 46,5 (47,3) 31,3 (31,5)Dänemark 8,3 ( 7,3) 17,4 (19,5) 24,6 (25,9) 49,7 (47,3)Deutschland 9,9 ( 8,1) 16,7 (18,6) 30,6 (31,8) 42,8 (41,6)F<strong>in</strong>nland 13,1 (13,1) 23,3 (24,1) 23,0 (25,3) 40,5 (37,5)Frankreich 8,6 ( 7,9) 27,8 (26,7) 33,7 (35,5) 29,9 (29,9)Großbritannien 11,5 (12,8) 18,7 (18,5) 20,7 (26,4) 49,1 (42,3)Irland12,1 ( k.A.) 29,7 ( k.A.) 30,0 ( k.A.) 28,2 ( k.A.)Italien 23,2 (24,1) 19,1 (18,6) 26,7 (28,6) 30,9 (28,7)Niederlande 13,3 (11,1) 11,7 (13,5) 28,3 (31,1) 46,6 (44,3)Norwegen 8,1 ( 7,7) 24,5 (22,9) 24,9 (25,3) 42,4 (44,0)Österreich 8,0 ( 6,2) 16,7 (16,3) 35,5 (34,6) 39,8 (42,9)Portugal 29,1 (26,4) 17,3 (18,1) 35,3 (35,5) 18,3 (20,0)Schweiz 8,8 ( 9,0) 22,5 (24,1) 22,1 (22,3) 46,7 (44,6)Schweden 9,9 ( 8,8) 13,0 (13,0) 30,5 (31,2) 46,7 (47,0)Spanien 25,6 (24,0) 33,1 (35,9) 19,4 (17,6) 21,9 (22,6)*) <strong>in</strong>klusive Horeca, Angaben <strong>in</strong> Prozent, ( ) = 2008Dienstleistungssektor ist dieNr. 1In den meisten „modernen“ Volkswirtschaften Westeuropasentfällt das Gros der Insolvenzmeldungen aufden Dienstleistungssektor. In Dänemark (49,7 Prozent),Großbritannien (49,1 Prozent), Schweden undder Schweiz (jeweils 46,7 Prozent) ist der Anteil diesesWirtschaftsbereichs besonders groß. Auch <strong>in</strong> den Niederlanden(46,6 Prozent), Deutschland (42,8 Prozent),Norwegen (42,4 Prozent) und F<strong>in</strong>nland (40,5 Prozent)erreicht der Service-Sektor e<strong>in</strong>en Anteil an allen Unternehmens<strong>in</strong>solvenzen,der über dem europäischenDurchschnittswert (37,7 Prozent) liegt.12<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong>


g3 F<strong>in</strong>anz- und KonjunkturumfeldDas f<strong>in</strong>anzielle und konjunkturelle Umfeld ist wesentlichfür die deutlich ansteigende <strong>Insolvenzen</strong>twicklung<strong>in</strong> weiten Teilen <strong>Europa</strong>s verantwortlich. <strong>2009</strong> wurdedie Stabilität des europäischen Unternehmenssektorsdurch die schlechte Ertragslage, zunehmende Forderungsausfälle,die restriktiven F<strong>in</strong>anzierungsbed<strong>in</strong>gungenund strukturelle Ursachen (wie Eigenkapitalknappheit)belastet.3.1 ErtragslageDie Wirtschaftskrise hat <strong>in</strong> den Bilanzen der europäischenUnternehmen tiefe Spuren h<strong>in</strong>terlassen. Nurwenige Firmen konnten Kapitalrücklagen bilden. Bereits2008, als die F<strong>in</strong>anzmarktkrise auf die Realwirtschaftübergriff, hatten mehr Unternehmen als im Jahrdavor mit e<strong>in</strong>em Ertragsm<strong>in</strong>us zu kämpfen. Gut jedesvierte Unternehmen (26,0 Prozent; 2007: 23,9 Prozent)<strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, über das Bilanzkennzahlen vorliegen,wies e<strong>in</strong>e negative EBIT-Marge auf. <strong>2009</strong> ist dieserAnteil nochmals merklich gestiegen, wobei e<strong>in</strong>e exakteAuswertung erst erfolgen kann, wenn die Jahresabschlüssefür <strong>2009</strong> vorliegen. Der Anteil der hochprofitablenUnternehmen, die e<strong>in</strong>e EBIT-Marge von mehrals 25 Prozent aufwiesen, ist nahezu unverändertgeblieben. 2008 wie 2007 erreichte knapp jedes siebteUnternehmen Westeuropas e<strong>in</strong>e solch hohe Rentabilitätskennzahl.Vorsteuergew<strong>in</strong>n schrumpft– jeder vierte mitM<strong>in</strong>uszeichenTab. 7: EBIT-Marge (<strong>in</strong> %) im Jahr 2008 für europäischeUnternehmen *)g negativ 26,0 (23,9)bis 5 % 27,9 (28,9)bis <strong>10</strong> % 15,5 (16,3)bis 25 % 16,1 (16,7)mehr als 25 % 14,5 (14,2)Zahl der betrachtetenUnternehmen2,91 Mio. (3,52 Mio.)*) EU-15 plus Norwegen und Schweiz; Angaben <strong>in</strong> %; ( ) = 2007Quelle: Amadeus Datenbank; eigene Berechnungen.<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong> 13


3.2 EigenkapitalsituationEigenkapital:ausschlaggebende KennzahlUnter den verschärften Fremdf<strong>in</strong>anzierungsbed<strong>in</strong>gungenkommt der Eigenf<strong>in</strong>anzierungskraft der Unternehmene<strong>in</strong>e immer größere Bedeutung zu. Allerd<strong>in</strong>gszehrt die schlechte Ertragslage zunehmend an denKapitalrücklagen der Unternehmen. Die Eigenkapitalausstattungals wichtige Säule der Unternehmensstabilitätbekommt zusehends Risse. Aber nur mit e<strong>in</strong>erausreichend dicken Kapitaldecke können konjunkturelleDellen überwunden und Zahlungsverzögerungenbzw. -ausfälle ausgeglichen werden. In den Turbulenzender F<strong>in</strong>anzmarktkrise sorgt e<strong>in</strong>e hohe Eigenkapitalquotefür bessere Karten bei der Aufnahme e<strong>in</strong>esBankkredits. Falls Fremdkapital, beispielsweise für e<strong>in</strong>Investitionsvorhaben, benötigt wird, ist die Eigenkapitalquotee<strong>in</strong>e ausschlaggebende Kennzahl bei der Bestimmungder Kreditkonditionen.Abb. 4: Anteil der Unternehmen *) mit Eigenkapital < <strong>10</strong>%403530Prozent252015<strong>10</strong>50Skand<strong>in</strong>avienFrankreichBeNeLuxDeutschlandÖsterreichMittelwert EUGroßbritannienPortugalSpanienItalien*) EU-15 plus Norwegen und Schweiz; Angaben zu 2008 <strong>in</strong> %Quelle: Amadeus Datenbank; eigene BerechnungenÜber 5 Millionen Jahres-abschlüsse ausgewertetDass e<strong>in</strong> nennenswerter Teil der europäischen Unternehmen<strong>in</strong> der Hochphase der F<strong>in</strong>anzmarktkrise imJahr 2008 akute F<strong>in</strong>anzierungsprobleme hatte, zeigtdie Auswertung der Jahresabschlüsse von rund 5,15Millionen Unternehmen aus den EU-15 Staaten plusNorwegen und der Schweiz. Danach wies jedes vierteUnternehmen <strong>in</strong> Westeuropa (25,5 Prozent) e<strong>in</strong>en ge-14<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong>


fährlich hohen Verschuldungsgrad – respektive e<strong>in</strong>e zuger<strong>in</strong>ge Eigenkapitalquote – auf.Unter den gegenwärtigen Bed<strong>in</strong>gungen am Kapitalmarktist das Risiko für e<strong>in</strong> solches Unternehmengroß, dass diese starke Abhängigkeit von externenGläubigern zu e<strong>in</strong>er Gefahr für die f<strong>in</strong>anzielle Stabilitätwird. Besonders hoch ist der Anteil der eigenkapitalschwachenUnternehmen <strong>in</strong> Südeuropa. So macht dasEigenkapital <strong>in</strong> Italien bei immerh<strong>in</strong> 36,7 Prozent derUnternehmen weniger als zehn Prozent der Bilanzsummeaus. Die Unternehmen <strong>in</strong> Spanien (28,7 Prozent)und Portugal (28,5 Prozent) s<strong>in</strong>d ebenfalls häufigerals im EU-15-Durchschnitt unterkapitalisiert.Süden <strong>Europa</strong>s istunterkapitalisiertDer direkte Zusammenhang zwischen Kapitalschwächeund Insolvenzrisiko wird am Beispiel Deutschlands<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Untersuchung der <strong>Creditreform</strong> Wirtschaftsforschungdeutlich: Unternehmen, die im Jahr <strong>2009</strong> Insolvenzanmelden mussten, hatten bereits <strong>in</strong> den Vorjahrene<strong>in</strong>e merklich schwächere Eigenkapitalausstattungals e<strong>in</strong> durchschnittliches Unternehmen.3.3 Zahlungsverhalten der KundenIn der Wirtschaftskrise haben die Forderungsausfälledeutlich zugenommen. Das spüren Lieferanten undLeistungserbr<strong>in</strong>ger, die sich häufig <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er „Sandwich-Position“ bef<strong>in</strong>den: Die Kunden lassen sich mit demBegleichen von Rechnungen mehr Zeit als <strong>in</strong> wirtschaftlichguten Zeiten. Gleichzeitig kürzen die Lieferantenihre Zahlungsziele und kappen Limite. AusgefalleneForderungen können besonders für Unternehmendes Mittelstandes dramatische Folgen haben,müssen die Verluste doch durch Überschüsse ausanderen Geschäften ausgeglichen werden – <strong>in</strong> wirtschaftlichschwierigen Zeiten mit zurückgehenden Auftragsvolum<strong>in</strong>aund s<strong>in</strong>kenden Gew<strong>in</strong>nmargen e<strong>in</strong> be<strong>in</strong>aheunmögliches Unterfangen. Folge<strong>in</strong>solvenzen imBereich der Zulieferer und Dienstleister s<strong>in</strong>d oftmalsdie Konsequenz.Mittelstand <strong>in</strong> der„Sandwich“-Position<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong> 15


