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Rundbrief 2 2012 - Verband für sozial-kulturelle Arbeit eV

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vor und kommen den Volkshochschulen am nächsten.Eine Beispiel <strong>für</strong> letztere sind die von den Zionistenins Leben gerufenen, sehr gut geleiteten und vorzüglichsich entwickelnden galizischen Toynbeehallen …Anders natürlich ist es in Kulturländern. Hier ist dasMoment der Belehrung und Ausbildung erst an weitererStelle in Betracht zu ziehen. Insbesondere inOrten, in denen die Masse der Einwanderer nicht sehrgroß ist. Da handelt es sich nur um eine angenehmeZerstreuung <strong>für</strong> die Zurückgesetzten, die mit irdischenVergnügungen nicht überhäuft sind.“„So ist die in Berlin von den Bnei Brith-Logen diesenWinter errichtete Toynbee-Halle so ziemlich der Typuseiner jüdischen Toynbee-Halle des Westens. Ihre Besuchersind nicht rohe Gesellen, deren Gemüt man durchDarbietung edlen Genusses veredeln soll. Es sindvielmehr gebeugte, elende Gestalten, die <strong>für</strong> einenAugenblick emporzurichten eine lohnende <strong>Arbeit</strong> ist.“(Die Welt 1905/3/6f.), konnte man in einem „BerlinerBrief“ lesen. Dies ist, neben der schon genanntenUnterscheidung in Toynbee-Hallen und Volksheime,eine weitere interessante Differenzierung, derenBerechtigung noch zu untersuchen wäre.Es waren auch in Deutschland die Logen des B`neB`rith-Ordens, die die Toynbee-Hallen gründeten. IhrIdeal war „Juden zu vereinigen zur Förderung hoherund idealer Güter der Menschheit, den geistigen undsittlichen Charakter der Stammesgenossen zu stärken,ihnen die reinsten Grundsätze der Menschenliebe,der Ehre, der Vaterlandsliebe einzuprägen,Wissenschaft und Kunst zu unterstützen, die Not derArmen und Dürftigen zu lindern, die Kranken zu besuchenund zu pflegen, den Opfern der Verfolgung zuHilfe zu kommen…“ (Knappe 2000, S. 268). In diesemSinne entstanden neben anderen Vereinen (z.B.der Montefiore-Verein in Frankfurt) die Toynbee-Hallen.Die Henry Jones-Loge im Hamburg hat zuerst dieseIdeen übernommen und im Jahre 1902 das IsraelitischeGemeinschaftshaus (Toynbee-Halle) eröffnet.In Hamburg gab es schon ein Volksheim, das imSinne der englischen Settler arbeitete. Aber es warstark protestantisch beeinflusst und legte großenWert auf Jugend- und Volksbildung. Es ging den Gründerndes Israelitischen Gemeinschaftshauses abernicht darum, allgemeine volkserzieherische Maßnahmendurchzuführen, sondern ihre Einrichtung sollteein Beitrag zur Förderung jüdischen Gruppengefühlsleisten. „Die <strong>sozial</strong>e Aufrichtung war das wesentlichsteMoment, dem wir unsere Aufmerksamkeitgewidmet haben, zur Überwindung <strong>sozial</strong>er Schädenin den eigenen Kreisen beizutragen“ schrieben sie inihrem ersten Jahresbericht (Maretzki 1907,S.241).Ein Kinderhort wurde 1902 eingerichtet, eine Lesehallefolgte. 1904 zog das Gemeinschaftshaus in dasneu errichtete Logenheim, das vielen jüdische Einrichtungen(Haushaltsschule, rituelles Restaurant,Festsäle und sogar Gelegenheit zum Kegeln) Platz bot(vgl. Hirsch 1996, S.99). Als Israelitisches Gemeinschaftshausexistierte es bis 1912, ab 1914 wurdees als Jüdisches Gemeinschaftsheim weitergeführt.1902 wurde in Mannheim eine Toynbee-Halle eröffnetund drei Jahre lang geführt. „Es stellte sich aberheraus, dass das Publikum, <strong>für</strong> welches eigentlich di<strong>eV</strong>eranstaltung geschaffen war, nicht erschien, es vielmehrdie jüdischen Bürgerkreise waren, welche denüberwiegend größten Teil der der Besucher stellten.Danach wurde seit dem Jahre 1905 der Betrieb eingestellt.“(Maretzki, 1907, S. 242)In Frankfurt am Main befand sich ebenfalls eine Toynbee-Halle„<strong>für</strong> Notleidende“ in der Königswerter Straße26. Zu ihr gehörten eine Wärmestube, ein Lesezimmerund ein Spielzimmer. Sie war täglich von 10 – 12 Uhrund von 15 – 22 Uhr geöffnet. Jeden Sonntagabendfanden um 20 Uhr Unterhaltungsabende statt. Siewar von einer B´ne B´rith-Loge organisiert. „Diesesnach einer Modellorganisation in London organisierteZentrum sollte den Kontakt verschiedener gesellschaftlicherKreise untereinander fördern und wurdebesonders von Ostjuden frequentiert“ (Heuberger,Krake 1988, 189). Die Toynbee-Halle wurde 1932noch erwähnt (vgl. Schiedler 1988, 110).Offenbar