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Thema der Ausgabe<br />
Ich arbeite also bin. Aber was passiert,<br />
wenn man seinen Job verliert?<br />
Im November organisierte das Zentrum<br />
für Beschäftigung und Bildung<br />
die Tiroler Tage der Beschäftigung.<br />
Die Veranstaltung wurde genutzt,<br />
um lokale Beschäftigungsinitiativen<br />
vorzustellen und Informationen über<br />
bewährte Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen<br />
in Europa auszutauschen.<br />
Seit 1997 gibt es in Österreich Territoriale<br />
Beschäftigungspakte (TEP). Im Rahmen<br />
des Europäischen Sozialfonds werden<br />
unter der Leitung der einzelnen TEPs,<br />
Projekte zur Sicherung und Schaffung<br />
von Arbeitsplätzen umgesetzt. Der neue<br />
Verein TEP Tirol, Zentrum für Beschäftigung<br />
und Bildung, strebt u.a. die Regionalisierung<br />
der aktiven Arbeitsmarktpolitik<br />
in Tirol an.<br />
> Es kann jeden treffen<br />
Der ehemalige Ministerpräsident von<br />
Baden-Württemberg, Lothar Späth, hat<br />
das soziale Netz mit dem Sicherheitsnetz<br />
im Zirkus verglichen. Wenn der Artist<br />
seinen Halt verliert, so fängt ihn das Netz<br />
auf. Der Zuschauer zahlt dafür, dass er es<br />
nach dem Rückschlag erneut versucht.<br />
Mit diesem Zitat ging LH Stv. Ferdinand<br />
Eberle (2. v. l.) auf die Notwendigkeit, der<br />
sozialen Sicherheit in Tirol ein. „Es soll<br />
niemand glauben, dass die Erwerbstätigkeit<br />
etwas Selbstverständliches ist“,<br />
mahnt Eberle. „Es gibt bestqualifizierte<br />
Menschen, die aufgrund von Insolvenzen<br />
aus dem Erwerbsleben förmlich hinauskatapultiert<br />
werden“. Der Neubeginn mit<br />
einem Lebensalter von 40 oder 50 sei für<br />
jeden sehr schwierig.<br />
> „Volkswirtschaftlicher Wahnsinn“<br />
„Viele können in unserer Gesellschaft dem<br />
hohen Qualifizierungsanspruch nicht ge-<br />
24<br />
Wir wollen arbeiten.<br />
Tiroler Tage der Beschäftigung<br />
recht werden“, bestätigt LR Christa Gangl<br />
(Bild). Die Beschäftigungsmaßnahmen<br />
seien notwendig, um jenen zu helfen, die<br />
aufgrund ihrer Arbeitslosigkeit an den<br />
Rand der Gesellschaft gedrängt werden.<br />
„Wir müssen den Menschen das Gefühl<br />
geben, dass wir sie brauchen“, ist Gangl<br />
überzeugt. Ohne Förderungen hätten viele<br />
Menschen keine Alternative und würden<br />
in die Statistik der Langzeitarbeitslosigkeit<br />
abgeschoben. „Arbeitslosigkeit<br />
ist ein volkswirtschaftlicher Wahnsinn“,<br />
warnt Gangl. Die Koordinatorin aller Pakte<br />
für Arbeit in Österreich, Anette Scopetta,<br />
ergänzt, dass schlussendlich nur die Wirtschaft<br />
in Österreich die Arbeitsmarktsituation<br />
dauerhaft verbessern könne.<br />
> Spitzenreiter Tirol<br />
Der Landesgeschäftsführer des AMS<br />
Heinz Rohrmoser (Bild rechts) stellt fest,<br />
dass die Arbeitslosigkeit in Tirol tendenziell<br />
steigt, aber Tirol die niedrigsten Wachstumsraten<br />
in Österreich verzeichnet. Die<br />
Arbeitslosenquote beträgt 6,4 Prozent.<br />
Dies sind gegenüber dem Vorjahr um 295<br />
Personen mehr. Der Pakt für Arbeit hat in<br />
Tirol in 85 Projekten über 500 Personen<br />
zu einem Dauerbeschäftigungsverhältnis<br />
verholfen.<br />
> Rekordjahr<br />
Karl-Heinz Müller (3. v. r.) war Strickmeister<br />
in einem Textilbetrieb. Im Juni verlor er<br />
seine Arbeit. Mit 53 Jahren wurde er als<br />
schwer vermittelbar eingestuft. Über das<br />
Engagement des Paktes für Arbeit wurde<br />
es möglich, Herrn Müller bei der Umweltwerkstatt<br />
eine Dauerbeschäftigung zu<br />
verschaffen. Das ist eine der Success<br />
Stories der aktiven Arbeitsmarktpolitik in<br />
Tirol. Im Jahr 2002 war Karl-Heinz Müller<br />
bereits der 250ste Dienstnehmer der<br />
erfolgreich vermittelt wurde. Sein neuer<br />
Arbeitgeber, Bernhard Weiskopf (2. v. r.),<br />
Text: Jürgen Steinberger<br />
ist von diesem Projekt begeistert: „Es<br />
stehen viele Menschen im Abseits, obwohl<br />
sie dort nicht hingehören.“<br />
> Lawine als Auslöser<br />
Nach der Lawinenkatastrophe in Galtür<br />
wurden von der Gemeinde für die<br />
Aufräumarbeiten zahlreiche Hilfskräfte<br />
benötigt. Auf Initiative von Andreas Eder<br />
hat sich das AMS Landeck bereit erklärt,<br />
zu Beginn 20 Menschen „mit Rucksack“<br />
für diese Aufgabe zu motivieren und zu<br />
fördern. „Die Gemeinde war sehr skeptisch“,<br />
erinnert sich Rohrmoser. Eder<br />
bestätigt dies: „Viele erwarteten sich<br />
einen lahmen und faulen Haufen der<br />
der Gemeinde nur wenig helfen könne.“<br />
Diese Vorurteile konnten jedoch rasch<br />
überwunden werden. Die Ängste in der<br />
Bevölkerung sind gewichen und das<br />
Engagement der Gruppe hat potentielle<br />
Arbeitgeber beeindruckt. Viele sind nach<br />
Abschluss des Einsatzes in Galtür an<br />
Eder herangetreten und waren an einer<br />
Beschäftigung der Arbeiter interessiert.<br />
Im Rahmen dieses Projektes konnten<br />
insgesamt 19 Personen dauerhaft und 14<br />
für Teilzeitstellen vermittelt werden.<br />
Das Gemeindeprojekt war in der Anfangsphase<br />
auf Landesebene sehr umstritten.<br />
Mittlerweile hat sich das Gemeindeprojekt<br />
aber als die erfolgreichste Beschäftigungsinitiative<br />
des Paktes für Arbeit in<br />
Tirol etabliert. „Leider musste eine Lawine<br />
unser Land in Angst und Schrecken<br />
versetzen, um etwas Neues entstehen<br />
zu lassen“, bedauert Eder. Mit Walter hat<br />
er sein Projekt in Galtür begonnen. Er war<br />
der Mann der ersten Stunde. Er ist nun 57<br />
Jahre alt und hat eine Anstellung als Staplerfahrer<br />
gefunden. „Es ist wichtig, dass<br />
es mehr lachende als weinende Augen in<br />
Tirol gibt“, appelliert Eder an die Verantwortlichen<br />
in Politik und Wirtschaft.