Tab. 8: Forderungslaufzeit <strong>in</strong> Tagen bei europäischenUnternehmen *)g bis 20 Tage 24,7bis 30 Tage 8,5bis 45 Tage 11,9bis 60 Tage 9,6bis 90 Tage 14,5über 90 Tage 30,9Zahl der betrachtetenUnternehmen2,125 Mio.*) EU-15 plus Norwegen und Schweiz; Angaben <strong>in</strong> Prozent; <strong>in</strong> (): 2007Quelle: Amadeus Datenbank 2008; eigene BerechnungenMehr als 50 Tage auf dasGeld wartenDie mittlere Forderungslaufzeit (Median) europäischerUnternehmen beträgt 52 Tage. Verteilt über die e<strong>in</strong>zelnenLaufzeiten zeigt sich folgendes Bild: Knapp e<strong>in</strong>Viertel der Unternehmen weist e<strong>in</strong>e durchschnittlicheForderungslaufzeit von bis zu 20 Tage auf. Bei weiteren8,5 Prozent der Unternehmen beträgt die Außenstandsdauerbis zu 30 Tage. Jedes neunte UnternehmenWesteuropas (11,9 Prozent) wartet bis zu 45 Tagevom Ausstellen der Rechnung bis zum Ausgleichder offenen Forderung, drei von zehn Lieferanten (30,9Prozent) müssen mehr als drei Monate gedulden.3.4 F<strong>in</strong>anzierungsbed<strong>in</strong>gungenF<strong>in</strong>anzierung nach der KriseEigenkapitallücke bei BankenSelbst wenn sich die Rezession zunehmend abschwächtund 20<strong>10</strong> bereits wieder mit positivenWachstumsraten zu rechnen ist: Die europäischenUnternehmen werden sich auch nach der Krise aufveränderte F<strong>in</strong>anzierungsbed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>stellen müssen.Es zeichnet sich ab, dass die Verengungen imKreditangebot zunächst bestehen bleiben werden.Banken, die <strong>in</strong>folge der F<strong>in</strong>anzkrise geschwächt s<strong>in</strong>d,stehen vor erheblichen Engpässen beim Eigenkapital.Schärfere Eigenkapitalanforderungen für Banken stehenauf der Agenda. Auch sehen sich diejenigen Institute,die von staatlichen Rettungsschirmen aufgefangenwurden, strikteren Auflagen (was die e<strong>in</strong>zugehendenRisiken betrifft) gegenüber. Aber auch bei denübrigen F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>stituten werden e<strong>in</strong>e deutlich höhereRisikovorsorge und weitere Abschreibungen bei bestimmtenVermögensklassen unerlässlich se<strong>in</strong>.16<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong>


Wenn sich die Konjunktur weiter erholt, wird der Bedarfan f<strong>in</strong>anziellen Mitteln spürbar zunehmen. Lagermüssen aufgefüllt, aufgeschobene Investitionen nachgeholtund auch Market<strong>in</strong>g-Aktivitäten forciert werden.Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund kommt der Kreditf<strong>in</strong>anzierunge<strong>in</strong>e Schlüsselrolle zu, und zwar zu e<strong>in</strong>em Zeitpunkt,zu dem die Verwerfungen auf den <strong>in</strong>ternationalen F<strong>in</strong>anzmärktennoch virulent s<strong>in</strong>d. Die Restriktionen seitensder Kreditvergabe werden die F<strong>in</strong>anzierungsmöglichkeitender Unternehmen e<strong>in</strong>schränken.Investitionen erfordernKapitalZum E<strong>in</strong>en werden Kredit<strong>in</strong>stitute bei der Kreditvergabenoch selektiver vorgehen. Dies wird gerade Unternehmenmit schwacher Bonität und knapper Eigenkapitaldecketreffen. Auch werden Banken noch seltenerbereit se<strong>in</strong>, besonders risikoreiche Investitionen zuf<strong>in</strong>anzieren und großvolumige Kredite auf ihre Bücherzu nehmen. Zum Anderen sehen sie sich aufgrund deserhöhten Eigenkapitale<strong>in</strong>satzes tendenziell steigendenKosten der Kreditgewährung gegenüber. Diese müssenan die kreditnehmenden Unternehmen weitergereichtwerden, was deren Ref<strong>in</strong>anzierung erschwert.Wo senkt sich der Daumen?Laut EZB gaben im vierten Quartal <strong>2009</strong> immer nochmehr Banken e<strong>in</strong>e Verschärfung ihrer Kreditrichtl<strong>in</strong>ienzu Protokoll als e<strong>in</strong>e Lockerung. Vor allem konjunkturelleund branchenspezifische Faktoren sowie die Eigenkapitalkostender Kredit<strong>in</strong>stitute tragen zu den Verschärfungenbei.g4 Länderberichte <strong>Europa</strong>4.1 DeutschlandDeutschland als Exportnation ist <strong>in</strong> erheblichem Maße<strong>in</strong> den <strong>in</strong>ternationalen Konjunkturzyklus e<strong>in</strong>gebunden.Von E<strong>in</strong>brüchen oder Schwankungen im globalen Umfeldist die <strong>deutsch</strong>e Volkswirtschaft damit <strong>in</strong> direkterWeise betroffen. So auch <strong>2009</strong>: Insbesondere die <strong>Insolvenzen</strong><strong>in</strong> Industriesektoren wie den Automobilzulieferernund die Reihe an namhaften Groß<strong>in</strong>solvenzenprägten im Jahr <strong>2009</strong> das Insolvenzgeschehen <strong>in</strong> derBundesrepublik.Groß<strong>in</strong>solvenzen <strong>in</strong>Deutschland<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong> 17


Autozulieferer unter denOpfernDie größte Insolvenz war zweifelsohne die des Handels-und Touristikkonzerns Arcandor. E<strong>in</strong> Großteil derVersandhandelssparte mit dem Hauptgeschäft Quellewurde am Jahresende <strong>2009</strong> abgewickelt. Hoffnunggibt es noch für die Karstadt-Warenhäuser. Auch derHandelsdiscounter Woolworth, der Chiphersteller Qimondaund der Modekonzern Escada zählten zu dengroßen Firmenzusammenbrüchen des vergangenenJahres. Zudem gab es e<strong>in</strong>e Reihe von <strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong>der Automobilzulieferer<strong>in</strong>dustrie. Die Branche verzeichnetee<strong>in</strong>e Verdreifachung der Insolvenzzahlengegenüber dem Vorjahr. Die größten und bekanntestenNamen lauten Karmann, Edscha und Aksys.16 Prozent mehr PleitenDoch die Auswirkungen der <strong>in</strong>ternationalen Wirtschafts-und F<strong>in</strong>anzkrise trafen auch die mittelständischeWirtschaftsstruktur. So nahm die Zahl der Unternehmens<strong>in</strong>solvenzen<strong>in</strong>sgesamt von 29.580 im Jahr2008 um 16 Prozent auf 34.300 zu. Jedes zehnte <strong>in</strong>solventgegangene Unternehmen kam aus dem VerarbeitendenGewerbe. Das ist e<strong>in</strong> um zwei Prozentpunktehöherer Anteil als im Vorjahr. Dafür kamen wenigerPleiteunternehmen aus der Baubranche: Nach 19 Prozentim Vorjahr, waren <strong>2009</strong> noch 17 Prozent allerInsolvenzfälle diesen Sektor zuzuordnen.Tab. 9: <strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> Deutschlandg <strong>2009</strong> 2008 Veränd. <strong>in</strong> %Gesamt 161.800 155.9<strong>10</strong> + 3,8Unternehmen 34.300 29.580 + 16,0Privatpersonen 127.500 126.330 + 0,9Obwohl im vergangenen Jahr viele große, namhafteUnternehmen von e<strong>in</strong>er Insolvenz betroffen waren,spielt sich das Gros des Insolvenzgeschehens weiterh<strong>in</strong>im Mittelstand ab. In 77,2 Prozent (Vorjahr: 80,6Prozent) der <strong>in</strong>solvent gewordenen Firmen warenhöchstens fünf Mitarbeiter beschäftigt.18<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong>