nicht von der Settlementbewegung beeinflusst,aber doch nach denselben Prinzipien, gründetendie wohlhabenden Juden Johanna und HermannAbraham in Berlin das „Israelitische Heimathaus“.Der Neubau wurde 1904 in der Gormannstraße 3 eingeweiht,inklusive einer „Anstaltssynagoge“.Das Israelitische Heimathaus umfasste eine Volkskücheund ein Altenheim <strong>für</strong> alleinstehende jüdischeAlte. Ein Mädchenheim „sollte alleinstehenden ordentlichenMädchen ein schützendes Obdach gewährenund Gelegenheit bieten, etwas Nützliches zu lernenund das Gelernte zu verwerten, um sich ernähren zukönnen und ihren Eltern eine Stütze zu sein“ (Jahresberichtnebst Rechnungs-Abschluß <strong>für</strong> das Jahr1902). Eine Koch- und Haushaltungsschule bildetejüdische Mädchen zu tüchtigen Wirtschafterinnen aus.Ein israelitischer Kindergarten nebst Kinderhort nach„Fröbelschem System“ bot auch „Nachhilfe in denSchularbeiten durch geprüfte Kindergärtnerinnen“(ebenda). Es gab auch Unterhaltungsabende, „die vonZeit zu Zeit veranstaltet und durch Darbietungen wieGesangs- , Instrumental- und Deklamationskünstlernin uneigennütziger Weise geboten wurden“ (ebenda).Herman Abraham richtete in der Volksküche eineAbteilung zur Speisung armer (auch christlicher)Schulkinder ein, die sich zu 12 Kindervolksküchen,über ganz Berlin verteilt, ausweiteten.Im November wurde ein „Verein Israelitisches Heimathausund Volksküche“ gegründet. 1903 berichtete„Die Welt“ über die Generalversammlung des Vereins:„Darnach sind im letzten Geschäftsjahr 1903 verteiltworden I. In der Volksküche: 1. Mittagsportionen von10 – 20 Pf. 40 028 Portionen, unentgeltlich 7907 Portionen,zusammen 47 935 Portionen. 2. Abendportionen:von 10 – 20 Pf. 13 254 Portionen, unentgeltlich5542 Portionen, zusammen 18 796 Portionen; das istim ganzen 66 299 Portionen. II. In der Kochschule: 1.Mittagsportionen von 10 – 40 Pf. 33 326 Portionen,unentgeltlich 10 599 Portionen, zusammen 43 924Portionen. 2. Abendportionen von 10 – 30 Pf. 14 305Portionen, unentgeltlich 8070 Portionen, zusammen22 375 Portionen; das ist im ganzen 66 299 Portionenoder in der Volksküche und Kochschule zusammen133 030 Portionen. Während des Berichtsjahresbildete die Anstalt 14 Kochschülerinnen aus. DasAltenheim beherbergte im Jahre 1902 durchschnittlich48 Greise beiderlei Geschlechts. Im Mädchenheimfanden 119 junge Mädchen ihr Unterkommen.Von diesen waren: 20 Schneiderinnen, 25 Verkäuferinnen,22 Wirtschafterinnen, 10 Schülerinnen derHandelsschule und Akademie, 2 Kassiererinnen, 3zur Kur hier, 2 Pflegerinnen, 1 Expedientin, 11 Buchhalterinnen,1 Kunkelstepperin, 3 Putzmacherinnen,4 Lehrerinnen, 2 Stenographistinnen, 3 Musikstudierende,6 Lehrmädchen, 2 Zigarettenarbeiterinnen, 2Zuschneiderinnen.“ (Die Welt 1903/16/8)In einem Aufruf zur Wahl der zionistischen Kandidatenim Berliner Gemeindewahlkampf im November1901 konnte man lesen: „Wer mit uns wünscht,dass eine Volkshalle geschaffen werde, in der sichnach der Mühe des Tages jeder Jude Erholung undgeistige Anregung im jüdischen Sinne finden kann …der wähle die zionistischen Kandidaten“ (Reinharz1981, 59). Das ist wahrscheinlich das erste – undeinzige – Mal, dass deutsche Zionisten während derGemeinderatswahlen sich <strong>für</strong> die Toynbeehallen einsetzten.Die Toynbee-Halle in Berlin wurde dann erst1904 eröffnet, allerdings von den drei Berliner B`neB`rith-Logen, die durch Spenden da<strong>für</strong> 8000 Markaufgebracht haben. „In derselben soll dem ärmstenTeil der Stammesgenossen nach schwerer redlicherTagesarbeit vornehme Zerstreuung, geistiger Genuss,Ablenkung von Sorge und Kummer und Gelegenheitzur Fortbildung geboten werden, ohne dass da<strong>für</strong>irgendwelche Gegenleistung beansprucht wird“ (DieWelt 1904/37/12). Daneben wurden auch Unterhaltungsabendeangeboten und Diskussionen angesetzt.„Allein schon der erste Versuch zeigte, dass es bei dereigentümlichen Zusammensetzung unserer Zuhörerschaftein gefährliches Unternehmen sein würde, daszu Dissonanzen führen musste. Unser Publikum istein fast internationales, ausser Deutschen besuchten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Buchheimer Selbsthilfe e.V. in Köln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .www.buchheimerselbsthilfe.de2829

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