4.2 GroßbritannienAufgrund des hohen Wertschöpfungsanteils des F<strong>in</strong>anzdienstleistungssektorswurde Großbritannien besondersschwer von der F<strong>in</strong>anzkrise <strong>in</strong> Mitleidenschaftgezogen. Nach e<strong>in</strong>em deutlichen Rückgang der Wirtschaftsleistungum 4,5 Prozent im Jahr <strong>2009</strong> soll diebritische Volkswirtschaft im Jahr 20<strong>10</strong> wieder leichtanziehen. Die Arbeitslosenquote dürfte gleichwohl weitersteigen: Bereits im Jahr <strong>2009</strong> war sie mit 7,8 Prozenthoch. 20<strong>10</strong> wird mit e<strong>in</strong>em Anstieg auf 8,7 Prozentzu rechnen se<strong>in</strong>. Die Konjunkturmaßnahmen derbritischen Regierung zur Ankurbelung der B<strong>in</strong>nennachfrage,wie beispielsweise die vorübergehende Senkungder Mehrwertsteuer von 17,5 auf 15 Prozent,konnten den E<strong>in</strong>bruch des privaten Konsums um dreiProzent nicht verh<strong>in</strong>dern. Falls die Wirkung der Konjunkturpaketenachlässt, wird der B<strong>in</strong>nenkonsum 20<strong>10</strong>vermutlich e<strong>in</strong>en weiteren Dämpfer erhalten. Zumal e<strong>in</strong>Großteil der britischen Konsumenten überschuldet istund sich daher mit höheren Ausgaben zurückhaltenwird. Der Ernst der Lage zeigt sich im deutlichen Anstiegder Verbraucher<strong>in</strong>solvenzen. Mit 156.850 <strong>in</strong>solventenPersonen wurde <strong>2009</strong> e<strong>in</strong> neuer Rekordwerterreicht.Wirtschaftse<strong>in</strong>bruch <strong>in</strong>Großbritannien, Lage isternstTab. <strong>10</strong>: <strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> Großbritannieng <strong>2009</strong> 2008 Veränd. <strong>in</strong> %Gesamt 177.150 143.509 + 23,4Unternehmen 20.300 16.268 + 24,8Privatpersonen 156.850 127.241 + 23,3Die Wirtschaftskrise blieb auch im britischen Unternehmenssektornicht ohne Folgen: So nahm die Zahlder Unternehmenszusammenbrüche im Jahr <strong>2009</strong> umknapp 25 Prozent auf 20.300 Fälle zu. Vor allem imDienstleistungssektor stieg die Zahl der <strong>Insolvenzen</strong>.Der Handel konnte im vergangenen Jahr wohl aufgrundder Absenkung der Mehrwertsteuer von Mehre<strong>in</strong>nahmenprofitieren, was die Insolvenzgefährdungder Branche dämpfte.Rekordwert beiVerbraucher<strong>in</strong>solvenzen<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong> 19


4.3 FrankreichPrivater Verbrauch stützt,Arbeitslosigkeit steigtIn Frankreich war der private Konsum im vergangenenJahr der wichtigste Stabilisator für die Volkswirtschaft.Um immerh<strong>in</strong> 0,6 Prozent s<strong>in</strong>d die Ausgaben der privatenHaushalte gestiegen. Allerd<strong>in</strong>gs führten derschwache Export und die rückläufige Investitionstätigkeitzu e<strong>in</strong>em BIP-Rückgang von <strong>in</strong>sgesamt 2,2 Prozent.Die schlechte Wirtschaftslage belastet auch denArbeitsmarkt mit e<strong>in</strong>er anhaltend hohen Arbeitslosenquotevon fast zehn Prozent. <strong>2009</strong> dürften <strong>in</strong> Frankreichrund 580.000 Arbeitsplätze verloren gegangense<strong>in</strong>. Ohne die entsprechenden arbeitsmarktpolitischenKonjunkturmaßnahmen wäre der E<strong>in</strong>bruch vermutlichnoch höher ausgefallen. E<strong>in</strong> Teil des Konjunkturpaketsbestand aus der Gründung e<strong>in</strong>es Investitionsfonds,der kle<strong>in</strong>e und mittlere Unternehmen überstaatliche Beteiligungen unterstützen will. Bis Mitte<strong>2009</strong> hatte der Fonds, der vom französischen Staatund der Caisse de Dépôts, die mit der <strong>deutsch</strong>en KfWvergleichbar ist, getragen wird, 500 Mio. Euro <strong>in</strong>vestiert.Tab. 11: Unternehmens<strong>in</strong>solvenzen <strong>in</strong> Frankreichg <strong>2009</strong> 2008 Veränd. <strong>in</strong> %55.800 49.723 + 12,2In Frankreich blieb e<strong>in</strong>e Zunahme der Unternehmens<strong>in</strong>solvenzentrotz aller wirtschaftspolitischen Bemühungenunausweichlich: So ist die Zahl der Unternehmens<strong>in</strong>solvenzen<strong>2009</strong> auf 55.800 Fälle gestiegen. ImVorjahr waren es mit 49.723 Firmenpleiten noch zwölfProzent weniger. Dabei war der Insolvenzanteil im BereichHandel und Gastgewerbe mit e<strong>in</strong>em Drittel (33,7Prozent) aller Insolvenzmeldungen am höchsten.Sorgenk<strong>in</strong>d:SanierungsverfahrenDie Hoffnungen des Gesetzgebers <strong>in</strong> das Anfang 2006e<strong>in</strong>geführte Sanierungsverfahren zum Erhalt und derFortführung des <strong>in</strong>solventen Unternehmens – ähnlichdem US-amerikanischen Chapter 11 – haben sichnicht erfüllt. Wie <strong>in</strong> Deutschland beim Insolvenzplanverfahrenmachen vergleichsweise wenige Unternehmenvon dem Sanierungs<strong>in</strong>strument Gebrauch. Nur20<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong>


etwa e<strong>in</strong> Prozent der seit 2006 eröffneten Insolvenzverfahren<strong>in</strong> Frankreich fielen unter die Procédure deSauvegarde. Um dessen Attraktivität zu stärken, wurde<strong>2009</strong> e<strong>in</strong>e Reformierung des Insolvenzrechts <strong>in</strong>diesem Punkt vorgenommen.4.4 SpanienSpanien registrierte wie bereits 2008 auch <strong>2009</strong> europaweitden stärksten Anstieg der Unternehmens<strong>in</strong>solvenzen.Die Zahl der Verfahren stieg um knapp dasDoppelte (plus 93,8 Prozent) auf <strong>in</strong>sgesamt 4.900 betroffeneUnternehmen. Die meisten <strong>Insolvenzen</strong> (33,1Prozent) kommen aus der Baubranche. Zwar hatte derprivate Wohnungsbau-Boom <strong>in</strong> den Jahren zwischen1997 und 2007 erheblich zum Wirtschaftswachstumauf der Iberischen Halb<strong>in</strong>sel beigetragen. Allerd<strong>in</strong>gshat die Bautätigkeit <strong>in</strong> der Zwischenzeit deutlich nachgelassen.So sank die Zahl der beantragten Hochbaulizenzen(Wohnungs-, Industrie- und Geschäftsbauten)gemäß statistischen Landesangaben seit 2008 um dieHälfte. Nicht nur das: Der überdimensionierte Bausektorist zu e<strong>in</strong>er echten Belastungsprobe für die VolkswirtschaftSpaniens geworden. Die Folgen des überhitztenImmobilienmarktes s<strong>in</strong>d vielerorts unübersehbar.Firmensterben <strong>in</strong> SpaniensBausektorAuch fordert der jahrelange Reformstau se<strong>in</strong>en Tribut:Besonders am Arbeitsmarkt ist das zu spüren. So klettertedie Arbeitslosenrate im Jahr <strong>2009</strong> auf im europaweitenVergleich hohe 18 Prozent. 20<strong>10</strong> dürfte die 20-Prozent-Marke erreicht werden. E<strong>in</strong> weiteres Sorgenk<strong>in</strong>ds<strong>in</strong>d die angespannten Staatsf<strong>in</strong>anzen: WegbrechendeSteuere<strong>in</strong>nahmen und ausgaben<strong>in</strong>tensive Konjunkturprogrammehaben die Neuverschuldung imJahr <strong>2009</strong> um voraussichtlich zehn Prozent ansteigenlassen. Im gleichen Zeitraum s<strong>in</strong>kt das BIP um 3,6Prozent. Für 20<strong>10</strong> wird bestenfalls mit e<strong>in</strong>er Stagnationder Wirtschaftsleistung gerechnet.Insolvenzzahlen verdoppeltTab. 12: Unternehmens<strong>in</strong>solvenzen <strong>in</strong> Spanieng <strong>2009</strong> 2008 Veränd. <strong>in</strong> %4.900 2.528 + 93,8<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong> 21


4.5 ItalienHausgemachte Probleme <strong>in</strong>ItalienItaliens Wirtschaft hat nicht nur mit den Auswirkungender <strong>in</strong>ternationalen F<strong>in</strong>anzkrise zu kämpfen. VieleProbleme, vor allem struktureller Art, s<strong>in</strong>d hausgemacht.So fordern Wirtschaftsexperten seit langemnicht nur e<strong>in</strong>e Senkung der Steuer- und Abgabenlast,sondern auch e<strong>in</strong>en Abbau der Bürokratie sowie dieVerbesserung der öffentlichen Infrastruktur Italiens.Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d diese aufgrund der desolaten F<strong>in</strong>anzlageder öffentlichen Haushalte im Land schwer umzusetzen.Tab. 13: Unternehmens<strong>in</strong>solvenzen <strong>in</strong> Italieng <strong>2009</strong> 2008 Veränd. <strong>in</strong> %9.098 6.498 + 40,0Anhaltende Ref<strong>in</strong>anzierungsschwierigkeiten machendie Situation <strong>in</strong>sbesondere für viele kle<strong>in</strong>e und mittlereUnternehmen nicht besser. So werden nicht alle Unternehmendes überwiegend mittelständisch geprägtenIndustriesektors diese f<strong>in</strong>anzielle Durststrecke überleben.40 Prozent AnstiegSchon <strong>2009</strong> war jedes vierte <strong>in</strong>solvente UnternehmenItaliens dem Verarbeitenden Gewerbe zuzurechnen.Insgesamt hat die italienische Wirtschaft im Jahr <strong>2009</strong>mit rund 9.<strong>10</strong>0 Unternehmenszusammenbrüchen zukämpfen. Innerhalb e<strong>in</strong>es Jahres entspricht dies e<strong>in</strong>emAnstieg um 40 Prozent (2008: ca. 6.500).Gemessen an den konjunkturellen Rahmenbed<strong>in</strong>gungenbesteht wenig Aussicht auf Besserung. Für dasJahr 20<strong>10</strong> wird bestenfalls mit e<strong>in</strong>em BIP-Wachstumvon 1 Prozent gerechnet. Positiv wirken e<strong>in</strong> leichtesAnziehen der Exporttätigkeit sowie e<strong>in</strong> stabiles Konsumverhalten<strong>in</strong> der italienischen Bevölkerung.4.6 BeneluxländerDie Ökonomien <strong>in</strong> den Beneluxländern s<strong>in</strong>d stark mitder wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands, alswichtigem Handelspartner, verbunden. Diese enge22<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong>


Verflechtung zeigt sich auch <strong>in</strong> der fast simultanenBIP-Entwicklung. So war Belgiens Wirtschaft vor allem<strong>in</strong> der ersten Hälfte des Jahres <strong>2009</strong> von der <strong>in</strong>ternationalenWirtschafts- und F<strong>in</strong>anzkrise betroffen. Dannverbesserten sich die Konjunktur<strong>in</strong>dikatoren (BIP drittesQuartal <strong>2009</strong>: plus 0,5 Prozent). Insgesamt wirddas Jahr <strong>2009</strong> aber mit e<strong>in</strong>em BIP-M<strong>in</strong>us von 3,0 Prozentenden. Noch dramatischer verlief die wirtschaftlicheEntwicklung <strong>in</strong> den Niederlanden mit e<strong>in</strong>em Rückgangder Wirtschaftsleistung um wohl 4,7 Prozent.Eng verbunden mitDeutschlandTab. 14: Unternehmens<strong>in</strong>solvenzen <strong>in</strong> den Beneluxländerng <strong>2009</strong> 2008 Veränd. <strong>in</strong> %Belgien 9.430 8.476 + 11,3Niederlande <strong>10</strong>.500 6.847 + 53,4Luxemburg 698 590 + 18,3Dies bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Entwicklungder Unternehmens<strong>in</strong>solvenzen: In Belgien fiel derAnstieg um gut elf Prozent auf 9.430 Fälle noch moderataus. Insbesondere die Unternehmen aus demHandel, die 47 Prozent aller Insolvenzfälle ausmachten,waren von wirtschaftlichen Zusammenbrüchenbetroffen. Verglichen mit den anderen europäischenStaaten erreicht Belgien damit den höchsten Insolvenzanteildieses WirtschaftsbereichsHöchster Zuwachs <strong>in</strong> denNiederlandenIn den Niederlanden ist die Zahl der Unternehmens<strong>in</strong>solvenzendeutlicher gestiegen. So erhöhte sich dieZahl der Firmenpleiten <strong>2009</strong> um mehr als 53 Prozentvon 6.847 im Vorjahr auf <strong>10</strong>.500 Fälle. In der Handelsnationist besonders der Dienstleistungsbereich betroffen.Er verzeichnet mit knapp 47 Prozent den höchstenAnteil der Firmen<strong>in</strong>solvenzen (Vorjahr: 44 Prozent).E<strong>in</strong> Schwachpunkt bleibt die F<strong>in</strong>anzwirtschaft Hollands:Trotz teurer Rettungsversuche – wie etwa dieVerstaatlichung der Marktführer Fortis und ABN Amro– bleibt die Gefahr e<strong>in</strong>er Kreditklemme bestehen. AusfallgefährdeteUnternehmen, die e<strong>in</strong>en Kredit beantragen,haben schlechte Aussichten, diesen auch zu bekommen.E<strong>in</strong> weiterer Anstieg der <strong>Insolvenzen</strong> könntedie Folge se<strong>in</strong>.Schwachpunkt F<strong>in</strong>anzsektor<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong> 23


Luxemburg: moderaterAnstieg der InsolvenzzahlenDa 62 Prozent der Wirtschaftsleistung Luxemburgs <strong>in</strong>den F<strong>in</strong>anz-, Immobilien- und Unternehmensdienstleistungenentsteht, war der Beneluxstaat von der F<strong>in</strong>anzkrisebesonders stark betroffen. Luxemburgs Wirtschaftsexpertenerwarten für das Jahr <strong>2009</strong> e<strong>in</strong>en BIP-Rückgang um 3,6 Prozent. Dank zahlreicher schnellgeschnürter Konjunktur-Pakete <strong>in</strong> den großen Volkswirtschaften,dürfte der E<strong>in</strong>bruch abgefedert wordense<strong>in</strong>. Der Anstieg der Unternehmens<strong>in</strong>solvenzen bliebmit 18,3 Prozent vergleichsweise moderat.4.7 Skand<strong>in</strong>avienDie nordischen Staaten s<strong>in</strong>d vom dem weltweiten Konjunkture<strong>in</strong>bruchunterschiedlich stark betroffen. Währenddie Wirtschaftsleistung <strong>in</strong> Dänemark, Schwedenund F<strong>in</strong>nland im Jahr <strong>2009</strong> unter e<strong>in</strong>em starken Rückgangder B<strong>in</strong>nennachfrage und der Investitionstätigkeitgelitten hat, blieb Norwegens Ökonomie, aufgrundihrer starken Öl- und Gas<strong>in</strong>dustrie, relativ unberührt.Die Daten im Detail: Die f<strong>in</strong>nische Wirtschaft ist <strong>in</strong>nerhalbSkand<strong>in</strong>aviens am stärksten betroffen. Für dasGesamtjahr <strong>2009</strong> wird mit e<strong>in</strong>em Rückgang des BIPzwischen m<strong>in</strong>us 6,0 und m<strong>in</strong>us 7,5 Prozent gerechnet.Die europaweit rückläufigen Ausrüstungs<strong>in</strong>vestitionenschwächen die f<strong>in</strong>nische Schlüssel<strong>in</strong>dustrie, die exportabhängigeTechnikbranche. Die Arbeitslosenratelag bei 8,9 Prozent und der private Verbrauch nahmum drei Prozent ab. In F<strong>in</strong>nland stieg die Zahl der Insolvenzfälleum 27 Prozent auf 3.3<strong>10</strong> Fälle (<strong>2009</strong>:2.612).Starke Abkühlung im Norden<strong>Europa</strong>sIn Dänemark wurden zwar bereits frühzeitig wirtschaftspolitischeMaßnahmen zur Stützung des F<strong>in</strong>anzsektorse<strong>in</strong>geleitet, allerd<strong>in</strong>gs konnten diese nichtden BIP-E<strong>in</strong>bruch von geschätzten fünf Prozent fürdas Jahr <strong>2009</strong> verh<strong>in</strong>dern. Maßgeblich verantwortlichfür den Wirtschaftse<strong>in</strong>bruch Dänemarks war die verr<strong>in</strong>gerteB<strong>in</strong>nennachfrage. Der Privatkonsum, der etwadie Hälfte des dänischen BIP ausmacht, nahm um fünfProzent ab. Gleichzeitig stieg die Arbeitslosenquote <strong>in</strong>Dänemark von 3,4 auf 6,4 Prozent an und verdoppeltesich damit nahezu.24<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong>


In Dänemark schnellte die Zahl der Unternehmens<strong>in</strong>solvenzenum 51 Prozent auf etwa 5.600 nach oben.Die Insolvenzzuwächse ziehen sich durch alle Wirtschaftsbereiche:Mittlerweile kommt jedes zweite <strong>in</strong>solventedänische Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor(2008: 47 Prozent). Im Bau waren <strong>2009</strong>weniger <strong>Insolvenzen</strong> (17 Prozent) als im Vorjahr (2008:20 Prozent) zu verzeichnen.Tab. 15: Unternehmens<strong>in</strong>solvenzen <strong>in</strong> Skand<strong>in</strong>avieng <strong>2009</strong> 2008 Veränd. <strong>in</strong> %Dänemark 5.600 3.709 + 51,0F<strong>in</strong>nland 3.3<strong>10</strong> 2.612 + 26,7Norwegen 5.<strong>10</strong>0 3.637 + 40,2Schweden 7.600 6.298 + 20,7Im Nachbarstaat Schweden sieht die Lage ähnlich aus:Nachdem das Land <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> der ersten Jahreshälfte<strong>2009</strong> stark von dem weltweiten Wirtschaftse<strong>in</strong>bruch<strong>in</strong> Mitleidenschaft gezogen wurde,stabilisierte sich die BIP-Entwicklung im weiteren Jahresverlauf.Für das Jahr <strong>2009</strong> wird dennoch mit e<strong>in</strong>emBIP-Rückgang von bis zu 4,4 Prozent gerechnet. Dieumfangreichen Konjunkturpakete, wie etwa die Senkungder E<strong>in</strong>kommens- und Körperschaftsteuern oderExporthilfen, zeigen mittlerweile aber erste Wirkungen.Schweden mit den meistenPleitenIn Schweden erhöht sich die Zahl der Unternehmens<strong>in</strong>solvenzen<strong>2009</strong> um 20,7 Prozent von 6.298 auf7.600 Fälle. Prom<strong>in</strong>ente Firmenzusammenbrüche warendie des Autoherstellers SAAB und des AutoteilezulieferersPlastal. SAAB musste im Zuge der Pleite desMutterkonzerns General Motors im Februar <strong>2009</strong> Insolvenzanmelden. Auch nach dem Verkauf an e<strong>in</strong>enniederländischen Sportwagenhersteller steht die Zukunftdes Autoherstellers auf der Kippe. Der AutozuliefererPlastal meldete im März <strong>2009</strong> Insolvenz an undmit ihm auch die <strong>deutsch</strong>e Tochtergesellschaft. Betroffens<strong>in</strong>d 2.000 Mitarbeiter. Die Verhandlungen mit Interessentenlaufen noch.SAAB vorerst gerettetIm Vergleich zu se<strong>in</strong>en nordischen Nachbarstaaten istNorwegen zwar weniger stark von der Weltwirtschafts-<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong> 25


ezession betroffen. Grund s<strong>in</strong>d die relativ stabil gebliebenenE<strong>in</strong>nahmen der Gas- und Öl<strong>in</strong>dustrie. ImJahr <strong>2009</strong> wird die Wirtschaftsleistung um moderate1,5 Prozent abnehmen. Dennoch verzeichnet dasLand im Norden <strong>Europa</strong>s e<strong>in</strong>en steilen Anstieg derUnternehmens<strong>in</strong>solvenzen. Mit ca. 5.<strong>10</strong>0 Fällen wurden40 Prozent mehr Konkurse gezählt als 2008(3.637 Fälle).Auch wenn die Insolvenzstatistiken <strong>in</strong> den StaatenMittel- und Osteuropas nur bed<strong>in</strong>gt mite<strong>in</strong>ander vergleichbars<strong>in</strong>d: Die hohen Zuwachsraten beim Insolvenzgeschehen<strong>in</strong> weiten Teilen der Region verdeutlig5 Mittel- und OsteuropaEnge Kopplung an dieWeltwirtschaft wird zumVerhängnisIn den Staaten Mittel- und Osteuropas hat die F<strong>in</strong>anzundWirtschaftskrise erhebliche Anpassungsreaktionenhervorgerufen. Infolge der mittlerweile starkenIntegration der Region <strong>in</strong> die Weltwirtschaft waren <strong>in</strong>sbesonderedie Industriesektoren von Auftragse<strong>in</strong>bußenaus dem Ausland betroffen. E<strong>in</strong> Grund dafür: Aufgrundder <strong>in</strong> den zurückliegenden Jahren gestiegenen Lohnkostenverschlechterte sich die Wettbewerbsfähigkeitder Exportwirtschaft <strong>in</strong> Mittel- und Osteuropa. DieStandorte verloren für Investoren an Attraktivität.Überkapazitäten mussten daraufh<strong>in</strong> abgebaut werdenund die Zahl der Firmen<strong>in</strong>solvenzen stieg sprunghaft.Tab. 16: Unternehmens<strong>in</strong>solvenzen <strong>in</strong> Osteuropag <strong>2009</strong> 2008 Veränderung2008/09 <strong>in</strong> %Estland 631 423 + 49,2Lettland 2.192 1.296 + 69,1Litauen 1.168 731 + 59,8Kroatien 940 875 + 7,4Polen 590 425 + 38,8Rumänien *) 20.800 14.483 + 43,6Slowakei 900 582 + 54,6Slowenien 749 657 + 14,0Tschechien **) 8.394 4.600 + 82,5Ungarn *) 14.637 11.322 + 29,3Gesamt 51.001 35.394 + 44,1*) Konkurse und Liquidationen; **) juristische und natürliche Personen.Anstieg doppelt so hoch wie<strong>in</strong> Westeuropa26<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong>


chen, dass die Volkswirtschaften Mittel- und Osteuropasder Wirtschaftskrise hohen Tribut zollen mussten.Die Auswertung des Insolvenzgeschehens <strong>in</strong> den LändernMittel- und Osteuropas zeigt, dass die Zahl derUnternehmens<strong>in</strong>solvenzen um 44,1 Prozent zugenommenhat. <strong>2009</strong> gerieten rund 51.000 Unternehmen<strong>in</strong> die Zahlungsunfähigkeit und mussten aufgeben. ImJahr zuvor gab es noch knapp 35.400 Konkurse <strong>in</strong> derRegion.Den stärksten Zuwachs der Firmenpleiten verzeichnetTschechien (plus 82,5 Prozent). Der Großteil des Zuwachsesgeht dabei auf e<strong>in</strong>en Anstieg der <strong>Insolvenzen</strong>bei selbstständigen Unternehmern und natürlichenPersonen zurück. Alle Wirtschaftsbereiche Tschechiensverzeichnen e<strong>in</strong>en Anstieg der Insolvenzzahlen.Innerhalb des Unternehmenssektors nahmen die Firmenpleitenim Baugewerbe aber überdurchschnittlichzu.Tschechien am stärkstenbetroffen …In Kroatien gab es mit voraussichtlich 940 <strong>in</strong>solventenUnternehmen im Laufe des Jahres <strong>2009</strong> den ger<strong>in</strong>gstenInsolvenzanstieg Osteuropas: Gegenüber 2008 hatdie Zahl der Unternehmenspleiten um lediglich 7,4Prozent zugenommen. Die meisten Verfahren entfallendabei auf die Wirtschaftsbereiche Bau und Handel.… Kroatien nur leichtTab. 17: Insolvenzquoten <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen osteuropäischenLänderng <strong>Insolvenzen</strong> je <strong>10</strong>.000UnternehmenPolen 4Slowakei 15Kroatien 36Slowenien 49Tschechien 92Estland 119Ungarn 119Litauen 144Lettland 174Rumänien 450Durchschnitt 97<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong> 27


Baltikum: 60.000Arbeitsplätze wegDie Zuwächse bei den Unternehmens<strong>in</strong>solvenzen imBaltikum bewegen sich zwischen 49,2 Prozent <strong>in</strong> Estlandund 69,1 Prozent <strong>in</strong> Lettland. Insgesamt kam es<strong>in</strong> den drei baltischen Staaten im Jahr <strong>2009</strong> zu fast4.000 Firmen<strong>in</strong>solvenzen. Im Jahr zuvor wurden erst2.450 Fälle gezählt. Mit der Insolvenz e<strong>in</strong>es Unternehmenss<strong>in</strong>d auch die meisten Arbeitsplätze <strong>in</strong> Gefahr:So dürfte <strong>2009</strong> etwa 60.000 Arbeitnehmer <strong>in</strong> dendrei nordosteuropäischen Staaten von der Insolvenzihres Arbeitgebers betroffen gewesen se<strong>in</strong>. Von derMöglichkeit der privaten Entschuldung durch e<strong>in</strong>eVerbraucher<strong>in</strong>solvenz wurde im Baltikum bisher kaumGebrauch gemacht. Wohl auch aus diesem Grundwurde <strong>in</strong> Lettland die Dauer des Insolvenzverfahrensfür Privatpersonen von sieben auf fünf Jahre verkürzt.DienstleistungssektorUngarns unter DruckIn Ungarn fiel der Insolvenzanstieg mit 29,3 Prozentunterdurchschnittlich aus. Allerd<strong>in</strong>gs mussten imDienstleistungssektor des mitteleuropäischen Staatesdeutlich mehr Firmen als im vergangenen Jahr dieWerktore schließen. Um 41,9 Prozent stiegen die Insolvenzzahlen<strong>in</strong> diesem Bereich im Vergleich zumJahr 2008. Im Bausektor Ungarns erhöhten sich dieInsolvenzzahlen <strong>in</strong> diesem Zeitraum lediglich um 18,5Prozent.Abb. 5: Von <strong>Insolvenzen</strong> betroffene WirtschaftsbereicheMittel- und Osteuropas; prozentualer Anteil45403530Prozent252015<strong>10</strong>50Verarb. Gewerbe Bau Handel *) DienstleistungInsolvenzfälle <strong>2009</strong>wirtschaftsaktive Unternehmen*) <strong>in</strong>kl. Horeca; Quelle: Amadeus Datenbank; NACE Rev. 2;eigene Berechnungen28<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong>


Polen verzeichnete <strong>2009</strong> lediglich 590 Firmen<strong>in</strong>solvenzen.Damit wurden zwar 38,8 Prozent mehr Fälle registriertals 2008, allerd<strong>in</strong>gs liegt die relative Insolvenzbetroffenheitweiterh<strong>in</strong> nur bei vier Firmen je<strong>10</strong>.000 Unternehmen. Der Marktaustritt <strong>in</strong> Polen f<strong>in</strong>detaufgrund e<strong>in</strong>es unattraktiven Prozederes beim Insolvenzverfahrenmeist über e<strong>in</strong>e Unternehmensschließungstatt.Polen mit ger<strong>in</strong>gsterInsolvenzquoteIn Mittel- und Osteuropa s<strong>in</strong>d die Unternehmen ausdem Bau- und Handelssektor überdurchschnittlichhäufig von <strong>Insolvenzen</strong> betroffen. Dagegen entsprichtder Anteil der verarbeitenden Industrie am Insolvenzgeschehenvon rund 15 Prozent nahezu dem wahrenAnteil an der Gesamtwirtschaftsstruktur.g6 USADen diesjährige Länderbericht zu den Vere<strong>in</strong>igtenStaaten haben wir <strong>in</strong> Kooperation mit dem FCIB, demUS-amerikanischen Interessenverband von Entscheidernim F<strong>in</strong>anz-, Kredit- und Außenhandelswesen erstellt.Der FCIB ist weltweit <strong>in</strong> 55 Ländern vertretenund gehört der National Association of Credit Management(NACM) an, e<strong>in</strong>e der größten und ältestenOrganisationen für Lieferanten- und Warenkreditmanagement.Kooperationspartner FCIBTab. 18: <strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> den USAg <strong>2009</strong> 2008 Veränd. <strong>in</strong> %Gesamt 1.481.600 1.117.771 + 32,5Unternehmen 60.600 43.546 + 39,2Privatpersonen 1.421.000 1.074.225 + 32,3Zu sagen, dass <strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> den vergangenen Jahrenhäufiger anzutreffen waren, wäre e<strong>in</strong>e Untertreibungdes tatsächlichen Geschehens. Die Rezession <strong>in</strong>den Jahren 2008-<strong>2009</strong> war tief und erledigte die Arbeit,die Rezessionen im Allgeme<strong>in</strong>en tun sollten –schwache Unternehmen aus dem Markt drängen.Durch die Schwere des Abschwungs waren sowohl gutals auch schlecht geführte Unternehmen betroffen.Tiefe Rezession beschleunigtPleitewelle<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong> 29


Die <strong>Insolvenzen</strong>twicklung <strong>in</strong> den USA hat sich schonseit langer Zeit beschleunigt, allerd<strong>in</strong>gs erhöhte sichdas Tempo tatsächlich erst <strong>in</strong> den vergangenen 24Monaten. So lag die Zahl der <strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> den USAim September 2006 kumuliert bei weniger als 200.000und wuchs bis Dezember auf 600.000 an. Von da anbeschleunigte sich das Tempo, und die Zahl der registriertenInsolvenzfälle erreichte <strong>2009</strong> die 1,5 Millionen-Grenze. Dabei betraf der Anstieg der Insolvenzfällealle Insolvenzkategorien – die Insolvenzmeldungennach Chapter 7 (Liquidationen) stiegen im Vergleichzum Jahr 2008 um 45 Prozent, im Chapter 11 (Sanierungen)erhöhten sich die Fälle um 65 Prozent. DieBelastungen durch den Konjunkture<strong>in</strong>bruch waren offensichtlichspürbar.Es gab Wirtschaftsbereiche, die weit mehr Belastungenausgesetzt waren als andere. Aber ke<strong>in</strong> Wirtschaftsbereich<strong>in</strong> den Vere<strong>in</strong>igten Staaten blieb vonder Rezession unberührt.Wo waren die Probleme am größten?Verkehrs- und Logistik-wirtschaft kommt unter dieRäderE<strong>in</strong> Blick auf die Zahlen des Jahres <strong>2009</strong> zeigt, dasse<strong>in</strong>ige Industriezweige <strong>in</strong> den USA besonders starkunter der Rezession zu leiden hatten. Diese Entwicklungkam für viele Wirtschaftsbeobachter nicht überraschend.So lag der Insolvenzanteil im Transportwesen– laut den Daten der UCLA Law School, die die Häufigkeitund den Prozentanteil der Insolvenzmeldungenmisst – bei <strong>10</strong>,8 Prozent. Andere Studien kamen fürdiesen Wirtschaftsbereich zu ähnlichen Ergebnissen –betroffen waren dabei alle Teilbereiche, von den Ausrüsterbetriebenbis h<strong>in</strong> zu den Anbietern von Transportdiensten.Der Sektor entwickelt sich traditionell mit dem Konjunkturzyklusund wird als Frühwarn<strong>in</strong>dikator für dieGesamtwirtschaft gesehen – gemäß der Analogie vom„Kanarienvogel im Kohlebergwerk“, der bei Luftveränderungenaufhört zu s<strong>in</strong>gen und die Bergleute auf dieseArt vor Sauerstoffmangel warnt. Die Anzahl derTransportunternehmen, die unter der Rezession zusammengebrochens<strong>in</strong>d, ist vergleichbar mit der Zahl30<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong>


der Firmenschließungen <strong>in</strong> den 1990er Jahren. Damalsführten Liberalisierungsmaßnahmen zu massivenUmstrukturierungen im LKW-Transportwesen <strong>in</strong> denUSA.E<strong>in</strong> weiterer Wirtschaftsbereich, der mit schweren wirtschaftlichenProblemen konfrontiert wurde, warenBanken und Kredit<strong>in</strong>stitute. Der Insolvenzanteil desSektors erreichte <strong>2009</strong> 15,7 Prozent. Das ist wenigüberraschend angesichts der Tatsache, dass die US-E<strong>in</strong>lagensicherung FDIC alle<strong>in</strong> im Jahr <strong>2009</strong> gezwungenwar, weit über <strong>10</strong>0 Banken zu schließen. Schätzungengehen davon aus, dass für das Jahr 20<strong>10</strong> ähnlicheZahlen zu erwarten s<strong>in</strong>d, weil viele der kle<strong>in</strong>erenregionalen Banken <strong>in</strong> den USA angesichts des Wertverlustesvieler gewerblich genutzter Immobilien starkgefährdet s<strong>in</strong>d. Die nächsten Monate werden nochmehr schlechte Nachrichten aus dem Bereich gewerblicheImmobilien br<strong>in</strong>gen, da viele Kommunen beimKampf gegen die Verwüstungen der Rezession ihreeigenen Regionalbanken aufs Spiel setzen.F<strong>in</strong>anzsektor: mehr als <strong>10</strong>0Banken liquidiertE<strong>in</strong> dritter Wirtschaftsbereich, der durch den Konjunkturrückgangschwer beschädigt worden ist, ist derBausektor. Allerd<strong>in</strong>gs entstand dort der meiste Schadenschon im Jahr 2008 und Anfang <strong>2009</strong>. Die Kriseim Haus- und Wohnungsbau war Vorläufer für denZusammenbruch der Gesamtwirtschaft und löste <strong>in</strong>vielerlei H<strong>in</strong>sicht die F<strong>in</strong>anzkrise aus. Der Wohnungsbauboom,der Mitte des Jahrzehnts stattfand, veranlasstedie Gründung vieler Baufirmen. Als der Abschwungbegann, gerieten diese schnell <strong>in</strong> Schwierigkeiten.Das Tempo der Insolvenzfälle <strong>in</strong> dieser Brancheverr<strong>in</strong>gerte sich aber im Jahresverlauf <strong>2009</strong> undwird 20<strong>10</strong> weiter abnehmen.Bauwirtschaft hat dasSchlimmste h<strong>in</strong>ter sichDie massive Insolvenzwelle hat den Gesundheitssektor,die Energiebranche und große Teile der Luft- undRaumfahrt<strong>in</strong>dustrie bisher verschont, während Automobil<strong>in</strong>dustriesowie der Transportsektor im Allgeme<strong>in</strong>enstark <strong>in</strong> Mitleidenschaft gezogen wurde. Alle<strong>in</strong>unter den LKW-Herstellern gab es <strong>2009</strong> über 150 <strong>Insolvenzen</strong>.Der Immobiliensektor hat sich gerade vonden massiven Schäden der Jahre 2007 und 2008 er-<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong> 31


holt. Im E<strong>in</strong>zelhandel stieg die Zahl der <strong>Insolvenzen</strong>nach Angaben der National Retail Federation um 34Prozent. Wirtschaftsbereiche, die gut durch die Krisegekommen s<strong>in</strong>d, werden 20<strong>10</strong> wohl stärker wachsen.Aber selbst sie werden die gesamtwirtschaftlichenAuswirkungen weiterh<strong>in</strong> spüren.Was war der Grund für die Vielzahl der Insolvenzfälle?Wo liegen die Probleme?Der f<strong>in</strong>anzielle Niedergang e<strong>in</strong>es Unternehmens folgtselten e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>fachen Regel: Es gibt viele Betriebe,die tiefe und schwere Rezessionen überleben und esgibt Firmen, die sogar <strong>in</strong> wirtschaftlich guten Zeitenaufgeben müssen. Zwar versuchen Experten, die externenUrsachen von den firmen<strong>in</strong>ternen Faktoren zutrennen: So ist es ke<strong>in</strong> Problem von volkswirtschaftlicherRelevanz, wenn e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelner Unternehmer se<strong>in</strong>eFirma schlecht führt. Es wird aber zu e<strong>in</strong>em, wenn e<strong>in</strong>im Kern gut geführtes Unternehmen unter den aktuellenBed<strong>in</strong>gungen unfähig ist, zu überleben.Drei Prozent BIP-Wachstums<strong>in</strong>d nötigEs gibt e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache ökonomische Faustregel, diebesagt, dass das BIP-Wachstum größer se<strong>in</strong> muss alsdrei Prozent, damit die <strong>Insolvenzen</strong>twicklung nicht ansteigt– von den Folgen e<strong>in</strong>es BIP-Rückgangs ganz zuschweigen. Der E<strong>in</strong>bruch der Wirtschaftsleistung <strong>in</strong>den USA war mit m<strong>in</strong>us 6,2 Prozent im ersten Quartal<strong>2009</strong> sehr heftig und der stärkste gemessene Rückgangüberhaupt. Das BIP-Wachstum erholte sich erstim dritten Quartal leicht. Die Erwartungen für 20<strong>10</strong>reichen von 1,5 bis maximal 3 Prozent. Und das heißt,dass die <strong>Insolvenzen</strong>twicklung nicht durch die gesamtwirtschaftlicheBIP-Entwicklung abgemildert werdenwird. Zwar haben sich die Wachstumsraten <strong>in</strong> denletzten Monaten etwas erholt: Niemand erwartet aber,dass die Erholung stark genug se<strong>in</strong> wird, um die Insolvenzratenpositiv zu bee<strong>in</strong>flussen.F<strong>in</strong>anzkrise ist der AuslöserAbgesehen von den gesamtwirtschaftlichen Ursachenwirkte e<strong>in</strong> zweiter Fakt negativ auf das Insolvenzgeschehen<strong>in</strong> den USA: Die F<strong>in</strong>anzkrise, die die Bankenund den Kreditmarkt <strong>in</strong> den vergangenen zwei Jahrengetroffen hat. E<strong>in</strong> Blick auf die Daten der National As-32<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong>


sociation of Credit Management zeigt <strong>in</strong>teressanteRückschlüsse: Der dort herausgegebene Credit Manager’sIndex (CMI) zeigt, dass die Lieferantenkreditmärkteim Sommer 2008 <strong>in</strong>s Straucheln gerieten. DerCMI lag im September 2008 erstmals unter der Markevon 50. E<strong>in</strong> Wert über 50 zeigt, dass sich die Wirtschaftauf Expansionskurs bef<strong>in</strong>det, bei e<strong>in</strong>em Wertunter 50 schrumpft sie. In den folgenden Monatensetzte der Index se<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>kflug unter die Marke von40 Punkten fort. Erst im Sommer <strong>2009</strong> begann derIndex wieder über die 50-Punkte-Marke zu steigen.Das signalisiert mit Sicherheit noch ke<strong>in</strong> Wachstum,aber die Entwicklung der Kreditmärkte stabilisiert undbewegt sich wieder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e positive Richtung.Ende 2008 stockte die Versorgung mit Handels- undLieferantenkrediten. Unternehmen, die den Nachfragerückgangmöglicherweise überlebt hätten, sahen sichnun e<strong>in</strong>er drohenden Liquiditätsklemme gegenüber, dasie ke<strong>in</strong>en Kreditzugang mehr hatten. Der Vergleichmit dem CMI zeigt, dass zu diesem Zeitpunkt nochke<strong>in</strong>e negative <strong>Insolvenzen</strong>twicklung registriert wurde.Noch wurde ke<strong>in</strong> neuer Insolvenzrekordwert erreicht.All das kam später. Der Stresstest am Kreditmarktwurde nicht durch die vielen Unternehmen verursacht,die <strong>in</strong> f<strong>in</strong>anziellen Schwierigkeiten steckten und ihreSchulden nicht mehr bedienen konnten. Vielmehr führteerst der Mangel an Krediten zu e<strong>in</strong>em Firmensterben.Dieses Problem nahm im Zuge der gesamtwirtschaftlichenRezession weiter zu.Es klemmt bei Lieferanten-krediten und Factor<strong>in</strong>gDer Zusammenbruch von Großbanken und Investmenthäusernwie Bear Stearns und Lehman Brothersstand zwar auf den Titelseiten der Tageszeitungen,der schlimmste Verlust für den amerikanischen Mittelstandwar jedoch der Zusammenbruch der CITGruppe. Die Krise dieses großen Factor<strong>in</strong>g-Anbietersbedeutete, dass erneut e<strong>in</strong>e Liquiditätsquelle versiegte.Katastrophe CITWie geht es weiter <strong>in</strong> den USA?20<strong>10</strong> dürfte sich die f<strong>in</strong>anzielle Situation noch nichtgrundlegend entspannen. Die meisten Insolvenz<strong>in</strong>dika-<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong> 33


Stabilisierungstendenzenfür 20<strong>10</strong>toren signalisieren, dass sich die Zahl der <strong>Insolvenzen</strong>auf hohem Niveau stabilisieren wird. So gehen vieleWirtschaftsexperten davon aus, dass sich für e<strong>in</strong>enachhaltige Entspannung erst das gesamtwirtschaftlicheWachstum und der Zugang zu Kredit verbessernmüssen.Dabei werden auch 20<strong>10</strong> regionale und branchenspezifischeUnterschiede zu Tage treten. Die Rezessionhatte die USA regional nicht gleichmäßig erfasst, unddas ist auch nicht ungewöhnlich. Während bis zu e<strong>in</strong>emgewissen Grad jeder Teil der Vere<strong>in</strong>igten Staatenvon den Auswirkungen berührt ist, gibt es Gebiete mite<strong>in</strong>er sehr starken Betroffenheit. Die vier Bundesstaaten,die die Hauptlast der Krise zu tragen haben, s<strong>in</strong>dKalifornien, Arizona, Florida und Nevada. Nur wenigeBundesstaaten – Texas, Nord-Dakota, Süd-Dakota,Montana, Wyom<strong>in</strong>g, Nord Carol<strong>in</strong>a, Süd-Carol<strong>in</strong>a, NewYork, Pennsylvania, Ma<strong>in</strong>e und Connecticut – weisenniedrige Insolvenzraten auf.Fed-Rückzug zu früh?Auf nicht wenigen Gebieten begegnen sich Politik undÖkonomie: Das gilt auch für den Immobiliensektor <strong>in</strong>den USA. Der US-Häusermarkt wurde durch die Entscheidungder US-Notenbank Fed, für über e<strong>in</strong>e BillionDollar MBS-Wertpapiere (mit Hypothekarkrediten besicherteWertpapiere) zu kaufen, am Leben erhalten.Die Fed hat angedeutet, diese Praxis im März 20<strong>10</strong>e<strong>in</strong>zustellen. Damit wird sich der Häusermarkt zum<strong>in</strong>destwieder deutlich abkühlen. Fannie Mae, FreddieMac und G<strong>in</strong>nie Mae stehen für sieben von zehn Hypothekarkrediten<strong>in</strong> den USA – das macht das Systemextrem anfällig. Und es ist noch nicht klar, ob die Wirtschaftschon bereit ist, sich vom Infusionstropf der US-Notenbank und des F<strong>in</strong>anzm<strong>in</strong>isteriums abzunabeln.SchlussbemerkungenDie Vorteile der RezessionE<strong>in</strong>er Rezession sehen Ökonomen <strong>in</strong> der Regel mite<strong>in</strong>er Mischung aus Furcht und Interesse entgegen.Der nun angerichtete gesamtwirtschaftliche Schadenist aber groß; diese Wirtschaftskrise hat viel mehr zerstörtals erwartet. Allerd<strong>in</strong>gs gilt es auch die guten Seitender Rezession zu betrachten, die dar<strong>in</strong> bestehen,34<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong>


die vorhandene Produktivität erfolgreich umzuverteilen.Unternehmen, die aufgeben müssen, setzen Marktanteilefür besser geführte Wettbewerber frei. Arbeitskräfte,die e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> diesen Sektoren beschäftigt gewesens<strong>in</strong>d, können nun dorth<strong>in</strong> gehen, wo sie gebrauchtwerden – zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er perfekten Welt.Dieses Mal gibt es aber viele Faktoren, die die Rezession<strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht weit weniger wirksam machten.Arbeitern gel<strong>in</strong>gt es viel schwerer, ihre Häuser zu verkaufen,und den Wohnort zu wechseln. Zudem müssen<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em modernen Haushalt mit zwei E<strong>in</strong>kommensbeziehernweit mehr Faktoren berücksichtigtwerden, als im klassischen Modell mit nur e<strong>in</strong>emHauptversorger.Die schlimmste Insolvenzwelle <strong>in</strong> den USA ist wahrsche<strong>in</strong>lichvorbei. Die wirtschaftliche Erholung wirdaber langsamer vonstatten gehen, als zu Beg<strong>in</strong>n derletzten Dekade und auch langsamer als während deswirtschaftlichen Aufschwungs <strong>in</strong> der 90er Jahren.Wirtschaftliche Erholung aufniedrigem NiveauDie Länder <strong>Europa</strong>s wurden unterschiedlich stark vonder Insolvenzwelle erfasst: In Spanien hat sich die Zahlder <strong>in</strong>solventen Unternehmen b<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>es Jahresnahezu verdoppelt: Mit 4.900 Verfahren wurden 93,8Prozent mehr Fälle registriert als 2008 (2.528 Fälle).Es folgen Irland mit e<strong>in</strong>em Plus von 81,1 Prozent auf1.400 (Vorjahr: 773 <strong>in</strong>solvente Unternehmen), die Niederlande(plus 53,4 Prozent; <strong>10</strong>.500 Firmen<strong>in</strong>solveng7 ZusammenfassungDie schwere Rezession hat die Zahl der Unternehmens<strong>in</strong>solvenzen<strong>in</strong> den EU-15 Staaten plus Norwegenund der Schweiz auf gut 185.000 steigen lassen.Damit wurden 22 Prozent mehr Fälle registriert als2008, als knapp 152.000 Unternehmen e<strong>in</strong> Insolvenzverfahrenbeantragten. In Mittel- und Osteuropa nahmdie Zahl der Firmen<strong>in</strong>solvenzen um 44 Prozent unddamit doppelt so stark zu wie <strong>in</strong> Westeuropa. 51.000osteuropäische Unternehmen hatten <strong>2009</strong> Insolvenzanmelden müssen (2008: 35.400).<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong> 35


zen) und Dänemark (plus 51,0 Prozent; 5.600 <strong>Insolvenzen</strong>).Unterhalb der durchschnittlichen Zuwachsrate <strong>Europa</strong>sblieb die <strong>Insolvenzen</strong>twicklung <strong>in</strong> Österreich (plus 8,5Prozent; 7.050 Fälle), Belgien (plus 11,3 Prozent;9.430 <strong>Insolvenzen</strong>), Frankreich (plus 12,2 Prozent;55.800 Fälle) und Deutschland (plus 16,0 Prozent;34.300 Unternehmens<strong>in</strong>solvenzen). Großbritannienzählt mit 20.300 Firmenzusammenbrüchen nebenFrankreich und Deutschland zu den drei europäischenStaaten mit der höchsten absoluten Zahl an Unternehmens<strong>in</strong>solvenzen.Der Zuwachs war <strong>2009</strong> mit plus24,8 Prozent kaum ger<strong>in</strong>ger als im Vorjahr (plus 26,2Prozent).In Skand<strong>in</strong>avien weist Norwegen mit plus 40,2 Prozentden höchsten Anstieg auf. Zwar verzeichnen auchF<strong>in</strong>nland und Schweden e<strong>in</strong>en deutlichen Zuwachs. Mitplus 26,7 Prozent (F<strong>in</strong>nland) und plus 20,7 Prozent(Schweden) fiel dieser aber nur etwa halb so groß aus.Die e<strong>in</strong>zelnen Wirtschaftsbereiche wurden unterschiedlichstark von der Rezession getroffen und zeigendementsprechend auch e<strong>in</strong>e unterschiedliche <strong>Insolvenzen</strong>twicklung:<strong>Europa</strong>weit mussten rund 20.800Industriebetriebe den Gang zum Insolvenzgericht antreten.Das entspricht e<strong>in</strong>em Neuntel (11,2 Prozent)aller Insolvenzfälle, nachdem im Vorjahr jede zehntePleite <strong>Europa</strong>s (<strong>10</strong>,0 Prozent; 15.200 Unternehmen)auf das Verarbeitende Gewerbe entfiel. Zugenommenhat der Anteil des Dienstleistungssektors am europäischenInsolvenzgeschehen: Etwa 70.000 Zusammenbrüchevon Dienstleistern wurden gemeldet. Das s<strong>in</strong>d37,7 Prozent aller registrierten <strong>Insolvenzen</strong> (Vorjahr:36,5 Prozent; 55.500 Unternehmen).Im europäischen Baugewerbe hat sich die Insolvenzsituation<strong>2009</strong> etwas beruhigt. Zwar kam für rund 38.800Bauunternehmen das Aus (Vorjahr: 32.000). Der Anteildes Sektors am Insolvenzgeschehen nahm aber von21,1 auf 20,9 Prozent leicht ab. Der Handelssektorverlor <strong>2009</strong> ebenfalls an Bedeutung für die europäische<strong>Insolvenzen</strong>twicklung. Nur noch 30,2 Prozent36<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong>


aller Verfahren betrafen e<strong>in</strong>e Handelsfirma. Im Vorjahrlag dieser Anteil noch bei 32,4 Prozent. Die absoluteZahl der <strong>in</strong>solventen Betriebe stieg aber von 49.200auf 56.000 Fälle.Im Zuge des deutlichen Anstiegs der Insolvenzzahlen<strong>in</strong> der Industrie waren <strong>2009</strong> mehr Arbeitsplätze bedroht.Schätzungsweise 1,7 Millionen Arbeitnehmerwaren europaweit von der Insolvenz ihres Arbeitgebersbetroffen. 2008 hatten 1,2 Millionen Beschäftigte diePleite ihres Unternehmens erlebt.Auch die Zahl der Privat<strong>in</strong>solvenzen ist im Vergleichzum Jahr 2008 merklich gestiegen. Mit <strong>in</strong>sgesamt361.000 zahlungsunfähigen Verbrauchern wurden europaweit12,4 Prozent mehr Fälle registriert als im Vorjahr(321.<strong>10</strong>0). Dieser Anstieg geht <strong>in</strong> großen Teilenauf die Entwicklung <strong>in</strong> Frankreich (plus 27,8 Prozent;42.650 Fälle) und Großbritannien (plus 23,3 Prozent;156.850 Fälle) zurück. In Großbritannien hat sich dieZahl der Privat<strong>in</strong>solvenzen seit 2005, als 79.426 Privat<strong>in</strong>solvenzengezählt wurden, fast verdoppelt. Seitzwei Jahren führt Großbritannien die Statistik derVerbraucher<strong>in</strong>solvenzen vor Deutschland an. <strong>2009</strong>meldeten drei von <strong>10</strong>0 erwachsenen Briten ihren wirtschaftlichenZusammenbruch.Deutschland verzeichnete <strong>2009</strong> e<strong>in</strong>e Stagnation derPrivat<strong>in</strong>solvenzen auf hohem Niveau, nachdem es zwischen2007 und 2008 noch e<strong>in</strong>en merklichen Rückganggab. Mit 127.500 Betroffenen wurde der Vorjahreswert(126.330) nur leicht übertroffen (plus 0,9 Prozent).In drei Ländern – Niederlande (m<strong>in</strong>us 6,0 Prozent),Schweiz (m<strong>in</strong>us 5,3 Prozent) und Schweden(m<strong>in</strong>us 2,0 Prozent) – sank die Zahl der Verbraucher<strong>in</strong>solvenzverfahren.Allerd<strong>in</strong>gs dürfte die Zahl der zahlungsunfähigenPrivatpersonen zunehmen, wenn dieschwere Wirtschaftskrise deutlicher als bisher auf dienationalen Arbeitsmärkte durchschlägt.Die USA haben die wohl schwerste Wirtschaftskriseseit dem Zweiten Weltkrieg noch nicht überwunden: ImUnternehmenssektor g<strong>in</strong>g das Firmensterben weiter.Rund 60.600 Unternehmen mussten im Jahr <strong>2009</strong><strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong> 37


Gläubigerschutz beantragen. 2008 waren erst 43.546US-Unternehmen betroffen (plus 39,2 Prozent). E<strong>in</strong>Hauptgrund für diese Entwicklung: Nach dem Zusammenbruchdes Mittelstandsf<strong>in</strong>anzierers CIT verschärftensich die ohneh<strong>in</strong> schon restriktiven F<strong>in</strong>anzierungsbed<strong>in</strong>gungenfür die Unternehmen weiter. Die Zahl der<strong>in</strong>solventen Verbraucher knackte erneut die Millionen-Marke: 1,421 Millionen Privatpersonen erklärten sichfür zahlungsunfähig. E<strong>in</strong> Jahr zuvor waren 1,074 MillionenPersonen betroffen. Der Anstieg fiel mit plus 32,3Prozent deutlich stärker aus als <strong>in</strong> Westeuropa (plus12,4 Prozent).Auch <strong>in</strong> den Staaten Mittel- und Osteuropas hat dieF<strong>in</strong>anz- und Wirtschaftskrise erhebliche Anpassungsreaktionenhervorgerufen. Überkapazitäten musstenabgebaut werden, die Zahl der Firmen<strong>in</strong>solvenzen erhöhtesich deutlich. Am stärksten betroffen warenTschechien (plus 82,5 Prozent; 8.394 <strong>Insolvenzen</strong>), dieSlowakei (plus 54,6 Prozent; 900 <strong>Insolvenzen</strong>) sowiedie baltischen Staaten. Lettland verzeichnete e<strong>in</strong>enInsolvenzanstieg von 69,1 Prozent auf 2.192 Fälle,Litauen von 59,8 Prozent (1.168 Fälle) und Estlandvon 49,2 Prozent (631 Fälle).Verantwortlich für den Inhalt:<strong>Creditreform</strong> WirtschaftsforschungLeitung: Michael Bretz, Telefon: (02131) <strong>10</strong>9-171Redaktion: Dr. Hardy Gude, Telefon: (02131) <strong>10</strong>9-172Hellersbergstr. 12, D - 41460 NeussAlle Rechte vorbehalten© 20<strong>10</strong>, Verband der Vere<strong>in</strong>e <strong>Creditreform</strong> e.V.,Hellersbergstr. 12, 41460 NeussOhne ausdrückliche Genehmigung des Verbandes derVere<strong>in</strong>e <strong>Creditreform</strong> e.V. ist es nicht gestattet, dieseUntersuchung/Auswertung oder Teile davon <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>erWeise zu vervielfältigen oder zu verbreiten.Lizenzausgaben s<strong>in</strong>d nach Vere<strong>in</strong>barung möglich.Ausgenommen ist die journalistische und wissenschaftlicheVerbreitung.Neuss, 03. Februar 20<strong>10</strong>38<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong>


Verzeichnis der InformationsquellenBelgien:StatBel Institut National des Statistique, BrüsselGraydon Belgium NVSPF Economie, P.M.E.Dänemark:Danmarks Statistik, KopenhagenDeutschland:Verband der Vere<strong>in</strong>e <strong>Creditreform</strong> e.V.Statistisches Bundesamt, WiesbadenF<strong>in</strong>nland:Statistikcentralen F<strong>in</strong>land, Hels<strong>in</strong>kiFrankreich:INSEE, Institut National de la Statistique et des Etudes EconomiquesBanque de FranceGriechenlandICAP Group S.A., AthenBank of GreeceNational Statistical Service of GreeceDeutsch-Griechische Industrie- und Handelskammer, AthenGroßbritannien:Office for National Statistics, LondonThe Insolvency ServiceIrland:Central Statistical OfficeInsolvency JournalItalien:<strong>Creditreform</strong> Italia ModenaISTAT, Istituto Nazionale di Statistiva, RomaLuxemburg:<strong>Creditreform</strong> Luxembourg SASTATEC, Service Central de la Statistique et des Etudes EconomiquesNiederlande:Statistics NetherlandsNorwegen:Statistics NorwayÖsterreich:<strong>Creditreform</strong> Austria, WienÖsterreichisches Statistisches ZentralamtPortugal:Instituto Nacional de EstatisticaDeutsch-Portugiesische Industrie- und Handelskammer, LissabonCoface Portugal<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong> 39


Schweden:Statistics SwedenKronofogden, Amt für Beitreibung und VollstreckungSchweiz:Schweiz. Verband <strong>Creditreform</strong>, St. GallenStatistik SchweizSpanien:Instituto Nacional de EstadisticaUSAUS-Department of Commerce, Economics and Statistics Adm<strong>in</strong>stration, Wash<strong>in</strong>gton D.C.FCIBAmerican Bankruptcy InstituteWeitere Quellen:Bureau van Dijkgtai Bundesagentur für Außenwirtschaft<strong>Creditreform</strong> Geschäftsstellen <strong>in</strong> Osteuropa<strong>Creditreform</strong> Eesti OÜ, Estland<strong>Creditreform</strong> Latvija SIA, Lettland<strong>Creditreform</strong> Lietuva UAB, Litauen<strong>Creditreform</strong> Polska Sp. z o.o., Polen<strong>Creditreform</strong> k.s., Slowakei<strong>Creditreform</strong> d.o.o., Slowenien<strong>Creditreform</strong> s.r.o., Tschechien<strong>Creditreform</strong>-Inter<strong>in</strong>fo Kft., Ungarn<strong>Creditreform</strong> Kroatien<strong>Creditreform</strong> Rumänien40<strong>Insolvenzen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, Jahr <strong>2009</strong>/<strong>10</strong>

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